ANZEIGE

Dave Smith Instruments Prophet-12 Test

Praxis

Für mich war der Prophet-12 zunächst kein Synthesizer, der sofort einlädt. Ich nehme an, dass dies vor allem mit seiner gewissen Komplexität zusammenhängt. Auch die ungewöhnliche Bedienung der Oszillator-Einstellungen mag eine Rolle spielen. Wie dem auch sei: Ich habe eine Weile (und die Lektüre der Bedienungsanleitung) gebraucht, um mit dem Prophet warm zu werden.
Nicht ganz ohne Nachhall bleibt die Tatsache, dass Dave Smith in seinem Vorwort berichtet, er sei öfter gefragt worden, welcher der von ihm designten Synthesizer ihm der Liebste sei – und da stehen neben dem Prophet-5 immerhin auch der Prophet-VS, die Wavestation und ein paar schöne aktuelle Produkte wie der Prophet-08 oder Evolver zur Auswahl. Die Antwort auf diese Frage sei für ihn immer ein Problem gewesen. Bis jetzt. Denn heute sei er sicher: Der Prophet-12 sei sein Favorit.
Dies aus so berufenem Munde macht nachdenklich, auch wenn ja oft das neueste Produkt angeblich das beste ist. Aber allein den Prophet-12 dem Prophet-5 vorzuziehen, ist schon bemerkenswert.

Dave_Smith_Prophet_12_045FIN-1005937 Bild

Je mehr man sich aber mit dem Prophet-12 befasst, um so einleuchtender wird zugegebenermaßen diese Aussage. Zwar ist mein Prophet-5 ein wirklich besonderes und charakterstarkes Instrument, das ich keinesfalls ohne weiteres gegen den Prophet-12 eintauschen würde. Aber der neue Prophet bringt seinerseits eine Menge eigenen Charakter mit, und vor allem bietet er eine Bandbreite an Möglichkeiten, die Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger völlig undenkbar war. Insofern ist er sicherlich das stärkere und komplettere Instrument.
Bei allem Reichtum an Möglichkeiten lässt sich der Prophet-12, hat man einmal den Einstieg gefunden, sehr gut bedienen. Dazu trägt das äußerst gelungene Layout des Bedienfeldes bei, aber auch die Bedienelemente selbst, die durchweg einen schönen und qualitativ hochwertigen Eindruck machen, insbesondere die beleuchteten Handräder und die Vielzahl hintergrundbeleuchteter Taster. Dazu gesellt sich – bei einem Synth ja nicht ganz unwichtig – eine exzellente Tastatur.
Die Oszillatoren mögen vielleicht im direkten Charme-Vergleich mit ihren analogen Cousins nicht die Nase vorne haben, aber sie sind so etwas wie idealtypische Vertreter ihrer Zunft, die durchaus auf Augenhöhe mit den analogen Vertretern sein können. Entscheidend ist hier natürlich, dass man die Wahl zwischen absoluter Präzision und lässigem Vintage-Stil hat. Damit und mit der enormen Klangpower von vier Oszillatoren plus Suboszillator pro Stimme werden dann Klangwelten möglich, die rein analog zimmergroße Geräte erfordern würden, wenn sie überhaupt umsetzbar wären. Insgesamt zeigt sich hier, dass die Rechenleistung aktueller Chips dann doch die Option bietet, mit digitalen Oszillatoren „best of both worlds“ möglich zu machen. Beim Testen habe ich immer mit einem Auge auf meinen Alesis Andromeda geschaut. Dieser bietet (bis auf die Effekte) die gesamte Signalkette in analog an. Er muss sich aber auch mit zwei Oszillatoren jeweils plus Suboszillator begnügen, und den Vergleich auf der Waage verliert er deutlich.
Weiterhin halte ich es auch für eine gute Entscheidung, mit den Filtern (und auch mit dem Verzerrer) analog unterwegs zu sein. Die Filter klingen beide grandios, und sie machen beim Herumschrauben dann doch deutlich mehr Freude als die wirklich auch sehr guten virtuellen Filter eines Nord Lead 4. Nicht zuletzt, weil die Reaktion des Cutoff-Reglers ganz unmittelbar ist und nicht aus rechentechnischen Gründen hinterherhinkt. Mit Hilfe der Filter, des Feedback-Loops und auch des Verzerrers lassen sich dann wirklich analoge, hochkomplexe Gebilde bauen, bei denen einem wirklich nichts fehlt.

Dave_Smith_Prophet_12_035FIN-1005940 Bild

Nicht ganz zufrieden bin ich mit der Effekt-Sektion des Prophet-12. Zum einen hätte ich mir, wenn man schon digitale Effekte verwendet, unbedingt auch einen Hall gewünscht. Das wäre doch sicherlich nicht besonders aufwendig gewesen. Zum anderen waren mir die Optionen beim Delay zu spärlich. Die maximale Delay-Zeit ist mit einer Sekunde für ein Digitaldelay unnötig kurz. Die Positionierung im Stereobild lässt sich nur über Modulation steuern, auch das eine etwas unverständliche Einschränkung. Und zuletzt finde ich es insbesondere bei den teilweise ja sehr brillanten Synthesizer-Sounds wichtig, dass man für das Delay einen Highcut hat. Zwar werden die Echos auch jetzt bei jeder Wiederholung etwas dumpfer, aber eine Einstellmöglichkeit fände ich hier wichtig. Ansonsten kann man nur sagen: Daumen hoch, Dave Smith, fast alles richtig gemacht beim Prophet-12!
Und nun gibt es noch ein paar Audiofiles für euch, damit ihr nachvollziehen könnt, wovon ich hier geschrieben habe:

Audio Samples
0:00
12/24dB Filter Apokalypse Arp Character Dist Lead FM Tines It´s a Prophet Noises Spread Pad Sync Sound Ups distorted Wavetables
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.