Scope Labs The Periscope Test

Ok, ok: Das Scope Labs The Periscope hat auch deswegen seinen Weg in einen Test bei uns gefunden, weil es für ein Mikrofon nun wirklich außerordentlich ungewöhnlich aussieht. Schlimm? Nö, oder?

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Außerdem gibt es noch eine weitere, technische Besonderheit: Das Kondensatormikrofon mit Kugelcharakteristik besitzt einen eingebauten Kompressor (!). Richtig gelesen: Statt des x-ten Großmembranmikrofons gibt es hier nun also das Review eines nun wirklich in vielen Belangen sehr speziellen Tontechnik-Werkzeugs. Die wichtigsten Fragen, die es zu beantworten gilt, werden wohl sein: Kann man damit wirklich professionell und ernsthaft arbeiten? Ist das alles nur Blendwerk mit krampfig erzwungenen Alleinstellungsmerkmalen? Und: Braucht man sowas?

Details

Die spinnen, die Finnen?

Das Land in Europas Nordosten, welches fälschlicherweise gerne als zu Skandinavien gehörig bezeichnet wird, ist zwar nicht unbedingt die Wiege der Tontechnik, doch sind einige hoch angesehene Audio-Unternehmen dort beheimatet. Neben den bekannten Lautsprecherherstellern Genelec und Amphion sind mir aber nur zwei kleine Mikrofonmanufakturen bekannt: Sandhill bauen exquisite BändchenmikrofoneTimbre Tones stellen Mikrofone aus Holz her (davon gibt es da ja genug). Und wer ein Mikrofon wie das Periscope schon für verrückt hält, dem sei ein Blick auf die finnische Captain Nemo empfohlen, einer Gitarre mit Röhren-Pickup.

Fotostrecke: 6 Bilder Mikrofon-Suchbild

Es ist nicht alles Kupfer, was glänzt

Auch wenn es den Anschein hat, besteht das Scope Labs The Periscope nicht komplett aus Kupfer. Das Korpusmaterial ist Aluminium, welches mit Kupfer überzogen, weiter aber nicht behandelt wurde und die Patina bilden kann, die man von Kupfergeschirr und Dächern her kennt. Kupfer ist ein mittlerweile sehr teurer Werkstoff, zudem ist er auch reichlich schwer. Ein normaler Mikrofonhalter reicht hingegen aus, um das The Periscope zu halten. Allerdings leidet dadurch die Gesamtästhetik, der ein ebenso liebevoll designter Halter gut getan hätte – wie schon beim Earthworks SR314. Das Periscope, unleugbar nach seiner Form benannt, besteht aus mehreren an Hausinstallation erinnernde Rohre, die durchaus rustikal miteinander verbunden sind. Am länglichen Ende gibt es einen XLR-Output, die elektrostatische 10mm-Kleinmembrankapsel am anderen Ende. Aufgrund der Abwesenheit von seitlichen und rückwärtigen Schalleintritten gibt es keine andere Möglichkeit, als dass die Richtcharakteristik eine Kugel ist. Ein- und Verstellmöglichkeiten gibt es nicht, folglich besitzt das The Periscope auch keine Schalter.

Fotostrecke: 7 Bilder Scope Labs The Periscope aus verschiedenen Perspektiven

Technische Daten… technische wer?

Scope Labs wissen wohl, dass die technischen Daten bei einem so speziellen Ding wie dem The Periscope nicht die ausschlaggebenden Punkte sind, die Interessenten dazu bringen würden, das Mikrofon zu kaufen oder die im Recordingbetrieb von hohem Nutzen wären. Zudem sind Messungen nicht immer einfach durchzuführen. Das Erstellen von technischen Daten durch externe Dienstleister könnte das Budget eines in nur geringen Stückzahlen produzierenden Unternehmens sehr belasten. Angaben zu Frequenzgang, THD, Ersatzgeräuschpegel und dergleichen fehlen also genauso wie weitergehende Informationen über den Kompressorschaltkreis und seine Eigenschaften. Die Frage bei einigen Werten wäre zudem, ob man sie nun vor oder hinter der Dynamikeinheit messen sollte? Es ist aber vor allem aufgrund des Exotenstatus des Periscope absolut in Ordnung, wenn keine derartigen Daten geliefert werden. Was allerdings sicher ist: Die Elektronik benötigt eine Spannungsversorgung. Ohne aktivierte 48V-Phantomspeisung bleibt das Scope Labs The Periscope stumm.

