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Blackheart BH100H Head & BH412SL Box Test

Bislang gehörten die Produkte der Ampschmiede Blackheart für mich ganz klar in die Schublade „klein, aber fein“. Das lag nicht zuletzt daran, dass ich mit dem Little Giant und dem Handsome Devil bisher ausschließlich sehr kompakte Verstärker des Herstellers in die Finger bekam. Umso erstaunter war ich, als die Spedition den BH100T und die dazugehörige 4×12 Box auf einer Europalette per Hubwagen in mein Studio rollte. Mann, bist Du aber groß geworden…  

Dabei handelt es sich beim BH100H um ein ganz „normales“ Topteil mit 4×12 Box, aber nach der bisherigen Erfahrung mit den Amps von Blackheart brauchte es einige Zeit, bis ich mich an die ungewohnten Dimensionen gewöhnt hatte. Währenddessen konnte ich dem vermeintlichen Riesen gründlich auf den Zahn fühlen und herausfinden, was ihn außer den Dimensionen von seinen kleineren Geschwistern unterscheidet. Was dabei herausgekommen ist und ob der Amp den großen klassischen 4×12 Kombinationen nacheifert, erfahrt ihr hier.

©Earl Harper
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GEHÄUSE/OPTIK
Das Topteil ist mit seinen Maßen von 760 x 295 x 280 mm (B x H x T) in Höhe und Breite fast identisch mit einem Standard Marshall-Top, dabei aber einen Hauch tiefer. Das Gehäuse besteht aus 18 mm starkem, 15-lagigem Sperrholz, das mit schwarzem Vinyl bespannt ist. Die obere Hälfte der Front ist mit grauem Boxenbespannstoff überzogen, auf dem das Blackheart-Logo prangt. Die Innenkanten der Frontseite sind mit klassisch weißem Kunststoffkeder verblendet, und unterhalb lauert das metallic-graue Bedienpanel. Der Verstärker steht sehr stabil auf seinen vier Gummifüßen und lässt sich mit dem Griff auf der Oberseite gut ausbalanciert tragen. Mit einem Gewicht von 23,6 kg ist er aber definitiv in die Schwergewichtsklasse einzustufen. Motorisiert ist der 100 Watt-Amp mit sechs Röhren vom Typ 12AX7 in der Vor- und vier EL34 in der Endstufe.

BH100H_Front

Bedienfeld
Der Verstärker ist zweikanalig aufgebaut und bietet zwei komplett getrennte Klangregelungen plus Mastersektion. Die beiden Kanäle liefern die Charakteristiken Clean und Overdrive und tragen die Beinamen „Loud“ und „F´n Loud“. Noch Fragen? Jedenfalls wissen wir jetzt zweifelsfrei, wo die Reise hingehen soll.

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Jeder Kanal ist mit fünf Reglern ausgestattet. Neben je einer Dreiband-Klangregelung mit Treble, Middle und Bass warten noch Gain zur Einstellung des Verzerrungsgrades – in Ch1 übrigens als Drive bezeichnet – und Volume für die Gesamtlautstärke des Kanals. In der Mastersektion finden wir mit Master Volume den klassischen Regler für die Gesamtlautstärke des Amps und einen weiteren für Presence. Das komplette Frontpanel ist logisch aufgebaut und einfach zu bedienen. Als Partner der schwarzen Chickenhead-Regler finden sich der Powerswitch zur Aktivierung des Ganzen und ein Dreifachschalter, mit dessen Unterstützung man zwischen Standby (Mitte), Class AB (Oben) und Class A (Unten) umschalten kann. Direkt daneben bietet ein weiterer Schalter die Wahl zwischen Full Power (Pentode) und Half Power (Triode). Unterm Strich ergeben sich also vier Betriebsmodi, die vom Hersteller wie folgt beschrieben werden:

  • Class AB/Pentode: 100 W, der Amp bringt volle Leistung.
  • Class AB/Triode: 50 W, crispe Verzerrung.  Class A/Pentode: 60 W, viel Headroom bis hin zur Endstufenzerrung. Class A/Triode: 30 W, weniger Headroom bis zur Endstufenzerrung.

Für die optische Orientierung sorgt eine rote LED; sie leuchtet, wenn der Verstärker eingeschaltet ist. Der gerade aktive Kanal wird durch je eine blaue LED angezeigt.

