Antelope Orion Studio Synergy Core Test

Mit dem Antelope Orion Studio Synergy Core erfährt das beliebte Antelope Audio-Interface ein weiteres technisches Update.

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In der dritten Revision des beliebten Orion Audio-Interfaces des bulgarischen Audio-Spezialisten hat sich optisch kaum etwas geändert, technisch dafür umso mehr! Was ist anders im Vergleich zum Vorgängermodell, wie sind die Neuerungen einzuschätzen? Das haben wir uns in diesem bondeo-Test des Antelope Orion Studio Synergy Core Audio-Interface angeschaut.

Details

Orion, die Dritte

In der Reihenfolge der Orion Studio-Interfaces ist das Orion Studio Synergy Core die dritte Auflage des Audio-Interfaces mit Thunderbolt- und USB-Schnittstelle. Die erste Version, das Orion Studio hat bonedo-Kollege Felix Klostermann bereits im Jahr 2016 für Euch unter die Lupe genommen. Im Jahr 2017 verpasste Antelope dem Orion Studio ein Facelift und einige technische Verbesserungen. Diese Version nannte sich Orion Studio Rev. 2017 und musste sich ebenfalls im bonedo-Test von Patric Louis beweisen. Jetzt ist die dritte Version Orion Studio-Version erschienen, die auf den langen Namen Orion Studio Syneryg Core hört, in den Systemeinstellungen meines Rechners aber einfach als Orion III gelistet wird.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Lieferumfang des Orion Studio Synergy Core: ein Netzteil und ein USB-Kabel

Was ist neu, was ist geblieben?

Das neue Orion Studio Synergy Core ist weiterhin ein Audio-Interface der gehobenen Preisklasse, konzipiert für den professionellen und semiprofessionellen Studiobesitzer – daran hat sich auch in Version drei nichts geändert. Das Orion Studio Synergy Core kann via Thunderbolt-3- oder USB-2-Schnittstelle an einem PC oder Mac betrieben werden, im USB-Betrieb ist die maximale Anzahl der Kanäle aber auf 24 beschränkt (bei einer maximalen Auflösung von 192 kHz und 24 Bit). Eine USB-3-Schnittstelle würde eine solche Kanalbeschränkung hinfällig machen, aber die gönnt Antelope nur seinen Top-Modellen (zum Beispiel dem Orion 32 HD). Über die Thunderbolt-Schnittstelle kann man dann bis zu 32 Kanäle (bei 192 kHz und 24 Bit) in den Rechner hinein und wieder heraus streamen.

Gleichgeblieben: die Ein- und Ausgänge

Am Grundkonzept der Orion Studio-Serie hat Antelope nichts geändert, weiterhin besitzt das Orion Studio Synergy Core zwölf analoge Eingänge – ein kluger Schachzug, finde ich: Die meisten Audio-Interfaces besitzen nur acht analoge Eingänge, was für ein anspruchsvolles (man könnte auch sagen: professionelles) Schlagzeug-Recording gerade eben nicht ausreicht! Das Orion III ermöglicht mit seinen zwölf Mikrofoneingängen dagegen eine komplette Schlagzeug-Mikrofonierung (Vorschlag: Kick In, Kick Out, Snare Top, Snare Bottom, Hihats, dreimal Toms, Stereo-Overhaeds, Front-Mic und Raum Mic), ohne dass das Setup auf digitalem Wege um weitere Eingänge erweitert werden muss. Die zwölf analogen Eingänge können Mikrofon- und Line-Pegel verarbeiten, die ersten vier, auf der Frontplatte angesiedelten Inputs zusätzlich noch hochohmige Ausgangssignale von Saiteninstrumenten mit magnetischen Pickups. Die acht rückwärtigen XLR-Eingänge sind für die Nutzung von Antelopes Modelling-Mikrofonen Edge und Verge vorbereitet. Alle Eingänge sind als XLR/Klinke-Kombibuchsen ausgestattet, wobei Antelope durch einen Aufdruck auf der Rückseite noch mal deutlich darauf hinweist, dass die Line-Signale an den symmetrischen Klinkenbuchsen angeschlossen werden müssen. Wer also öfter zwischen Mikrofonen und Line-Signalen umstecken muss oder möchte, würde sich wünschen, die XLR- und Line-Eingänge lägen an getrennten Buchsen an. So muss im Fall der Fälle hinterm Rack gewerkelt werden, das Antelope sollte im Rack also in Umsteckreichweite eingeschraubt werden. Apropos „eingeschraubt“: Das Orion III besitzt wieder nur ein Schraubenloch pro Rack-Ohr. Zugegeben: Das sieht gut aus. Es kann aber in der Praxis zu völlig unnötigen Problemen bei der Rackinstallation führen.Die ersten beiden Kanäle besitzen einen analogen Insert-Punkt, über die analoges Outboard-Equipment eingeschleift werden kann. Dieser Einschleifpunkt ist ganz klassisch als unsymmetrische Stereoklinke ausgeführt, man benötigt also ein Y-Kabel mit einer 6,35mm-Stereoklinke auf zwei 6,35mm-Monoklinken.

