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Focal Clear MG Professional Test

Inzwischen sind ca. drei Jahre vergangen, seit ich den Vorgänger Clear Professional (ohne „MG“) des aktuellen Studio-Spitzenmodells Clear MG Professional vom französischen Hersteller Focal in den Fingern hatte.

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Der hohe Preis ist in etwa gleich geblieben, das Design ähnlich, doch wie klingt der neue?
Ob der extravagant designte Focal Clear MG Professional tatsächlich eine lohnende Investition für ambitionierte Tonschaffende oder sogar ein neuer Platzhirsch ist, wollen wir in dem folgenden Testbericht klären.

Details

Vorweg: Muss ein Kopfhörer so teuer sein?

Immer wieder entdeckt man, z.B. in den sozialen Medien, kritische Kommentare zur Preisgestaltung von Kopfhörern, die hohe drei- oder sogar vierstellige Eurobeträge kosten. Unabhängig davon, ob nun der Focal Clear MG Professional sein Geld wert ist, sind „teure“ Kopfhörer aus meiner Sicht allerdings kein Anzeichen von vollkommen verhältnisloser Dekadenz, sondern eher das Gegenteil ist der Fall. Hochpreisige Referenzkopfhörer sind für mein Empfinden eigentlich ein „Downsizing-Symptom“, da die Arbeit von Ton- und Musikschaffenden sehr häufig budgetbedingt immer seltener in Studioräumen mit einer akustisch einwandfreien Abhörsituation erfolgt, weshalb eine möglichst hochwertige Wiedergabe über Kopfhörer ein willkommenes und tatsächlich „preiswertes“ Mittel zur Abhilfe für viele Arbeitsschritte einer Produktion ist. Die Leistungsfähigkeit aktueller Referenzkopfhörer übertrifft zudem tatsächlich den Nutzwert verschiedener Oldschool-Legenden frappierend, sodass oftmals ein tatsächlicher Mehrwert vorhanden ist. Zurück zum Focal Kopfhörer: Trifft all dies denn nun auch auf den Clear MG Professional zu?

Bauweise und Verarbeitung

Dass es sich beim Clear MG Professional um einen Kopfhörer in offener Bauweise handelt, lässt sich leicht daran erkennen, dass man durch die wabenartigen Ohrmuschelabdeckungen quasi hindurchschauen kann. Die ovalen und üppig dimensionierten, ohrumschließenden Ohrmuscheln verleihen dem Studiokopfhörer ein wuchtiges Aussehen, was sich auch in einem überdurchschnittlich hohen Gewicht für einen offenen dynamischen Kopfhörer bemerkbar macht. Der Clear MG Professional wiegt mit 450 Gramm (ohne Kabel) so viel wie sein Vorgängermodell.
Made in France: Die exzellente Verarbeitung und der hochwertige Materialmix aus Aluminium, Mikrofaserpolstern, Leder und Kunststoff passen zum Premiumanspruch des Focal-Kopfhörers, während sich das Design nahtlos in die bisherige Professional-Produktlinie einreiht. Dabei erinnert mich die Ästhetik des Clear MG Professional subjektiv eher an ein Requisit aus einem futuristischen Luc-Besson-Film als an ein Profi-Tool, was nicht unbedingt meinen Vorlieben entspricht. Aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.

Fotostrecke: 3 Bilder Die auffällige Wabenstruktur der Ohrmuscheln

Lieferumfang

Die Ausstattung des Focal Kopfhörers entspricht voll und ganz den Anforderungen von Tonprofis. Zum Transport und zur Aufbewahrung dient ein stabiles Hardcase und Ersatzohrpolster gehören bereits ebenfalls zum Lieferumfang. Der wesentliche Bestandteil sind jedoch die beiden mitgelieferten Kabeloptionen. Das von ca. einem auf maximal fünf Meter dehnbare Spiralkabel mit 6,3-mm-Klinkenstecker wird vermutlich am häufigsten zum Einsatz kommen. Zur Verwendung an mobilen Abspielgeräten oder Tablet-Computern bietet sich das 1,2 Meter lange glatte Kabel an. Dies endet in einem 3,5-mm-Klinkenstecker inklusive Schraubadapter auf 6,3mm. Die jeweilige Kabelführung ist beidseitig ausgelegt und wird mit Miniklinkensteckern in beiden Ohrmuscheln befestigt.

