Arturia Pigments 4 Test

Viel drin in Arturia Pigments 4! Es gibt nicht nur zusätzliche Funktionen im Wavetable-Modul, MS-20-Filter für das Acid-Feeling und eine Vielzahl an Verbesserungen im Workflow, sondern auch über hundert neue Presets und einen neuen „Play“-Modus. Außerdem gibt es den Soft Synth auf Wunsch nun in einem hellen Theme. Alles besser oder verpasstes Potential im Hause Arturia? Wir haben die Antwort im Test.

Arturia Pigments 4 Quick Facts

  • Software-Instrument mit vier Engines: Analog, Sample (Granular), Wavetable und Harmonic (Additiv)
  • Fast 1500 Presets mit Sounds für beinahe alle Genres, 120 neue Presets
  • Zugängliche Benutzeroberfläche und direkter Workflow mit vielen Verbesserungen
  • Vielfältige Distortion-Geschmäcker in Wavetable- und Harmonic-Engine
  • MS-20 Filter klingt überragend
  • Umschalten zum neuen Light-Theme dauert lang, Farbe nicht wählbar

Fast genau ein Jahr nach Version 3.5 steht pünktlich zur Weihnachtszeit Arturia Pigments 4 ins Haus. Die Franzosen verbessern und erweitern ihren Flaggschiff-Synth im hohen Tempo. Kaum hat man die Acid-Maschine Korg MS-20 in der V-Collection 9 gewürdigt, taucht dessen Filter schon in Pigments auf. 

Außerdem neu in Arturia Pigments 4: Zwei Effekte, Verbesserungen im Workflow und ein optional aufgehellter Look, nicht zu vergessen die 120 Presets. Wie schlägt sich der Konkurrent von Phase Plant 2, Vital, Serum, und Massive X?

Das helle Theme lässt Pigments 4 wie Massive X aussehen

So zugänglich der Workflow von Arturia Pigments 4 ist: Bei schummrigen Lichtverhältnissen in düsteren Studios erscheint die Kombination aus dunklem Plugin-Hintergrund und grellen Modulationsfarben nicht immer vorteilhaft. Jetzt kann man in so einem Fall auf das Farbschema „Light“ wechseln. Beim Farbton hat Arturia sich am Senioren-Beige von Massive X orientiert. 

Arturia Pigments Software Synthesizer in der Version 4.
Das Umschalten zwischen den Themes dauert teilweise bis zu 10 Sekunden.

Der Wechsel dauert überraschend lang, selbst auf meinem Macbook Pro (M1 Pro, 32GB) nimmt er gute 8 Sekunden in Anspruch. Und ich kann mir nicht helfen: Ein beigefarbener Synthesizer ist ungefähr so inspirierend wie eine DAW in grellem Gelb. Ob da nicht ein dezentes, helles Grau besser zum Anthrazit des dunklen Pigment-Themes passen würde? Oder eine Auswahl an hellen Farbtönen im „Light“-Theme?

Neue Presets und Effekte – neue Möglichkeiten

120 Presets sind im Update dabei, dazu gibt es drei zusätzliche Packs für Pigments 4 aus der Serie „Wavelength“ mit jeweils 150 weiteren Presets unter den Namen „Cinematic“, „Lo-Fi“ und „Neuro Bass“. Außerdem hat Arturia dem Update weitere 63 Wavetables, 67 Samples und 36 Noise-Samples beigelegt. Das MS-20-Filter ist wie erwähnt auch neu dabei. Wie das klingt, klären wir im Praxisteil. Außerdem sind die beiden Effekte Shimmer und Super Unison dazugekommen. 

Preset Browser vom Software Synthesizer Arturia Pigments 4
Einige der neuen Presets in Pigments 4

Arturia hat auch einige der Synth-Engines und Filter mit zusätzlichen Features ausgestattet. So gibt es in der Wavetable-Engine neben Frequenzmodulation nun ein Ring-Mod-Modul und dazu einen Pulse-Width-Modus im Phase-Transform-Effekt. In der additiven Harmonic-Engine gibt es neben der Frequenzmodulation nun die neue Phase Modulation. Im Modulation Oszillator kann man nun neben Tonhöhe oder Frequenz auch eine Ratio von bis zu 48 eingestellten – FM, ick hör dir trapsen. 

