D16 Group Antresol, Decimator und Devastor Test

Die für ihre pfiffigen Emulationen von Vintage-Hardware bekannte polnische Software-Schmiede D16 Group ergänzt ihre Silver Line Collection um drei weitere Effekte. Die Testkandidaten heißen Antresol (eine Reproduktion des Flanger-Klassikers Electric Mistress), Decimator 2 (die Bit-Crusher-Emulation alter AKAI-Hardware) sowie Devastator 2, ein Multiband-Distortion und Diodenclipper. Wir verraten euch, wie gut die vergleichsweise günstigen Effekte klingen.

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Details

Allgemeines

Im Online-Shop der D16 Group sind die Einzeleffekte für 39 Euro erhältlich, die komplette Kollektion aus sieben Plug-ins kostet 199 Euro. Die Module gibt es für Windows im VST- und AAX- sowie für Mac OS X im AU- und VST-Format jeweils in 32 und 64 Bit. Alle Effekten bieten eine übersichtliche, fotorealistische Bedienoberfläche in zwei Größen. So lässt sich auch auf Notebooks gut arbeiten. Die Effekte sind mit Tag-basierten Preset-Browsern und einer MIDI-Learn-Funktion ausgestattet.

Antresol – Flanger-Emulation und mehr

Antresol ist die Reproduktion des Electro-Harmonix Electric Mistress. Dieses Flanger-Pedal bereichert seit den 70er-Jahren etliche Gitarrenspuren mit seinem psychedelischen Klang und gehört bis heute zu den beliebtesten seiner Art!

Fotostrecke: 2 Bilder Die Flanger-Emulation Antresol

Konzept

Zwar erinnert die Reproduktion eher an ein 19-Zoll-Gerät, dennoch basiert Antresol auf dem Vorbild. Entsprechend wirkt in Antresol ein digital emulierter, analoger Eimerkettenspeicher, zu englisch Bucket Brigade Device. Dieser Schaltungstyp wurde früher oft zur Verzögerung von Signalen eingesetzt und kam daher auch in analogen Delays zum Einsatz. 

Audio Samples
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Antresol – Guitar (Dry) 
Antresol – Guitar (Wet)

Die Emulation

Antresols True-BBD-Sektion ist das Herzstück des Plug-ins und erlaubt tiefe Eingriffe ins Schaltungsdesign. Die Sektion arbeitet in den drei Modi Mistress (dem Original entsprechend), Linear und Concave, wodurch sich die Soundtiefe des Signals verändert.

Das Herzstück: die True-BBD-Sektion
Das Herzstück: die True-BBD-Sektion
Audio Samples
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Antresol – Guitar (BBD Misstress)
 Antresol – Guitar (BBD Linear) Antresol – Guitar (BBD Concave)

In der Emulation ersetzt ein digitaler Buffer die Eimerkettenschaltung und sorgt für das Zwischenspeichern des Signals. Mit Buffer-Length und Range kann die Größe dieses Speichers sowie die Anzahl der Wiederholungen angepasst werden. Kleinere Buffer-Werte sorgen für deutlich hörbare Artefakte, die sogar eine Art Bit-Crusher erzeugen können.

Audio Samples
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Antresol – Drums (Buffer 512)
 Antresol – Drums (Buffer 64)

Unabhängige Kanalbearbeitung

Bevor das Signal in die Feedback-Schleife gelangt, bietet Antresol einen Input-Gain sowie einen M/S-Modus zur unabhängigen Bearbeitung der Mitten- und Seiten-Signale. wodurch das Plug-in eine weitaus flexiblere Klangbearbeitung von Stereo-Signalen ermöglicht. Mit dem doppelten Crossfader können die Kanäle in der Stereobasis übergeblendet werden. In der Stellung „Clone“ ergibt sich eine Art Mono-Effekt, da beide Kanäle zu 50 % auf die andere Seite kopiert werden. „Swap“ hingegen tauscht beide Kanäle.
Der Feedback-Regler lässt positive und negative Werte zu, wodurch die Phase des Feedback-Signals gedreht wird. Außerdem kann das Feedback ebenso kanalunabhängig (L/R und M/S) justiert werden wie auch die LFOs. Letztere lassen sich zum Tempo des Hosts synchronisieren und sind mit Offset, Rate und Depth ausgestattet. Ein zusätzlicher Phase-Shift-Regler variiert zwischen identischer bis hin zu 180 Grad gedrehter Phasenlage. Das ermöglicht interessante Stereo-Effekte, wie ihr in folgenden Beispielen auch hören könnt.

