Zoom H6 Essential Test

Sind Handyrecorder im Jahr 2024 noch ein Thema? Ganz offensichtlich, denn sonst hätten Zoom nicht ein ganzes Trio aus neuen Modellen vorgestellt. Der H6 Essential ist das größte Gerät der Essential Reihe, deren Spezialität die Gainregler-lose Bedienung ist. Möglich wird dies durch den enormen Dynamikumfang der 32-Bit-Floating-Point-Technologie. Plötzliches Husten im Interview, der unerwartete Schlag auf die Snaredrum oder ein aufheulender Motor bei der Filmproduktion sollen so ihren Schrecken verlieren.

Review 32 Bit Recorder

Quick Facts zum Zoom H6 Essential

  • kein Einpegeln nötig: 32-Bit-Float
  • 6 Kanäle (2 Mikrofone, 4 XLR-/Line-Kombibuchsen)
  • akustische Benutzerführung für sehbehinderte Menschen

Sechs Kanäle

Als direkter Nachfolder des beliebten H6, beziehungsweise dessen aktuellster Version H6 Black, verfügt unser Testmodell über insgesamt sechs Aufnahmekanäle, zwei davon entfallen auf die auswechselbaren XY-Mikros, vier beziehen ihre Signale aus XLR/Line-Kombibuchsen. Das Teil verfügt aber noch über weitere Features, zum Beispiel kann es als Audio-Interface fungieren. Was es noch so drauf hat, erfahrt ihr, wenn ihr weiterlest.

Übersichtliches Layout, keinerlei Zubehör

Einen Hinweis darauf, was Essential wohl bedeuten könnte, erhält, wer die längliche Pappschachtel aus Recyclingmaterial öffnet. Darin befindet das H6-Essential-Basisteil, einen neu konstruierter XY-Stereokapselaufsatz und… sonst nichts, sieht man einmal von einer Garantiekarte und weiterem Papierkram ab. Zoom selbst bezeichnet das Teil zwar als Flaggschiff, dieses muss jedoch zunächst ungeschützt durch Rucksäcke und Taschen segeln. Auch das zum Betrieb unerlässliche Zubehör wie Batterien, USB-Kabel oder Speicherkarten muss extra erworben werden.

Aufsatz mit Kondensatormikrofonen

Werfen wir nun einen Blick auf den Mobilrecorder. Das Hauptgerät misst etwa 16 Zentimeter in der Länge und wiegt mit Batterien gute 380 Gramm. Mit dem Mikrofonaufsatz kommen noch einmal 42 Gramm hinzu. Sein Gehäuse besteht komplett aus Kunststoff und liegt ausgewogen in der Hand. Auf der Stirnseite sitzt eine Schutzkappe, nimmt man sie ab, kann das mitgelieferte XY-Kondensatorkapselpaar aufgesteckt werden. Es besitzt eine Kugelcharakteristik und kann Schalldrücke bis zu 135 dB schadlos verdauen, bei starken Windstößen oder Überschreitung der SPL-Grenze ertönt ein Warnton und die Wellenformanzeige im Display wird rot. Für den H6 Essential gibt es optional eine Input-Erweiterung mit zwei zusätzlichen Eingängen sowie eine Shotgun-Kapsel. Aufsätze der Vorgängermodelle können nicht verwendet werden.

Aufsatz

Zoom H6 Essential ohne Gainregler

Wer schon mit Handyrecordern gearbeitet hat, dürfte auf der Frontplatte des H6 Essential eine Auffälligkeit entdecken, nämlich das Fehlen der Gainregler. Einpegeln gehört am Testobjekt nämlich der Vergangenheit an, entsprechend aufgeräumt präsentiert es sich auch optisch. Mit insgesamt fünf blauen Tastern werden die Mikrofone beziehungsweise Eingangskanäle aktiviert, ein weiterer ist mit „Mixer“ beschriftet und öffnet auf dem Display die Mischpultmaske. Um den größten Knopf auf der Frontplatte, den Record-Button, gruppieren sich die anderen vier Transport-Taster, darunter liegt, nach unten hin abgeknickt, das Farb-LCD-Display.