Episches Glitzern in Pigments 4: Shimmer und Super Unison

Kaum ein Reverb-Plugin kommt heute noch ohne Shimmer-Effekt aus. Vereinfacht gesagt verstimmt er das Hallsignal meist um bis zu eine Oktave nach unten oder (häufiger) oben, wodurch es akustisch „glitzert“. Nun steckt auch ein entsprechender Effekt in Pigments 4, sogar mit bis zu zwei Oktaven Spielraum nach oben und unten.

Der zweite neue Effekt „Super Unison“ bewirkt ähnliches wie die eigentliche Unison-Engine, nur eben hinten in der Effektkette: eine Vervielfachung des Signals und eine leichte Verstimmung der Kopien für Breite im Sound. Die Besonderheit gegenüber der Unison-Engine in den Oszillatoren ist die Möglichkeit, verstimmte Unison-Kopien zu modulieren und das Signal durch Highpass- und Lowpass-Filter stärker kontrollieren zu können.

Neue Audioeffekte in Arturia Pigments 4 Software Synthesizer
Neue Effekte Shimmer und Super Unison, Neuheiten im Effekt Bitcrusher

An den bestehenden Effekten und Filtern hat Arturia auch geschraubt. So ist im Multi-Filter und in der Distortion jeweils ein Notch-Filter hinzugekommen. Und Jup-8 kann nun auch per FM moduliert werden. Im Bitcrusher-Effekt gibt’s gleich mehrere neue Features: die Regler „Jitter“ und „Scale“ und außerdem ein größerer Wertebereich bei Downscale. Neu im Soft Synth ist die Unterstützung der Schnittstelle für mikrotonale Tonarten MTS-ESP. Lädt man den Soft Synth und hat auf einer zweiten MIDI-Spur MTS-ESP Mini geladen, erkennt es die Instanz von Pigments automatisch.

Never change a running System – kleine Veränderungen am Workflow

Neben neuem Filter und Effekten sind einige Anpassungen im Workflow von Arturia Pigments 4 hervorzuheben. So kann nun endlich einen Modulator man aus der Mitte wie einen LFO direkt per Drag-and-drop auf ein Modulationsziel ziehen. Vorher war das einer der wenigen kleinen Stolpersteine in Pigments: erst Modulator, dann Regler anwählen und dann dort die Modulationsstärke einstellen – das war immer einen Tick umständlicher, als ich es aus Vital oder Phase Plant kannte. 

Sequencer im Software Synthesizer Arturia Pigments 4
“Sync” vereint die Geschwindigkeiten der drei „Straight“-Modi im Sequencer.

Zwischen Wellenformen in den LFOs und den Filtertypen im Multi-Filter zu wechseln, hat Arturia nun direkt zugänglich gemacht. Der Geschwindigkeitsregler (Rate) im Sequencer ist um mehrere Optionen gewachsen: BPM, Sync, Straight Only, Triplets Only und Dotted Only. Sync kombiniert nun die Geschwindigkeiten aus den drei anderen „… Only“-Varianten. Wozu das Ganze? Automatisiert man die Geschwindigkeit von Sync, sind die Übergänge nun weniger sprunghaft. 

Praxis

Trailermusik, Ambience und Melodic Techno – Neue Presets für alle in Pigments 4

In den Presets hat sich Arturia an aktuellen Genres und Trends orientiert und Sounds aus Melodic Techno, LoFi-Hip-Hop, Synthwave und Ambience beigelegt. Zum anderen ist die Menge an dröhnenden, galoppierenden und peitschenden Sounds im cineastischen Bereich beträchtlich. Was mir bei einigen der neuen Sounds immer wieder auffällt: Von der Komplexität her können es manche durchaus mit den epischen, teilweise minutenlangen Pads und Soundscapes von Omnisphere aufnehmen. Eine Note halten, Augen schließen, auf geht’s ins Universum. Da war Omnisphere bisher ungeschlagen. 

Filter und neue Funktionen im Software Synthesizer Arturia Pigments 4
Effekte und Sequencer direkt in der Hauptansicht deaktivieren.