RÜCKSEITE
Wie alle anderen Blackheart Amps ist auch der BH100H mit einer ganzen Reihe von Lautsprecheranschlüssen ausgestattet, als da wären: 1 x 16 Ω, 2 x 8 Ω und 2 x4 Ω. Links daneben befindet sich die Line-Out-Buchse, mit der man eine zusätzliche Endstufe oder einen Mixer ansteuern kann. Das Signal wird allerdings nicht frequenzkorrigiert ausgegeben.

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Effektgeräte können am röhrenbetriebenen Effektloop angeschlossen werden, der seine Arbeit entweder seriell oder parallel verrichtet. Das Besondere dabei ist, dass sich die Pegel für Send und Return mit jeweils einem Regler einstellen lassen. Mit einem kleinen Trick kann der Effektweg aber auch als Booster benutzt werden, was ganz simpel funktioniert: Über den mitgelieferten Fußschalter lässt sich, neben der Kanalumschaltung, auch der Effektweg ein- und ausschalten. Wenn man jetzt beide Regler für Send und Return voll aufdreht und den Effektloop im seriellen Mode aktiviert, wird der Ton in der Lautstärke um etwa drei dB angehoben und ist so als Boost für Soli sehr gut geeignet.

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BH412SL BOX
Genau wie das Topteil besteht auch die Box aus 18 mm starkem Sperrholz, das mit Vinyl überzogen ist. Die Front verbirgt sich hinter grauem Bespannstoff. Wie die Bezeichnung schon verrät, sind hier vier 12“ Speaker verbaut, die vom Hersteller Eminence exklusiv für Blackheart gefertigt werden. Sie sind speziell für den Einsatz in geschlossenen Lautsprecherboxen konzipiert und vertragen satte 300 W an 16Ω. Da es zwei parallele Inputs gibt, lässt sich über den zweiten Ausgang eine weitere Box betreiben. Das 760 x 777x 360 mm (B x H x T) große Teil lässt sich wahlweise auf Gummifüße oder die mitgelieferten Rollen stellen. Letztere machen die Box beim Transport etwas beweglicher – und das kann bei einem Gewicht von 41 kg keinesfalls schaden. Und da auch die üblichen Schalengriffe an den Seiten nicht fehlen, kann man das Teil nach dem Rollen bequem zu zweit in den Bandbus bugsieren.

©Earl Harper
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PRAXIS
Wir starten unseren Praxistest mit dem Clean-Channel und machen uns dann mit immer höher werdenden Gain-Einstellungen auf den Weg in Richtung Kanal 2. Um den neutralen Klangcharakter des cleanen Kanals aufzunehmen, habe ich alle Regler auf 12 Uhr gestellt und Class AB bei Full Power angewählt. In diesem Setting erhalten wir einen sehr linearen Klang, kein Frequenzbereich ist sonderlich überbetont – eine sehr gute Ausgangsbasis für alle Gitarrentypen. Mit einer Tele und aktiviertem Halspickup lässt sich von Picking bis Akkordgeschrammel alles realisieren. Dabei hat der Amp im Cleanbereich schon ordentlich Schalldruck – obwohl die 100 Watt noch nicht voll ausgefahren sind.

Audio Samples
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Channel One

Jetzt wird auf Class A umgeschaltet und Presence und Treble auf 14 Uhr etwas angehoben. Wenn man auch den Driveregler in dieser Konfiguration auf 14 Uhr einstellt, bekommt man einen dreckigen, angezerrten Sound für Dirty Funk Riffs.

Audio Samples
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Dirty

Dreht man den Gainregler im cleanen Kanal noch weiter bis 16 Uhr auf, lassen sich selbst mit Single-Coil Pickups schon sehr knackige Crunchsounds realisieren, deren Charakter in Richtung AC30 tendiert. Trotz der Verzerrung ist der Ton sehr klar und die einzelnen Anschläge werden deutlich übertragen.

Audio Samples
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Strat Chords

Im Vergleich zum Class A klingt der AB-Modus etwas fetter. Logisch, denn hier wird der Amp ja auch mit voller Power gefahren. Beim nächsten Hörbeispiel sind die Bässe etwas weiter aufgedreht und sorgen für einen schönen Druck. Die Ansprache ist sehr gut, der Amp geht bei hartem Anschlag in eine weiche Verzerrung.

