Best Service Era II Medieval Legends Test

Best Service Era II Medieval Legends im bonedo Test – Willkommen in einer Welt, in der das Bierbrauen noch in kompetenten Händen lag (Mönche), ausschließlich professionell gesündigt wurde (Katholizismus) und der Begriff „Virtual Instrument“ vollständige Verständnislosigkeit hervorgerufen hätte. Kurz und gut: Willkommen im Mittelalter. Genauer: in der Welt der Instrumente des Mittelalters. Best Service hat den Nachfolger zu Era, Era II – Medieval Legends, in die Welt entlassen.

Eduardo Tarilonte, Schöpfer vieler prämierter Libraries wie Forest Kingdom, Desert Winds, Epic World und Shevannai, hat gut 70 Instrumente aus mittelalterlichen Zeiten gesampelt. Die Auswahl reicht von Holz- und Blechbläsern (Gemshorn, Naturtrompete) über gezupfte und gestrichene Saiteninstrumente (Drehleier, Zither), Keyboards (Organetto), Percussion bis zur Singstimme. Außerdem gibt es eine Sektion mit drei Unterabteilungen für Sounddesign. 

Details

Ansicht „Main“

Die Ansicht zur Soundauswahl ist so übersichtlich wie sie nur sein kann. Unter den Oberbegriffen „Instruments“ und „Sounddesign“ werden jeweils Instrumente angezeigt oder die Sounddesign-Abteilung kann betrachtet und bearbeitet werden. Bei den Instrumenten stehen Brass, Key, Percussion, String, Voices und Wind zur Auswahl. Die Sounddesign-Optionen gliedern sich in: Soundscapes, Mysterious Atmospheres und Whooshes.

Die Hauptansicht.

Ansicht „Controls“

Sind auf der Seite „Main“ Controller zu finden die für alle Instrumente gleich sind, so befinden sich unter „Controls“ instrumentenspezifische Einstellung. Das sind beim Organetto, einer kleinen handbetriebenen Orgel, zum Beispiel die Punkte Expression, Key Realease Volume, Key Press,Volume und Drone Volume. Bei der Fidel hingegen haben wir es mit Vibrato Volume, Expression, Vibrato Speed, Drone Volume und Release Volume zu tun. Da die Instrumente teils mit deutlichen Nebengeräuschen aufwarten, sind diese Regler sehr willkommen, um den Klang den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen.

Die instrumentenspezifischen Einstellungen unter „Controls“.

Ansicht „Info“

Die letzte Menütafel ist „Info“, welche tatsächlich genau das bereitstellt, was ihr Name suggeriert: kurze Infos über das jeweilige Instrument sowie ein Bild. Das kann tatsächlich ganz interessant sein, da manches gesampelt wurde, von dem wenigstens ich noch nie vorher gehört hatte. Oder wisst ihr was ein/eine Langeleik ist? Eben.
Und die Info-Ansicht.

Praxis

Installation und Performance

Die Installation von Best Services Era II Medieval Legends funktioniert schnell und problemlos. Der mitgelieferte USB-Stick stellt alles bereit, was man braucht – von einer Internetverbindung mal abgesehen. Die Dateien werden im .rar-Format geliefert. Wer kein Entpackungsprogramm zur Hand hat, bekommt in mitgelieferter Installationsanleitung Quellen genannt, wo er die für sein System passende Software zum Entpacken kostenlos erhält. Installiert werden sodann die Best Service Engine und die .rar Dateien. Nachdem auch Registrierung und Aktivierung abgeschlossen sind, kann es losgehen.

CD/DVD war gestern. Era II kommt auf einem USB-Stick!

Ich spiele in wahlloser Reihenfolge mit verschiedenen Sounds herum. Erster Stopp: Naturtrompete. Laut Infotafel ist dies ein Instrument, welches – wie der Name schon andeutet – lediglich die Töne der Naturtonreihe (Obertonreihe) produzieren kann. Die Tonauswahl ist allerdings chromatisch und schon ist meine Skepsis geweckt. Wenn Töne vorhanden sind, die eigentlich nicht vorkommen dürften, sind sie wohl oder übel gepitcht. Das geht für mich aber nicht so gut zusammen mit dem Samplen von mittelalterlichen Originalinstrumenten und einem natürlichem Sound, den ich damit assoziiere. Andererseits ist dafür der mittelalterliche Sound in jeder Tonart nutzbar, von daher; sei’s drum. Was jedoch tonartunabhängig unangenehm auffällt ist die Tatsache, dass sich, egal wie ich anschlage, an der Velocity nichts ändert.