Hat man einen ersten Sound ausgewählt und möchte ihn nun anpassen und verändern, kommt die neue Möglichkeit, alle Effekte direkt aus der Hauptansicht deaktivieren zu können, wie ein Segen daher. Genügt es bei einem Preset auch hier, so wie in unserem Preset-Meset-Workshop, die Effekte auszustellen, damit es im Arrangement funktioniert? 

Audio Samples
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303 Bassline Alethinophidia Dream Arcade Hofmannslead Valkyrie Silex sequence Rings o fCanada Introspective Mantra 09. Basslinie mit Multimode-Filter und Cutoff-Automation 10. Basslinie mit Jup-8-Filter und Cutoff-Automation 11. Basslinie mit Mini-Filter und Cutoff-Automation 12. Basslinie mit MS-20-Filter und Cutoff-Automation

Der neue Play-Modus reduziert auf das Wesentliche

Dazu gibt es nun eine neue Ansicht, den „Play“-Modus. Er stellt alle Module (Oszillatoren, Filter, Hüllkurven, etc.) reduzierter dar. So was kann in einer Performance-Situation praktisch sein, weil man weniger Informationen erfassen muss und schneller zur gewünschten Einstellung findet. Am Konzept des Play-Modus könnte Arturia aber noch etwas feilen. 

Neuer Play Mode in Pigments 4
Im Play-Mode kann man die drei Effektwege FX A, FX B und Aux auch einzeln deaktivieren.

Die Idee der vereinfachten Ansicht ist gut gemeint. Warum man die Modulationen in der Mitte allerdings schön bunt visualisiert, dafür den Schnellzugriff aber nicht auf eine zweite Hüllkurve, die vier Makros oder eine Kompaktversion des Sequencers packt, ist mir ein Rätsel – und eine vertane Chance. Da geht noch was. 

Noch schnelleres Sounddesign in Pigments 4 

Die Veränderungen im Workflow von Pigments 4 sind durch die Bank eine Verbesserung: Man kann jeden Envelope oder LFO direkt aus der Mitte des Plugins auf sein Modulationsziel ziehen. An kleinen Ringen am Ziel sieht man außerdem sofort, wie stark die Modulation ausfällt – Vital und Phase Plant haben es vorgemacht. 

LFOs und Module im Software Synthesizer Pigments von Arturia
LFO 3 wurde auf die Resonanz von Filter 2 gezogen. Sofort zeigt Pigments die Modulationsstärke an.

Bei den Neuzugängen der Engines wie etwa dem Ring Mod (Wavetable-Engine) oder dem Phase Mod (Harmonic Engine Modul) erkenne ich durchaus Sounddesign-Potential. DIE neue Klangdimension eröffnet sich hier aber nicht. Der Shimmer-Reverb macht, was er soll, nämlich schimmern. Warum man da aber nicht einfach einen entsprechenden Regler in das bestehende Reverb eingebaut hat, ist mir aus Nutzersicht nicht ganz klar. Auch kommt man deswegen schnell durcheinander, denn der eine (Shimmer) bietet Feedback und Ducking als Parameter, während man beim anderen (Reverb) nur den Pre-Delay einstellen kann. Eine etwas chaotische Lösung. 

Mit MS-20 Filter Acid Vibes und böse Bässe bauen

Was sich mir aber vollumfänglich erschließt: das MS-20 Filter. Schon das Instrument selbst sorgte in der V Collection 9 für Begeisterungsstürme. Arturia ist hiermit eine der besten Emulationen seit langem gelungen. Und in Pigments 4 spielt das MS-20 Filter vor allem in Kombination mit dem Sequencer und den Verzerrungsmöglichkeiten der Engines seine Stärken noch einmal deutlich aus. Wie das bei hohen Resonanzen dynamisch pfeift und dröhnt, macht einfach (Acid-)Laune. 

Im Vergleich zu den anderen Filtern wie Mini und dem Jup-8 geht dem Signal im MS-20 auch bei stärkerer Filterung nicht die Puste aus. Im Vergleich zur Korg-Emulation musste ich beim Mini den Filter-Output bei gleicher Cutoff-Position mehr als 10 dB nachpegeln, um den Pegel wieder anzugleichen. Auch klingt die Resonanz im MS-20 einfach eine ganze Ecke analoger, unregelmäßiger und nicht so dünn und künstlich. 

