UDO Audio genießt in der Synth-Szene Indie-Status: 2018 vom ehemaligen Modal-Designer George Hearn gegründet, verortet das Unternehmen auch heute noch Design, Entwicklung und Endfertigung im britischen Bristol.

Zusammengeführt wird, was europäische Kompetenz ausmacht: italienische Fatar-Klaviatur, deutsches Blech von HMT Rüffel sowie eben finale Montage „Made in the UK“.
Die Oberfläche des weißen Synths wurden von Axel Hartmann gestaltet. Ihr wisst schon: fast alle Synths von Waldorf, der “Deutsche” Moog Voyager, das Alesis One-Hit-Wonder Andromeda A6 sowie – my Favorit – der Über-Synthesizer Schmidt Synthesizer.
Mit dem Debüt des Super 6 etablierte UDO jedenfalls ein hoch-modernes Hybrid-Konzept, das im hochwertigen Chassis analoge Filter-Wärme mit digitaler OSC-Präzision kombiniert.
Der UDO Audio Super Gemini setzt noch einen drauf und sorgt als Flaggschiff im Portfolio mit kompromissloser Dual-Layer Architektur und besonders fetten 20 Stimmen für den ganz großen Zirkus. Luxuriös bedient, von einer gut angepassten 5-Oktaven Klaviatur mit polyphonem Aftertouch!
Damit ist der UDO Super Gemini nicht nur Deluxe Variante des Super 8, er ist auch eine Kampfansage in Richtung der magischen 5k € Grenze – sprich 3rd Wave, Sequential, Oberheim & Co!


DETAILS
Zwei Seelen, doppelt kreativ
Ein UDO ist nicht nur für Zwillinge – auch wenn Super Gemini darauf anspielt. Wie beim Super 6 und Super 8 lassen sich zwei Layer gleichzeitig spielen, beim Gemini jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: Jeder Layer erhält eine eigene, voll ausgestattete Bedienoberfläche.

Alle Synthese-Parameter, alle Fader, alle Potis und auch alle Schalter. Alles ist doppelt vorhanden, kommt ohne Umschaltlogik aus, und ist damit extrem direkt im Zugriff.
Ziemlich kompromisslos das Ganze, äußerst großzügig ausgelegt sowie besonders für den Live-Einsatz aber ebenso fürs Studio geeignet.
UDO’s Papa Roland
In seiner Ästhetik orientiert sich UDO klar an ikonischen Roland-Synths wie Juno‑6 oder Jupiter‑8. Der Super 6 positioniert sich klar als Preis-Leistungs-Tipp, der Super 8 als Arbeitstier mit größeren Klangspektrum. Der Super Gemini versprüht den wahren Luxus sowie auch ein wenig CS-80 Vibes. Getreu dem Motte: Wenn es einem gut geht, soll man es auch zeigen.

UDO ist dennoch mehr als Vintage-Klon – das unterstreicht die eigenständige technische Basis sowie das hervorragende Industrie-Design mit seiner fantastischen Haptik, tollen Optik sowie den instinktiven Bediengefühlen.
Tugenden, die heutzutage nicht mehr allzu oft auftauchen. Dabei ist es doch so wichtig Sounds mit den Ohren und nicht mit den Blick auf Werte und Bildschirme zu entwickeln.
United OS of UDO
Im Kern ähneln sich alle UDOs: soweit die gleiche Engine, gleiche Klang-DNA. Der Super 6 als Erstlingswert mal außen vor, liegenden entscheidende Unterschied zwischen Super 8 und Super Gemini lediglich in der doppelt ausgeführten Bedien-Sektion.
Der Aufbau bleibt dabei klassisch: 61 Tasten von Fatar mit polyphonem Aftertouch und Velocity, wobei alle Spielhilfen sofort greifbar sind. Ein Display? Fehlanzeige – und verschachtelte Menüs gibt es damit ebenfalls nicht.

Ansonsten ist alles recht klar von links nach recht organisiert: LFOs, OSCs, Mixer, Filter, Amp, Envelopes und zum Schluss die Effekte: einmal Delay, einmal Chorus.
Der Old-School Ansatz zur Patch und Preset-Wahl mit 1-8 und A-H ist indes nicht ganz nach meinen Geschmack, auch ein einfacher NEXT-Preset-Taster fehlt mir. Ein Encoder mit Display sowie Preset-Namen wäre ohnehin cool als Ergänzung gewesen. Konzept hin oder her.
Performance, Performance & Kontrolle
Der Performance LFO mit seinen Schiebereglern und Kippschalter für Destination ist erwartungsgemäß üppig ausgefallen. Auch die Aftertouch-Einstellungen sowie das Portamento befinden sich direkt im Zugriff, neben dem Keyboard.

