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Softube Abbey Road Studios Brilliance Pack Test

Als Softube ihr jüngstes Plug-In-Paket namens Abbey Road Studios Brilliance Pack veröffentlich haben, war ein sofortiger Test hier bei bonedo die einzige logische Konsequenz. Der Name Abbey Road sollte unter Tonschaffenden für sich stehen und auch unter Engineers der alten Schule sollte sich herumgesprochen haben, dass die Schweden von Softube wahre Brillanten unter den Software-Entwicklern sind. Die Amp-Room-Serie hat sich mit ihren klanglichen Ellenbogen gut gegen die üppige Konkurrenz behaupten können, die virtuellen Klone diverser Tube-Tech-, Trident-, Summit- und einiger anderer Geräte genießen enormes Ansehen, zudem hat die Firma um Oscar Öberg Entwicklungsarbeit für namhafte Hersteller wie Cakewalk, Presonus, Ableton, TC Electronic, Marshall und Fender geleistet. Mit der Console 1 entert man nun sogar den Hardware-Markt. 

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Softube halten durch interessante Produkte vor Augen, dass es manchmal eben die kleinen Helferlein sind, die viel ausmachen können – und teilweise durch ihre Reduziertheit inspirieren sowie den Workflow beschleunigen. Ein gutes Beispiel ist sicher der Neigeungs-Equalizer Tonelux Tilt. Ihre technische Brillanz haben die Menschen aus dem östergötländischen Linköping nun benutzt, um die klangliche Brillanz zu regeln.

Details

Brillanten aus Hayes

Das Brilliance Pack von Softube ist dem Namen nach ein Paket. Dieses Paket ist aus drei unterschiedlichen Hardware-Vorbildern aus den Londoner Studios gemodelt. Der tontechnische Kult um das EMI-Studio im Distrikt St. John’s im Londoner Borough City of Westminster ist nicht zuletzt darin begründet, dass es für dieses und einige andere, kleiner EMI-Studios auf der Welt eine eigene Entwicklungsabteilung gab. Dieses „Record Engineering Development Department“ („REDD“) hatte zwischenzeitlich sogar den Anspruch, sämtliches Equipment selbst herzustellen. Glücklicherweise hat man aber wohl früh eingesehen, dass Neumann-Mikrofone, Fairchild-Limiter und Co. so schlecht nun auch nicht sind… Die in Hayes, Hillingdon beheimatete Abteilung hat im Auftrag der Recording-Engineers der Studios in der Abbey Road Anfang der 1960er Jahre einen etwas flexibleren Treble-EQ hergestellt als derjenige, der in den REDD-Konsolen zum Einsatz gekommen ist – mit einer fixen Mittenfrequenz von 5 kHz kommt man nun wirklich nicht sonderlich weit. Und nicht überall konnte der große UTC Curve Bender eingesetzt werden.

Ein RS127 der EMI-Studios in der Abbey Road im Original (Foto: Softube)
Ein RS127 der EMI-Studios in der Abbey Road im Original (Foto: Softube)

EMI RS127: Fehlt da nicht was?

Der RS127-Equalizer, der seine Zahl dem ganz banalen Umstand verdankt, das 127. gefertigte Gerät der EMI-Entwicklungsgruppe zu sein, wurde sowohl als Einbauvariante in Sidecars als auch als externe Box verwendet, dann mit (ebenfalls von der EMI entwickeltem) Line-Übertrager, aber ansonsten identischer Schaltung. Softube haben beide gemodelt und dabei sicherlich bei der externen, grünen Box den klangbildenden Transformator nicht vergessen. Die beiden ursprünglich „Brilliance Control“, unter den Engineers und Kunden allerdings schnell nur noch „The Presence Box“ genannten Einheiten liefern eine weit größere Flexibilität als die Pulte, da sie immerhin Frequenzen von 2,7 kHz, 3,5 kHz und 10 kHz anbieten. Das „Loch“ im so wichtigen Frequenzbereich fällt sicher auf, aber bedenkt man, dass die Pulte ja noch ihr 5kHz-Filter beisteuern konnten, ist man schon recht komplett aufgestellt. Für das Plug-In ist das durchaus ein Nachteil, denn es fehlt tatsächlich ein Step. Aber einfach etwas hinzumodellieren ist nicht Softubes Art.

