Mancher Zyniker würde den folgenden Testbericht sicherlich gern mit einer Einleitung a la „Das war ja nur eine Frage der Zeit“ beginnen, aber da wir uns bei bonedo lieber auf die harten Fakten stürzen, lassen wir die Marketingstrategien von Propellerhead jetzt einmal unkommentiert.
Fakt ist in jedem Fall, dass Reason und Record nun mal einfach zusammengehören und wir dies schon immer gewusst haben. Ob das neu gefundene Geschwisterpaar aber auch technisch optimal harmoniert, haben wir für euch getestet.
Vor etwas mehr als einem Jahr kündigten die Jungs und Mädels von Propellerhead die fünfte Version ihres modularen virtuellen Instrumentenracks Reason an. Neben der Einführung von neuen Instrumenten wie bspw. dem Kong Drum Designer war es vor allem die Sample-Funktion innerhalb der Software, die einen gewaltigen Schritt nach vorne bedeutete. Zur selben Zeit bekam auch Record, ein ebenfalls aus dem Hause Propellerhead stammender Sequenzer, ein kleines Update spendiert. Besonderen Wert legten die Entwickler dabei auf die stimmige Zusammenarbeit der beiden separat erhältlichen Programme. Da jedoch beide Programme entweder auf MIDI- oder auf Audioanwendungen spezialisiert waren, blieb einem als potenzieller Nutzer gar nichts anderes übrig, als sich beide Programme zuzulegen, um eine vollwertige DAW-Lösung zu bekommen.
Auch wenn der Zusammenschluss von Reason und Record in Reason 6 ja allein schon einen bedeutenden Schritt darstellt, so bleibt dies hier selbstverständlich nicht die einzige Neuerung. Doch schauen wir uns besagte neue Features doch mal im Detail an.
Zum einen wäre da die 64-Bit-Unterstützung, die nun auch in Reason Einzug gehalten hat. Konkret bedeutet das, dass Reason ab sofort größere Speichergrößen adressieren kann. Jeder, der mehr als 4 GB Arbeitsspeicher (32 Bit Systeme können nur maximal 3,5 GB adressieren) in seiner Workstation verbaut hat, kann sich demnach über eine bessere Auslastung seines Systems freuen.
Insgesamt stehen dem Nutzer auch drei neue Effekte zur Verfügung, die wir jetzt einmal getrennt voneinander betrachten wollen.
Pulveriser Mit dem Pulveriser liefert Propellhead ein wirklich vielseitiges Tool, welches eine Mischung aus Kompressor, Verzerrer, Modulation und Filter darstellt. Wer bereits mit Reason gearbeitet hat, weiß, wie viel Leben man einem Synth durch den Einsatz des Scream4 Distortion Plug Ins einhauchen kann. Und „der Pulveriser“ ist dessen vielseitigere und aufwendigere Alternative. Dem Nutzer stehen insgesamt vier Module mit ausreichend Parametern zur Verfügung, die durchaus auch kreativ genutzt werden dürfen. Während man über die Regler “Squash” und “Dirt” das Verhalten von Kompressor und Verzerrer regelt, lassen sich in der Filtereinheit unterschiedlichste Filtertypen wie z.B. Low Pass, Band Pass, High Pass oder sogar Kombinationen wie Low Pass + Notch auswählen, die später sogar noch via LFO moduliert werden können. Um solch ein Biest überhaupt noch unter Kontrolle zu bekommen, bedarf es einem Dry/Wet – Regler, der ganz brav am Ende der Signalkette sitzt. Der Pulveriser eignet sich vorrangig für Instrumente wie Drums, Bass und crunchige Gitarren, kann aber auch bei synthetischen Klängen wahre Wunder bewirken.
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Bass – Dirty MovementE-Drums – Rythm Pulse
The Echo Wie der Name bereits zweifelsfrei vermuten lässt, handelt es sich bei The Echo um ein retroinspiriertes Delay, welches nicht nur äußerlich an das Roland Space Echo erinnert – eben nur in Orange. Trotz des Retrolooks verbindet The Echo den analogen Charme mit digitaler Präzision und ist damit die Delay-Lösung, an der es Reason bisher leider gemangelt hat. Dem Nutzer stehen mit Parametern, eingeteilt in die sechs Module “Mode”, “Delay”, “Feedback”, “Color”, “Modulation” und “Output”, ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung, um das Delay dem Sound optimal anzupassen. Auch an eine Röhrensimulation wurde gedacht. So lässt sich im Modul “Color” – durch den Einsatz von Verzerrung und Filtern – ein analoger Sound nachbilden. Ebenfalls mit an Bord sind eine Ping-Pong-Funktion, ein Ducker und eine Stereobasisverbreiterung, welche den insgesamt guten Eindruck des Echo’s abrunden.