Audio Samples
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Naturtrompete

Na gut, Blechbläser sind eh schwierig. Immer. In sämtlichen mir bekannten Libraries.

Die Samples klingen immer statisch was vermutlich damit zusammenhängt, dass in der Realität die Tonerzeugung stets leicht variiert, je nachdem welche Töne nacheinander gespielt und miteinander verbunden werden. Dadurch, dass alle Töne einzeln aufgenommen werden, lässt sich diese Verbindung nicht realistisch nachahmen. Das Ergebnis ist Statik. Aber weiter im Text. Mit den Keys habe ich viel Spaß. Es sind zwar nur drei (Organetto, Spinett, Virginal), aber die drei haben tatsächlich interessante Farben und klingen frisch und originell.  Was sie nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken haben, dass man sie in anderen Libraries nicht findet. Interessanterweise gibt es hier auch Velocities. Interessant ist das insofern, als dass es die im echten Leben beim Spinett zum Beispiel nicht gibt. Auch einer Orgel fehlt die Anschlagsdynamik. Das ist anders als bei, sagen wir mal, einer Trompete. Aber genug von diesen Spitzfindigkeiten.

Audio Samples
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Organetto Spinet Virginal

Was mir anhand der Keys auffällt gilt für einen Großteil der Library; da man viele Instrumente gar nicht kennt haben sie per se eine gewisse Originalität und Frische. Und das trotz der Tatsache, dass die Aufnahmen – zumindest in meinen Ohren – tendenziell etwas dünn klingen. Aber wer kann schon einen Vergleich ziehen zu einem echten oder auch nur anderem Organett-Sound? Oder dem einer Drehleier?
Auffälliger ist der etwas dünne Sound bei Klassikern wie etwa der Snare Drum. Wobei hier (wie auch bei der Napoleonic Snare) zu fragen wäre, was diese Instrumente eigentlich mit dem Mittelalter zu tun haben.

Audio Samples
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Napoleonic Snare

Was mir gut gefällt, sind die Flöten und auch manche der gestrichenen Instrumente. Die bereits erwähnte Drehleier zum Beispiel, die sogar mit einigen Grooves aufwartet. 

Audio Samples
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Wooden Traverse Flute Traditional Soprano Tenore Viola Da Gamba Hurdy Gurdy

Ihre besten Momente hat die Library meiner Meinung nach, wenn sie sich auf ungewöhnliches Terrain wagt. Die Drehleier wurde schon erwähnt. Eine gute Zeit hatte ich aber auch mit den „Tavern Singers“, dem „Breathing“ und den „Claps“. 

Audio Samples
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Tavern Singers Breathing Claps

Außerdem eignet sich manches, was seinem eigentlichen Zweck vielleicht nicht immer optimal gerecht wird, wunderbar zum Erzeugen von etwas völlig anderem. Die War Horns beispielsweise geben einen spitzenmäßig gedeckten Orgelsound her. Und manche der Solostreicher (die teils wirklich sehr schön klingen) eignen sich vielleicht nicht so gut für Melodien, aber mit ein bisschen Rumspielen an Attack und Decay lassen sich im Handumdrehen sehr originelle und organisch anmutende Pads herstellen.

Audio Samples
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War Horns Tromba Marina Tenor Viola Da Gamba

Stichwort Pads: Nicht unerwähnt bleiben soll die Sound Design Section. Leider muss ich sagen, dass man hier in erster Linie genau die Art von diffusem Gebrodel vorfindet, die man unter einem Überbegriff wie „Mysterious Atmospheres“ erwartet. Und ganz im Ernst, hätte ich nicht gewusst, in welchem Instrument ich gerade unterwegs bin, ich hätte die absolute Mehrzahl der Sounds dem „Omnisphere“ zugeordnet. Was ich mir erhofft hatte, waren originelle Soundscapes, die ebenfalls auf mittelalterlichen Instrumenten basieren und die man in dieser Form nirgendwo anders findet. Vielleicht ist das sogar bei dem ein oder anderen Pad der Fall, aber dann wurden die Instrumente auf jeden Fall in Grund und Boden bearbeitet. Für die Art von Sounddesign, wie sie hier geboten wird gibt es jedenfalls eindeutig bessere Alternativen. Aber bildet euch selbst ein Urteil:

