Roland 7X7-TR8 Test

Die AIRA Serie von Roland war so ziemlich DAS Highlight des Jahres 2014:  Und nachdem wir allen Gerätschaften auf den Zahn gefühlt haben – ob Drummachine TR-8, Synthesizer System-1den TB-303 Clone TB-3 oder den ziemlich coolen Voice-FX Prozessor VT-3  – liefert Roland nun für die beiden erstgenannten Produkte Software Add-Ons mit neuen Sounds nach!

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Die Plug-Out Synthesizer Erweiterung SH-2 und SH-101 haben wir bereits getestet. Ich habe mit der “7×7-TR8” nun die Ehre, mich der ersten Erweiterung für die TR-8 zu widmen. Und nun schnell los, der Weihnachtsmann steht vor der Tür!

Details

Oldschool, neu aufgelegt

“7×7-TR8” sind keine Hexadezimalzahlen oder ein Fehlercode, das ist der Name der ersten Erweiterung für die Roland Drummachine TR-8. Und wie bei allen Zahlenspielen der Roland Drum Machines, steht das natürlich wieder für ein „echtes Original“ und in diesem Fall gleich für zwei: Der TR-707 und TR-727 Rhythm Composer.
Mitte der 1980er Jahre brachte Roland diese beiden Kisten an den Start und im Gegensatz zum vollanalogen, heiligen Gral TR-808 und dem dreckigen analog-digital Hybriden TR-909 setzten diese Kisten erstmals vollständig auf Samples, die TR-727 dabei mit dem Schwerpunkt „Latin-Percussion“. Das Wort Sampling ist an dieser Stelle allerdings nicht ganz angebracht, denn Speicherplatz und D/A-Chips waren damals teuer – und so wurden die Roland Ingenieure kreativ und erweiterten die PCM-Klangerzeugung mit einigen „analogen“ Tricks. 

Copyright: Roland Corporation 2014.
Copyright: Roland Corporation 2014.

Analog Circuit Behavior

Was damals ein Mangel an technischen Möglichkeiten war, hat sich im Laufe der Zeit als geschätzter Lo-Fi Flavour durchgesetzt, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass sich 8-Bit bzw. 6-Bit Sounds einfach verdammt gut im Mix positionieren. Dies kennt man auch von den alten Akai MPCs und der EMU SP-12, und selbst die Maschine von Native Instruments versucht dieses Verhalten auch heute noch zu emulieren. 
Bauteileschwankungen, „analoge“ Drifts und schaltungstechnische Instabilitäten tun ihr übriges. Und was wäre besser geeignet, dies zu emulieren als Rolands ACB-Technik in der TR-8? Eben.

Erweiterter Funktionsumfang 

In den alten Kisten gab es nicht viel klangtechnischen Bearbeitungsspielraum und so hat man sich kurzerhand entschieden, den Sounds der alten Klassiker erweiterte Bearbeitungsmöglichkeiten zu geben – logisch, die entsprechenden Regler an der TR-8 sind ja nun einmal da. So sind die Sounds auch in Tune und Decay regelbar – und dies ohne die bekannten Artefakte die eine “gewöhnliche” Samplemanipulation mit sich bringt! Ein 1:1 Vergleich mit den Originalen macht aus meiner Sicht allein deswegen keinen Sinn, zumal mir in meiner Laufbahn auch noch keine 707/727 Originale unter die Finger gekommen sind. 
Doch das ist längst nicht alles: Wenn Sie jetzt bestellen, erhalten Sie zu den zwei Heizdecken auch noch eine Dritte oben drauf! Spaß beiseite – Roland war so nett, dem kostenpflichtigen Upgrade auch noch ein paar weitere Goodies zu spendieren. Und so gibt es als “Zugabe” vier weitere TR-8 Sounds, welche eine modifizierte, härtere 909 Kick, eine weitere 909 Snare, sowie einen neuen fetteren Clap und Snap Sound beinhalten. Hinzu kommen erweiterte Spieltechniken mit Flam- und Accent-Effekten sowie einige weitere kleine aber feine Änderungen, die sich vor allem mit dem neuesten Firmware-Update ergeben. Aber hört doch lieber selbst!

Die neue Belegung der Instrumente und die Farbkodierung.
Die neue Belegung der Instrumente und die Farbkodierung.
Audio Samples
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NEW 909 Attack Kick Standard 909 Kick NEW 909 Attack Snare Standard 909 Snare NEW Big Hand Clap Standard Clap NEW Finger Snap
Die 909 Kick als Waveform: Oben die "alte" 909 Kick, unten die "neue" Attack Variante.
Die 909 Kick als Waveform: Oben die “alte” 909 Kick, unten die “neue” Attack Variante.

Praxis

Um an die neuen Sounds zu kommen, muss die TR-8 erst einmal auf recht abenteuerliche Weise auf Version 1.11 upgedatet werden, um anschließend mit dem TR-8 Utility „freigeschaltet“ werden zu können. Da ich eine Testversion erhalten habe, schenke ich mir den genauen Prozess, weil er beim Serienprodukt durchaus anders ablaufen kann. Nur soviel ist sicher: Cheatcodes ließen sich schon in den 90ern bei Duke Nukem einfacher eingeben.

ACHTUNG: USB-Hubs sollte man lieber umgehen und die Kiste direkt anstecken.
ACHTUNG: USB-Hubs sollte man lieber umgehen und die Kiste direkt anstecken.

