Brian May, Gitarrist der legendären Rockband Queen, ist nicht nur für seine markanten Riffs und Soli bekannt, sondern auch für einen extrem charakteristischen Gitarrensound. Dieser entsteht natürlich zu einem großen Teil durch sein Spielgefühl, doch auch das eingesetzte Equipment spielt eine entscheidende Rolle. Neben seiner selbstgebauten Gitarre, der „Red Special“, setzt May auf eine Reihe weiterer besonderer Zutaten. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick darauf, welche Elemente den unverwechselbaren Sound von Brian May ausmachen.

Die „Red Special“ – eine Gitarre mit Geschichte
Zwar griff Brian May im Laufe seiner Karriere gelegentlich auch zu Klassikern wie der Fender Stratocaster, der Telecaster oder Gibson Les Pauls und Flying Vs, aber im Zentrum seines Schaffens stand und steht jedoch unbestritten die „Red Special“. Sie entstand Anfang der 1960er-Jahre, als sich der junge May gemeinsam mit seinem Vater Harold dazu entschloss, mangels finanzieller Mittel ein eigenes Instrument zu bauen, das Ganze ohne jegliche Erfahrung im Gitarrenbau und nur mit einfachstem Werkzeug ausgestattet. Der Hals der „Red Special“ ist aus dem Mahagoniholz eines über 100 Jahre alten Kaminsimses gefertigt, dessen wurmstichige Stellen Brian mit Streichhölzern auffüllte. Der gekammerte Korpus besteht aus Eiche und ist mit einem Mahagoni-Furnier belegt.
Die Oberflächenversiegelung erfolgte mit einem selbstgemischten Lack aus Öl und Beize, der den charakteristischen rötlichen Glanz unterstreicht. Das Griffbrett besteht aus Eiche und beherbergt 24 Bünde mit Perlmutt-Inlays. Trotz vereinzelter Modifikationen im Laufe der Jahre, darunter ein nachträglich eingesetzter Nullbund, moderne Locking-Mechaniken und ein überarbeitetes Finish, befindet sich das Instrument im Wesentlichen noch im Originalzustand. Laut Brian May wurden selbst die Bünde bis heute nie ersetzt. Im Laufe der Jahre gab es mehrere Replikate, unter anderem von Guild, Greg Fryer und Burns. Mittlerweile besitzt Brian seine eigene Firma „Brian May Guitars“, die neben diversen „Red Special“-Varianten auch Saiten, Pedale und Accessoires vertreibt.
Die ausgefuchste Elektronik der „Red Special“
Eine große Besonderheit der „Red Special“ ist die sehr flexible Elektronik, die schon damals vollkommen vom Standard abwich. Ursprünglich hatte Brian May sogar geplant, die Tonabnehmer selbst zu wickeln, war mit dem Resultat jedoch unzufrieden. Kurzerhand entschied er sich daher für drei Tri-Sonic-Single-Coils der Marke Burns, die einen Gleichstromwiderstand von etwa 7 kOhm aufweisen. Besonders innovativ ist die Schaltung: Jeder der drei Pickups verfügt über einen eigenen Ein-/Ausschalter sowie einen separaten Phasenumkehrschalter. Diese Konfiguration ermöglicht eine enorme Klangvielfalt: von druckvollen Rockriffs bis hin zu Out-of-Phase-Sounds, wie sie etwa im ikonischen Solo von „Bohemian Rhapsody“ zu hören sind. Zur Rückkopplungsreduzierung sind die Pickups von Brian mit Wachs vergossen – ein damals eher unübliches, aber wirkungsvolles Verfahren. Neben den sechs Schiebeschaltern verfügt die Elektronik außerdem über ein Lautstärke- und ein Tonpoti.
Ein Tremolosystem aus Haushaltsgegenständen
Das Tremolo der „Red Special“ entstand ebenfalls komplett in Eigenregie. Brian und sein Vater verwendeten zwei Ventilfedern aus einem Motorrad, ein altes Küchenmesser aus Stahl und weitere Gegenstände, die sie im Haushalt finden konnten. Um die Reibung zu minimieren und eine hohe Stimmstabilität zu gewährleisten, ist die Brücke mit Rollen ausgestattet, über die die Saiten gleiten können. Die Federspannung lässt sich präzise über zwei Schrauben justieren, die durch die Federn geführt sind. Kurios ist auch der Tremolohebel, der aus einem Teil eines Fahrradgepäckträgers besteht. Der Griff wurde mit der Spitze einer Kunststoff-Stricknadel versehen.