Fotostrecke: 2 Bilder Beidseitige Kabelführung per 3,5mm-Klinkenstecker

Technik und Kennzahlen

Das „MG“ im Produktnamen steht offensichtlich für Magnesium. Während die Membran beim dynamischen Treiber des Vorgängermodells aus Aluminium und Magnesium gefertigt wurde, handelt es sich beim 40mm-Treiber des aktuellen Testobjekts nun ausschließlich um Magnesium. Das Ziel ist es (wie eigentlich immer), mithilfe einer leichten und impulstreuen Membran eine hohe Klangtreue über ein möglichst breites Spektrum, im konkreten Fall 5 bis 28000 Hz, zu erreichen. Ob diese Maßnahme von Erfolg gekrönt ist, lest ihr im Praxisteil.
Die technischen Daten des Focal Clear MG Professional bieten keine großartigen Auffälligkeiten im Vergleich zum aktuellen Kopfhörermarkt. Mit einer moderat niedrigen Impedanz von 55 Ohm lässt sich der ambitionierte Franzose wohl auch ohne Lautstärkeeinschränkung an mobilen Abspielgeräten betreiben. Klangliche Einbußen gegenüber hochwertigen Kopfhörerverstärkern beschränken sich – keine Überraschung – eher auf die Auflösung als auf eine veränderte Frequenzwiedergabe. Weitere technische Herstellerangaben findet ihr am Ende dieses Testberichts.

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Praxis

Verwendungszweck

Aufgrund seiner offenen Bauart ist der Clear MG Professional zur Durchführung und Beurteilung während des Mischens, Masterns wie auch während kreativer Produktionsphasen geeignet. Aufgrund seiner geringen Dämmeigenschaften ist die Verwendung zum Monitoring in einer lauten Umgebung oder während Mikrofonaufnahmen nicht zu empfehlen.

Durch die offenen Ohrmuschelabdeckungen des Clear MG Professional kann man fast hindurchschauen.
Durch die offenen Ohrmuschelabdeckungen des Clear MG Professional kann man fast hindurchschauen.

Tragekomfort

Das für einen offenen Kopfhörer etwas überdurchschnittliche Gewicht wirkt sich für mein Empfinden nicht negativ auf den Tragekomfort aus, wobei der relativ beherzte Anpressdruck der Ohrmuscheln eher dem Charakter eines geschlossenen Monitoringkopfhörers entspricht. Dass die Trageeigenschaften dennoch insgesamt als gut zu bewerten sind, liegt in hohem Maße an den ausgesprochen effektiven, luftigen und hautfreundlichen Memoryfoam-Polstern, die mit einem perforierten Gewebe aus Mikrofaser überzogen sind. Der Bügel und die üppig dimensionierten Ohrpolster passen sich optimal an meine Kopfform an und sollten auch große Ohren problemlos umschließen. Allerdings ist ein Selbsttest in dieser ausgesprochen subjektiven Bewertungskategorie immer ratsam.

Fotostrecke: 2 Bilder Die luftigen Ohrpolster sind leicht austauschbar.

Klang

Einspielvorgang + Testumgebung

Auf der Homepage des Herstellers gibt es die konkrete Empfehlung, den Clear MG Professional vor seiner Verwendung etwa 24 Stunden mit basslastiger Musik einzuspielen. Allerdings war ich vor dem Einspielvorgang neugierig genug, um vorher einen kleinen Mini-Soundcheck zu machen. Nach meiner Einschätzung hat sich die Wiedergabe, speziell die Ausklingzeit tieffrequenter Impulse, nach dem Einspielen tatsächlich verbessert. Aber nun der Reihe nach…
Der Focal Clear MG Professional wurde während des Tests an den folgenden Verstärkern / Kopfhörerausgängen getestet:

  • SPL Phonitor mini
  • Lake People G93
  • iPad 2019
  • Universal Apollo 8 Universal Audio Apollo X4

Neben der Analyse eines stilübergreifenden Mixes von Fremd- und Eigenproduktionen (gemastert und ungemastert) habe ich den Focal Kopfhörer bei diversen DAW- Tätigkeiten eingesetzt und akustische Experimente (Oszillator, Rauschgenerator, etc.) durchgeführt. Zum Vergleich habe ich des öfteren meinen ebenfalls offenen AKG K812 herangezogen, der sich seit seinem Erscheinen (2014) in zahlreichen Musikproduktionen, an denen ich seitdem gearbeitet habe, bewährt hat. 

