DJ-Sets individuell zu gestalten, wird aufgrund der digitalen Distribution und weltweiten 24/7 Verfügbarkeit von Songs immer schwieriger. Ein probates Mittel, einer Musikpräsentation dennoch einen sehr persönlichen Stempel aufdrücken zu können, ist die Verwendung von Re-Edits oder Mashups, also von modifizierten „Hits“. Diese speziell bearbeiteten Versionen gibt es in der Regel nicht zu kaufen, sondern müssen selbst „hergestellt“ werden.
Der eigenen Kreativität sind hierbei keine Grenzen gesetzt und die Möglichkeiten der Bearbeitungen vielfältig. Eigene Elemente können Songs hinzugefügt oder die Abfolge verändert werden. In diesem Feature werde ich verschiedene Werkzeuge vorstellen, mit denen ihr diese Bearbeitungen im Studio, aber auch live während eines DJ-Gigs durchführen könnt.
Begriffserklärung Re-Edit, Mashup: Was ist was?
Die Schlagworte Re-Edits und Mashups sind euch in eurer DJ-Karriere sicherlich schon öfter begegnet. Was sich technisch dahinter verbirgt, möchte ich nachfolgend kurz erläutern, obgleich die Abgrenzungen nicht immer ganz scharf sind.
Re-Edit
Bei einem Re-Edit verwendet man ausschließlich das originale Songmaterial und passt dieses nach Belieben an. Intros, Refrains, Bridges etc. werden ausgeschnitten, gekürzt, verlängert oder neu arrangiert. Ihr solltet hier sehr gewissenhaft vorgehen und die Schnitte und Neukombinationen sehr sorgfältig setzen, damit während der Wiedergabe keine „Nahtstellen“ zu hören sind und sich saubere Beatgrids setzen lassen.
Mashup
Bei einem Mashup kombinierte man zwei oder mehrere Songs miteinander und erzeugt einen neuen. Feste Spielregeln gibt es nicht, hier lassen sich beispielsweise Vocals des einen Songs mit den Instrumentalparts eines anderen Songs verschmelzen. Wichtig ist in diesem Fall, dass die Tonarten der Songs und Geschwindigkeiten übereinstimmen oder entsprechend angepasst werden. Dank gut klingender Timestretch-Algorithmen, die sich in den letzten Jahren in vielen Software-Produkten etabliert haben, sollte das kein Problem sein.
Für dich ausgesucht
Werkzeuge
Nachfolgend möchte ich euch kurz Software-Produkte vorstellen, mit denen ihr die Bearbeitungen vornehmen könnt. Einige von diesen sind zur Track-Bearbeitung im Studio gedacht, andere erlauben einen Live-Einsatz. Ich habe diese in Audioeditoren, Sequencer und DJ-Software unterteilt.
Produktlinks auf thomann.de
iZotope Music Production Suite 5
Image-Line FL Studio Producer Edition
Audioeditoren für Re-Edits und Mashups
Für die reine Studionutzung eignen sich Audioeditoren. Während man früher auf kostenpflichtige Programme von Steinberg, Magix oder anderen Herstellern angewiesen war, deren Funktionsumfang deutlich über die einfache Audiodateibearbeitung hinausging, kann man sich heute kostenloser Programme bedienen, die im Wesentlichen die gewünschten Bearbeitungsfunktionen bieten.
Audacity
Zu den populärsten Audioeditoren zählt das Programm Audacity, das es kostenlos für Mac, Windows sogar Linux gibt. Mit Audacity könnt ihr eure Songs direkt zerteilen, verlängern oder kürzen und auch mit anderen Songs kombinieren. Die grafische Bedienoberfläche wirkt zwar nicht sonderlich modern, ist aber recht übersichtlich. Wer noch nie mit einem Audioeditor gearbeitet hat oder allgemein Hilfe bei der Bedienung benötig, findet ein umfassendes Online-Handbuch nebst Tutorials vor.
Kleiner Nachteil: Wer Songs direkt im MP3-Format speichern möchte, muss hier erst eine entsprechende Erweiterung installieren, was etwas knifflig ist, aber nur einmalig erfolgen muss. Audacity bietet zudem auch integrierte Effekte aus dem Mastering-Bereich und eignet sich somit auch für andere kleinere Studioaufgaben.
