Bereits die Fakten haben es in sich: 512 Preset-Sounds, 64 Drum-Kits, Software-Einbindung, Arpeggiator mit 1787 Phrasen und 16 Spur Sequenzer im Song-Modus. Und das alles für weniger als 1000 Euro. Mit dem MO6 scheint Yamaha eine eierlegende Wollmilchsau für den schmaleren Geldbeutel zu präsentieren.
Für alle anderen haben die Japaner die luxuriösere MOTIF-Reihe in Petto. Doch was sollte eine Workstation grundsätzlich drauf haben? Sequencing und aufwändigere Tastaturbelegungen für den Liveeinsatz stehen da ganz oben auf der Wunschliste. Außerdem sollte eine Breitbandkeule in Sachen Sounds und Effekten, sowie Arpeggiator und Presetpatterns im Angebot sein. Von der ersten Songidee bis zur Vorproduktion eines Songs müssten also alle Arbeitsschritte schnell und unkompliziert realisierbar sein.
Berücksichtigt man die preisliche Liga des MO, ist der einzige natürliche Feind, den dieser Synthie fürchten müsste, neben dem Korg Triton, der Computer mit seinen übermächtigen Samplebänken und Sequenzerprogrammen. Womit wir bei der Frage wären, wie sinnvoll das Konzept einer Workstation in Zeiten von absturzarmen Laptops ist. Schauen wir also, was der Yamaha MO6 zu seiner Verteidigung anzubieten hat.
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Details
Die Oberfläche ist zunächst sehr großzügig gestaltet – zugunsten von Übersichtlichkeit und lässig weitläufigen Armbewegungen. Rechts außen findet man die 32(!) Taster zur Anwahl von Soundbänken und Programmen, daneben die Mode-Anwahltasten, Cursor und Datenrad. Links daneben, sprich in der Mitte, wurden das Display und die darunter liegenden Funktionstasten untergebracht. Mit diesen sind die jeweils im Display angezeigten Features des gerade geöffneten Programms aufrufbar.
Es folgt die Controller-Sektion für den Sequenzer sowie darüber On/Off-Schalter für Arpeggiator, Effekte und Master-Effekte (sehr praktisch). Links daneben liegen vier frei belegbare Fader, die meist als Volumen-Regler für einzelne Parts dienen, sowie der Mastervolumen-Regler. Oberhalb befinden sich vier fünffach belegte Dreh-Potis für Parameter wie Pan, Reverb oder EQ-Einstellungen. Links außen, neben der Tastatur, sind Octavswitch und Pitch-Bend sowie Modulationsrad untergebracht. An Anschlüssen auf der Rückseite lassen sich Phones, Stereo Out, Digital Out, Foot Controller und Switch, MIDI In/Out/Thru sowie USB-to-host und USB-to-device aufzählen.
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Praxis
Der MO ist in verschiedenen Modi, wie PERFORMANCE, SONG oder PATTERN zu betreiben. Grundlage für die dortigen, umfangreichen Kombinationsmöglichkeiten bilden die Sounds im so genannten VOICE-Mode. Hier findet man ein umfangreiches Presetsound-Angebot, das vom MOTIF übernommen wurde. Jede Voice setzt sich aus vier Elementen zusammen, die wiederum auf einen Samplevorrat von 1.859 Wellenformen zurückgreifen.
Das alles ist natürlich frei kombinier- und editierbar und bietet eine umfangreiche Spielwiese für Soundtüftler – doch bereits die Presets dürften den Ansprüchen der Allermeisten genügen. In vier Preset-Bänken und acht Untergruppen findet man alles an Instrumentenemulationen, was so vorstellbar ist. Und mit der praktischen „Category Search“-Funktion hat man die Gruppen direkt beisammen: Klaviere, Orgeln, Streicher, Gitarren, Bässe, Blech- und Holzbläser, Schlagzeug-Sets, Lead- und Flächen-Synthesizer sowie diverse schräge Effekt- und Motion-Sounds.
Die Qualität der Sounds ist gut bis sehr gut. Die akustischen Pianos klingen mir zwar etwas zu brillant und transparent – aber ehrlich gesagt habe ich in einem Hardware-Synthesizer auch noch nirgendwo bessere gehört.
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Full Grand PianoMuted SectionMega SteelStringsVintage CasePhaserCrying SynthSoul PerfomanceDub PerformanceStrum Perfomance
Den Streichern und Bläsern entlockt man durch geschicktes Spiel mit der Anschlagsdynamik große Authentizität, wobei die Streicher, die sich eher für Flächen eignen, angenehm unempfindlich auf den Anschlag reagieren.
Bei den Gitarren möchte man, besonders in Verbindung mit dem abwechslungsreichen Arpeggiator, direkt den Aufnahmeknopf drücken. Schlechte Zeiten für Rhythmus-Gitarristen!
Die elektronischen Synthie-Sounds klingen ebenfalls sehr gut. Schön direkt und frisch. Außerdem wird einem eine recht große Auswahl geboten.
Im Performance Mode sind einige, recht coole, gelayerte Sounds dabei – weitab von halbherzigen World-Ambient-Pads.
Und wie gesagt: Im Zweifel kann ja alles auch noch customized werden. Wobei übrigens die variantenreiche Filtersektion aggressiver und geschmeidiger klingt, als etwa beim Korg Triton.
Insgesamt also viel Lob für die direkten und wenig synthetischen Presetklänge im MO!
