Applied Acoustic Systems präsentiert mit Lounge Lizard EP-5 das E-Piano mit Physical-Modeling in der nun fünften Generation. AAS ist ein Spezialist für virtuelle Instrumente, die ohne Unmengen von Samples ausdrucksstarke und wandlungsfähige Klänge hervorbringen. Allen voran gehören dazu der Mallet/Percussion-Synthesizer AAS Chromaphone 3 sowie der klassische Analog-Synth AAS Ultra-Analog VA-3. Der kanadische Software-Hersteller schnürt Bundles. So kann man das Lounge Lizard EP-5 mit der AAS Modeling Collection zusammen mit sechs weiteren Plugins erwerben.

Natürlich gibt es schon eine Menge an Libraries, die ein Rhodes oder Wurlitzer mit allen klanglichen Details traumhaft gut simulieren. Ich habe meine Favoriten längst gefunden und frage mich ernsthaft, ob das AAS Lounge Lizard EP-5 noch einen praktischen Mehrwert bringt. Geringe Systembelastung, keinen gigantischen Speicher-Bedarf – gibt es ansonsten noch klare Vorteile des Physical Modeling?


DETAILS & PRAXIS
AAS Lounge Lizard EP-5 mit Physical Modeling
Das skalierbare GUI zeigt sich aufgeräumt und intuitiv bedienbar. Auf der Hauptseite liegen ein Zwei-Band-EQ, ein Tremolo und weitere Effekte. Wer an die Klangerzeugung heran möchte, wechselt von der Simple- zur Expert-Ansicht. Hier geht es also um die Modellierung aller physikalischen Parameter. Man bekommt Zugriff auf die Bereiche Hammer, Fork/Reed, Damper, Pickups sowie auf EQ und Tremolo, die ich schon zu den Effekten zähle.

Bei der Hammer-Sektion lässt sich die Kraft, Festigkeit und mechanische Geräusche der Hämmer fein justieren. Der Basisklang ist vor allem mit Fork, den Stimmgabeln des Fender Rhodes“, einstellbar. Außerdem nehmen Damper und Pickup Einfluss auf den Sound. Das gesamte Parameter-Angebot ist relativ einfach zu durchschauen – kaum ein User dürfte sich eingeschüchtert fühlen.
Als zweites Modell bietet das AAS Lounge Lizard EP-5 den Typ Reed. Anstelle von Fork erscheint nun Reed. Hier lässt sich die Metalzunge des Wurlitzer-Pianos samt Grund- und Obertönen minutiös einstellen. Egal ob Tine oder Reed: Spielt man ein wenig mit den Klangparametern, ergeben sich schnell neuartige Instrumente, die gar nicht mehr eindeutig nach E-Piano klingen.

Effekt-Rack fürs Sounddesign
Neben der Klangerzeugung integriert das AAS Lounge Liza EP-5 eine Effektsektion. Die Liste an einzelnen FX-Typen ist lang: Von Auto-Wah, Chorus, Phaser, Kompressor, Guitar Amp über Distortion und Noch Filter bis hin zu Delay und Reverb reicht die Palette. Das klingt schon ziemlich gut und ist auch jeweils flexibel einstellbar, beim Delay wünsche ich mir aber mehr Auswahl. Ein spezielles Tape Delay oder Reverse Delay findet sich leider nicht.
Die Effekte sind auf einer separaten Seite platziert. Dort lassen sich beliebig in einer Reihe anordnen und generell einfach bearbeiten – Pluspunkt!

So klingt das Physical Modeling von AAS
Wie schon erwartet, lässt sich das Plugin sehr dynamisch und artikulativ spielen. Ein hoher Klangrealismus ist aber bei den Audio-Demos mit einigen typischen Standard-Presets von Rhodes und Wurlitzer nicht zu beobachten. Grundsätzlich finde ich das Rhodes besser interpretiert.

Während des Tests habe ich selber ein wenig mit dem Physical Modeling herumgespielt und zwei neue Presets erstellt: Audio-Demos „Design Lead“ und „Design Pad“. Als Effekt kommt die Freeware Valhalla Supermassive zum Einsatz.
Übrigens: Die Library lässt sich mit Sound Packs erweitern. AAS bietet mit Space Walk, Caffeine und Insomnia drei Packs, die zusammen mit dem E-Piano als Bundle gekauft werden können. Dringend empfehlen möchte ich sie aber nicht, auch wenn sie einige schöne Ideen aufzeigen. Letztlich macht es sowieso mehr Spaß, selber mit dem Physical Modeling plus externen FX-Plugins zu experimentieren.
AAS Lounge-Lizard EP-5 und Alternativen
Das Plugin konkurriert zusammen mit Modartt Pianoteq, das ebenfalls auf Physical Modeling basiert, mit vielen Sample-Bibliotheken. Im Grunde muss jeder für sich entscheiden, ob er einen sehr authentischen Klang oder eine größere Flexibilität bei der Soundgestaltung haben möchte. Wie das letzte Audio-Demo offenbart, klingt das ASS Lounge Lizard EP-5 nicht so natürlich wie Spectrasonics Keyscape oder eine Library von Native Instruments.
Die klangliche Flexibilität beim Modellieren und die Echtzeit-Kontrolle über alle Soundparameter via MIDI sind für mich aber zwei klare Pro-Argumente. Die Klänge des AAS Lounge Lizard EP-5 reagieren sehr nuanciert auf die Spielweise, Velocity und Controller, die Effekte machen auch einen guten Job.
FAZIT
Das AAS Lounge Lizard EP-5 ist ein typischer Vertreter des Physical Modeling. Es kommt allerdings nicht an das natürliche Klangbild großer Sample-Instrumente heran, erlaubt das Design immerhin neue instrumentale Klänge, die es in der Realität nicht gibt. So gesehen empfehle ich das E-Piano von AAS eher als Zweit-Plugin für Musiker, die gern mit E-Piano ähnlichen Klängen experimentieren möchten. Bei der kommenden Version 6 sollte AAS deutlich mehr Mut zeigen und auch Features bringen, die über das E-Piano-Konzept hinausgehen. Trotzdem bleibt AAS einer der wenigen Hersteller, die überhaupt Physical Modelling anbieten – auch wenn andere Plugins des Herstellers deutlich besser abschneiden.
Features
- Virtuelles E-Piano mit Physical Modeling
- Fender Rhodes und Wurlitzer Model
- Interne Effektsektion
- Gute Preset Library
- Systemvoraussetzungen: Ab Windows 10, Mac OS X 10.11 (M1 Support), Online-Aktivierung, VST2, VST3, AU, AAX, NKS, Standalone.
- PREIS: 133 Euro (Straßenpreis vom 23.06.2025)
- Modeling eigener Sounds
- Einfache Bedienung
- Viele Presets
- Kein hoher Klangrealismus
- GUI veraltet
- hoher Preis