Rack- und Box-Version des RS127 nebeneinander (Foto: Softube)
Rack- und Box-Version des RS127 nebeneinander (Foto: Softube)

Strom? Braucht man nicht – zumindest beim Original

Die Brilliance-Einheiten arbeiten voll passiv mit Spule-Kondensator-Schwingkreisen. Wo keine Bauteile verwendet werden, die einer Versorgungsspannung bedürfen, ist auch kein Netzkabel vorhanden. Lustig: Die Plug-Ins sind ohne Strom schließlich so gut wie nicht existent. Voll passives Design bedeutet aber eben auch, dass es einen ordentlichen Pegelverlust von 10 Dezibel gibt, der wieder aufgeholt werden muss. Die Regelung erlaubt unter Berücksichtung des generellen Verlustes einen „Boost“ von (natürlich) 10 dB und einen ebenso großen Cut. Der große Pegelsteller erlaubt die Einstellung in 2dB-Schritten. Eine Besonderheit, die auch in vielen anderen Designs Verwendung findet, ist die unsymmetrische Filterkurve, denn diese ist im Boost eine etwas breitere „Blunt Bell“ und schmaler im Cut-Bereich.

Brutale Featurearmut beim RS135

Würde ein Unternehmen auf der Musikmesse oder NAMM eine Kiste vorstellen, die mit 10 dB Loss bei genau 8 kHz 0-10 dB Boost bietet und sonst genau nichts, würden die armen Menschen am Messestand wahrscheinlich ohne weitere Vorwarnung verhauen – oder hätte den PR-Coup schlechthin gelandet. Wie auch immer, die Verkaufschancen stünden denkbar schlecht. Der RS135 – ebenfalls sorgsam gemodelt von Softube – macht aber genau das. Ursprünglich als Air-Band-Boost mit Mittenfrequenz von 16 kHz gebaut, wurde er vom Entwicklungsteam auf die Hälfte der Frequenz modifiziert und war fortan sehr beliebt. Ein häufiges Einsatzgebiet war übrigens die Tätigkeit im Sidechain eines Fairchild 660, um in dieser Kombination als Vocal-De-Esser aufzutreten. Wer gerade bei der Nennung des Feature-Sets des RS135 gestaunt hat: Die EMI hatte noch viel abgefahrenere Geräte im Fundus. Hat nicht jeder von euch schon mal ein Gerät vermisst, das alle Frequenzbereiche aus jenen um die Mittenfrequenz von exakt 8,129 kHz herum mit mittlerer Q um genau 4 dB absenkt? Nein? Nun, das REDD-Team hat so etwas gebaut!

Die drei süßen Schnuckelkisten als Plug-Ins von Softube im Betrieb in einer DAW.
Die drei süßen Schnuckelkisten als Plug-Ins von Softube im Betrieb in einer DAW.

Mit der Lok über den Zebrastreifen an der Abbey Road?

Heutzutage ist ja alles „i“, sogar die Loks: Wie alle Plug-Ins von Softube macht auch das Brilliance-Pack die Verwendung des iLok2-Dongles unabdinglich, der beim Erwerb mit 49 Euro (UVP) zu Buche schlägt. Auf ihm wird die Lizenz des Software-Paketchens gespeichert, für welches laut Liste immerhin 182 Euro fällig werden. Zum Betrieb sind ein Mac oder PC mit Betriebssystemen ab OS 10.6 oder Windows 7 (letztes SP) oder 8 notwendig, es werden sowohl 32- als auch 64-Bit-Systeme unterstützt. Auch bei den Schnittstellenformaten gibt man sich bei Softube gewohnt generös: VST, VST3, AU, AAX, AAX DSP und RTAS sind verfügbar. 
Optisch wird die leicht kühle Softube-Sprache durchgezogen, was die Plug-In-Fenster zwar etwas größer als von der Parameterzahl her notwendig, aber dennoch schön anzusehen, naturgetreu und übersichtlich ist. In Ermangelung weiterer Parameter als dem sechsstufigen Schalter des RS135 durften sogar noch die alten Siemens-Anschlüsse mit aufs Bild. 