Praxis

Spaß bei der Arbeit

Ein gar nicht so unwichtiger Aspekt: Die Arbeit mit dem Scope Labs The Periscope macht einfach Spaß. Es ist ein nicht alltäglicher Moment, die Schatulle zu öffnen und das in jeglicher Hinsicht schräge Ding aufzubauen. Erstaunte Gesichter und kurze, interessante Gespräche mit Musikern sind einem definitiv sicher.

Fotostrecke: 2 Bilder Schnöder Metallkoffer für ein außergewöhnliches Mikro wie das Periscope? “Nichts da!” dachte man wohl bei Scope Labs und verfrachtet den Kupferhaken in eine schöne Schatulle.

Lo-Fi? Nein.

Schon mit Sprache, Vocals und an akustischer und E-Gitarre ist das The Periscope von Scope Labs ein hoch interessantes Spezialwerkzeug. Allerdings ist es keineswegs „lo-fi“: Der Frequenzgang ist äußerst breit, sodass auch tiefste Frequenzen gut mit übertragen werden, ab den Hochmitten wird es etwas geringer im Pegel, aber nicht „langsamer“. Verhältnismäßig früh geht das Mikrofon in die Kompression, die ein wesentlicher Bestandteil des Soundcharakters ist. Als Einzelsignal ist das auffällig effektreich und erzeugt reichlich pumpende Kompression, die natürlich Rauminformationen herausarbeitet und Releasephasen verstärkt. Das Herunterregeln ist ein nicht kaschierender, sondern bewusst klangfärbender Vorgang. Interessant ist das – und in erster Linie als Effekt zu verstehen, den man eher einem klareren Signal hinzu mischen werden wird als ihn einzeln zu verwenden.

Prädestiniert für Drums

Alleine aufgrund der technischen Eigenschaften ist das wohl spannendste und wichtigste Tätigkeitsfeld des Scope Labs The Periscope der Einsatz am Drumkit. Direktes Miking und konservative Overheadverfahren liefern oft zwar gehaltvolle und gut steuerbare Signale, allerdings fehlt es derartigen Drums doch ab und an etwas an Brustbehaarung. Hier kommen „Dirt-Mikes“ ins Spiel, ich finde die Reporter-Kugeln Senneheiser MD21, LEM D O 21B und Funkberater PGH dafür praktisch, denen anschließend ein dbx 160A in Overcompression oder ein 1176 im All-Buttons-Mode um die Ohren gehauen wird. Alternativ ist auch das schmalbandige und stark zerrende und verdichtende Placidaudio Copperphone eine gute Wahl. Oder eben das Scope Labs The Periscope. Um seine Eignung abzuschätzen, hat Drummer Jan Kölpin im Hagener Tonstudio Backyard76 die Trommelstöcke gewirbelt.

Mikrofon-Bunch mit Scope Labs Periscope, Neumann USM69 und Placidaudio Copperphone vor dem Drumkit des Hagener Trommlers und Producers Jan "Brenna" Kölpin im Backyard76-Studio.
Mikrofon-Bunch mit Scope Labs Periscope, Neumann USM69 und Placidaudio Copperphone vor dem Drumkit des Hagener Trommlers und Producers Jan “Brenna” Kölpin im Backyard76-Studio.