Effektmäßig hat die Yamaha-Workstation pro Voice jeweils zwei Insert-Effekte (auszuwählen aus 116 Angeboten) plus Chorus- und Hall-Variante zu bieten. Außerdem stehen noch ein Mastereffekt und Equalizer bereit, die dann für sämtliches gelten, was das Gerät verlässt. Die Gefahr, hier alles ziemlich „weich zu spülen“, ist also groß, auch wenn gegen die Effektqualität an sich nichts einzuwenden ist.
Sehr(!) praktisch ist auch die Möglichkeit, mit einem Knopfdruck sämtliche Effekte auf Bypass zu schalten. Das freut jeden Live-Mischer, der selbst seine viel besseren Hall- und Delay-Effekte anbringen möchte.
Audio
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Soul PerformanceDub PerformanceStrum Performance
Im PERFORMANCE-Modus lassen
sich vier Voices kombinieren,
sprich splitten und layern.
Als Presets bietet der MO
zahlreiche Varianten an, die vor
allem von durchlaufenden
Drumloops geprägt sind.
Da hat man es als Schreiberling schon sehr schwer, den Verführungen der Maschine zu widerstehen und nicht stundenlang in diversen, hauptsächlich elektronischen Spielarten mit seinem neuen Kumpel, dem MO6, zu jammen und Spaß zu haben („Aber du musst doch den Bericht zu Ende schreiben!“).
In diesem Zusammenhang sei auch der wahnsinnig umfangreiche Arpeggiator genannt, der für die Drum-Patterns zuständig ist und einem ebenfalls komplexeste Melodien zusammenschustert. Im alltäglichen Bandkontext lassen sich die Layer- und Split-Sounds jedoch nur schwer verwenden. Doch da muss man sich ja eh meist selbst etwas zusammenbauen. Ein sehr großer Nachteil ist dabei, dass sich zwar die Voices, nicht aber deren Effekte in die Performance kopieren lassen. So klingt das, was im VOICE-Modus mit Hilfe eines Equalizers noch ein dicker Streicherteppich war, auf einmal ganz dünn.
Interessant wird es im SONG- und PATTERN-Modus. Im Letzteren lassen sich Sequenzer-mäßig Loops über einige Takte bauen, die dann per Knopfdruck in den nächsten Loop überwechseln. Es lässt sich also beispielsweise stundenlang über ein Strophen-Arrangement freestylen, um dann – auf Zuruf – in den Refrain-Part zu wechseln. Außerdem lassen sich die einzelnen Patterns auch zu einem Song aneinanderreihen und abspeichern. Insgesamt stehen 16 Spuren bei 64 Song- bzw. Pattern-Speicherplätzen zur Verfügung.
Natürlich ist auch hier allerhand Vorprogrammiertes zu finden. Ganze Mixereinstellungen, aber auch einzelne instrumentenspezifische Phrasen, die wirklich komplex und gut gemacht sind, sorgen für schnelle Erfolgserlebnisse und zahlreiche Anregungen. Sehr gut ist, dass man Sounds, die man in einem Song verwendet, bearbeiten und im Songkontext abspeichern kann, ohne dabei das Preset im Voice-Modus zu verändern.
Schließlich ist noch der MASTER-Modus zu erwähnen, in dem man eigene User-Programme abspeichern kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses Voices, Performances oder Songs sind. In einer Live-Situation lassen sich so also die Programme einfach hintereinander abrufen, ohne den Modus wechseln zu müssen. Leider reißt der Ton bei gedrückten Tasten allerdings ab, wenn man das Programm wechselt – hier kann man sich nur helfen, indem man im Song-Mode die aufeinander folgenden Sounds auf zwei Spuren legt und diese dann nacheinander anwählt.
Ein Riesenvorteil des MO, gerade auch gegenüber dem preislich und konzeptionell verwandten Korg Triton, sind seine umfangreichen Möglichkeiten zur Software-Einbindung. Sämtliche Editier-Arbeiten an Sounds oder Songs lassen sich bequem und übersichtlich mit den downloadbaren Editoren am Rechner erledigen. Das ist angesichts des sparsamen Displays sehr, sehr hilfreich. Natürlich kann man alle Daten via USB-Anschluss auch auf einem externen Speichermedium ablegen bzw. von dort aus wieder aufrufen. Weiterhin lässt sich der Synthie mittels Software wie ein Plug-In innerhalb der Sequenzer-Software benutzen. Die Speicherung der Einstellungen erfolgt dann über die Song-Datei des Sequenzer-Programms. Außerdem sind im „Remote Control“-Modus Templates für die gängigsten dieser Programme (Cubase SX3, Logic Pro7, Sonar 4 und Digital Performer 4.52) abgelegt, um diese über die Controller des Synthies zu steuern. Vorbildlich
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FAZIT
Wenn man sich für eine Workstation entscheidet und weniger als 1000 Euro ausgeben möchte, führt eigentlich kein Weg am Yamaha MO vorbei. Gute (und große) Soundauswahl, viele anregende Preset- und Arpeggio-Patterns sowie eine vorbildliche Integration in Softwarewelten sind hier mit an Bord. Mehr kann man nicht verlangen. Außer vielleicht die Fähigkeit, selbst Samples aufzunehmen. Hier hätte eine optionale Erweiterung das vollkommene Glück bedeutet. Doch irgendein Verkaufsargument muss ja auch noch für den MOTIF übrig bleiben. Wer also Angst vor Computern auf der Bühne hat oder eben eine recht günstige All-in-one Lösung für Zuhause sucht, macht mit dem MO alles richtig. Fazit: Eine klare Titelverteidigung in dieser Gewichtsklasse.
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