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Praxis

Hat hier jemand gelacht? Oder hat sich an die Stirn gefasst und gedacht „Au Mann. So ein unflexibles Spielzeug braucht ja wohl niemand.“? Bitteschön, das kann man denken, ich tue das jedenfalls nicht. Ich kann auch mit einem Satz erklären, warum: Dieses Brilliance Pack klingt einfach unfassbar genial! Bedenkt man, dass Höhen ein diffiziles und bisweilen teuer erkauftes Frequenzband sind, so ist es nur folgerichtig, sich angemessen um die passende Auswahl der Werkzeuge zu kümmern, mit denen man es fein austarieren möchte. Ihr Grundcharakter erinnert im Boost schon etwas an Pultec-Designs, zeigt jedoch etwas weniger „Richness“ und eine gewisse, vornehme Mattigkeit. Das leicht britzelige Reiben fällt bei der transformatorlosen 127-Box so gut wie komplett weg, doch ist auch sie weit davon entfernt, hart und eckig zu klingen. Etwas „frischer“ wirkt die Bearbeitung mit der grünen Kiste jedoch! Auch bei vollem Boost von 10 dB läuft man nicht Gefahr, kratzenden oder aggressiven Klang zu erzeugen, alle drei Plugs sind deutlich gutmütige Kollegen – ohne auf der anderen Seite dazu zu neigen, indifferent und wenig greifbar zu werden. Was generell im Umgang mit EQs stark auffällt und dem mit den Brilliance-Paketen von Softube insbesondere, ist, dass sich höhere Samplerates deutlich bezahlbar machen – schließlich ist man bei der Nutzung des 10kHz-Bandes bei 1/4 Samplefrequenz, also eine Oktave unter der notwendigen Anti-Aliasing-Filterung bei der Wandlung. 

Schon ein leichter Boost auf einer Einzelspur kann Wunder wirken.
Schon ein leichter Boost auf einer Einzelspur kann Wunder wirken.

Der 10k-Boost gefällt besonders, vor allem bei der Verwendung von Vintage-Equipment unterschiedlicher Art. Viele dynamischen Mikrofone, aber auch Amps und Cabinets liefern ab dem hohen einstelligen Kilohertzbereich nur noch wenig Energie. Geht man mit einem High-Shelf zu Werke, zieht man vor allem hochfrequentes Rauschen hoch und erzeugt schnell einen künstlich auf modern getrimmten Klang. Liegt man etwas weiter unten mit der Mittenfrequenz einer Bell-Charakteristik, sieht die Welt schon besser aus. Hier zeigt sich auch, weshalb oft die grüne 127-Version besser geeignet scheint: Durch den Übertrager kommt etwas mehr Farbe in den Höhenbereich (auch bei den beiden tieferen Frequenzen sehr schön!), sie werden griffiger. Ein Signal eines recht höhenarmen Coles 4038 kann ganz besonders davon profitieren. Bei Vocals finde ich zudem die Wählfrequenz von 10 kHz der EMI-Geräte oft deutlich praktischer als die 7,2 kHz des Neve 1073 oder seinen 12k-Shelf. Nun hat ein 1073-Bell auch einen 4,8kHz-Punkt, den man beim 127 aus oben genannten Gründen schmerzlich vermisst – aber hier kommt der RS135 ins Spiel, der diese Aufgabe hervorragend gut löst. Doch leider, leider kann er nur boosten, zum Entschärfen gerade „deutscher“ Stimmen würde ich mir einen negativen Bereich wünschen. Aber Softube kann man diesen Umstand kaum ankreiden, schließlich wurden diese Layouts vor fünfzig Jahren gemacht, und deren Erfolg spricht für sich.  
Tatsächlich wurden die drei EQs ständig eingesetzt, der Legende nach auf Sgt. Pepper sogar auf jedem Signal. Sehr oft genutzt wurde in den 1960ern und 1970ern der volle 10k/10dB-Boost auf Drum-Mikros (was kein Wunder ist, wenn man bedenkt, dass vor allem AKG D20, D19C, STC 4033 und 4038 benutzt wurden). Zwar haben Bandmaschinen Emphasis- und De-Emphasis-Filter, doch ist es nicht unüblich gewesen, mit einer leichten Höhenanhebung zusätzlich etwas zu buffern – die RS127 kamen auch beim Transfer (also im Mastering) und im Mix in der Summe zum Einsatz, ferner im Reverb-Send. Wie man es auch dreht und wendet: Trotz ihrer recht starren Struktur sind die Pakete flexibler einsetzbar, als man zunächst vielleicht denken mag. Klar: Als Sibilance Controller wird sie kaum jemand einsetzen wollen, doch lohnt es sich, bei der Arbeit im Kilohertzbereich immer mal wieder, an die AR-Plug-Ins zu denken. Sicher: Sie sind Soundmaker und deswegen auch nicht immer passend, aber manchmal ist es genau das kleine Etwas, was das Klangergebnis ein wenig „teurer“ macht. Den EQ-Reigen aus Neve-, API-, Pultec- und SSL-Plug-Ins oder ihren virtuellen Pendants erweitert Softube um neue Facette mit eigenem Charakter.