Audio Samples
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Lights Over Camelot Mysterious Atmospheres Whoosh 4

Noch eine Anmerkung zu den Instrumenten: Eine seltsame und ärgerliche Eigenschaft findet sich im Keyswitch-Fenster. Steht dort – wie meist – „Keyswitch-Info“, so lassen sich die Keyswitches durch einmaliges Anspielen des entsprechenden Keys wie gewohnt wechseln. Steht dort jedoch, wie bei einigen, von vornherein „Legato“, so ändert sich die Artikulation durch einmaliges Anspielen der entsprechenden Taste nicht, sondern die Taste muss gehalten werden. Wenn da ein Konzept hintersteckt, dann verstehe ich es nicht. Wenn nicht: noch schlimmer. In beiden Fällen war da jemand, was Programming oder Konzept angeht, ein bisschen zu schnell zufrieden. Außerdem bleibt anzumerken, dass die Best Service Engine meine Test-DAW’s Logic X sechs Mal und Cubase 8 zwei Mal während des Ladens von neuen Instrumenten zum Absturz gebracht hat.

Fazit

Wer für seine Produktion ein bisschen mittelalterliche Farbe zum dezenten Einsatz sucht, der wird mit dem Era II Medieval Legends von Best Service sicher fündig und auch glücklich. Aber auch wer auf der Suche nach organischen Sounds ist, die er als Grundlage für Pads und Flächen nutzen kann, wird hier einiges finden. Für eine Produktion, die sich in erster Linie auf mittelalterliche Klänge stützt, erscheint mir die Library hingegen nicht „satt“ und kräftig genug. Das Handling von Era II ist allerdings einfach und übersichtlich. Dem gegenüber stehen nervige Eigenarten wie das bereits erwähnte Keyswitch-Phänomen, teils fragwürdiges Velocityverhalten und die Systemabstürze. Es bleibt der Gesamteindruck keiner schlechten, jedoch einer etwas unausgegorenen und nicht konsequent zu Ende gedachten Library. Bei einem Preis von 259 Euro steht das meines Erachtens nicht so richtig im Verhältnis.

PRO:
  • viele ungewöhnliche Instrumente
  • organischer Klang
  • einfache Handhabung
  • übersichtliches Design
CONTRA:
  • Bugs in der Software
  • tendenziell dünner Klang
  • einfallslose Sound-Design-Sektion
  • Velocityverfügbarkeit teils nicht nachvollziehbar
Features:
  • umfangreiche Auswahl historischer Instrumente und Sounds für Mittelalter, Renaissance und Fantasy Produktionen
  • Zupf-, Blas-, Streich-, Schlag- oder Tasteninstrumente
  • Round Robin
  • Real Legato und Real Portato
  • 20 GB an Samples mit einer Auflösung von 44 kHz / 24 Bit
  • 10 Flöten
  • 8 Holzinstrumente
  • 4 Hörner
  • 3 Blechinstrumente
  • 9 Streichinstrumente
  • 13 Saiteninstrumente
  • 3 Tasteninstrumente
  • 20 Perkussionsinstrumente
  • 1 Tavernen Stimme
  • und viele Klanglandschaften, Atmosphären und Effekte
Systemanforderung
  • · Mac OS 10.8, 10.9, 10.10
  • · minimal empfohlene Ausstattung: Intel Mac 2GHz, 2GB Ram
  • · Interfaces: Standalone, AU, VST (nur 64bit ) 
  • · Derzeit kein RTAS und AAX Support
  • · Windows 7, 8 und 10, 32bit & 64bit
  • · minimal empfohlene Ausstattung: Pentium/Athlon XP 3.0GHz, 2GB Ram
  • · Interfaces: Standalone und VST (32bit und 64bit )
  • · Derzeit kein RTAS und AAX Support
Preis:
  • EUR 259,- (UVP)
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