Antelope Orion Studio Synergy Core Test

Praxis

Hell (sehr hell)

Eben hatte ich noch das dunkelgraue Design des Antelope Orion Studio Synergy Core gelobt, im Praxiseinsatz zeigt sich eine kleine Schwäche der edlen Optik: Der Kontrast zur hellgrauen Beschriftung ist so gering, dass ich in meinem Studio – bei einer eher indirekten Beleuchtung – die Frontplatte nicht ablesen kann. Zudem strahlt der LED-Ring um den Power-Schalter herum so hell, dass er das Ablesen zusätzlich erschwert. Das Display kann man zwar in der Helligkeit reduzieren, das hilft aber nichts, wenn es selbst in der hellsten Einstellung vom Power-Schalter überstrahlt wird. Ich habe während der Testphase den Schalter irgendwann abgeklebt – „quick“, aber halt auch unschön „dirty“ an so einem hochklassigen Gerät.

Antelope Orion Synergy Core während des Tests
Antelope Orion Synergy Core während des Tests

Keine Netztrennung durch Power-Schalter

Apropos Power-Schalter: Das Orion Synergy Core besitzt zwar auf der Frontplatte einen Powerschalter, dieser schaltet das Interface aber nur in den Stand-By-Modus. Ein komplettes Abschalten des Interface erreicht man nur das Ziehen des Netzsteckers. Ob das zu einem Problem wird, hängt davon ab, wie das eigene Studio verkabelt ist: Bei mir hängen alle Audiogeräte an einer schaltbaren Steckdosenleiste, das ganze Studio wird bei Betätigung dieses Schalters ausgeschaltet.

Zwangsregistrierung

Zur Einrichtung des Interfaces wird die Antelope Launcher-Software benötigt. Startet man diese, wird das Orion Studio Interface erkannt und man kann nach Updates suchen und weitere Software-Bestandteile installieren. Über einen Klick auf das angezeigte Interface wird dann die Control-Software gestartet. Um an die Einstellungen des Orion II zu kommen, sind also immer zwei Anwendungen zu starten.
Eine Registrierung des Interface auf der Antelope-Webseite ist für den Betrieb zwingend erforderlich, ohne geht nichts. Das ist eine Vorgehensweise, die im Netz schon öfter Anlass zur (wie ich finde: berechtigten) Kritik gab. 

Fotostrecke: 3 Bilder Der Powerschalter ist kein Netzschalter, sondern ein Stand-By-Schalter.

Der Klang: wow!

Ist die Einrichtungsprozedur erledigt, kommt man endlich in den Genuss des tollen Sounds des Orion Studio Synergy Core. Die Audiowerte in den Spezifikationen sind verheißungsvoll und ich hatte vorab schon viel über die exzellente Klangqualität der Antelope-Interfaces gehört. Was soll ich sagen: All das bestätigte sich im Klangtest! Mein Pro-Tools-System und mein analoger Monitor-Controller erlauben ein nahtloses Umschalten zwischen meinem (etwas betagten) UA Apollo 8-Interface der Firewire-Generation und dem Orion Studio Synergy Core, bei identischer Signalquelle versteht sich. Nach dem Einmessen der Interfaces auf gleich Lautstärke komme ich schnell zu einem Ergebnis: Das Antelope Orion Studio Synergy Core gehört zu den besten Interfaces, die ich bisher gehört habe! Im direkten AB-Vergleich schlägt es mein eigenes Studiointerface – nicht um Längen, aber hörbar: Es löst insgesamt mehr Details auf, das Stereobild ist etwas breiter und die räumliche Abbildung etwas tiefer.

Im direkten AB-vergleich klingt das Orion II (oben auf dem Rack) etwas besser als mein Apollo 8 Firewire-Interface (unten im Rack).
Im direkten AB-vergleich klingt das Orion II (oben auf dem Rack) etwas besser als mein Apollo 8 Firewire-Interface (unten im Rack).

Die Control Software: komplex, komplexer, am komplexesten

Antelope schreibt über ihre Control Software: „Intuitives Software Control Panel mit flexiblem Signal Routing“ (Quelle: Website Antelope). Den Punkt „flexibel“ unterschreibe ich sofort, beim Wort „intuitiv“ tue ich mir schwer. Während die generellen Einstellungen in der Software noch weitestgehend als selbsterklärend durchgehen, gehört die Routing-Funktion sicherlich nicht dazu! Das zeigt alleine die Anzahl an Tutorial-Videos, die Antelope inzwischen zu diesem Thema veröffentlich hat. In seinem Orion Rev 2017-Test hat mein Kollege Patric Louis die passende Formulierung zum Routingkonzept von Antelope gefunden: „ es [braucht] ein wenig Handbuch-Lektüre und Flexibilität beim Verknüpfen neuer Synapsen im Tontechniker-Hirn.“. Hat man das Alles-kann-überallhin-Routingkonzept aber verinnerlicht, sind selbst umfangreichste Routing-Setups schnell zusammengebastelt. Ich persönlich bin schnell dazu übergegangen, das Routing in der sogenannten Matrix-Ansicht zu erledigen, es erinnert mich an das Aufsetzen eines Dante-Setups und das virtuelle Verkabeln fiel mir hier leichter. Die Einstellungen können dann in beliebigen Software- und fünf Hardware-Presets abgespeichert werden und ich empfehle regen Gebrauch dieser Funktion.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Routing-Fenster verlangt die Bildung einiger neuer Synapsen im Tontechniker-Hirn!

