Native Instruments Traktor DJ Test

Praxis

Um den Benutzer mit der Software vertraut zu machen, zeigt Traktor DJ von Beginn an im so genannten Notification-Center 15 Benachrichtigungen an. Öffnet man diese, lernt man in (wirklich appetitlich) kurzen Tutorials jeweils einen Arbeitsschritt. Sobald man diesen innerhalb der Software ausgeführt hat, verschwindet automatisch die entsprechende Lektion aus der Benachrichtigungsleiste. Das geschieht übrigens auch, wenn man die Funktion ohne Tutorial durch Zufall „entdeckt“. Fraglos ein gelungenes Prinzip, um den Benutzer anzulernen.

Fotostrecke: 3 Bilder Native Instruments Traktor DJ: Die „Notifications“ teilen einem mit, wenn es noch Kapitel zu lesen gilt

Hier erfährt man also gewissermaßen im „Vorbeigehen“, dass beispielsweise ein Wisch von unten nach oben den Browser öffnet, aus dem heraus man die beiden Decks mit Tracks bestückt. Zwar gibt es dafür auch einen dedizierten Taster, die Wischbewegung ist aber zweifellos schneller ausführbar. Nach und nach werden einem dann auch weitergehende Kniffe vermittelt, wie etwa, dass das Greifen in die Wellenform mit zwei Fingern gleichzeitig einen Loop aktiviert und man diesen mit einem Zwei-Finger-Klick wieder abschaltet. Viele der Tricks findet man tatsächlich von alleine heraus, für andere Hinweise, wie etwa, dass der „Freeze“-Taster bewirkt, dass man sowohl einzelne Slices innerhalb eines Loops, wie auch Abspielpositionen innerhalb des Audiofiles via Fingerdruck (beatsynchron) triggern kann, ist man dann aber doch dankbar.
Je nach Zoom Stufe und gewählter Quantisierung (1/4 Schlag bis 1 Takt) gelingen die Gestensteuerungen mal perfekt, mal weniger gut – oft „erwischt“ man beim Setzen von Loops beispielsweise nicht die richtigen, vollen Taktzeiten sondern haut eine Viertelnote „daneben“. Im Zuge eines Updates sollten Native Instruments hier dringend eine Quantisierung auf ganze Zählzeiten nachreichen. Das Grundproblem liegt primär natürlich nicht an Native Instruments, sondern ist prinzipbedingtes Handicap aller Touch-Devices (wohlgemerkt: jetzt noch, denn Touch-Oberflächen mit taktilem Feedback befinden sich ja bereits in der Entwicklung). Es ist und bleibt ein Unterschied, ob die Aktivierung eines Loops durch das sanfte Klicken eines Tasters unter den Fingern signalisiert wird oder man lediglich die visuelle Rückmeldung am Bildschirm bekommt. Zugegeben: Auch das wurde in Traktor DJ sehr gut gelöst, denn ein aktiver Loop-Bereich wird durch einen grünen Rahlmen relativ gut sichtbar dargestellt. Und auch wenn man sich mal „vertippt“, gelingt es durch die im Hintergrund mitlaufende Synchronisation meist noch, die Schleife neu zu setzen oder so zu verschieben, dass es passt.
Aber schauen wir uns die Arbeit mit Traktor DJ mal in Live und Farbe an:

Apropos beatsynchron: Das Thema „Sync“ nimmt in Traktor DJ, wie nicht anders zu erwarten, einen hohen Stellenwert ein, um nicht gar zu sagen: Traktor DJ lässt eigentlich gar keinen Mix ohne Auto-Sync zu. Zwar ist der entsprechende Taster abwählbar, da aber abgesehen vom manuell justierbaren globalem Tempo keine Möglichkeit zur Pitch-Änderung innerhalb der Decks vorgesehen ist, besteht praktisch keine Möglichkeit für händisches Beat-Matching. Wer wirklich noch mal (und wenn es nur aus reiner Nostalgie ist) das Mixen mit Pitch-Fader und Abbremsen/Anschieben in relativ realistischer Simulation erfahren möchte, ist entsprechend mit Algoriddims „djay“ weitaus besser beraten. Traktor DJ dagegen unterstützt den DJ, wo es nur kann beim Vollführen „perfekter“ Übergänge. Das beginnt bei der extrem schnellen BPM-Analyse, der man – für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie mal daneben haut – in einem gesonderten Fenster auf die Sprünge helfen kann. Hier kann man sehr komfortabel innerhalb eines Taktes die Wellenform unter den Zählzeit-Markern verschieben, um zum perfekten Beat-Grid zu gelangen. Auch das Halbieren des BPM-Wertes und das manuelle Eintappen sind hier möglich.

Native Instruments Traktor DJ: Bei der Grid-Anpassung verschiebt man das Audiofile gewissermaßen „unter“ den Schlägen
Native Instruments Traktor DJ: Bei der Grid-Anpassung verschiebt man das Audiofile gewissermaßen „unter“ den Schlägen

Weitergehende Hilfestellung auf dem Weg zum geschmeidigen Musik-Überblenden leistet die integrierte „Harmonic-Mixing-Analyse“. Wer im Detail erfahren möchte, worum es hier geht, dem empfehle ich wärmstens den Bericht meines geschätzten Kollegen Peter Westermeier, den ihr hier findet. Meine persönliche Meinung ist allerdings, dass es sich hierbei um die vielleicht überflüssigste Idee seit Erfindung des Bubble Teas handelt, da es im Kern auch nicht viel komplizierter ist, sich im klassischen diatonischen Skalensystem zurecht zu finden. Der Vorteil dabei ist nämlich, dass man sich, wenn man es einmal gelernt hat, mit jedem Musiker auf dieser Welt verständigen und auch seine eigenen Tracks direkt mit dem gewünschten Grundton produzieren kann – aber egal. Im Ergebnis liefert die Harmonic Mixing-Empfehlung, die Traktor DJ in Form der entsprechenden Key-Nummer mit einem grünen Herzchen ausspricht, natürlich eine zugegeben gute Empfehlung, welches Stück als nächstes harmonisch zum gerade laufenden Track passen könnte.

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