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Hughes & Kettner Attax 100 Combo Test

Die von Hughes & Kettner in den frühen 90ern gelaunchte Amp-Baureihe mit dem Namen “Attax”, bescherte uns Gitarristen bereits damals eine vielversprechende Performance im Segment der Transistorverstärker. Die beliebte Serie hielt sich über Jahre und ging schließlich in der “Matrix”-Modellreihe auf, die von der saarländlischen Ampschmiede vor einigen Jahren auf den Markt gebracht wurde. Man kennt sich also… Mit dem uns zum Test vorliegenden Attax 100 Combo erfährt das bewährte und erfolgreiche Konzept nun seine Renaissance und meldet sich dank der inzwischen fortgeschrittenen Entwicklung im Digitalzeitalter mit einer verbesserten technischen Grundausstattung zurück.

Nicht für alle Gitarristen muss es unbedingt immer ein Röhrenverstärker sein. Die Ruppigkeit im Livebetrieb tut auf Dauer den Amps nicht gut, außerdem sind Röhrenverstärker vor allem eines: teuer. Wer ein unempfindliches Gerät sucht, der benutzt demnach lieber transistorbefeuerte Verstärker. Der Hughes & Kettner Attax ist in vielerlei Hinsicht interessant: Der Hersteller hat sich auf die Fahne geschrieben, bei der Entwicklung darauf geachtet zu haben, die wichtigsten Klangeigenschaften von Röhrenverstärkern zu implementieren, ohne ihn unermesslich teuer zu machen. Trotzdem ist der Combo leistungsstark und weist eine Angabe auf, die Qualitätsarbeit verspricht, aber in diesem Preissegment eine Seltenheit geworden ist: “Made in Germany”.

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Das komplett geschlossene Combo-Gehäuse des Attax wurde aus ca. 16mm dicken Schichtholzplatten gefertigt und mit einem sehr schön gemaserten Kunstleder überzogen. Der übliche Tragegriff ist ebenso vorhanden wie die Kunststoffkappen an allen acht Ecken. Den sicheren Stand gewährleisten vier große, saftige Gummifüße. Die robuste Frontbespannung schützt den verbauten 12″ RockDriver Ultra Speaker Speaker und bildet den Hintergrund für das Hersteller-Logo . Darüber befindet sich das Elektronik-Chassis aus Stahlblech, welches combotypisch hängenden eingebaut wurde. Die für den Halt verantwortlichen Kreuzschlitzschrauben sind von der Oberseite des Combos frei zugänglich.
Das Front-Panel des Attax 100 ist sehr übersichtlich gestaltet. Die verchromten Potiknöpfe machen einen stabilen Eindruck, auch wenn sie sehr locker in ihrer Verankerung sitzen und leicht abziehbar sind. Also, nicht verlieren!
Auf eigene EQs für jeden Kanal hat Hughes & Kettner verzichtet. Stattdessen arbeiten  die Zerrkanäle Crunch, Lead und Ultra mit ein- und derselben Klangregelung. Darüber hinaus teilen sich Lead und Ultra noch den Gain-Regler. Der Clean-Kanal hingegen verfügt über eine separate Klangregelung mit Bass, Mid und Treble, der Crunch-Kanal über eine eigene Gain-Kontrolle. Jeder der Kanäle hat eine separate Level-Kontrolle und einen Aktivierungstaster, dessen LED den Betrieb des gewählten Kanals anzeigt.
Hinzu kommen ein Master-Volume und der obligatorische On/Off-Switch sowie die im später näher erläuterte Effekt-Abteilung.

Auf der Vorderseite des Attax findet man lediglich den 1MOhm-Instrument-Input für das Gitarrensignal. Auf der Rückseite lässt sich ein weiterer Lautsprecher parallel anschließen, solange er eine Impedanz zwischen 8 und 16 Ohm aufweist. Wird in die ebenfalls hinten liegende Kopfhörerbuchse ein Kabel eingesteckt, verstummen die Lautsprecher automatisch. Sehr sinnvoll!

Angenehm ist, dass Hughes & Kettner dem Attax 100 einen Line-Input spendiert haben. Dieser heißt zwar CD-Input, ist aber selbstverständlich ein normaler Line-Level-Input. Man kann daher auch sonstige Signale von Mischpult oder Synthesizer in den Combo stopfen, allerdings gibt es keinen separaten Level-Regler. Line Out ist eine Mono-Klinkenbuchse, mit der eine DI-Box zum Recording oder eine weitere Endstufe angeschlossen werden können. Die obligatorischen FX Send- und Return-Buchsen zum Einschleifen externer Effekte fehlen auch beim Attax nicht.
Für den Anschluss des mitgelieferten Fußschalters gibt es die Channel-Buchse. Die Taster 1-4 auf dem Footswitch stehen für die vier Amp-Kanäle Clean, Crunch, Lead und Ultra. Die FX-On/Off-Buchse auf der Combo-Rückseite ermöglicht das Anschließen eines weiteren Fußschalters, mit dem die FX-Sektion aktiviert oder deaktiviert werden kann. Hier genügt ein einfacher, günstiger On/Off-Switch eines beliebigen Herstellers oder – um zusätzlich die Herrschaft über die Reverb-Abteilung zu erlangen – ein Zweifachschalter (z.B. Hughes&Kettner FS-2).