Darüber findet man noch mehr für die Performance, sprich: Keyboard-Layer-Umschaltung, Hold für beide Parts, der Single/Dual/Split sowie der umfangreiche Arpeggiator und ein einfacherer Step-Sequenzer.
Bemerkenswert sind die leicht nach vorn im Keybed überstehenden Tasten, womit sie gut zu spielen sind. Von den Gehäusekanten links und rechts wird das Keybed auf Tour gut geschützt.
Ein echter Bühnentyp, der Gemini. Mit dicken Ribbon–Streifen in der Mitte kann der geneigte Virtuose auch mal richtig abgehen, mit auffälligen Pitch-Slide-Stunts und dergleichen. Aktuell ist der Ribbon übrigens nur hier ab Werk zu finden. Theoretisch gibt den Strip auch zum nachrüsten, für alle anderen UDOs.
Digital trifft analog – und klingt erstaunlich analog
Sowohl der Super Gemini mit seinen 20 Stimmen als auch der Super 8 mit seinen 16 Stimmen sind polyphone, bi-timbrale Hybridsynthesizer, welche die gleiche Oszillator-Technik mit analogen Signalpfaden in den Filter kombinieren.

Herzstück der Serie sind die Oszillatoren mit ihrer Direct Digital Synthesis (DDS), umgesetzt mithilfe hochgetakteter FPGAs – also frei programmierbarer Logikchips, die hier elegant für eine Echtzeit-Klangsynthese konfiguriert wurden.
Das Konzept erinnert an die New-Oxford-Oszillatoren von Chris Huggett, Erfinder von WASP und OSCar sowie Entwickler des Novation Peak/Summit. Letztere nutzen ebenfalls FPGAs zur Wellenformerzeugung – jedoch mit einem anderem Fokus.
DDS im Detail (UDO Super Gemini & Super 8)
UDO’s DDS-Oszillatoren erzeugen ihre Wellenformen jedenfalls auf Basis einer Phasenakkumulation mit üppigen Lookup-Tabellen (LUT) für alle verwendeten Waveforms und ihre Mischungen. Eine hochauflösende Clock “ramped” sie mit 1000-facher-Audio-Samplerate dann nach oben. Daraus ergeben sich Vorteile:
- Phasenstabilität: Keine Drift, keine Instabilitäten wie bei VCOs
- Aliasfrei: Keine harte Bandbegrenzung wie bei anderen digitalen Synths
- Binaurales Layering für räumliches Stereoerlebnis
- Modulation auf Audio-Speed
Die beiden OSCs der Voice erzeugen so nicht nur Sinus, Sägezahn, Rechteck, PWM, Dreieck und White Noise, sondern lassen sich zwischen diesen auch morphen sowie mit Drift zum “Analogen Wackeln” bringen. 32 zusätzliche und “bewusst digitale” Wellenformen sorgen in DDS1 außerdem für weitere Klangfarben.

Der zweite OSCs einer jeder Voice, sprich der DDS2, unterscheidet sich hingegen minimal in seinen Funktionen bzw. Bezügen, darunter u.a. das Verhalten des Waveform-Reset. Ferner lässt sich der DDS2 als LFO verwenden und für Ringmodulation, Cross-Modulation, Hard-Sync sowie als Sub-OSC nutzen.
Alles Super, Stacked & Detuned
Eine weitere Besonderheit von UDO ist der Super-Mode, bei dem sieben Oszillatoren um den Haupt-OSC in DDS1 mitschwingen und mit einem Schieberegler einfach detuned bzw. gespreaded werden.
Das lieferte breiten Rave-Sound! Durchaus vergleichbar mit der Super-Saw, allerdings hier in allen Wellenformen anwendbar – und selbstverständlich im Direkzugriff.
Hierzu ein einfaches Beispiel: Ein Sägezahn, einmal ohne Super-Super, dann mit halber Gewichtung und Detune – dann noch einmal mit volle Gewichtung sowie wieder Detune.



