Selbstverständlich ist es praktisch, sämtliche Situationen im Musikeralltag mit möglichst wenig Equipment und Materialaufwand bestreiten zu können. Im Studio wäre es eine feine Sache, könnte man eben mal einen dicken SVT samt 8×10 Kühlschrank oder einen crispen Markus Miller Slapsound mit einem SWR-Stack simulieren, und mit dem gleichen Gerät dann vielleicht auch live etwas Chorus auf den Fretless-Sound und eine fiese Verzerrung ins Bass-Solo zaubern. Perfekt, wenn es dann noch in der Lage wäre, zu Hause mit ein paar Handgriffen den Computer mit den Ideen für den nächsten Top-Ten-Hit zu füttern.
Das zumindest ist der Anspruch, den Zoom dem Multieffektgerät B9.1ut mit auf den Weg gibt. Vollgepackt mit mehr Effekten, als die meisten Bassisten je gebrauchen werden: Verstärker- und Boxensimulationen der namhaften Hersteller, viele Soundpresets von großen Bassvorbildern und sogar eine Röhrenvorstufe, die dem digitalen Multitalent eine Portion Rock ‘n’ Roll verpassen soll. Ob es aber wirklich alle Disziplinen beherrscht, erfahrt ihr in diesem Test.
Oberseite Das rote Stahlgehäuse macht einen stabilen und hochwertigen Eindruck und sollte mit seinen sieben Gummifüßen ausreichend gegen Wegrutschen auf der Bühne gesichert sein. Auch die Bedienelemente auf der Oberseite des Gerätes sind robust und versprechen bei normaler Behandlung eine lange Lebensdauer. Das Pedal ist zwar nicht aus Metall, sondern aus einem widerstandsfähigen Kunststoff, wirkt aber keinesfalls billig. Sämtliche Anschlussmöglichkeiten befinden sich auf der Rückseite des B9.1ut, die Beschriftungen für die einzelnen Buchsen aber auf der Gehäuseoberseite. Ein lobenswertes Detail, denn es erleichtert bei der Vielzahl der Möglichkeiten das Umstecken, wenn man in Eile ist. Ähnliche Geräte muss man jedes Mal hochheben, um die richtige Buchse zu finden, weil die Beschriftung auf der Rückseite von oben natürlich nicht lesbar ist.
Die Oberfläche des B9 wirkt sehr aufgeräumt, weil sich die einzelnen Sektionen mit ihren Potis oder Tastern optisch gut absetzen. Das Ganze sieht eigentlich nach intuitiver Bedienung aus – hoffentlich freue ich mich nicht früh. Gehen wir die einzelnen Bereiche im Detail durch: Links oben sitzen die LED-Anzeige für die Preset-Nummer und ein zweizeiliges Infodisplay für die übrigen Informationen wie Namen, Parameter etc. Hier muss ich leider schon den ersten Minuspunkt zücken, denn das Display ist mir zu klein und die Schrift auf grünem Grund nicht kontrastreich genug. Für die Stimmgeräte-Funktion wird es gottseidank nicht unbedingt benötigt, da auch die LEDs den gespielten Ton und das Feintuning anzeigen. Unter den Displays finden sich fünf Potis und sieben kleine beleuchtete Taster, die in der Hauptsache für Systemeinstellungen und das Setup zuständig sind. Einige der Regler haben eine Doppelfunktion, je nachdem, in welchem Modus man sich befindet. Entweder regeln sie die einzelnen Parameter des Effektes, der im Display angezeigt wird, oder Grundfunktionen wie den Patch-Level, die Total-Balance oder eben die Patch-Anwahl. Echtes Verstärker-Feeling kommt bei der Preamp-Sektion rechts neben dem Display auf, wo acht Chromregler für Gain, Level, Sub-Bass, Bass, Lo-Mid, Hi-Mid, Treble und Presence zuständig sind – wie bei einem „richtigen“ Bassamp eben. Unterhalb sind kleine beleuchtete Taster in der Reihenfolge der Effektkette, mit denen für die Bearbeitung die Effekte selbst und deren Parameter im Display aufgerufen werden können.
Hinter diesen Tastern verstecken sich dann entweder die verschiedenen Models des jeweiligen Effektes oder, wie im Falle der EFX1 und EFX2 Taster, gleich eine Reihe verschiedener Effekte wie Chorus, Flanger, Oktaver und so weiter. Die komplette Liste der Effekte könnt ihr der folgenden Liste entnehmen.