Das besondere Highlight der neuen “Attax”-Reihe findet sich in der separaten Effekt-Abteilung. Hier stehen Chorus, Flanger, Tremolo und Delay zum Anreichern des Tons bereit. Für die Anwahl der unterschiedlichen Effekte zeichnet der Mod-FX-Drehregler verantwortlich. Chorus, Flanger und Tremolo liegen hintereinander auf diesem Regler. Dabei ist das erste Drittel des Regelwegs  für den Chorus, das zweite Drittel für den Flanger und das letzte Drittel für den Tremolo-Effekt zuständig. Bewegt man das Poti innerhalb eines Drittels Richtung Maximum, verändert sich die Rate (Geschwindigkeit). Die Modulationstiefe (“Depth”) wird dabei immer automatisch angepasst, so dass der Effekt in jeder Stellung gut in Szene gesetzt wird.
Nebenbei  wird so  auch nerviges Chorus-Jaulen bei hohen Geschwindigkeiten vermieden. Zum Ausschalten der Effekte genügt ein beherzter Dreh auf Linksanschlag.

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Das Delay verfügt über zwei Regler, mit denen sich jeweils die Parameter Time und  Volume einstellen lassen. Der Time-Regler reagiert stufenlos von 80 ms bis 1400 ms und besitzt eine automatische Feedback-Anpassung. So lassen sich viele Sounds von Surf und Rockabilly bis hin zu U2-Gitarren verwirklichen.
Das Spiel des Volume-Reglers reicht aus, um das Delay völlig aus dem Effektweg zu entfernen oder es genau so laut wie das Original-Signal zum Gitarren-Sound zu mischen. Der vierte und letzte Regler der FX-Abteilung steuert das Reverb. Einem klassischen Federhall nachempfunden, lässt er sich genauso steuern und verhält sich auch klanglich entsprechend. Je weiter man das Poti aufdreht, desto mehr hört man die virtuelle Feder scheppern.
Automatisches Speichern der getroffenen Effekt-Einstellungen ist auch für den Attax 100 kein Fremdwort. Die FX-Matrix merkt sich die FX-Einstellungen für jeden Kanal, ohne dass diese beim Umschalten verloren gehen. So kann jeder Kanal mit einer festen Effekteinstellung belegt werden, was besonders für den Live-Betrieb Sinn macht.

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Obwohl ich mich vor dem Spielen des ersten Tons auf den üblichen starren Transistor-Sound eingestellt hatte, wurde ich schnell eines besseren belehrt. Der Attax 100 lässt zwar die begehrte Röhrensättigung vermissen (Kunststück: er hat halt keine), erinnert aber im Clean- und Crunch-Kanal nicht nur unterschwellig an den warmen Klang und die Brillanz alter Fender Amp-Modelle. Wer den Sound nicht gehört hat, wird ob dieser gewagten These wahrscheinlich aufschreien, aber der Kleine hat echtes Potential!

Die Klangregelung des Clean-Kanals arbeitet zuverlässig, wobei sich Mitten und Höhen, ähnlich wie bei einem Röhren-Amp, gegenseitig beeinflussen. Eine Anhebung der Höhen bewirkt eine Mitten-Absenkung und umgekehrt. Die gute Ansprache des EQs ist sicherlich ein Vorteil der Transistor-Technologie, die grundsätzlich ein exakteres Feintuning ermöglicht.

Audio Samples
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Clean Crunch

Der Sound im Clean-Mode ist sehr geschmackvoll und gibt die Klangmerkmale der verwendeten Gitarre eins zu eins wieder. Ein wirklich schöner, ungefilterter und glockenklarer Sound mit ordentlich Fundament im unteren Frequenzbereich und eine hohe Dynamik – selbst bei geringen Lautstärken. Schnell und unkompliziert mit ein wenig Delay oder Reverb verziert hat man alles, was man für eine transparente Akkordbegleitung oder klare Arpeggien braucht.
Im unteren Gain-Bereich liefert der Crunch-Kanal wohlklingende Blues-Leads. Dreht man das Gain weiter auf, sind dann auch satte Crunch-Riffs im Angebot. Der Amp erzeugt dabei tatsächlich die Tiefe und das dynamische Verhalten, die man von britischen Röhren-Amps gewohnt ist.

Die beiden Distortion-Kanäle des Attax bilden zwei Extreme. Lead glänzt mit großen Gain-Reserven, ohne den Gitarren-Sound zu verschlucken und wird dabei durch einen relativ geradlinigen Klang geprägt. Die Bässe sind eher zurückhaltend, bieten so aber  beste Voraussetzungen für amerikanische Solo-Sounds mit jeder Menge Sustain.
Ergänzend hierzu ist die Möglichkeit, jeder Soundgattung ihr eigenes Level zuzuweisen ein großer Vorteil, wenn es darum geht zum Beispiel einen Solo-Sound einzustellen, der sich lautstärkemäßig vom Rhythmus Sound abheben soll.