Es zeigt sich, dass das finnische Mikrofon recht unabhängig von der gewählten Position den Aspekt zum Gesamtbild hinzufügt, der vielen Drum-Submixes fehlt. Es „patscht“ wundervoll auf den Schlägen und „schnauft“ organisch danach, das Signal wird spektral reicher und insgesamt dichter. Anders als mit Tauchspulen-Kugel und sich wie betrunken überschlagendem 1176 im All-Buttons-Mode, ist das Verhalten des Periscope ein durchaus anderes: Das Periscope bleibt trotz sehr heftiger und pumpender Kompression bei hohen Pegeln kontrolliert und vorhersehbar und ähnelt eher einem 160 in leichter Over-Compression, der schön stark punchige „Smack“ des Attacks erinnert sogar eher an Fairchilds. Die Detailzeichnung ist hoch und bleibt dies auch nach der starken Kompression und dem damit einhergehenden Verlust an starken Attacks. Ideal ist, wenn man das Signal mit dem eines hochwertigen FOK oder von Raummikros kombiniert. Um Laufzeitprobleme zu unterbinden, ist die gleiche Positionierung sinnvoll. Der Vergleich mit dem Placidaudio Copperphone zeigt, dass dieses ein „different Animal“ ist – aber ebenfalls seinen Reiz hat.

Audio Samples
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A Scope Labs Periscope A Drums dry A FOK Neumann USM69 (mono) B Dry + FOK + Periscope (Fade-Ins) C Drums dry C Scope Labs Periscope C Drums dry + Periscoe C FOK + Chandler Zener Limiter Comp&Limit C FOK + 1176 All-Buttons C FOK + dbx 160A Over-Compression C Placidaudio Copperphone

Für Schlagzeug ist das Periscope wirklich das, was man sich davon versprechen kann, nämlich ein einfachst zu nutzendes Device, um eine Schlagzeugmikrofonierung vollständig zu machen. Im Recording-Alltag ist das durchaus ein relevanter Timesaver.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Engineers Sebo (vorne) und Heimi vom Backyard76 verraten durch Fingerzeig, wo sich hier das Mikrofon versteckt.

Fazit

Das Scope Labs The Periscope ist wahrscheinlich nicht das Ding, auf das die Tontechnik-Welt sehnsüchtig gewartet hat. Und es wird wohl nie in einem Atemzug mit dem Neumann U 47, dem Shure SM58 und dem Coles 4038 genannt werden. Die Recording-Szene ist auch ohne bislang ganz gut zurecht gekommen. Allerdings fasst das wundervoll anzusehende Mikrofon häufig nacheinander gemachte Arbeitsschritte zu einem zusammen: Vor allem wer ein Dirt Mike mit fetter Kompression nutzen will, wie es vor allem am Drumkit und in Liverooms mit mehreren Signalen sehr häufig genutzt wird, der stellt dieses merkwürdige Ding auf, verrückt vielleicht zwei, drei Mal noch die Position und kann sich anderen Dingen widmen. Zusätzliches Patchen, Einstellen (und: Belegen) eines Limiters/Kompressors entfällt. Sicher gibt man viele Kombinations- und Regelmöglichkeiten aus der Hand, aber bei einem LA-2A lässt sich auch nicht viel einstellen und das Periscope macht seinen Job gerade vor dem Drumkit absolut hervorragend. Wer viel Drums aufnimmt, kauft ein praktisches und durchaus alltagstaugliches Spezialmikrofon “Handmade In Europe” zum fairen Preis.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • einfachste Möglichkeit, ein gutes Dirt-Signal zu erhalten
  • sehr gelungene Abstimmung
  • hochwertiger und detailreicher Klang
  • einzigartiger Look
Contra
  • recht spezielles Effektmikrofon
Artikelbild
Scope Labs The Periscope Test
Für 475,00€ bei
Scopelabs_Periscope_Pro_10

Features und Spezifikationen

  • Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit Kompressor
  • Richtcharakteristik: Kugel
  • Gehäuse: Aluminium mit Kupferbeschichtung
  • Lieferumfang: Mikrofon, Halter, Schatulle im Truhendesign
  • Preis Einzelmikrofon: € 428,04 (am 31.12.2020 auf scopelabs.eu incl. Versand)
  • Preis Einzelmikrofon: € 810,84 (am 31.12.2020 auf scopelabs.eu incl. Versand)
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