Im Eingang des B9.1ut arbeitet neben einer Transistorschaltung auch eine Röhrenvorstufe mit einer 12AU7, die stufenlos hinzugemischt werden kann, um dem Solid-State-Sound etwas Röhrencharakter mitzugeben und auch für amtliche Verzerrung zu sorgen. Das Ganze nennt sich Accelerator und wird mit zwei Chrom-Potis unterhalb der Effektkette bedient. Bleiben noch Pedal und die runden Metall-Fußtaster, neun an der Zahl und in zwei Reihen angeordnet. Mit den beiden linken der oberen Reihe schaltet man sich je nach Modus durch Patches oder Bänke, rechts daneben folgt der Verantwortliche für Bypass/Tuner und neben ihm der für Stop/Clear der Looper Funktion. Diese beiden können außerdem mit anderen Funktionen belegt werden. Die Taster 1-4 der unteren Reihe schalten im Manual-Modus Effektmodule an und aus, im Play-Modus wählt man damit die vier Patches der Bänke an. Die Zuordnung der Effekte zu den Fußtastern im Manual-Modus lässt sich selbstverständlich ändern und ist nicht auf die Werkseinstellung festgelegt. Der letzte Taster der unteren Reihe kann ebenfalls mit einer Funktion frei belegt werden oder dient wahlweise als Rec/Play-Taste der Looper-Funktion.
Kommen wir zum Expressionpedal des B9.1ut, dem sogenannten Z-Pedal. Zoom nennt es so, weil es nicht nur vertikal, sondern auch horizontal funktioniert.
Heißt im Klartext, dass man mit dem Pedal wie gewohnt durch Auf- und Abbewegungen zum Beispiel den Preamp-Gain kontrollieren, aber mit einer Seitwärtsbewegung auch gleichzeitig die Modulationsgeschwindigkeit eines Chorus beeinflussen oder einen Hall einfaden kann. Jeder Richtung, also vertikal oder horizontal, können vier Effektparameter zugeordnet werden; insgesamt sind also acht Parameter steuer- und frei zuweisbar.
Rückseite / Anschlüsse Sehen wir uns den Alleskönner von hinten an. Links der Klinkeneingang für das Instrument, gefolgt von einer opulenten Ausgangsabteilung, bestehend aus einem Paar symmetrischen XLR-Ausgängen inklusive Pre/Post-Groundlift- und 0dB/-10dB Pad-Schalter, zwei Klinkenausgängen für die Verbindung zum Verstärker, einer Klinkenbuchse für den Kopfhörer und einem Level-Regler, der die Ausgangslautstärke unter Kontrolle hält. Eine Aux-In-Miniklinkenbuchse wartet auf den Anschluss eines Drumcomputers, eines MP3 Players oder jeder beliebigen anderen Soundquelle.
Der USB-Port verbindet das Gerät mit einem Computer und aktiviert das Audiointerface des B9, um ohne Umwege auf Festplatte aufnehmen zu können. Das ist praktisch, zumal mit Cubase LE die Recordingsoftware schon im Lieferumfang enthalten ist. Noch praktischer wäre es, könnte man die Editor-Software über USB auch zum Speichern und Organisieren der Presets nutzen, die auf der Zoom-Seite zum Download bereitstehen. Dafür und zum Ansteuern externer Effekte aber ist die MIDI-Schnittstelle vorgesehen. Die Gründe dafür erschließen sich mir nicht, denn der USB-Port ist ohne Zweifel der zeitgemäßere Anschluss und nicht jeder benötigt die zusätzlichen MIDI-Funktionen und besitzt ein Interface.Zwischen USB- und Midi-Port sitzen die Anschlüsse der Effekt-Loop, mit deren Hilfe externe Geräte eingebunden werden, eine Control-In-Klinkenbuchse für ein weiteres Expressionpedal und ein Gain-Switch zum Anpassen der externen Loop zwischen -10dBm und +4dBm. Bleiben noch der 12V-Anschluss samt Zugentlastung für das mitgelieferte Netzteil und ein Ein-/Ausschalter. Mit dieser Vielzahl von Anschlüssen sollte man für jeden Fall gerüstet sein.