Nach einer Orgie aus „Tasten beim Einschalten halten“, USB Kabel abzupfen und wieder einführen, stelle ich zunächst fest, dass dies die emotionale Bindung zum Gerät stärkt. Dies kann aus Marketing-Sicht auch durchaus von Vorteil sein. Als die TR-8 endlich „ready“ war, fiel mir dann vor allem auf, dass bei der Kiste und im „Drum Select INST“ Menü nun deutlich mehr Taster leuchten – und das in Farbe und in bunt! Sehr schön, denn mit den vielen neuen Sounds wäre es sonst etwas unübersichtlich geworden. Dass die 808 Klänge nun pink schimmern, empfinde ich zwar fast als Beleidigung, aber nun gut. Hier also der nun wichtigste Farbcode für 2015: 

  • Rosa – 808
  • Gelb – 909
  • Orange – 707
  • Blau – 727
Roland_Aira_TR-8_7x7_05_Taster

Dabei wird man feststellen, dass je nach Instrument durchaus mehr als ein Sound am Start ist, und dass manche Sounds auch mehrfach auftauchen, was natürlich beides zu begrüßen ist. Etwas verwundert war ich außerdem, dass es mehr Sounds gibt, als das Handbuch verspricht. Nun gut, dass nehme ich natürlich auch noch dankend mit.
Beim Durchhören stand mein erstes Fazit auch relativ schnell fest: ganz schön „trashig“ und irgendwie auch kitschig – gerade die Trillerpfeifen der Latin-Percussion der 727. Nichtsdestotrotz musste ich nach einer Weile ausprobieren feststellen, wie verdammt gut die neuen Sounds das bereits bestehende klangliche Repertoire der TR-8 ergänzen, vor allem was das Layering anbelangt.
Bei den neuen Noise-Sounds auf den Tom-Plätzen bin ich mir sicher, dass sie bald durch das Berghain fliegen und dessen Funktion One Anlage gehörig quälen werden. Nun aber genug getextet, im folgenden Video werde ich einfach mal alle Sounds unkommentiert durchnudeln. Denkt daran – Rosa: 808, Orange: 707 und Blau: 727. 

Insgesamt empfinde ich die kostenpflichtige Ergänzung um die 707 und 727 mehr als gelungen und den Preis damit auch absolut gerechtfertigt, zumal die Kiste im Vergleich zu anderen Drum Machine-Schwergewichten, wie der Jomox, den Elektrons und den Tempests, einfach unverschämt günstig ist. 
Was ich allerdings richtig ungünstig gelöst finde, ist die Tatsache, dass auch das neue Manual nur einem übergroßen Beipackzettel einer Pillenpackung entspricht – was im Falle der Originalanleitung im gedruckten Zustand durchaus noch zu verkraften wäre. Möchte man allerdings das Download-PDF einmal selbst ausdrucken, so stößt man an die Grenzen seines A4-Druckers. Also bitte, liebe Rolands: Macht hier doch noch mal eine druckbare Version klar, die ich mir notfalls unters Gerät kleben kann, denn die ganzen tausend „Geheimkniffe“, die ja nun leider auch nicht weniger geworden sind, kann sich zumindest mein Gehirn nun wirklich nicht mehr merken!

Audio Samples
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707 KIT 727 KIT

Und wenn ich mir noch was für das nächste Jahr wünschen dürfte – schließlich ist auch bald Silvester – , dann würde ich Roland bitten, nicht allzu steif bei ihren eigenen Kisten zu bleiben, sondern eventuell auch über den Tellerrand zu schauen und beispielsweise noch einen Oberheim DMX zu modeln. Außerdem wäre es schön, wenn noch ein paar authentische „HipHop-style/Vintage-Vinyl Sample Sounds“ mit eingebaut werden würden, die eventuell durch ne alte MPC, SP-12 oder Tape-Machine gezogen wurden, da die TR-8 für meinen Geschmack durchaus noch ein paar crispe Snares und HiHats vertragen kann.

Fazit

Mit dem 7×7-TR8 Upgrade kann man seine Roland TR-8 um einige weitere und sehr interessante Sounds erweitern, die im Gesamtkontext ihre absolute Daseinsberechtigung haben und die kleine Bumms-Kiste in jeglicher Hinsicht aufwerten, auch was das Layering von Sounds anbelangt. Ich bin gespannt, mit was für Sounds wir in der Zukunft noch rechnen können, bis dahin gilt aber auf alle Fälle: Absolute Kaufempfehlung!

PRO
  • Viele neue Sounds
  • Neue Farbcodierung
  • Erweitertes Flam und Accent-Verhalten
Contra:
  • kein
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FEATURES:
  • Beinhaltet alle Sounds des TR-707 und TR-727 Rhythm Composers, detailgetreue Nachbildung der originalen Schaltkreise unter Verwendung der originalen PCM Wellenformen
  • Die Analog Circuit Behavior-Technologie garantiert den unverwechselbaren Sound der Klassiker — Exakte Reproduktion des Lo-Fi-Samplings und dem Klangverhalten der analogen Hüllkurven und der VCA-Schaltkreise
  • Erweitert das Performen um einzigartige Flam- und Accent-Effekte, mit regelbarer Flam-Intensität und zwei Accent-Leveln
  • Vier völlig neue TR-8 Sounds einschließlich modifizierter TR-909 Kick, TR-909 Snare und komplett neue Clap- und Snap-Sounds
  • Mit diesem Update erhält die TR-8 alle Sounds und Spieltechniken der vier legendären TR Drum Maschines, sowie zusätzliche neue Sounds, die ein leistungsstarkes Instrument ausmachen
PREIS:
  • EUR 75,- (UVP)
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