- Link zum Hersteller
- Preis: kostenlos
- Plattform: Windows, Mac, Linux
Neuralmix Pro
Algoriddim bietet die DJ-App djay pro AI für iOS an, die das dreiteilige Stem-Mixing erlaubt und ergänzt dazu Neuralmix Pro als eigenständiges Editorprogramm für Mac-Computer. Neuralmix Pro teilt Songs in drei Spuren auf (Vocals, Harmonic, Drums), die sich individuell ein- oder ausblenden lassen. Die einzelnen Parts können als Loops oder über den kompletten Zeitablauf per Auswahloption im Export-Dialog in beliebigen Kombinationen (z. B. Instrumental, Drums + Vocals, Harmonic + Vocals etc.) als WAV- oder AAC-Files gespeichert werden.
Für den Exportprozess lässt sich zudem die gewünschte Geschwindigkeit und Tonart selektieren. Wählt man mehrere Songs im Songbrowser, können diese in einem Batch-Prozess nacheinander in separate Stems zerlegt werden. Die Bedienung der Software ist intuitiv, klanglich ist allerdings noch etwas Luft nach oben, wobei es für DJ-Zwecke ausreichend sein sollte.
- Link zum Hersteller
- Preis: 54,99 Euro
- Plattform: Mac
Mashup 2
Mashup stammt aus der Feder der Tonartenanalyse-Spezialisten Mixed in key und ist ein echtes Spezialwerkzeug. Ihr könnt Songs von eurer Festplatte oder iTunes in Mashup 2 ziehen und dort hinsichtlich des Tempos und der Tonart analysieren lassen. Nach der Übertragung des gewünschten Songs in das Hauptfenster, lassen sich die harmonisch passenden Songs anzeigen und zur Kombination ebenfalls im Hauptfenster positionieren.
Das Beatmatching übernimmt Mashup 2 selbständig und somit kann man sehr schnell brauchbare Ergebnisse generieren. Zur Klangmodifikation gibt es EQs und Plug-ins, deren Parameter automatisierbar sind. Neben Mashups und Edits lassen sich auch komplette DJ-Mixe mit dieser Software „arrangieren“. Zum Speichern stehen die Formate WAV, AIFF, MP3, AAC und Apple Lossless zur Verfügung.
- Link zum Hersteller
- Preis: 39 US-Dollar
- Plattform: Windows, Mac
Oceanaudio
Eine Alternative zu Audacity ist das ebenfalls kostenlose Tool Oceanaudio, das ebenfalls für die drei populären Betriebssysteme Mac, Windows und Linux angeboten wird. Alle gängigen Audioformate wie WAV, MP3, OGG und FLAC werden unterstützt und Songs lassen sich per Drag-and-Drop in die Bedienoberfläche einfügen. Werkzeuge zum Schneiden, Kopieren und Einfügen werden direkt eingeblendet und mehrere Passagen lassen sich auch parallel bearbeiten und speichern.
Neben den internen Effekten, können auch VST-Effekte ergänzt werden. Das Speichern der Songs kann in vielen verschiedenen komprimierten und nicht komprimierten Formaten erfolgen.
- Link zum Hersteller
- Preis: kostenlos
- Plattform: Windows, Mac, Linux
Sequencer für Re-Edits und Mashups
Mit einer Sequencer-Software könnt ihr die gleichen Bearbeitungen vornehmen, wie mit einem Audioeditor, allerdings handelt es sich hierbei in den meisten Fällen um eine kostenpflichtige Software, deren Anschaffung sich nur lohnt, wenn ihr mehr machen wollt als einfache Re-Edits. Die Sequencer-Programme erlauben darüber hinaus die Ergänzung eigner kreativer Inhalte und somit das Anfertigen von Mashups.
Serato Studio
Serato Studio ist als Drum-Tool gestartet und mittlerweile zu einem „Mini“-Sequencer und Mashup-Werkzeug avanciert. Songs lassen sich aus der Serato-DJ-Library oder aus beliebigen Ordnern der Festplatte in das Arbeitsfenster übertragen und dort per Slicer-Funktion in Parts unterteilen. Die Parts können neu kombiniert, verlängert oder gekürzt werden, sodass Re-Edits im Handumdrehen gelingen. Zudem könnt ihr weitere Tempo- und Tonhöhen-angepasste Songs, Drum Patterns, Audio-Samples, Instrumente etc. für Mashups ergänzen.
Klangliche Bearbeitungen per Equalizer sind möglich und auch Effekte lassen sich nutzen. Der Export der Neukreation gelingt als WAV- oder MP3-Datei, alternativ lassen sich sogar separate Stem-Files erzeugen.