Audio Samples
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Strat Groove

Durch Anschließen einer Humbucker-Gitarre ist Channel 1 schon ein guter Overdrive zu entlocken. In unserem Audio befindet sich der Driveregler immer noch auf 16 Uhr, die Höhen habe ich etwas zurückgenommen. Auch in diesem Setting reagiert der Amp ausgezeichnet auf die Anschlagsdynamik. Bei leichtem Anschlag bleibt er fast clean, bei härterer Gangart gibt es zur Belohnung eine gute Zerre. Dabei werden Akkorde nach wie vor sauber übertragen und trotz des dreckigen Sounds sind die Einzeltöne im Akkord gut hörbar.

Audio Samples
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ES Dyna Pick

Widmen wir uns nun dem zweiten Kanal, der für die Overdrivesounds zuständig ist. Mit einer Tele angesteuert bekommt man es in mittlerer Einstellung mit einem guten Crunchsound zu tun. 

Audio Samples
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Channel Two

Den Namen „F´n Loud“ trägt dieser Kanal zurecht. Der BH100H liefert wirklich einen absolut amtlichen Schalldruck und die Eminence-Speaker in der 4 x 12 Box sind problemlos in der Lage, diesen in einen warmen, vollen Sound umzusetzen. Die typischen hohen Mitten, die die Ohren zum Klingeln bringen, diese Nerv-Frequenzen, die man bei manchen Boxen im unteren Preissegment häufiger zu hören bekommt, bleiben uns hier erspart. Der Amp klingt rund und sauber.

In kleineren Clubs ist die Half-Power-Schaltung auf jeden Fall ein Thema. Man bekommt mehr Endstufensättigung bei geringerer Leistung. Da der Schalldruck dabei allerdings nicht um die Hälfte, sondern eher nur um ein Drittel reduziert wird, erhält man trotzdem einen fetten Sound in humaner Lautstärke. Auch das Grundrauschen in Channel 2 geht absolut in Ordnung.

Wir bleiben bei der kompletten 12 Uhr Einstellung, auch des Gainreglers, schnappen uns aber diesmal eine Les Paul. In dieser Konfiguration kommt der Zerrsound schon etwas kräftiger rüber. Auch dieser Kanal klingt in der mittleren Einstellung sehr ausgewogen, keine Frequenz ist überbetont; eine gute Ausgangsposition zum Basteln unterschiedlichster Zerrsounds.

Audio Samples
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LP Two

Zeit, den Wirkungsbereich der Klangregelung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir beginnen mit dem Mittenregler. Treble und Bass stehen auf 12 Uhr. Der Mittenregler bleibt zunächst komplett zu. Anschließend drehe ich ihn voll auf.

Audio Samples
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Middle

Jetzt das gleiche Spiel mit dem Höhenregler, Mitten und Bass bleiben auf 12 Uhr stehen.

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Treble

Und zuguterletzt der Bassregler.

Audio Samples
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Bass

Die Klangregelung arbeitet breitbandig und mit normalem Wirkungsgrad, wobei kein Regler sonderlich in den Regelbereich des anderen eingreift; Garantie für solides Arbeiten. Allerdings sind auch extremere Frequenzverbiegungen möglich. Zum Beispiel in der Kombination Mid-Scoop  und Treble-Regler. Man erhält eine große Bandbreite unterschiedlichster Zerrsounds, denn wenn die Mitten komplett heruntergedreht sind, erhält der Treble-Regler eine enorme Macht über den gelieferten Klangcharakter.

Für das nächste Beispiel habe ich den Amp folgendermaßen eingestellt:
Presence: 17 – Volume: 12 – Bass: 15 – Middle: 7 – Level: 12 – Gain 17
Der Treble-Regler steht zuerst auf 7, dann auf 10, 14 und schließlich 17 Uhr.

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Scoop & Treble

Klasse! Von Stoner Rock bis Metal ist alles im Angebot.

Checken wir jetzt noch die maximale Verzerrung mit einer „normalen“ EQ-Einstellung und einer Humbucker-Gitarre:

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Max. Gain

Das ist völlig ausreichend. Auch singende Leadparts mit ausreichend Sustain sind so problemlos möglich, denn lang klingende Noten kippen auch schon bei niedriger Lautstärke harmonisch in den Obertonbereich. Allerdings empfiehlt sich die gelieferte Verzerrung eher für den Classic-Rock-Bereich. Wer ein volles Metal-Brett benötigt, der sollte am besten mit zusätzlichen Overdrivepedalen oder Boostern arbeiten, um noch etwas mehr Gain aus dem Verstärker zu kitzeln. Das funktioniert völlig problemlos und auch die Anpassung an Effekte im Einschleifweg ist dank der getrennten Pegeleinstellung von Send und Return ein Kinderspiel.