Oberseite
Kein Gainregler am H6 Essential

Menüsteuerung mit Wahlrad

Die Menüsteuerung erfolgt weitgehend mit einem Wahlrad und zugehöriger Enter-Taste, beides liegt auf auf der rechten Seite. Hier findet sich auch der Steckplatz für die Micro SD-Karte (als SDXC bis zu einem TB Speicherplatz) Links gibt es an Bedienelementen nur den Lautstärkeregler, vorne liegt noch der kombinierte On/Off-Tastensperre-Schieber. Der stellt die Verbindung zu einem Apple-Gerät her und kann Timecodes senden und empfangen. Die Unterseite beherbergt das Batteriefach, welches wahlweise mit vier AA-Batterien oder Akkus befüllt werden kann. Ein Gewinde zur Stativmontage darf natürlich auch nicht fehlen.

Anschlüsse und USB-Funktionen

Die wichtigsten Anschlüsse sind die vier verriegelbaren XLR/Line-Buchsen, welche, paarweise angeordnet, an den Seiten des Geräts sitzen. Sie können einzeln mit 48V Phantomspeisung beschickt werden. Wer das H6 Essential zusammen mit einer Kamera verwendet, wird sich über getrennte Buchsen für den Kopfhörer und Line Out-Signale freuen. Ein Slot für einen optionalen Bluetooth-Adapter namens BTA-1 sitzt an der Vorderseite. Eine integrierte Bluetooth-Steuerung wäre allerdings wünschenswert gewesen.

Anschlüsse
Linke Flanke
Rechte Flanke
Fuß
Fußseite des H6 Essential

Die Verbindung zur Außenwelt wird über USB-C hergestellt, gleichzeitig fungiert die Buchse als Bus-Power-Versorgung, der Betrieb ist dann ohne Batterien oder Akkus möglich. Die USB-C-Verbindung macht den H6 Essential auch zu einem USB-Interface mit sechs Eingangs- und zwei Ausgangskanälen.

Bedienung des Zoom H6 Essential

Am schnellsten bewegt man sich im Menü, wenn man mit dem rechten Daumen das Wahlrad und die Enter-Taste bedient und mit dem linken Daumen über die Stop-Taste ins Hauptmenü zurückkehrt.

Praxisbetrieb
Zoom H6 Essential im Betrieb

Bei der ersten Inbetriebnahme wird das Datum eingestellt, außerdem punktet das Gerät mit einer Benutzerführung für Sehbehinderte. Beep-Laute und Ansagen in verschiedenen Sprachen lotsen den Anwender dann durch die Bedienung. Der Einsatz des H6 Essential gestaltet sich recht übersichtlich. Zunächst aktiviert man über die blauen Tasten die aufzunehmenden Spuren. Bei angeschlossenen Kondensatormikros muss über das Menü die Phantomspeisung aktiviert werden, auch ein Low Cut (80, 160, 240 Hertz) ist individuell schaltbar. Effekte wie Limiter und Kompression wie beim H6 gibt es hier nicht mehr, auch eine um zwölf dB reduzierte Backup-Spur wird (dank 32-Bit) nicht mehr aufgenommen.

Für die Pegelverwaltung während und nach der Aufnahme wird über die Mixer-Taste in die Mischpultansicht gewechselt, die Kanalanwahl funktioniert wiederum über das Wahlrad oder die blauen Kanaltaster.

Sehr gut gefällt mir die USB-Interface-Funktionalität. Sechs Kanäle lassen sich damit in einer DAW aufzeichnen und parallel in Stereo abhören. Das ist zwar nichts neues, bleibt aber eine praktische Funktion größerer Handyrecorder wie diesem.

So klingt der H6 Essential

Im Einsatz macht der H6 Essential Spaß. Die XY-Mikros klingen detailliert und die Wandler sind rauscharm. Die große Frage ist aber natürlich, wie sich das Aufnehmen dynamischer Schallquellen mit der 32-Bit-FP-Technologie in der Praxis bewährt. Die Antwort lautet: wirklich gut, sofern man kein beinharter Kontrollfreak ist, was das Einpegeln angeht.

Am Drumkit
Aufnahme der Drums

Auf die Probe gestellt, hält das System, was es verspricht. Leises Flüstern, gefolgt von lautem Klatschen sorgt weder für starkes Rauschen noch für brutale Verzerrungen. Beim Abhören über meine Studiolautsprecher wird klar, dass die Signale intakt sind und sich gut nachbearbeiten lassen.