Audio Samples
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Antresol – Synth (dry)
 Antresol – Synth (Feedback: + 50%) Antresol – Synth (Feedback: L – 50% / R +50%)

Der Nachfolger des Decimators arbeitet nach dem Resampling-Prinzip alter Hardware-Sampler. Solche Bit-Crusher werden gerne eingesetzt, um sterilen Sounds „digitale Kanten“ zu verleihen und diese durch Reduktion von Bits und Samplerate bewusst Lo-Fi klingen zu lassen. 

Audio Samples
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Decimator 2 – Drums (dry) Decimator 2 – Drums (wet)


Automatisches Mixing

In der FX-Sektion erwartet uns neben dem Dry/Wet-Regler ein Auto-Mix-Modus, der das Effekt-Signal je nach Einstellung der Parameter automatisch hinzumischt. Beispielsweise wird das Wet-Signal zurückgenommen, wenn das Feedback aufgedreht wird. 

Decimator 2 – Bit-Crusher neu definiert

Bedienoberfläche und Konzept

Per Resolution-Regler wird das Signal zwischen 24 bis 1 Bit in der Auflösung reduziert. So entstehen Verzerrungenund Artefakte, die je nach Samplerate mehr oder weniger deutlich hörbar sind. Für die Samplerate ist dabei der Frequency-Parameter zuständig. Decimator 2 ist mit zwei neuen Filtern ausgestattet, die diese normalerweise erwünschten Artefakte filtern und für weichere, harmonischere Ergebnisse sorgen. Vor der Resampling-Sektion filtert das „Approximative Filter“ Obertöne des Signals; das „Images Filter“ hingegen bearbeitet das Signal nach Reduktion der Samplerate. Beide Filter sind an die Frequenz des Resamplers gekoppelt und beeinflussen das Signal daher nur so stark wie nötig – clever. 

Der Decimator geht in die zweite Runde.
Der Decimator geht in die zweite Runde.
Audio Samples
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Decimator 2 – Drums (Samplerate-Automation ohne Filter) Decimator 2 – Drums (Samplerate-Automation + Images Filter) Decimator 2 – Drums (Samplerate-Automation + Approximative Filter)

Devastor 2 – Multiband Distortion-Einheit

Der Devastor arbeitet mit drei Frequenzbändern und greift auf mehrere Dynamikprozessoren zu. Auch diese Distortion-Einheit emuliert analoge Technik, nämlich einen Diodenclipper mit sechs Clipper-Kurven. Durch Anti-Aliasing enthält das verzerrte Signal keine unerwünschten Artefakte, was zum warmen Klang des Plug-ins beiträgt.

Die Multiband Distortion-Einheit „Devastor 2“
Die Multiband Distortion-Einheit „Devastor 2“
Audio Samples
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Devastor 2 – Drums (dry) Devastor 2 – Drums (wet)

Bedienoberfläche und Konzept

Das Plug-in teilt sich in Shaper, Diodenclipper, Signal-Routing, Filter und Master. Die drei Bänder wurden in der Version 2 mit flexiblerem Signal-Routing, aktualisierten Filtermodels und Dynamikprozessoren ausgestattet. 
Die Shaper-Sektion ist wie alle Plug-ins der Silver Line Collection mit einem Pre-Amp-Regler zur Eingangsverstärkung ausgestattet; der Dynamics Flattener normalisiert per One-Knob-Bedienung die Amplitude. Threshold regelt einen Kompressor, der das Signal vor der eigentlichen Verzerrung komprimiert. Der Diodenclipper bietet sechs Clipping-Kurven, die jeweils unterschiedliche Verzerrungscharakteristika erzeugen. Die Stärke des Clippers ist mit dem Shape-Regler justierbar.

Erweiterte Filter-Sektion

Die Filter-Modelle der ersten Version wurden überarbeitet und sollen noch analoger klingen. Zudem sind sie von 20 Hz bis 20 kHz regelbar. Die drei deaktivierbaren Bänder bieten die Charakteristiken Lowpass, Highpass, Bandpass sowie Notch; Hinzu kommt ein Resonanz- sowie ein Volume-Regler pro Band.
Die drei Filter können in neun Varianten vor oder hinter dem Diodenclipper abgegriffen werden. Im Gegensatz zum ersten Devastor mit nur drei Möglichkeiten für den Signalfluss hat sich also einiges getan. Durch einfachen Klick auf das entsprechende Symbol sind alle Varianten ersichtlich und schnell aufzurufen – sehr flexibel!