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Bass – Short RoundVocals – Mod Doubler
Alligator Als dritter Neuzugang im Effektrack von Reason 6 kommt der Alligator daher. Hinter dem eher abstrakten Namen verbirgt sich ein Filter, welcher durch drei separate Gates (Gator – Gate … daher also der Name) angetriggert werden kann. So lassen sich sphärische Sounds oder Pads durch den richtigen Einsatz selbst in komplexe Rhythmuspatterns zerlegen. Hierfür dienen Parameter wie Highpass, Bandpass und Lowpassfilter, Hüllkurve, LFO und Resonance. Auch an eine FX-Sektion mit Verzerrer, Phaser und Delay wurde gedacht. Diese sind sogar pro Frequenzbereich verfügbar und steigern die Soundvielfalt des Alligators immens. Für die Rhythmen stehen insgesamt 64 vorgefertigte Pattern zur Verfügung. Wem das noch nicht genug ist, der kann selbstverständlich auch eigene MIDI’s zum Ansteuern benutzen oder aber auch den Matrix Step Sequenzer oder den RPG8 Arpeggiator.
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Pad – BouncingThor – Lead Runner
Neben den drei Neuen im Bunde wurden selbstverständlich auch alle bereits vorhandenen Record bzw. Reason Effekte wie bspw. der Vocalprozessor Neptune oder die Gitarren- und Bassamp-Simulationen von Line6 mit übernommen. Auch altbekannte Platzhirsche wie das MClass Mastering Bundle, der RV7000 oder der bereits erwähnte Scream4 fanden ihren Weg in das Effekte-Rack. Features wie die SSL inspirierte Softwarekonsole mit bereits integrierten EQ und Dynamik Modulen in jedem Kanalzug und dem legendären Busskompressor in der Mastersektion dürfen auch nicht fehlen und komplettieren gleichzeitig die Symbiose.
Bass – Line 6 – Rock FingerstyleGuitar – Line 6 – Metal FastGuitar – Line 6 – Power LeadGuitar – Line 6 – Smooth Clean
Wer schon einmal mit Record gearbeitet hat, der dürfte die intelligente Pitch- und Timingkorrektur bereits kennen. Klar, dass dieses heutzutage fast unverzichtbare Feature auch in Reason 6 zur Verfügung steht. Ebenso wie das neu entwickelte Timestretch-Feature, mit dem man auch nach der Aufnahme noch die Geschwindigkeit verändern kann, ohne dabei die Tonhöhe zu beeinflussen.
Als letzte Neuerung liefert Reason 6 noch eine Metering- und Tuning-Anzeige, die per Shortcut oder über das Menü eingeblendet werden kann. Der Nutzer kann beim Einspielen des Instrumentes nun ganz einfach den Überblick über den Pegel und die Stimmung des Instrumentes behalten.
Gleich nach dem unkomplizierten Installationsvorgang und noch vor dem ersten Start von Reason 6 wird der Nutzer zur Autorisierung des Programmes aufgefordert. Dies kann auf zwei verschiedenen Wegen geschehen. Befindet man sich im Besitz einer physischen Kopie der Software, so liegt dieser ein kleiner USB-Dongle namens “Ignition Key” bei. Online über das jeweilige Benutzerkonto kann dann die erworbene Lizenz ganz einfach auf den Stick transferiert werden und ist von da an auf genau diesem abrufbar. Alternativ kann Reason auch via Online-Verifikation freigeschaltet werden. Das setzt aber voraus, dass euer Rechner permanent über eine Internetverbindung verfügt, da die Autorisierung vor jedem Start aufs Neue erfolgt. Wer von unterwegs Arbeiten möchte, sollte demnach lieber auf die Ignition Key Variante zurückgreifen.
Hat man den Autorisierungsprozess überwunden und gelangt auf den Startbildschirm des Programms, offenbaren sich einem keine wirklich einschneidenden Veränderungen im Interface. Kurz gesagt – Reason 6 sieht genau so aus, wie man sich die Symbiose aus Reason und Record eben vorstellt. Die komplette Software ist in drei Fenster gegliedert : dem Sequencer, dem Instrumentenrack und dem Mixer. Diese Ansichten lassen sich ganz einfach mittels der Funktionstasten umschalten, sodass auch auf kleinen Bildschirmen so etwas wie Übersichtlichkeit entstehen kann. Bevorzugt man ein Zwei-Bildschirm-Layout am Arbeitsplatz, so lässt sich der Sequencer auch komplett vom restlichen Teil entkoppeln und auf einen anderen Monitor legen. Praktisch!