Die leider nur englische Bedienungsanleitung (es gibt Bedienungsanleitungen in vielen Sprachen zum Download auf der Zoom Website) enthält einige Quickguide-Seiten, mit deren Hilfe man wirklich ganz schnell die Grundfunktionen und das Setup des G9.1ut versteht. Außerdem ist seine Oberfläche so gut gegliedert, dass man mit einer Portion Intuition und vielleicht etwas Erfahrung mit ähnlichen Geräten die Hauptfunktionen schnell beherrscht. Wer natürlich tiefer in die Editierfunktionen abtauchen und alle Features nutzen will, der wird um das Lesen der Bedienungsanleitung nicht herumkommen.
Grundsätzlich gibt es zwei Modi, in denen das B9.1ut betrieben wird, den Manual- und den Play-Mode. In Ersterem, der standardmäßig nach dem Einschalten aktiviert ist, wählt man mit den Patch/Bank-Fußtastern ein Preset an, dessen einzelne Effekte mit den Fußtastern 1 – 4 an- und abgeschaltet werden.
Wie oben schon erwähnt, sind die Fußtaster konfigurierbar, sodass ich jedem auch ein anderes Effektmodul zuweisen kann, allerdings auf zwei verschiedene pro Taster beschränkt. Neben jedem Taster sind diese beiden Optionen auf das Gehäuse aufgedruckt und mit einer LED versehen, sodass man immer im Bilde ist, welches Modul jeweils anliegt. Die relativ kleine LED blinkt bei ausgeschaltetem Effekt und leuchtet permanent, wenn er aktiv ist. Die Neuzuordnung eines Effektmoduls zu einem Fußtaster funktioniert wirklich sehr einfach: Man drückt zwei Mal den Fußtaster, um die aktuelle Belegung aller vier Fußtaster im Display aufzurufen, und wählt mit den darunter liegenden Potis die neue Zuweisung, die schließlich mit STORE abgespeichert wird. So oder ähnlich funktionieren sämtliche Zuweisungen oder Parameteränderungen beim B9, die Bedienung gibt wirklich keine großen Rätsel auf.
Im zweiten Modus, dem Play-Mode, kann man weiterhin mit den Bank-Fußtastern durch die Preset-Bänke steppen, allerdings sind die Fußtaster 1 – 4 hier nicht mehr mit Effektmodulen, sondern mit den vier Patches der angewählten Bank belegt. Auf diese Art hat man schnell vier Presets unter den Füßen und könnte jetzt zum Beispiel den drei Funktions-Fußtastern die Effektmodule zum An- und Abschalten zuweisen. Der Tuner, der standardmäßig dem Fußtaster 1 zugewiesen ist, funktioniert tadellos. Durch das große LED-Display ist die korrekte Stimmung gut zu erkennen, die Anzeige des Feintunings im LCD-Display kann man auf der Bühne allerdings nur mit einem Satz erstklassiger Adleraugen gebrauchen, das Display ist definitiv zu klein. Im Bypass-Modus umgeht der Tuner nur die Effekte, im Mute-Modus schaltet der Ausgang stumm, was wohl in den meisten Situationen sinnvoll ist. Mit der Bypass/Tuner-Taste unter dem Display kann ganz unkompliziert zwischen den zwei Modi gewechselt werden. Als Dreingabe verfügen fast alle diese Multieffekte über eine Loopfunktion, so auch unser Testkandidat. Der Looper wird mit den Fußtastern 1 und 2 bedient und verrichtet seine Arbeit auch einwandfrei, allerdings nur 5,4 Sekunden pro Durchgang. Das reicht für ein kurzes Bassriff, aber will man zu einer längeren Akkordprogression üben, ist es leider zu kurz. Schade.
Kommen wir zur Hauptdisziplin, dem Sound. Das Zoom B9 biete 80 fertige Presets, die auf 20 Bänke aufgeteilt sind und nicht verändert werden können. Dem User bleiben dann noch einmal 80 Speicherplätze, wo er seine eigenen Kreationen speichern kann, was in der Regel für alle Gelegenheiten völlig ausreichend ist. Die Factory-Presets, die man am „P“ im Gegensatz zum „U“ für User im Display erkennt, sind in sechs Kategorien sortiert: 1 Demo, 2 Category (Musikrichtungen wie Rock, Jazz, Pop …), 3 Modeling (bekannte Bass-Rigs), 4 Artist (Sounds von namhaften Bassisten wie Flea, Victor Wooten, Mark King …), 5 Special FX und 6 Z Pedal (Patches, die ausgiebig Gebrauch von der Zweiwege-Pedalfunktion machen).