Audio Samples
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Lead Ultra

Im Ultra-Kanal kehrt sich das Ganze um, und die Bässe drücken, was das Zeug hält. Beste Vorboten für kraftvolles Metal-Riffing. Auch in Drop-Tunings verliert der Amp nicht die Fassung, sondern überzeugt mit sattem Punch und Biss im oberen Frequenzabteil.
Unterstrichen wird dieser Eindruck durch die eher dezent vorhandenen Mitten. Dabei ist die Verzerrung keinesfalls wild und ungestüm, sondern gibt auch einen klassisch gegriffenen C-Dur Akkord mit überzeugender Transparenz wieder.
Lead und Ultra ergänzen sich wirklich gut, und das trotz eines gemeinsamen Gain-Reglers. Dieser gibt ein für beide Kanäle akzeptables Ergebnis ab und muss beim Umschalten im Normalfall nicht noch extra nachjustiert werden. Benutzerfreundlich verhält sich auch die Klangregelung, die alle drei Zerrstufen gleichzeitig regelt. Natürlich wäre ein separater EQ für jeden Kanal angenehmer, aber dieser Mangel wird durch eine wirklich gelungene Abstimmung sehr gut aufgefangen.
Grundsätzlich kann man sagen: Aufgrund der druckvolleren Klangeigenschaften ist der Betrieb mit einer Humbucker-Gitarre für die Distortion-Kanäle die definitiv bessere Wahl. Steht man eher auf Single-Coil Klänge, erreicht man bereits im Crunch-Kanal die gewünschten Ergebnisse. Das bereits großzügig bemessene Gain-Level des Crunch-Modes unterstützt diesen Pickup-Typ mit seinen pfundigen Soundeigenschaften besser als die Lead- oder Ultra-Sounds.

Die Effekte im Attax 100 sind im Vergleich zu den amtlichen Analogtretern zwar nicht unbedingt Oberklasse, verhalten sich aber durchaus zweckdienlich. Sie nehmen dem Sound im Vergleich zum Originalsound des Amps ein wenig an Brillanz und schwächen die, sich wirklich nah an der Röhrencharakteristik ansiedelnden Klangmerkmale, dezent ab. Im Live-Betrieb mit Band ist das aber kaum zu hören, weshalb diese Tatsache kein wirklicher Grund für einen Minuspunkt darstellt.

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FAZIT
Vier schaltbare und überaus gut klingende Kanäle, eine übersichtliche, durchdachte FX-Sektion und die Möglichkeit des D.I.-Recordings – mit dem neuen  Attax 100 hat die saarländische Amp-Schmiede einen Combo-Amp aus der Taufe gehoben, der mit wenigen anderen Transistor-Verstärkern zu vergleichen ist. Okay, zugegebenermaßen musste man sich im Laufe der Jahre gerade im Bereich der Transistorverstärker  einiges Fragwürdiges anhören. Doch das scheint endgültig in die Geschichtsbücher zu gehören. Das dynamische Verhalten und die voluminösen Klangeigenschaften des neuen Attax  werden  kategorischen Transistorfeinden mit Sicherheit einen Großteil ihrer Argumente nehmen.
Und auch der Preis von ca. 500 Euro spricht Bände. All jene, die auf der Suche nach einem flexiblen, robusten und leistungsstarken Gitarrenamp sind, der auch auf der Bühne für ordentlich Alarm sorgen kann, und dabei nicht die Bank sprengt, sollten unbedingt mal ein Ohr auf den Attax werfen. Wer dennoch heiß auf ein Stack ist, dem sei das Attax 100 Topteil ans Herz gelegt.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Sound
  • Verarbeitung
  • Effektsektion und Auto-Save
  • Dynamikverhalten
  • Maximalpegel
  • Preis/Leistungsverhältnis
Contra
  • keine eigenständige Klangregelung für jeden Kanal
Artikelbild
Hughes & Kettner Attax 100 Combo Test
Für 389,00€ bei
HughesAttaxneuw
TECHNISCHE DATEN
  • vierkanaliger Gitarrencombo (Clean, Crunch, Lead, Ultra)
  • 100 Watt Dauerleistung
  • Transistorverstärker mit spezieller Endstufentechnik zur Röhrensound-Simulation
  • 12″ Rockdriver II Lautsprecher
  • integrierte Effektsektion (Hall, Delay, Chorus, Langer)
  • separate Effektsettings für jeden Kanal werden automatisch gespeichert
  • Effekt-Loop
  • Kopfhörer- und Line-Ausgang
  • Line-Eingang
  • 574 x 500 x 285 (H x B x T in mm)
  • 22 kg
  • Made in Germany
  • € 565,00
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