Testaufnahmen

Bei den Testaufnahmen habe ich wegen der Routing-Funktion so manches Mal geflucht („Warum höre ich nix?“), aber der Fehler saß immer vor dem Monitor. Nach und nach habe ich kapiert, was alles möglich ist, zum Beispiel bei der Jazz-Bass-Aufnahme für die Audio-Beispiele: Das Bass-Signal ging zuerst in meine passive DI-Box, von dort zu meiner bevorzugten Mikrofonvorstufe für Bass-Aufnahmen und über den Thru-Out der DI-Box gleichzeitig in den High-Z-Eingang am Orion III. In Pro Tools habe ich dann gleichzeitig drei Varianten desselben E-Bass-Signals aufgenommen: Einmal das Signal meiner üblichen Bass-Recording-Strecke über die „Direct“-Funktion also am Orion-Preamp vorbei direkt auf den Wandler des Orion; dann noch das unbearbeitete High-Z-Signal der Orion III-Vorstufe und eine Version, wo ich das Bass-Signale durch die internen Effekte des Orion III, genauer einem virtuellen Bass-Amp gejagt habe.

Bei den Aufnahmen mit der E-Gitarre fällt mir auf, dass die Effektliste mit EQs und Kompressoren gut gefüllt ist, im Bereich der Modulationseffekte aber gar nichts bietet. Also gibt’s nur ein bisschen Stratocaster-Gezupfe, einmal das unbearbeitete High-Z-Signal und einmal durch einen AFX-Amp (Typ Vox AC 30) und mit etwas Raumhall aus dem AuraVerb verschönert. Alles wieder gleichzeitig aufgenommen, realisiert über die Routing-Matrix.

Der AuraVerb-Hall lässt sich sehr gut bei der Aufnahme einsetzen, hier zu hören bei einer kurzen Querflötenaufnahme. Diese Aufnahme veredle ich durch die Vorstufen-Emulation des Gyratec- und durch Zugabe von ein paar Höhen durch den Stu 900 EQ (Emulation der Studer 900 Serie).

Zum Abschluss wird noch obligatorisch einmal ein Shaker um das Mikrofon bewegt, es wurden wieder gleichzeitig das trockene Signal und das verhallte Signal des AuraVerb aufgenommen.

Hat Antelope auf die Kritik reagiert?

Obwohl sich das Antelope Orion Studio Synergy Core Interface großer Beliebtheit erfreut, gab es in unseren (und anderen) Testberichten auch Anlass zur Kritik. Tatsächlich hat Antelope einige dieser Kritikpunkte beim Orion Studio Synergy Core aus der Welt geschafft, andere bleiben aber bestehen.
Die beiden Monitor-Ausgänge A und B für zwei Abhörmonitor-Paare lassen sich nun getrennt regeln, inklusive Mute-, Dim-, und Mono-Button. Als Quelle für das Talkback kann neben dem internen Mikrofon jetzt einer der zwölf Mikrofoneingänge auswählen werden und der Talkback-Button schaltet inzwischen auch lautlos.

Fotostrecke: 3 Bilder In den Einstellungen können die beiden Monitor-Ausgänge getrennt getrimmt werden.

Immer noch besitzen die Mikrofoneingänge aber keine PAD-Schaltung, was aber – zugegeben – nur in seltenen Fällen Probleme bereiten dürfte (zum Beispiel bei Nutzung einer aktiven DI-Box mit starkem Ausgangspegel). 
Kritisiert wurde wiederholt die eingeschränkte Displaydarstellung, die auch weiterhin nicht konfigurierbar ist und die Pegel nur in Funktionsblöcken – wie Preamp In, Monitor A, etc. – anzeigen kann. Wählt man zum Beispiel einen der Monitor-Ausgänge an, liegen 30 Pegelanzeigen brach, auf denen man sich gerne weitere Eingangs- und Ausgangspegel anzeigen lassen würde. Immerhin kann man nun auch am Gerät auswählen, welche Pegel das Display anzeigen soll.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Pegelmeter zeigt die Level nur in Funktionsblöcken an und ist leider nicht frei konfigurierbar.
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