Ochen K. Monle Test

Ein einfach zu bedienendes Schnittprogramm für das iPhone – das wär’s doch! Sprach ein amerikanischer Radiomoderator und programmierte los. Herausgekommen ist Monle, ein kleines App, das auf vier Audiotracks nondestruktiv und nonlinear editieren kann.

Wir haben uns dieses Themas angenommen und die spartanische DAW auf Tauglichkeit untersucht. Kann man mit dem kleinen Programm direkt loslegen? Was wird man vermissen, wenn man sonst die großen Systeme benutzt?

Details

Nach dem Start der App schwingt der Screen in den horizontalen Modus, in dem die DAW ausschließlich arbeitet. Das Hauptfenster ist “sehr übersichtlich”, wie Loriot es formulieren würde. Das Editfenster erscheint leer, zeigt aber die Unterteilung in vier Tracks, welche allesamt über keine Track-Header verfügen. Auch an anderer Stelle findet man weder Solo, Mute, Pan oder Track-Volume. Die Zeitleiste ist nicht in Bars and Beats unterteilt und lässt auch keine Umschaltung zu. Das sind schlechte Nachrichten für alle, die mit temposensiblem Material zu tun haben, denn wo sich nicht einmal die Zeitleiste umschalten lässt, ist auch mit tempobasiertem Editing Essig. Auch ein Metronom zur Aufnahme kann man sich bei Monle abschminken.

Es gibt weder “Move Playhead” noch Shuttles/Scrubs. Die Wiedergabe beschränkt sich also auf ein simples Play und Stop, was bedeutet, dass ausschließlich ein “Play from Start” möglich ist. Lange Sessions fallen dadurch aus, denn wer möchte schon immer den ganzen Salm von vorne durchhören? Eben. Horizontales Zoomen funktioniert mit der klassischen Zweifinger-Technik, vertikales Track- oder Waveform-Zoom ist nicht vorgesehen und wird bei der Verwendung von bis zu vier Stereotracks sicher auch nicht vermisst. Über das Pluszeichen rechts unten gelangt man in die Ansicht der Monle-Library, in der man Audiofiles vorhören, nach Anfangsbuchstaben oder chronologisch sortieren, löschen, umbenennen, aber natürlich auch zur Nutzung im Edit-Fenster selektieren kann. Über das Mikrofon-Icon gelangt man in den Recording-Bereich. Von 8 kHz bis 44,1 kHz lässt sich die Samplerate auswählen, das Recording-Volume kann mit einem Slider eingestellt werden, der sich in Nachbarschaft zu einem Meter ohne Skalierung befindet. Nett ist, dass hier Track-Enables für ein mögliches Playback untergebracht sind und – das verdient Lob – ein Screen-Lock, damit man das aufnehmende iPhone in der Hosentasche verschwinden lassen kann, ohne befürchten zu müssen, dass die Aufzeichnung unterbrochen wird.

Klickt man im Hauptfenster das Diskettensymbol an, erreicht man eine erstaunlich umfangreiche Seite. Neben Save, Open und Clear für Session-Dokumente findet sich hier die Möglichkeit zum Offline-Rendern und ein Button namens “Send”. Durch diese Funktion  werden das Session-Dokument und alle darin benutzten Files als Zip gepackt und können auf einen FTP geladen werden. Der direkte Versand als E-Mail ist aber leider nicht möglich. Apple erlaubt keinen Zugriff auf die Daten anderer Applikationen unter iOS, daher hat auch Monle seine eigene Library. Unter “Files” kann man jedoch eine generelle Connection zu einem FTP aufbauen, unter “WiFi” wird Monle selbst zum kleinen Server, dessen Zugangsdaten angezeigt werden. Um “Einbrüche” zu unterbinden, ist dieser Zugang nur aktiv, wenn das entsprechende Dialogfenster auch geöffnet ist. Will man Files unter iOS austauschen, stehen Sonoma und Intua als applikationsübergreifende Clipboards zur Verfügung. APM erlaubt den Upload zur “American Public Media”-Library, was aber in erster Linie für US-amerikanische Radiofuzzis und Podcaster interessant sein sollte. Unter “Help” findet man leider nur drei Tutorial-Videos, kein Manual mit vernünftigem Inhaltsverzeichnis oder Glossar.

Praxis

Ich habe das Gefühl, unter Details vor allem das aufgezeigt zu haben, was die App alles nicht kann. Und das ist eine Menge. Um es geradeaus zu sagen: zu viel! Hätten die alten Spartaner eine derart spartanische Lebensweise an den Tag gelegt, sie wären verhungert. Doch langsam und nacheinander: Ein Recording in eine leere Session hinein erweist sich als problematisch, so ganz ohne Klick. Für Radiomoderatoren oder Podcaster mag das egal sein, für Musiker schränkt sich der Nutzen ein (wenngleich in den Tutorials viel mit Musik gearbeitet wird). Wer über ein bestehendes Playback seine Gitarrensolo-Versuche macht, wird den Dank seiner Band bekommen, dies nicht mehr bei der Probe zu machen. Auch Sänger können mehrstimmig üben, Phrasen verschieben und Melodielinien entwickeln. Allerdings wird niemand mit kompletten Songs arbeiten wollen, denn ohne die Möglichkeit, die Wiedergabe ab einem bestimmten Punkt zu setzen, würde sonst die Arbeit zur Tortour. Zum Arrangieren von Abläufen von Loops gibt es zu beachten, dass es keine Duplicate- oder Repeat-Funktion gibt. Loops auf Beat zu schneiden, so dass sie rund laufen, kann man sich ebenfalls abschminken, denn so wirklich genaues Editing ist auch nicht möglich.