Alternativ gibt es nach den Amps weitere Effekte für die Breite: Darunter ein digitales Delay mit Verzögerungen von 1ms bis 1s ist, als auch der dreifacher Chorus. Beide sind gut auf der Bühne einsetzbar, ein zusätzlichen Reverb, eine Speaker-Emulation inklusive Leslie hätte ich dennoch gern gesehen.
Low-Pass-Filter, aber bitte mit Sahne
Das Hauptfilter des Super Gemini ist ein klassischer 4-Pol-Lowpass mit 24 dB Flankensteilheit. Davor sitzt ein 6 dB Highpass zur Grobformung im Bassbereich – analog, versteht sich.
Die Filtersektion ist außerdem zweigeteilt: links das Setup mit Cutoff, Resonanz & Co, rechts die Mod-Matrix fürs Tracking und weitere Zielzuweisungen. Zahlreiche Modulationsquellen machen die Klangformung flexibel – vom subtilen Pad bis zur rotzigen Acid-Linie geht damit alles.
Für Dreck im besten Sinne sorgt DRIVE: In Stufe „1“ gibt’s milde Sättigung mit Resonanzausgleich, in Stufe „2“ wird’s ordentlich rau und auch gleichmal lauter. Wer brav und sauber bleibt, schaltet einfach OFF.
Amps mit Loop, Modulation und Effekte
Abschließend sei die Modulationsmatrix erwähnt – ebenso wie die Möglichkeit, mit den ADSR+Hold-Hüllkurven Loop-basierte Modulationen zu erstellen. Gerade in Kombination mit den digitalen Klangquellen lassen sich damit rhythmische und perkussive Begleitungen sehr effektiv gestalten.

Auch der interne Mixer mit Panorama-Funktion, die Delay-Sends als Fader sowie die Binaural-Optionen, die gezielte psychoakustische Bewegungen ermöglichen, sind gelungen umgesetzt. Letztere erzeugen bei ausgewählten Presets beeindruckend räumliche Effekte im Stereobild.
Weitere Details dazu findet ihr auch in unserem Test des Super 6. An dieser Stelle nur der Hinweis: Beim Layern mehrerer Takes in der DAW würde ich auf Binauralität eher verzichten – die Effekte neigen bei Überlagerung schnell zum Verwaschen. Live und gezielt eingesetzt kann das Feature jedoch äußerst eindrucksvoll wirken.
Mitgelieferte Sounds: okay
Die Presets decken ein weites Feld ab, sind aber vor allem bei synth-affinen Ambient-Musiker:innen gut verortet. Teilweise finden sich sehr verspielte, lebendig modulierte Klänge. Insgesamt schöpfen jedoch nur wenige Presets das volle Potenzial des Synths aus – vermutlich, weil die Sounddesigner mit einer Vorab-Version gearbeitet haben. Ähnliches gilt für den recht plakativen Einsatz des Ribbons, der sich fast ausschließlich auf Pitch-Slides beschränkt – eine Aufgabe, die theoretisch auch das Pitch-Wheel übernehmen könnte.
Zudem hätte ich mir mehr Konsistenz bei der Zuordnung der Layer gewünscht: Immerhin wurde für den zweiten Layer die Signalfarbe Orange gewählt, was bei mir durchaus Assoziation von besonderer Wichtigkeit erzeugt. Welcher Layer für welchen Anteil bei einem Presets nun aber genau zuständig ist, wird oft erst bei Berühren von Parametern deutlich.
Angesichts des hohen Preises und des Flaggschiff-Anspruchs ist das schon etwas schade – andererseits eröffnen sich so umso mehr kreativer Spielraum für eigene Klangexperimente. Und echte Kritikpunkte hören sich anders an.
Apropos Eigenleistung: Das Gain-Staging ist bei einem so komplexen Synth ohnehin eine Herausforderung. Der Hersteller hat hier recht konservativ agiert – viele Presets sind im Ausgangspegel zu leise. Zwar lässt sich das intern gut kompensieren, etwa über die Amps mit +4 dB, aber ein besser ausbalanciertes Preset-Leveling wäre wünschenswert gewesen. Beim Super 6 war es genau umgekehrt – dort waren viele Sounds zu heiß. Es allen recht zu machen, bleibt auch weiterhin schwierig …
Das sind die Alternativen
Feature/ Synth | Super Gemini | Sequential Prophet 10 | Oberheim OB-X8 | Groove Synthesis 3rd Wave |
Synthesizer | Hybrid: dig. OSC / Analog Filter | All Analog | All Analog | hybrider Wavetable |
Polyphony | 20-stimmig | 10-stimmig | 8-stimmig | 24-stimmig |
Multi-Voice | bi-timbral, vollständiger Zugriff | bi-timbral | bi-timbral | 4-Parts schaltbar, multitimbral |
Architektur | 2 DDS pro Layer/Stimme | 2 CEM 3340 VCOs pro Stimme | zwei diskrete SEM-Serien VCOs | 3 digitale Oszillatoren pro Stimme |