Audio Samples
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Strat bypass Strat 127Box 10k +4 Strat 127Box 10k -10 Strat 127Box 3,5k -10 Strat 127Box 2,7k -10 Strat 127Rack 10k +4 Strat 127Rack 10k -10 Strat 127Rack 3,5k -10 Strat 127Rack 2,7k -10 Strat 135 +4 Strat 135 +10 Vocals Coles bypass Vocals Coles 127Box 2,7k +2 Vocals Coles 127Box 10k +6 Vocals Coles 135 +6 Vocals Mojave bypass Vocals Mojave 127Box 3,5k -4 Drum-Squash bypass Drum-Squash 127Box 10k +10 Drum-Squash 127Box 10k +4 Drum-Squash 127Box 10k -4 Drum-Squash 127Box 3,5k +4 Drum-Squash 127Box 2,7k +4 Drum-Squash 127Rack 10k +10 Drum-Squash 127Rack 10k +4 Drum-Squash 127Rack 3,5k +4 Drum-Squash 127Rack 2,7k +4 Drum-Squash 135 +4 Drum-Squash 135 +10 Drum-Squash Logic-Channel-EQ 10k +4 Drum-Squash Logic-Channel-EQ 10k +10

Die Brilliance-Boxen sind ein echter Gewinn, vor allem, wenn man die Klangwelten der Beatles, Pink Floyd und den vielen anderen Größen, die Musik- und eben auch Tontechnikgeschichte geschrieben haben, mag. Softube sollen mal ruhig weitermachen, auch die vermeintlichen Kleinigkeiten aus den Abbey-Road-Studios zu modellieren, es gibt ja noch die 8196Hz/+4dB-Box, diverse Hochpassfilter, Phase-Shifter und dergleichen. Von mir aus müssten sie damit erst kurz vor dem Modelling der Original-Schreibtischlampen in den Dispo-Büros des Studios aufhören. Aber auch für Nicht-Abbey-Road-Fans, sofern es sie gibt: Das Softube-Paket liefert eine Variation im Präsenz- und Höhen-Equalizing, die man so tatsächlich nicht noch einmal auf der Welt findet.
Was wirklich ebenfalls hervorragend ist, ist der Umstand, dass alle drei Plug-Ins so gut wie latenzfrei arbeiten und – nicht unwichtig, wenn man sich die Aussage zu Sgt. Pepper zu Herzen nimmt und bei aktuellen Track-Counts ähnlich vorgehen will – enorm sparsam mit den Processing-Ressourcen umgehen. Aber hervorragend optimierten Code kennt man nicht anders von den Schweden.  

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Fazit

Das Softube Abbey Road Studios Brilliance Pack ist wirklich kauzig. Das liegt aber weniger an den Plug-Ins als an den Vorbildern, die das EMI-Entwicklungsteam zu Beginn der 1960er zur Verwendung im Studio gebaut hat. Doch das Software-Paket der Schweden ist keine komödiantisch gemeinte Reminiszenz an das Klischee vom schrulligen Engländer, sondern schlicht und einfach ein Bundle dreier hervorragender Soundmaker mit einem Nutzwert, der zwar nicht riesig, aber doch vielleicht höher als zunächst gedacht ist. Sie klingen absolut hervorragend und bringen ein bisschen Studio-2-Atmosphäre in die DAW. Ob es sich lohnt, dafür einen dreistelligen Eurobetrag vom Konto abzukapseln, muss natürlich jeder für sich entscheiden – wer sich aber in klanglichen Gefilden der großen britischen Produktionen der 1960er und 1970er wohlfühlt, der sollte nicht weiter nachdenken. Alte Tontechnikbauernregel: Gute Höhen kosten eben Geld.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • absolut hervorragender, authentischer Klang
  • einfachste Bedienbarkeit
  • geringer Ressourcenhunger
Contra
  • Nutzbarkeit etwas eingeschränkt, dafür nicht gerade günstig
Artikelbild
Softube Abbey Road Studios Brilliance Pack Test
Für 175,00€ bei
Sie sind ausnahmslos spitze, die drei. Ob man die annähernd zweihundert Euro für angemessen hält, hängt natürlich von einigen Faktoren ab.
Sie sind ausnahmslos spitze, die drei. Ob man die annähernd zweihundert Euro für angemessen hält, hängt natürlich von einigen Faktoren ab.
Spezifikationen
  • Modeling-Plug-Ins der EMI-EQs 127 Rack, 127 Box und 135
  • VST, VST3, AU, AAX, AAX DSP und RTAS
  • OS X 10.6
  • Win 7 (letztes Servie Pack)
  • Win 8
  • 32Bit- und 64Bit-Systeme
  • Kopierschutz: iLok2
  • Preis: € 182,– (UVP)
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