Auch sonst hat Reason nichts von seinem intuitiven Workflow verloren. Die freie Verkabelung aller Instrumente und Effekte bekommt hinsichtlich der neugewonnenen Features natürlich noch eine ganze Menge mehr Möglichkeiten. Positiv dabei ist auch, das Reason von Haus aus nur Steckverbindungen akzeptiert, die im Signalfluss auch Sinn ergeben. Das hilft vor allem Anfängern dabei, sich ohne Probleme in tiefere Regionen der Software vorzuwagen, um deren Möglichkeiten auch voll auszuschöpfen.
Da Propellerhead zugunsten von Stabilität und dem effektiven Umgang mit Systemressourcen weiterhin auf die Unterstützung von Plug-In Schnittstellen wie VST, AU etc. verzichtet, bietet Reason 6 nun die Möglichkeit, Mixerkanäle einzeln zu Bouncen, um sie anschließend in anderen DAWs weiter zu verarbeiten. Dabei kann der Nutzer auswählen, ob man den kompletten Kanal inklusive aller Effekte, alles außer die Panorama- und Pegeleinstellungen, oder nur das trockene Signal heraus rendern möchte.
Für den Export stehen entweder .wav oder .aiff Dateien in 16 bzw. 24 Bit und in diversen Samplerates bereit.
Nichtsdestotrotz darf auch in Reason 6 noch ein klein wenig nachgebessert werden. Zum einen ist die Bedienung des Sequencers ein wenig träge und fühlt sich in vielerlei Hinsicht etwas unprofessioneller an als bei der Konkurrenz. Hier hat meiner Meinung nach immer noch Ableton Live die Nase vorn. Besonders der Umgang mit MIDI-Noten ist mitunter etwas unübersichtlich und starr. Auch das unintuitive Vergrößern bzw. Verkleinern der Timeline kann mitunter etwas nerven. Erfahrenen Nutzern von Reason bzw. Record sollte dies jedoch kaum stören, da sich hier im Vergleich zu den Vorgängern nichts geändert hat. Einen weiteren kleinen Minuspunkt erhält die Software für die mitgelieferten Libraries mancher Klangerzeuger, die sich hier und da ein wenig starr anhören und wenige interessante Sounds liefern. Wer sich jedoch erst einmal daran gewöhnt hat, Effekte und Instrumente selber zu verkabeln und kreativ zu nutzen, kann über diesen Punkt gut und gerne hinwegsehen.
Kein Reason brachte jemals so viele Neuerungen mit sich wie Version 6. Die Zusammenführung von Reason und Record ist geglückt und ein absolut logischer Schritt, um die Software auch weiterhin für viele Nutzer interessant zu gestalten. Während sich langjährige Reason-Veteranen über das, im Gegenzug zu allen Vorgängerversionen, weitaus vielseitigere Mischpult freuen, werden Musiker aus eher analogen Gefilden von der Vielfalt an Klangerzeugern aus dem Instrumentenrack profitieren können. Ein Zugewinn für beide Seiten also.
Auch wenn die drei neuen Instrumente Pulveriser, The Echo und Alligator für manch einen vielleicht etwas zu speziell sind, runden sie das Gesamtpaket bzgl. der Soundvielfalt gekonnt ab und liefern eine Menge Spielraum für Klangexperimente inklusive Dauermotivation. Selbst wenn man als Nutzer aufgrund von fehlenden Anbindungsmöglichkeiten nur mit dem hauseigenen Fuhrpark an Effekten und Klangerzeugern vorlieb nehmen muss, kann man das Angebot als vollkommen ausreichend bezeichnen. Für manche Nutzer ist diese Limitierung eventuell sogar ein Anreiz, um eingefahrene Arbeitsabläufe etwas aufzulockern.
Pro:
optimal aufeinander abgestimmtes System
drei neue Effekte
Umfang und Qualität der Effekte und Klangerzeuger
64 Bit Support
Stabilität
Preis
Contra:
Presets
Features:
Sequencer-/Harddisk-Recording (Audio + MIDI)
Editing/Mixing Software für PC/MAC
vereint Reason und Record in einem Program
vollausgestattetes ”virtuelles” Mischpult
Timestretch und Audio Transpose
unbegrentzte Audiospuren (abhänging von Rechenleistung)
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