Die Wiedergabe des tiefen Frequenzbereichs hat mir bei diesem Verstärker in Kombination mit der 4 x 12 Box wirklich sehr gut gefallen. Die Bässe kommen sogar bei voll aufgedrehtem Bassregler immer noch knackig und ohne Dröhngefahr aus den Speakern. Selbst bei tiefer gestimmten Gitarren oder Baritons ist der Blackheart ein guter Partner. Hier ein Beispiel mit einer Baritongitarre.

Audio Samples
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Baritone
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FAZIT
Alle Achtung, der Große macht ganz schön was daher! Und das nicht nur, weil größere Brüder sowieso lauter sind. Das Blackheart BH100H Top vertritt zusammen mit der BH412SL die klassische Kombination innerhalb der Blackheart-Produktlinie und zeigt in diesem Test alle Tugenden, die man von einem amtlichen Stack erwartet – und sogar noch ein bisschen mehr. Beide Kanäle präsentieren sich mit ordentlichem Grundsound, der ohne große Regler-Akrobatik für alle Arten von Gitarren zur Verfügung steht. Druck und Durchsetzungsvermögen zeichnen beide aus – schon der Clean-Channel hat keine Probleme, sich im Kontext einer Rockband bemerkbar zu machen. Und richtig laut kann er auch, schließlich trägt der zweite Kanal die Bezeichnung „F´n Loud“ nicht ohne Grund. Vom dreckigen Crunchsound bis zum vollen Powerchord-Brett liefert der BH100H klaglos jede geforderte Variante und bleibt dabei auch bei massiver Lautstärke immer definiert und dynamisch spielbar. Und schließlich lässt die Wahl zwischen Class A- und AB-Schaltung und voller Leistung im Pentoden- oder halber im Trioden-Betrieb jede Menge Raum für Soundexperimente mit entsprechender Endstufenzerrung.
Alles in allem eine gelungene Vorstellung – vor allem die Kombination mit der BH412SL ist ein Garant für satten, druckvollen und flexiblen Ton. Wer über einen Kombi verfügt und auf der Suche nach einem preiswerten Stack für alle Gelegenheiten ist, der sollte unsere beiden Testkandidaten auf jeden Fall in die engere Wahl ziehen – angesichts des hervorragenden Preis/Leistungs-Verhältnisses, das vor allem der momentane Straßenpreis von stellenweise unter 600 Euro auf die Spitze treibt, fast schon ein Muss!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sound
  • Der Clean-Sound ist sehr laut und druckvoll
  • Dynamik, Ansprache
  • Tiefe Frequenzen werden knackig wiedergegeben
  • Verarbeitung
Contra
Artikelbild
Blackheart BH100H Head & BH412SL Box Test
Für 349,00€ bei
Technische Daten BH100H
  • Hersteller: Blackheart
  • Modell: BH100H
  • Typ: Röhrenverstärker-Topteil
  • Ausgangsleistung: 100 W
  • Röhrenbestückung: 6 x 12AX7 (Vorstufe) 4 x EL34 (Endstufe)
  • Bedienfeld: Regler CH1: Drive, Level, Treble, Middle, Bass, CH2: Gain, Level, Treble, Middle, Bass, Master: Volume, Presence. Schalter: ON/OFF, Class AB/Class A, Full Power/Half Power
  • Rückseite: Line Out, Speaker Out (2x 4Ω, 2x 8Ω, 1x 16Ω)
  • Abmessungen: 760 x 295 x 280 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 23,6 kg
  • Lieferumfang: Netzkabel, Fußschalter
  • Preis: 1070,- Euro UVP
Technische Daten BH412SL
  • Hersteller: Blackheart
  • Modell: BH412SL
  • Typ: Lautsprecherbox
  • Belastbarkeit: 300 W
  • Anschlüsse: 2x Klinke (16Ω parallel)
  • Abmessungen: 760 x 777x 360 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 41 kg
  • Preis: 653,- Euro UVP
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©Earl Harper

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