Der Vox AC30 als zweiter Grundpfeiler des Brian-May-Sounds
Neben der legendären „Red Special“ ist auch die Wahl des Verstärkers entscheidend für den charakteristischen Sound von Brian May. Seit Jahrzehnten vertraut er auf Vox AC30-Modelle aus den 1960er-Jahren, allerdings mit einer bemerkenswerten Eigenheit: Statt des populären Top-Boost-Kanals nutzt May bevorzugt den Normal-Channel, der von Natur aus dunkler klingt. Die Verstärker sind leicht modifiziert, und der nicht verwendete Top-Boost-Kanal ist vollständig entfernt. Wie Brian dennoch seinen höhenreichen und „chimey“-gen Klang erzielt, erklären wir im folgenden Abschnitt.
Die klassischen AC30-Combos waren ursprünglich mit zwei Celestion „Blue Bulldog“-Lautsprechern ausgestattet. In seinem Live-Rig setzt May allerdings auch auf eine Kombination aus Blue Bulldogs und Celestion G12H Speakern. Bei Studioaufnahmen kam häufig noch ein kleiner Transistorverstärker zum Einsatz, der vom Queen-Bassisten John Deacon persönlich gebaut wurde – heute bekannt als „Deacy Amp“. Dieser unscheinbare Verstärker liefert einen stark komprimierten, mittig fokussierten Ton und ist ideal für nicht alltägliche Sounds, wie sie in manchen Queen-Produktionen zu hören sind.


Brians Effekte – Treble Booster und mehr
Als Brian May in den 60ern Rory Gallagher hörte, war er so fasziniert von dessen Sound, dass er ihn kurzerhand fragte, was das Geheimnis dahinter sei. Rory nutzte in dieser Zeit ebenfalls einen Vox AC30, allerdings in Kombination mit einem Dallas Rangemaster Treblebooster. Ab den späten 60ern setzte auch Brian May auf diese kampferprobte Kombination, die es ihm ermöglichte, aus dem Normal-Channel des AC30 einerseits mehr Höhen, aber auch mehr Zerre zu kitzeln. In den Anfangsjahren war dies noch ein Rangemaster mit Germanium-, später mit Silizium-Transistoren.
Der Treble-Booster durchlief einige Modifikationen, unter anderem ebenfalls vom Bassisten John Deacon, bis Brian später bei seinem eigenen Signature-Modell landete. Weitere Effekte waren Tape-Delays von Echoplex, die man z. B. in „Brighton Rock“ oder „Now I’m Here“ hören kann. Typisch für diese Ära ist sein Trick, mit mehreren Delays rhythmisch versetzte oder zweistimmige Läufe zu spielen. Später wählte Brian auch digitale Emulationen wie das TC Electronic G-Major für Delay- und Choruseffekte. Mitte bis Ende der 70er sieht man Brian auch mit einem Foxx Foot-Phaser, den er hinter seinem Treble-Booster platzierte. Und last but not least gehörten auch ein Boss Chorus und ein Cry Baby Wah zum Arsenal.




Brians Plektren und Saiten
Brian May spielt mit einer britischen Sixpence-Münze anstelle eines klassischen Plektrums. Das harte Metall mit dem geriffelten Rand verleiht seinem Anschlag einen besonderen „Biss“, viele Obertöne und einen rauen Attack. Was die Saiten anbelangt, ist Brian exemplarisch dafür, dass man für einen fetten Sound nicht unbedingt dicke Saiten benötigt. In den Anfangsjahren verwendete er noch 08er-Sätze, ist jedoch mittlerweile auf Optima Gold Maxima-Sätze der Stärke 09 bis 42 umgestiegen.
Fazit – Not macht erfinderisch
Brian Mays Equipment ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie sich mit Kreativität und handwerklichem Geschick trotz begrenzter technischer und finanzieller Mittel ein legendärer Sound erschaffen lässt. Die eingeschränkten Möglichkeiten der 1960er-Jahre zwangen ihn dazu, das gesamte Potenzial aus Instrument, Technik und Spielweise herauszuholen. Durch diese einzigartige Kombination aus eigenem Equipment und seiner charakteristischen Spielweise ist Brian May ein Gitarrist, den man unter Tausenden sofort erkennt, und zweifellos einer der letzten großen Urgesteine des Rock.

Mit Queens ”Somebody to Love“ widmen wir unser Solo der Woche wieder einem absolut zeitlosen Klassiker, der Mitte der Siebziger die Charts beherrschte.

Brian Mays legendäres Bohemian Rhapsody Solo in Noten und Tabs. Zusätzlich dazu gibt es ein Video in Originaltempo und SloMo. Und auch das passende Playback für die Eigenversuche haben wir für euch am Start!

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