Fotostrecke: 6 Bilder Die vier Eingänge auf der Front sind „Instrument ready“.

Ähnlich umfangreich und vor allem professionell präsentieren sich die Ausgänge: Es gibt wieder zwei Main-Ausgänge zum Anschluss von zwei Paar Studiomonitoren, zwei regelbare Reamping-Ausgänge und zwei Stereo-Kopfhörerausgänge (die natürlich mit unterschiedlichen Mixen beschickt werden können) und insgesamt 16 Line-Ausgänge, die man über zwei Sub D 25-Buchsen abgreifen kann. Auf der digitalen Ebene stehen einem eine SPDIF- und zwei ADAT-Schnittstellen zur Verfügung und zur erfolgreichen Synchronisierung von Digitalequipment natürlich Ein- und Ausgänge der vielgerühmten Antelope Word-Clock.

Fotostrecke: 4 Bilder Rechts auf der Frontplatte befinden sich die beiden Kopfhörerausgänge und die beiden Reamping-Ausgänge des Orion Studio Synergy Core.

Gleichgeblieben: Beheizter Wordclock-Generator

Wohlig warm hat es der Oszillator-Chip des Orion Studio Synergy Core, der dem Wordclock-Generator den Takt vorgibt: Antelope verpasst diesem Bauteil nämlich eine beheizte Ummantelung. Das garantiert eine gleichbleibende Temperatur von 64,5° Celsius, was für ein extrem stabiles und gleichmäßiges Clock-Signal sorgen soll. „Oven“, also „Ofen“ nennt Antelope diese Technologie und gerade dieser äußerst stabile Clock-Generator ist für viele ein wichtiges Kaufargument zugunsten eines Antelope-Interfaces, schließlich liegt in der Entwicklung von hochwertigen Geräten zur digitalen Synchronisation der Ursprung des Unternehmens.

Fotostrecke: 2 Bilder Wer die temperaturgeregelte Word-Clock des Antelope Orion III nutzen möchte, muss in den Einstellungen den „Oven“, also den „Ofen“ einschalten.

Edel und schlicht: die Front

Die Frontplatte des Orion Studio Synergy Core sieht richtig edel aus: Das dunkelgraue, gebürstete Alu dürfte sich Antelope bei den space-grauen Apple-Produkten abgeschaut haben, die neuen roten Display-Taster setzen einen kleinen optischen Akzent. Damit diese Aufgeräumtheit wirken kann, sind nur die einfach belegten Bedienelemente beschriftet. Der zentrale Dreh-Encoder und die roten Taster erfüllen verschiedene Funktionen und sind nicht beschriftet. Das optische Understatement hat in der technischen Ausstattung des Interface ein jähes Ende: Im Vergleich zum Vorgänger, dem Rev. 2017, hat Antelope dem Orion Studio Synergy Core – bei nahezu identischer Frontplatte – einigen interessanten Neuerungen unter die Haube gepackt!

Fotostrecke: 2 Bilder Die gebürstete, dunkelgraue Alu-Front macht was her.

Neuerung eins: kraftvolles Upgrade

Zu den zwei FGPA-Prozessoren, die schon in den Orion Studio-Vorgängern steckten, kommen im Orion Studio Synergy Core ganze sechs DSP-Chips zur Berechnung des Routings und von Plug-in-Effekten hinzu. Eine Rechenpower, die sich sehen lassen kann: Pro Kanal kann man bis zu acht Effekteinstanzen einschleifen, was bei den (maximal) 32 Kanälen insgesamt 256 nutzbare Plug-ins ergibt – und zwar unabhängig von der eingestellten Samplerate, also auch in 192 kHz-Projekten! Selbstverständlich arbeiten die internen Plug-ins mit äußerst geringen Latenzen, sind also echtzeitfähig. Neben dem Antelope Hall „AuraVerb“ umfasst die Plug-in-Serie verschiedene Gitarren- und Bassverstärker-Simulationen und eine große Anzahl an Vorstufen-, EQ- und Kompressor-Plug-ins, die fast alle nach historischem Vorbild designt sind und entsprechende Namen haben: Bezeichnungen wie BAE 1023, VEQ 4K Brown, Neu-W492 und V-EQ 1A erinnern nicht zufällig an Studiostandards wie Neve, SSL, Neumann und Pultec. 50 Plug-ins sind im Lieferumfang des Interfaces enthalten, weitere Plug-ins können im Antelope Plug-in-Store dazugekauft werden. Ein Konzept, dass einem bekannt vorkommen dürfte – und das der Konkurrenz Universal Audio äußerst erfolgreich umgesetzt hat. Antelope möchte auf diesem Markt mitmischen, hinkt aber gerade bei der praktischen Umsetzung noch hinterher: Bisher (Stand Nov. 2020) liegen die Plug-ins nur in einem eigenständigen Format vor, es gibt keine VST-, AU- oder gar AAX-Varianten. Um die Antelope Plug-ins in einer Produktion zu nutzen, muss man sie etwas umständlich über das AFX- und das Routing-Fenster virtuell einschleifen und wieder in die DAW-Software zurückführen – währen einer Aufnahme ist das noch ok, im Mix-Prozess entsteht so ein gewaltiger Routing-Aufwand.
Einfacher wäre es, könnte man die Antelope-Plug-ins direkt in der DAW-Software wie Cubase, Logic, Ableton Live oder Pro Tools (und den anderen DAW-Konsorten…) verwenden, doch dazu benötigt man das AFX2DAW genannte Host-Plug-in. Dieses Plug-in ist aber momentan (Nov. 2020) nur für Mac erhältlich und das Ganze funktioniert auch nur, wenn das Orion Studio III über die Thunderbolt-Schnittstelle betrieben wird. Weiterer Downer: Das Plug-in muss zusätzlich gekauft werden und ist mit 195 Euro beleibe kein Schnäppchen. Da wir User gerne den Weg des geringsten Widerstandes gehen, liegt es eigentlich im Interesse von Antelope, hier nachzubessern und entweder direkt in der DAW nutzbare Plug-in-Formate anzubieten, oder zumindest das Host-Plug-in für alle verfügbar zumachen – und das dann bitte ohne Zusatzkosten! In Anbetracht des Kaufpreises eines Orion III Interfaces ist das in meine Augen keine unangemessene Forderung.