Audio Samples
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Sprache, Stativ Sprache, Dynamik Griffgeräusche Im Wald: Vögel, Bellen, vorbeifahrendes Auto

Hier kommen ein paar Klangbeispiele. Im ersten bespreche ich den H6 Essential aus etwa 35 Zentimetern Entfernung mit normaler Sprechlautstärke. Im zweiten muss das Gerät den Dynamiktest bestehen: auf leises Sprechen folgt lautes Klatschen. Dann folgt ein Check der Griffgeräusche, den der H6 Essential recht gut, aber nicht perfekt meistert. Hier sollte man in typischen Handheld-Situationen etwas aufpassen. Natürlich dürfen auch Außengeräusche nicht fehlen, die ich euch mit unserem Hund im Wald aufgezeichnet habe.

Audio Samples
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H6 Essential, Drumset, 6 Spuren H6 Essential, Drumset, 4 Spuren Closemics H6 Essential, Drumset, nur interne XY-Mikros Studio-Preamps, Drumset, 6 Spuren Studio-Preamps, Drumset, 4 Spuren Closemics Studio-Preamps, Drumset, nur Oktava XY-Anordnung

Auch an meinem Drumset macht der H6 Essential eine gute Figur. Für den Vergleich verwende ich mein gewohntes RME UFX Interface, die Preamps sind meine Sebatron Röhrenvorverstärker. Am H6 fungieren die XY-Mikros als Quasi-Overheads vor dem Drumset, die vier zusätzlichen Eingänge verstärken die Closemic-Signale Bassdrum, Snare und zwei Toms. Als Vergleichs-„Overheads“ platziere ich zwei Oktava MK012 dort, wo auch das H6 steht. Der Vergleich ist natürlich nicht fair und mein eigenes Studio-Setup klingt in allen Belangen besser als der H6. Der wiederum liefert trotzdem ein respektables Ergebnis, indem er alle Signale ausreichend detailliert und offen abbildet. Und vor allem: ohne vorher einpegeln zu müssen!

Test des Zoom H6 Essential: Fazit

Als größtes Modell der neuen Essential-Serie präsentiert sich der Zoom H6 Essential im Test als komfortabel zu bedienendes 6-Spur-Studio im Taschenformat. Die 32-Bit-Floating-Point-Technologie macht das Einpegeln überflüssig, zwei parallel arbeitende Wandler ermöglichen einen Dynamikbereich, der Verzerrungen ausschließt, sofern nicht die maximale SPL-Grenze der Mikrofone überschritten wird. Klanglich kann das Gerät ebenfalls überzeugen, sowohl Sprach- als auch Außenaufnahmen meistert es mit der von Zoom gewohnten Qualität. Auch am Drumset mit Closemics funktioniert das Konzept. Pluspunkte gibt es auch für die barrierefreie Nutzerführung. Etwas spendabler hätte der Hersteller jedoch beim Zubehör sein können, welches schlicht nicht vorhanden ist. Besitzer der älteren H6-Recorder dürften sich außerdem darüber ärgern, dass ihre Mikrofon-Aufsätze hier nicht mehr funktionieren. Insgesamt stellt das Testgerät jedoch eine Art Rundum-Sorglos-Pakt für alle dar, die viele Mikrofone an ihren mobilen Recorder anschließen und sich keine Gedanken über die Aussteuerung machen möchten.

Testbericht Fazir Handyrekorder
  • Lieferumfang: Basisteil, XY-Aufsatz
  • 6-Spur-Aufnahme mit 32-Bit-Floating-Point-Technologie
  • Wechselkapselsystem
  • 4 XLR/TRS Line Eingänge mit Verriegelung
  • USB-C-Anschluß
  • USB-Interface-Funktion
  • Stromversorgung: 4 AA Batterien, Akkus oder USB-C Bus-Power
  • bis zu 1 TB Speicher mit Micro SDXC
  • hergestellt in: China
  • Webseite: zoomcorp.com
  • Preis (Ladenpreis): € 329,-
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr gute Klangqualität
  • gute Ausstattung
  • 32-Bit-Float sorgt für bequemes Handling
  • barrierefreie Benutzerführung
Contra
  • keinerlei Zubehör im Lieferumfang
  • ältere H6-Kapselaufsätze und Input-Erweiterungen passen nicht
Artikelbild
Zoom H6 Essential Test
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