Frequenzgang

Der soeben erwähnte AKG Kopfhörer markiert für mich so etwas wie die goldene Mitte aus (sogenannten) Referenzkopfhörern anderer Hersteller, was die Frequenzwiedergabe betrifft. So gibt es diverse populäre Konkurrenzmodelle mit einer spürbar ausgeprägteren wie auch reduzierten Wiedergabe von Bässen, Mitten und hohen Frequenzen. Wo ordnet sich der Focal Kopfhörer ein?
In den Bässen entwickelt der Clear MG Professional auffallend mehr Druck als der K812, bleibt dabei aber stets dynamisch, tonal beurteilbar und gliedert sich homogen und musikalisch in den Gesamzkontext des Frequenzspektrums ein. Kurz gesagt: Der Focal Kopfhörer zählt aus meiner Sicht zu den besten mir bekannten (und das sind nicht wenige!) Kopfhörern zur professionellen Beurteilung des Bassbereichs.
Der gesamte Mittenbereich wirkt ebenfalls ausgesprochen natürlich und von einwandfreier Quantität, Tonalität und Lebendigkeit. Sowohl technischen und ästhetischen Bewertungen während des Mix- und Masteringprozesses sowie tonalen Korrekturmaßnahmen ist der Focal Kopfhörer hiermit ohne Einschränkung gewachsen.
In den hohen Frequenzen klingt der Clear MG Professional quantitativ etwas bedeckter als mein AKG K812, welcher mir wiederum nach längeren Hörphasen mit dem Focal Kopfhörer als ein wenig schrill und sogar entzaubert erscheint. Dies habe ich zuvor nie so empfunden, wie ist das zu beurteilen? Beides hat seine Berechtigung und mit beiden Wiedergabecharakeristiken lässt sich aufgrund der jeweils hohen Auflösung professionell arbeiten. Während der K812 beispielsweise Störgeräusche und Schnittartefakte etwas schonungsloser offenlegt, hat die Höhenwiedergabe des französischen Konkurrenten beispielsweise den Vorteil, einer Gehörermüdung beim Langzeiteinsatz vorzubeugen. Nicht falsch verstehen: Der Focal Kopfhörer verschleiert absolut nichts (!) und reagiert mit seiner feinen Auflösung sehr sensibel auf kleinste ästhetische wie technische Änderungen in den hohen Frequenzen.Zusammenfassend muss ich sagen, dass das gesamte Frequenzspektrum zum professionellen Arbeiten hervorragend abgestimmt ist, aber auch das Hören vom Musik mit dem Clear MG Professional bereitet mir Freude!

Weitere Detailabbildung des Focal Clear MG Professional
Weitere Detailabbildung des Focal Clear MG Professional

Räumliche Abbildung und Impulsverhalten

Der hochauflösende Focal Clear MG Professional zählt zum elitären Kreis der Kopfhörer, die ich (bei manchen Audiobeispielen) zwischenzeitlich absetze, weil ich den Eindruck habe, über meine Studiomonitore abzuhören. Die natürliche räumliche Wiedergabe in Breite und Tiefe sowie die authentische Dynamik gehören zum besten, was ich bisher mit einem Kopfhörer gehört habe und bin wirklich beeindruckt. Transienten und auch tieffrequente Ausschwingphasen gelangen an meine Ohren, wie ich es von guten Regieraum-Monitor-Konstellationen kenne.
Abschließend möchte ich noch hinzufügen, dass ich die Wiedergabeeigenschaften des Clear MG Professional als deutlich ausgereifter und überzeugender empfinde als beim Vorgängermodell Clear Professional!

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Fazit

Focal ist mit dem Clear MG Professional ein Ausnahmekopfhörer gelungen, der für mein Empfinden tatsächlich jeden einzelnen Euro wert ist – was ich nach meiner Einschätzung und Erfahrung nicht über jeden „teuren“ Kopfhörer sagen kann! Die in sämtlichen Parametern beeindruckenden Wiedergabeeigenschaften eignen sich für professionelle Beurteilungen beim Mix und Mastering und kommen einer Abhörsituation über gute Monitorlautsprecher so nah, wie ich es bei einem Kopfhörer bisher selten erlebt habe. Die Verarbeitung ist exzellent, die Ausstattung praxis- und profigerecht, was man für den Preis aber auch erwarten darf. Wer fähig und bereit ist, einen vierstelligen Eurobetrag in einen offenen Kopfhörer zum Mischen und Mastern zu investieren, sollte den Focal Clear MG Professional unbedingt ausprobieren!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • exzellente Wiedergabeeigenschaften
  • beeindruckend natürlicher Raumeindruck
  • grandiose Bassabstimmung
  • insgesamt guter Tragekomfort
  • zwei austauschbare Kabel
  • hochwertige Verarbeitung
  • stabiles Transport-Case
Contra
  • keins
Artikelbild
Focal Clear MG Professional Test
Für 1.249,00€ bei
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Features & Spezifikationen
  • offener Studiokopfhörer
  • offene Bauweise
  • dynamisch
  • ohrumschließend
  • Kabelführung beidseitig, abnehmbar
  • 40 mm Treiber (Magnesium Membran)
  • Memory-Foam-Ohrpolster mit Mikrofaserbezug (+ Ersatzpaar)
  • Spiralkabel (OFC) ca. 1 bis 5m mit 6,3mm-Klinkenstecker (vergoldet)
  • glattes Kabel (OFC) 1,2m mit 3,5mm-Klinkenstecker + Schraubadapter auf 6,35 mm (vergoldet)
  • Gewicht 450g (ohne Kabel)
  • Transport-Case
  • Impedanz 55 Ohm
  • Empfindlichkeit 104 dB SPL / 1mW @ 1kHz
  • Übertragungsbereich 5 – 28.000 Hz
  • Klirrfaktor 0,25% (1 kHz, 100 dB SPL)
  • Preis: € 1429,– (Straßenpreis am 16.5.2021)
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