Wunschzettel und Verbesserungsvorschläge für Pigments 4

Wunschlos glücklich ist man als Plugin-Tester und Produzent sowieso fast nie. Arturia macht grundsätzlich alles richtig mit dem Update. Aber so langsam werden, vor allem im direkten Vergleich zur Konkurrenz, einige fehlende Features offensichtlich. So vermisse ich immer noch einen Wavetable-Editor, wie man in ihn aus Serum und Vital kennt. Auch der eigentliche Wavescanning-Modus scheint etwas vernachlässigt. In Massive, Massive X, Serum und Vital gibt es verschiedene Bend- und Stretch-Modi, die aus einer einzelnen Wavetable weitaus mehr Soundmöglichkeiten holen, als es durch einfaches Durchfahren möglich ist. 

Wavetable-Editor des Software-Synthesizers Vital
Jede Wavetable kann im Editor von Vital noch weiter verfeinert werden.

Generell wäre Parameter Lock wie in Omnisphere sehr praktisch. So könnte man einzelne Parameter oder ganze Engines einfrieren und vom Preset-Wechsel ausschließen. Auch Features wie ein Feedback-Routing für die Filter-Module, Looping im Sampler oder das Kopieren einer Hüllkurve auf die andere dürfen gerne langsam Einzug erhalten. Keines dieser Features fehlt so sehr, dass es ein Minuspunkt für dieses Update wäre. Synth-Wechselwillige wird man damit trotzdem schneller überzeugen können.

Arturia Pigments 4 – Fazit

Arturia Pigments 4 kommt dem Thron des besten Software Synthesizer immer näher. Wie in den letzten Updates steckt auch hier so viel Neues drin, dass man eine ganze Weile mit dem Entdecken und Ausprobieren beschäftigt ist – und sich mit breitem Grinsen über die Verbesserungen im Workflow freut. Mit den 120 Presets, dem MS-20 Filter und dem verbesserten Workflow kommt das Plugin dem perfekten Software-Instrument gefährlich nahe. Bis Arturia aber einige der erwähnten Verbesserungen ins nächstes Update packt und vielleicht noch eine andere Farbe beim hellen Theme zur Wahl lässt ist es noch ein Stück. Aber kein sehr großes mehr. 

  • Sample (granular) und Harmonic (Additiv) Engines
  • Fast 2000 Presets – davon 120 neu in Version 4
  • Noise- und Subbass-Modul: Zwei Slots für eigene und mitgelieferte Noise-Samples und ein Subbass-Generator
  • 11 Filter (MultiMode, MS-20 (neu), SEM, Matrix-12, Jup-8, Mini, Surgeon, Comb, Phaser, Formant, Lowpass Gate) in zwei Slots
  • 18 Effekte: Delay, Tape Echo, PS Delay, Reverb, Shimmer (neu), Distortion, Bitcrusher, Compressor, Multiband, Super Unison (neu), Chorus, Chorus Jun-6, Flanger, BS-20-Flanger, Phaser, Stereo Pan, Multi Filter, Param EQ in zwei Insert-Lanes und einem Send-Land mit jeweils drei Slots
  • Sequencer/Arpeggiator: Geschwindigkeiten BPM, Sync (mit Triplet, Dotted, Punktiert), Straight (nur 1/16, 1/8…), Triplet und Dotted, Polyrhythmisch, Randomize-Funktion für Oktave, Tonhöhe, Velocity und mehr,
  • 24 Modulatoren: u.a 3 Envelopes, 3 Envelopes, Velocity, Aftertouch, 2 Random-Module
  • MPE-fähig: Polyphoner Pitchbend, polyphone Modulation bei Pressure und MPE Timbre.
  • Anbindung an MTS-ESP: Microtuning und alternative Stimmsysteme
  • Preise:
  • Arturia Pigments 4: 99 Euro
  • kostenloses Update für Besitzer von alten Pigments
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Qualität und Bandbreite der Presets
  • Effekte und Sequencer nun direkt deaktivierbar
  • MS-20 Filter klingt hervorragend
  • Sinnvolle Verbesserungen an Engines, Filtern und Effekten
  • Play Mode
Contra
  • Helles Theme: Lange Umschaltzeit und keine Farbauswahl
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Arturia Pigments 4 Test
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