Fotostrecke: 4 Bilder Insgesamt 50 Plug-ins sind beim Orion II dabei, vor allem aus den Bereichen EQ, Kompressoren, Preamps und Amp-Simulationen.

Neuerung zwei: mehr Preamp-Gain, mehr D/A-Dynamik

Die zwölf internen Mikrofonvorstufen wurden überarbeitet, das maximale Gain der Vorstufen beträgt nun beträchtliche +75 dB! Selbst sensible Bändchenmikrofone, als Raummikros mit Abstand zur Signalquelle aufgestellt, können nun ausreichend vorverstärkt werden. Beim Gain-Regler kann man dabei beherzt zugreifen: Die Preamps arbeiten extrem sauber, selbst bei voll aufgedrehten +75 dB Gain sind kaum Nebengeräusche zu vernehmen.
Die DA-Wandler warten ebenfalls mit verbesserten Werten auf, der Dynamikumfang wurde um weitere 4 dB vergrößert: Der Digital/Analog-Konverter der Line-Ausgänge besitzt nun 128 dB Dynamik, der Wandler der Monitor-Ausgänge sogar eindrucksvolle 130 dB! Zur Erinnerung: Der Dynamikumfang unseres Hörorgans beträgt ca. 130 dB. Spoiler: Diese Werte sehen nicht nur auf dem Papier gut aus, der Praxis-Test wird zeigen, dass das Antelope Orion Studio Synergy Core in der Tat hervorragend klingt!

Neuerung drei: eine Preamp-Umleitung

Eine weitere sehr interessante Neuerung ist die Möglichkeit die internen Vorstufen des Orion Studio Synergy Core komplett zu umgehen und Signale mit ausreichend Pegel direkt an den AD-Wandler zu übergeben. Diese „Direct“-Funktion kann man im Auswahl-Menü der Inputs einstellen und sie verspricht eine besonders saubere und unverfälschte Signalqualität, da die Signale keine unnötigen elektronischen Bauteile mehr durchlaufen müssen. Interessant ist das für Studios mit analogen Mischpulten und/oder Besitzer von sehr hochwertigen Mikrofonvorstufen, die man natürlich so unverfälscht wie möglich aufnehmen möchte.

Neuerung vier: analoge Synthies steuern!

Für die Besitzer einer ausgiebigen analogen Synthesizer-Sammlung dürfte die Tatsache interessant sein, dass das Antelope Orion Studio Synergy Core nun in der Lage ist, Control Voltages aufzunehmen und zu senden. Man kann also aus der DAW heraus die VCOs, VCAs, LFOS, et cetera seiner modularen Synthesizer steuern. Das Orion III kann diese Steuerspannungen an allen analogen Aus- und Eingängen empfangen und senden, auch über die Reamping- oder Kopfhörerausgänge, das sind insgesamt zwölf Eingänge und 40 DC-taugliche Ausgänge! Antelope empfiehlt für diese Anwendung die DAW-Software Ableton Live und das Plug-in „CV-Tools“, mit dieser Kombination kann man CV/Gate-Spannungen wie normale Audioaufnahmen handhaben. ACHTUNG: Kein Abhörmonitor mag Gleichspannung an seinem Eingang, schickt niemals ein DC-Signal an einen Ausgang, an dem Studiomonitore angeschlossen sind!

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