Der Signalfluss
Der Signalfluss

Master

Der neue Limiter in der Mastersektion verhindert Übersteuerungen am Output des Plug-ins, sowohl für das Wet- als auch für das Dry-Signal. Sollte man das Signal doch einmal zu heiß aussteuern, dient der Limiter als Notbremse. Er lässt sich nur aktivieren, nicht aber in seiner Funktion anpassen. Ein Dry/Wet-Regler ist in einem Distortion-Plug-in keine Seltenheit, in Verbindung mit den Dynamikprozessoren und den drei Frequenzbändern wird das Plug-in zu einer Multiband-Distortion-Waffe, die parallele Komprimierung und Verzerrung ermöglicht. Wie das klingt, hören wir uns im Praxisteil an.

Praxis

Klang

Nachdem wir uns bereits die neuen Features anhören konnten, verschaffen wir uns nun ein Überblick über den generellen Sound der Effekte und was mit ihnen möglich ist. Damit der Effekt deutlicher zu hören ist, habe ich besonders plakative Einstellungen gewählt.
Der Preset-Browser bereichert die Plug-ins mit seiner kategorisierten Verwaltung und liefert gute Beispiele dafür, wie vielseitig sich die Plug-ins nutzen lassen. So wählt man bei Antresol etwa Type: „Flanger“, Modulation: „Synchronized“, Spatialize: „Neutral“ und erhält zu den Attributen passende Presets.

Alle Plug-ins der Silver Line Collection verfügen über kategorisierte Preset-Browser.
Alle Plug-ins der Silver Line Collection verfügen über kategorisierte Preset-Browser.

Antresol

Im Folgenden ist das Plug-in auf einer Synthesizerspur zu hören. Mit dezenten Einstellungen bekommt das Signal die gewünschte Bewegung. 

Audio Samples
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Antresol – Synth (dry) Antresol – Synth im Preset „Overtones“

Über den Einsatz als Flanger hinaus kann Antresol als Chorus genutzt werden, um für mehr Breite und einen gewissen „Schimmer-Effekt“ zu sorgen. Denn im Wesentlichen unterscheiden sich Chorus und Flanger in der Delay-Zeit und Modulations-Rate, die wir in Antresol flexibel anpassen können. Auch hier leistet das Plug-in hervorragende Arbeit.

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Antresol – Guitar (dry) Antresol – Guitar im Preset „Depth of Field“

Antresol will auch als Kreativ-Tool eingesetzt werden. So beherrscht es das Anrauen von Signalen. Da es eine M/S-Bearbeitung besitzt, wird aus einer Mono- im Handumdrehen eine Stereospur, in der nur die Seitensignale mit einem Chorus und etwas Sättigung des Pre-Amps „angedickt“ werden und das Mittensignal unberührt bleibt.

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Antresol – Bass (dry) Antresol – Bass im Preset „Side Distortion“

Decimator 2

Um Spuren den Lo-Fi-Charme der 80er und 90er zu verleihen, kann Decimator 2 sehr dezent eingesetzt werden. In den folgenden Beispielen wird das Signal auf zwölf Bits reduziert, wodurch der Drumloop der Sound alter Hardware-Drum-Computer eingehaucht wird, ohne aufdringlich zu wirken.

Audio Samples
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Decimator 2 – Drums (dry) Decimator 2 – Drums im Preset „Hi-Tone Reshaping“ Decimator 2 – Drums im Preset „SP-1200“

Anders als herkömmliche Bit-Crusher kann Decimator 2 auch in extremen Einstellungen sehr weich und angenehm klingen, wie das folgende Klangbeispiel bei nur sechs Bit zeigt.

Audio Samples
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Decimator 2 – Drums im Preset „Covox“

Durch die neuen Filter sind mittels einfacher Automation der Samplerate außergewöhnliche Filterverläufe möglich, die mit herkömmlichen Bit-Crushern so nicht zu erreichen sind. Da das Approximative Filter vor den Resampler geschaltet ist, bleiben die Obertöne erhalten, die bei der Reduzierung von Samplerate und Bits entstehen. So bleibt mehr vom eigentlichen Bit-Crusher-Effekt übrig. Wer es noch weicher möchte, greift zum Images Filter hinter dem Resampler. Das ergibt folgenden Unterschied:

Audio Samples
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Decimator 2 – Synth (dry) Decimator 2 – Synth (Samplerate-Automation mit Approximative Filter) Decimator 2 – Synth (Samplerate-Automation mit Images Filter)

Devastor

Der Devastor eignet sich bestens zum Sättigen von Spuren. Dabei bringt er natürliche, musikalisch klingende Ergebnisse. Im Folgenden erhält die Bassdrum einer Drum-Gruppe durch dezenten Einsatz des Diodenclippers die nötige Portion Sättigung. 