Ich habe für euch einige Patches direkt mit dem Computer aufgenommen. Bei allen blieb die Klangregelung des B9-Preamps neutral.
Beginnen wir mit dem Klassiker, einem Ampeg SVT mit 8×10 Box. Ich finde den Sound etwas zu schmal für die besagte Simulation, aber der Röhrencharakter ist zu hören.
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SVT81
Jetzt der gleiche Patch, aber mit aufgedrehtem Gain, das der horizontalen Funktion des Pedals zugeordnet ist.
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SVT Gain-Pedal
Als nächstes Preset Nummer 74, ein Hartke HA 3500 Top mit 4.5XL Box mit Aluminium Cones. Durch die Alumembranen klingen diese Anlagen sehr transparent und reagieren schnell. Auch dieses Model haut mich jetzt nicht aus den Latschen, der etwas metallische und sehr transparente Sound, der die Hartke-Stacks auszeichnet, wird hier nicht wirklich überzeugend abgebildet, zumindest nicht, bevor noch eine ordentliche Portion Höhen hineingedreht wird.
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Hartke 74
Auf zu Preset 72 mit den Namen Aguilar. Hier ist kein spezielles Aguilar-Modell angegeben, in der Beschreibung steht lediglich: kraftvoller, cleaner Bass-Patch. Klingt fast wie der Hartke, nur etwas schlanker. Trotzdem ein gelungenes Preset für einen cleanen Allround-Basssound, wie ich finde.
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Aguilar 72
Hier noch einmal das Aguilar-Preset, aber mit aktiviertem Chorus. Sehr schöner Sound, die Qualität des Chorus ist absolut in Ordnung.
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Aguilar 72 + Chorus
Meine Neugierde wird durch ein Preset mit der Bezeichnung Joe Z geweckt, von dem ich selbstverständlich vermute, dass es einen Joe Zawinul Synthbass simulieren soll. Leider ist der Patch ziemlich unbrauchbar, er klingt penetrant und das Tracking ist so schlecht, dass man keine Kontrolle über das Timing hat. Und an meinem Timing liegt es nicht … ehrlich! Die Synth-Sounds sind bei den meisten Multieffektgeräten die Problemkinder, da gibt es wesentlich bessere separate Geräte.
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JoeZ 92
Kommen wir zu einem Oktaver-Preset mit dem Namen Octabass, als Vorbild dient hier das gleichnamige Gerät der Firma EBS. Der Oktaver klingt gut, ist aber auch kein Tracking-Weltmeister, ab dem C auf dem 3. Bund gibt es deutliche Aussetzer.
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Octabass 61
Zurück in die Künstlerabteilung der Presets, diesmal mit einem Patch namens Miller‘s. Na? Klar, Markus „ Slapkönig“ Miller. Hier wird ein SWR-Stack modelliert, zusätzlich kommt ein Limiter und ein kurzes Delay zum Einsatz. Ich finde dieses Preset sehr gelungen für Slapsounds, der Limiter arbeitet ohne Pumpen und das Delay klingt gut.
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Miller’s A1
Zum Abschluss ein Patch aus der Demo-Sektion, bei der die 2-Wege-Funktion des Z-Pedals zum Einsatz kommt. Betätigt man das Pedal vertikal, fängt der Flanger zu heulen an, horizontal kommt das Delay hinzu. Das Z-Pedal macht durch seine Kombinationsmöglichkeiten wirklich abgefahrene Effekte möglich, großartig.
Das absolute Highlight des Zoom B9.1ut ist das Z-Pedal. Die Möglichkeit, sowohl vertikal als auch horizontal Parameter der Effektmodule zu steuern, macht das Pedal sehr flexibel einsetzbar und erlaubt ungewöhnliche Effektkombinationen. Lobenswert ist auch die einfache und intuitive Bedienung, durch die auch der Einsteiger relativ schnell eigene Presets erstellen kann. Die Qualität der Effekte geht in Ordnung, nicht gänzlich überzeugen mich allerdings die Ampsimulationen, einige erinnern ohne heftige Bearbeitung nur entfernt an das Original und klingen über den Direct-Out etwas flach und unausgewogen. Ich würde das Zoom B9.1ut daher dem Bassisten empfehlen, der für den Live-Betrieb eine flexible Multieffektlösung sucht, angeschlossen an eine Bassanlage lassen sich dem Gerät nämlich durchaus kräftige und durchsetzungsstarke Sounds entlocken.
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