- Link zum Hersteller
- Preis: 9,99 Euro Monat, 229,- Euro einmalig
- Plattform: Windows, Mac
Ableton Live
Die Berliner Software Ableton Live ist bei DJs weit verbreitet und kann zur Musikproduktion, aber auch zum Auflegen genutzt werden. Ableton Live erlaubte bereits sehr früh Timestretching und „Warping“ und ermöglicht somit eine schnelle Anpassung von Songs und deren Kombination mit weiteren Tracks und anderen kreativen Inhalten selbst dann, wenn sie ein unstetes Tempo haben sollten (Live-Einspielungen oder als digitalisierte Vinyls).
Die Software ist mittlerweile sehr mächtig und bietet eine Fülle an Funktionen inklusive Hardware-Einbindungen. Ableton Live wird in drei Versionen (Intro, Standard, Suite) angeboten, deren Funktionsumfang und Preise sich deutlich voneinander unterscheiden. Wer als DJ über den Tellerrand hinausschauen möchte und eigene Produktionen plant, findet mit Ableton Live ein solides Werkzeug vor.
- Link zum Hersteller
- Preis: ab 79,- Euro
- Plattform: Windows, Mac
DJ-Software für Re-Edits und Mashups
Mit einer DJ-Software könnt ihr das Thema Mashup und Re-Edit in Echtzeit angehen. Es gibt hier verschiedene Ansätze, die ich nachfolgend vorstellen möchte.
Traktor Pro
Traktor Pro erlaubte als erste DJ-Software das Mixen von Einzelspuren (Stems) eines Songs. Um diese Funktion nutzen zu können, müssen spezielle Stem-Versionen der Songs gekauft oder von den Produzenten generiert werden. In Traktor Pro gibt es zum Spielen dieser Dateien eigene Stem-Decks, die vier Spuren umfassen und einzeln mit Effekten etc. versehbar sind.
Eine Kombination kann mit weiteren Stems, Samples in einem Remix-Deck, aber natürlich auch ganzen Songs erfolgen. Mit Hotcue-Punkten oder Beatjumps könnt ihr Re-Edits generieren.
- Link zum Hersteller
- Preis: 99,- Euro
- Plattform: Windows, Mac
VirtualDJ
Einen flexibleren Ansatz, Stems zu extrahieren und zu mixen, bietet die Software VirtualDJ. Hier könnt ihr, wie in der App von Algoriddim, jeden beliebigen Song mit speziellen Stem-EQs in einzelne Bestandteile zerlegen und beispielsweise Drums, Instrumente oder Vocals extrahieren oder exklusiv zu Gehör bringen.
Je nach Stem-EQ-Modus lassen sich aber sogar bis zu fünf Parts per Drehregler steuern. Mashups mit anderen Songs sind somit direkt und ohne weitere Datei-Vorbereitung möglich, kreative Werkzeuge wie Effekte, Samples etc. gibt es hier natürlich auch, genauso wie Hotcue-Punkte und Beatjumps.
- Link zum Hersteller
- Preis: ab 61 Euro
- Plattform: Windows, Mac
Resümee
Wenn ihr eure DJ-Sets mit Re-Edits oder Mashups ausschmücken und somit individuell gestalten wollt, müsst ihr diese in der Regel selbst generieren. Diese Kreativarbeit kann auf verschiedene Weise im Studio oder live mit unterschiedlichen Programmen erfolgen, die ich euch in diesem Feature vorgestellt habe.
Da einige Programme kostenlos sind, könnt ihr direkt die ersten Gehversuche starten und testen, ob euch das Generieren „eigener“ Mixversionen liegt und sich ein Mehrwert für eure DJ-Sets ergibt.
Chris sagt:
#1 - 19.06.2022 um 22:47 Uhr
Ich denke, dass ihr Bootleg komplett falsch definiert habt. Wikipedia: Als Bootleg wird im Bereich des Medienrechts eine Tonaufnahme oder ein Film bezeichnet, deren Vertrieb vom Rechtsinhaber nicht autorisiert wurde. Meist handelt es sich um Mitschnitte, die bei Konzerten entstanden sind – auch unautorisierte Kompilationen werden als Bootlegs vertrieben. Bootlegs sind Werke, die gelegentlich mit Schwarzpressungen verwechselt werden – Kopien, die in die Bereiche Produktpiraterie und Raubkopie fallen. Bootlegs sind überwiegend nicht autorisiert, jedoch gibt es auch autorisierte Mitschnitte.
cengiz5 sagt:
#2 - 24.01.2024 um 16:56 Uhr
wen juckts