Audio Samples
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Devastor 2 – Drums (dry) Devastor 2 – Drums (Bassdrum Saturation)

Im Mixdown möchte man bei Basssp uren oft Pickings und Tappings hervorheben. Auch hier erweist sich Devastor als potentes Helferlein und verleiht etwa per Bandpass den oberen Frequenzen einen leicht angezerrten Boost, ohne die tiefen Frequenzen zu berühren. Das Ergebnis sind warm klingende, unaufdringliche Obertöne. Gleiches gilt für Drumloops, in die man mit gewöhnlichen Distortion-Effekten nicht mehr eingreifen kann, um Claps und Hats einzeln zu bearbeiten – Multiband-Distortion sei Dank

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Devastor 2 – Bass (dry) Devastor 2 – Bass im Preset „Pick That Bass 2“ Devastor 2 – E-Drums (dry) Devastor 2 – E-Drums im Preset „Analog Taste“

Wer es nicht nur dirty, sondern richtig distorted haben möchte, wählt extreme Einstellungen. Das verleiht schwächeren Spuren eine gute Portion Drive ohne unangenehme Artefakte. Selbst bei solchen Settings produziert das Plug-in immer noch einen warmen Sound, erstaunlich!

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Devastor 2 – Synth (dry) Devastor 2 – Synth im Preset „303-Roars“

Fazit

Schon in der Vergangenheit hat die D16 Group bewiesen, dass sie legendäre Hardware authentisch emulieren und um nützliche Features ergänzen kann. Auch Antresol, Decimator 2 und Devastor folgen diesem Ansatz. Sie verknüpfen den Klang ihrer Vorbilder mit flexiblem Routing, M/S-Bearbeitung und Eingriffsmöglichkeiten im Herzen der Emulation. Von subtiler Kosmetik bis zu drastischem Sounddesign sind die Effekte vielfältig einzusetzen und durch das übersichtliche Bedienkonzept fühlt man sich bei den Plug-ins schnell zu Hause. Obwohl die einzelnen Plug-ins mit 39 Euro recht günstig sind, klingen sie hervorragend, um nicht zu sagen teuer. Unsere drei Testkandidaten sind daher uneingeschränkt zu empfehlen!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • übersichtliche Bedienoberflächen
  • GUI in zwei Größen
  • faire Preisgestaltung
  • hervorragende Klangeigenschaften
  • vielseitige Einsatzmöglichkeiten
Contra
  • kein Contra
Artikelbild
D16 Group Antresol, Decimator und Devastor Test
Für 299,00€ bei
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Features
  • Effekt-Plug-ins
  • AU- und VST-kompatibel
  • Emulationen legendärer Hardware
  • Tag-basierte Preset-Browser
  • MIDI-Learn
  • zwei GUI-Größen (Big und Small)
  • Dry/Wet-Regler
  • Input- und Output-Gain
  • Output-Meter
  • Antresol
  • Flanger-Emulation des EH Electric Mistress
  • True BBD (Bucket Brigade Device)
  • unabhängige Kanal-Steuerung
  • L/R- und M/S-Bearbeitung
  • LFO frei und synchronisierbar zum Host
  • Decimator 2
  • Resampling-Emulation
  • Bit-Crusher
  • Quantisierung mit Dithering
  • 2 Quantisierungs-Methoden (mid-raiser und mid-tread)
  • justierbarer Jitter
  • Approximative-Filter (Pre Resampler)
  • Images-Filter (Post Resampler)
  • Filter-Sektion (LP, HP, BP, BR)
  • keine harmonischen Verzerrungen am Output
  • Devastor 2
  • Diodenclipper-Emulation
  • Multiband-Distortion
  • 3 Filterbänder inklusive Resonanz
  • Dynamic Flattener
  • Output Limiter
  • 9 Routing-Optionen für Diodenclipper und Filter
  • Systemvoraussetzungen: Windows: ab Version 7; Mac OS X: ab Version 10.7 (Intel-Mac), mindestens 2 GB RAM, VST-, AU-, AAX-kompatible Hosts, 32 Bit oder 64 Bit
Preis
  • Einzelpreis pro Plug-in: EUR 39,-
  • Silver Line Collection: EUR 199,-
  • Total Bundle: EUR 619,-
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