Fazit: UDO SUPER GEMINI
Der Super Gemini macht vieles richtig – und richtet sich klar an Musiker:innen, die das volle Spektrum an klanglichen Möglichkeiten ausreizen möchten. Die enorme Flexibilität verlangt allerdings ein gewisses Maß an Disziplin: Wer Super-Saw, maximalen Drift, Unison und Effekte gleichzeitig einsetzt, wird nicht automatisch mit mehr Tiefe belohnt – sondern muss aufpassen das Klangbild nicht zu überladen. Das Gain-Staging bei so vielen Stimmen ist ebenfalls anspruchsvoll, viele Presets starten wohl auch deshalb eher zurückhaltend im Pegel. Intern lässt sich das jedoch gut kompensieren. Der Ribbon-Controller wird in den Presets bisher primär für Pitch-Slides genutzt – ein Potenzial, das für kreativeren Einsatz mehr Raum lässt. Gerade subtile Modulationen oder räumliche Spielereien hätten hier zusätzlichen Reiz gehabt.
Dennoch: Der Super Gemini ist ein echtes Performance-Instrument. Im Studio lässt sich indes vieles auch anders realisieren – aber live, mit zwei Layern im Direktzugriff und intuitiven Bedienkonzept, spielt der Gemini seine Stärken voll aus. Nicht jedes Patch wirkt bereits voll integriert, manche Klänge stehen etwas einzeln nebeneinander. Doch genau hier liegt auch der kreative Reiz: Der Gemini lädt ein, selbst Hand anzulegen – und belohnt mit einem musikalischen, tiefgründigen Instrument, das moderne Digitaltechnik mit klassischem Synth-Charakter vereint.
- Dual-Layer-Engine mit direktem Zugriff
- Sehr gute Verarbeitung, hochwertige Tastatur
- Intuitives Bedienkonzept ohne Menü-Tauchen
- Kreative Modulationsmöglichkeiten inkl. Loop-fähiger Envelopes
- Gain-Staging bei Presets zu konservativ
- Ribbon-Controller in Presets wenig nuanciert
- Effekt-Sektion klingt gut, aber eher klassisch statt spektakulär


FEATURES
- Bi-Timbraler Analog-Hybrid-Synthesizer, 20 Stimmen polyphon
- halbgewichtetes 61-Tasten Keyboard mit Anschlagdynamik und polyphonem Aftertouch
- Ribbon Controller, Controller-Sektion mit zuweisbarem Bender, Portamento-Fader und Oktavschalter
- binauraler analoger Signalpfad
- Dual-Layer-Architektur mit direktem Zugriff auf zwei identische Synthesestränge
- pro Layer zwei digitale Oszillatoren (FPGA basiert)
- Oszillator 1 mit Sinus, Sägezahn, Rechteck, Dreieck, Rauschen und Wavetable
- Oszillator 2 mit Sinus, Sägezahn, Rechteck, Dreieck, Rauschen und Pulsweitenmodulation
- Oszillator-Synchronisation, Cross-Modulation und Ringmodulator
- analoger Tiefpassfilter mit Resonanz, statischem Hochpassfilter und schaltbarem Overdrive
- analoger VCA, modulierbar über Anschlagdynamik, Aftertouch und LFO 1
- zwei ADSR-Hüllkurven
- LFO mit erweitertem Frequenzbereich und Keyboard-Tracking für FM-Klänge
- flexible Modulationsmatrix für weitere Klanggestaltungsmöglichkeiten
- Arpeggiator und Step-Sequencer mit MIDI-Sync
- Delay- und Chorus-Effekt
- Speicherplätze für 256 Presets, 64 Nutzer-Wellenformen und 16 Sequenzen
- Stereo-Ausgang für beide Layer: 4x 6,3 mm Klinke
- Stereo Mix-Ausgang: 2x 6,3 mm Klinke
- Fußtaster-Eingang für Delay-Freeze: 6,3 mm Klinke
- Sustain- und Expression-Pedal Eingänge: 3x 6,3 mm Klinke
- MIDI In/Out/Thru
- USB-Port
- Abmessungen (B x T x H): 1040 x 440 x 110 mm
- Gewicht: 14,5 kg, 1040 x 440 x 110 mm
KlingKlong sagt:
#1 - 09.07.2025 um 18:06 Uhr
Selten-schlechte Klangbespiele...
KlingKlong sagt:
#1.1 - 09.07.2025 um 18:08 Uhr
Selten-schlechte "Klangbeispiele"!
Antwort auf #1 von KlingKlong
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