Trial and Error ist man bei Monle schnell leid, so dass man fast gezwungen ist, sich die (durchaus netten) Tutorial-Videos durchzusehen und zu hoffen, dass die gewünschte Funktion möglichst bald erklärt wird. Verschieben mit einfachem Fingerzeig und horizontaler Bewegung ist noch selbsterklärend, Length-Change durch einfaches Ziehen vorne oder hinten ebenfalls. Clip-Volume ändern durch vertikales Zweifinger-Pinch, Clip löschen durch flottes Ziehen mit einem Finger zum unteren Rand, Fade-Ins und -Outs generieren durch vertikales Ziehen von unten nach oben an den jeweiligen Clip-Enden, schneiden durch horizontales Auseinanderziehen zweier Finger an der betreffenden Stelle: – nicht, dass das ganz schlechtes Editieren wäre, doch intuitiv geht anders. Außerdem gibt es einige Fallstricke:

Sehr kurze Clips müssen stark herangezoomt werden, um mit zwei Fingern darin herumwerkeln zu können oder auch wirklich die Ecken zu erwischen. Durch die Session navigieren kann man, indem man mit einem Finger den leeren Hintergrund auf einem Track nach links oder rechts schiebt. Doch was, wenn der Screen ganz voll mit Clips ist? Dann muss der freie Bereich unten dazu benutzt werden. Ui, das ist unpraktisch! Gleiches gilt für das Zoomen: Aus Versehen auf einem Clip gezoomt, und schon ist er geschnitten! Immerhin gibt es mehrfaches Undo. Generell ist die Editierarbeit schon recht fuckelig, zudem gibt es offensichtliche Mängel in der Qualität der Programmierung: Sehr oft ruckelt die Grafik, ich habe Artefakte erlebt wie Clips, die anders als alle anderen in einer Zoomstufe dargestellt bleiben oder beim Verschieben des sichtbaren Ausschnitts des Editfensters stoisch auf einer Position bleiben, während sich unter ihnen die anderen Clips und über ihnen die Zeitleiste bewegt. Auf das Ergebnis von Zoomtätigkeiten habe ich bei manchen Sessions schon mehrere Sekunden (!) warten müssen, was die Arbeit mit einem derartigen System eigentlich unmöglich macht. Zudem ist Monle beim Einfügen von Audiotracks als Clips gerne auch “vorsichtshalber” einfach mal abgestürzt. Unter solchen Umständen fällt es mir schwer, im Verhältnis zu den groben Schnitzern der App als Kleinigkeiten zu bezeichnende Wünsche zu äußern. Vielleicht so viel: Ich hätte schon gerne ein Input-Level, bevor ich die Aufnahme starte. Absolut ideal für Radio-Anwendungen wäre die Möglichkeit, eine Session als OMF zu ProTools & Co. exportieren zu können! Aber erst einmal muss der Programmierer seine Hausaufgaben machen und grundlegende Sachen ins Reine bringen, sonst sehe ich für die Zukunft dieses Vorhabens schwarz. Schwarzsehen würde ich übrigens auch dann, wenn ich den Preis von acht Euro als Privatperson bezahlt hätte, denn das ist wirklich happig!

O.k., o.k. Den Ausspruch “weniger ist mehr” habe ich auch schon im ein- oder anderen Test bemüht. Dort allerdings immer zurecht. Bezüglich des Monle muss man diese geflügelten Worte erweitern: “Weniger ist mehr, aber noch weniger ist nichts!”
Die Grundidee, einen einfachen, schnörkellosen Fourtracker zu entwickeln, die ist ja sehr löblich. Die Umsetzung allerdings ist es nicht. Zu groß sind die technischen Defizite, zu umständlich die Bedienphilosophie. Da kann auch die vernünftige File-Anbindung nicht viel rausreißen. Klar: Schön, dass es im iTunes-Store auch One-Man-Shows gibt, nicht nur Companies. Von Einzelpersonen, die einfach eine gute Idee haben, kommen immer auch wichtige Impulse für die “Großen”. Wer Apples iOS jedoch als unternehmerisches Sprungbrett nutzen will, muss aber nun mal preiswert und gut sein. Monle ist beides nicht.

Unser Fazit:
2 / 5
Pro
  • recht gute Konnektivität
Contra
  • recht teuer
  • kein tempobasiertes Arbeiten möglich
  • kaum vorhandene Mixing-Funktionen (Track Volume, Pan …)
  • Editierungsfunktionen nicht selbsterklärend
  • Grafikprobleme
Artikelbild
Ochen K. Monle Test
Monle_1
  • Ochen K. Monle 1.1.2
  • nonlineares, nondestruktives Vierspur-Audio-Editing-System
  • bis zu vier Stereofiles gleichzeitig wiedergebbar, Fade-Funktionalität
  • für iPhone und iPod Touch ab iOS 4.1
  • WiFi-FTP-Server-Funktion, Intua Audio-Sharing, Sonoma Audio Copy, APM-konnektivität
  • 1,6 MB (incl. Samples)
  • Preis: EUR 7,99
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