Presonus PD-70 Test

Als Presonus das Sprechermikrofon PD-70 vorgestellt hatte, dachte ich mir „Na guck, ein weiterer Schritt von Presonus zum Audio-Komplettausstatter“.

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Tatsächlich ist das Broadcast- und Podcastmikrofon nur unter „Studio Accesories“ auf der Website gelistet, gemeinsam mit anderen Mikrofonen, Preamps, Kopfhörern und Monitor-Controllern.
Wie nicht anders gewohnt von Presonus, ist auch das PD-70 recht preiswert, versucht aber nicht, Preis-Tiefmarken zu setzen. Als Gegenleistung für den Produktpreis gibt es von Presonus eigentlich immer ein ausgereiftes, haltbares und ordentlich klingendes Stückchen Tontechnik. Dass das beim Presonus PD-70 anders ist, ist nicht zu befürchten – aber dennoch unterziehen wir das Mikrofon natürlich einem Test.

Details

Bügelsache 

Typisch für ein Broadcastmikrofon, besitzt das Presonus PD-70 einen Bügel, der auf der einen Seite eine Neigevorrichtung für den Korpus, auf der anderen ein Gewinde für die Aufnahme auf einem Stativ oder einem Mikrofonarm besitzt. Dadurch kann das PD-70 auch kopfüber montiert werden. Der Radiosprecher (und selbstredend auch der Podcaster) hat damit mehr Bewegungsfreiheit.

Fotostrecke: 2 Bilder Aufsicht auf das Sprechermikrofon

Besonderheiten im Frequenzgang

Unter einem großen Schaumstoffüberzug befindet sich durch ein Gitter geschützt die Tauchspulenkapsel, die wie beim Shure SM7B „top fire“ ist, also entlang der Achse des Mikrofons ausgerichtet ist. Wie zu erwarten, besitzt diese die Richtcharakteristik Niere sowie mit 1,6 mV/Pa einen für dynamische Mikrofone üblichen Übertragungsfaktor. Mit der Angabe der Impedanz, die mit 350 Ohm übrigens recht hoch ist, sind die eher spärlichen technischen Angaben über das Presonus PD-70 schon nahezu erschöpft. Allerdings liegen noch Diagramme bei, so ist dem grafischen Pegelfrequenzgang noch zu entnehmen, dass der Bereich von 5 bis 10 kHz mit bis zu 5 dB deutlich verstärkt ist und unterhalb von 100 Hz ein Roll-off stattfindet. Das Polardiagramm schlüsselt die Niere nicht nach verschiedenen Frequenzen auf und ist so geglättet, dass es eher nach dem Nieren-Piktogramm aussieht als nach aussagekräftigem Schaubild.

Fotostrecke: 3 Bilder Metallkäfig um die Kapsel herum

Keine Schalter

Ein Mikrofon, das in erster Linie für die Aufnahme der menschlichen Sprechstimme konzipiert wurde, benötigt keine Vordämpfung. Somit vermisst man kein Pad. Anders als manche anderen (und meist teureren) Mikrofone gibt es keine Möglichkeit, auf den Frequenzgang Einfluss zu nehmen. Ein Hochpassfilter erscheint nach Sichtung des Frequenzgangs verzichtbar, Änderungen in der Präsenz können selbstverständlich auch in der weiteren Kette erfolgen.

Hier gibt es nichts zu schalten, bitte weitergehen.
Hier gibt es nichts zu schalten, bitte weitergehen.

Herstellung und Herkunft

Das PD-70 kommt ohne viel Zubehör und wirkt ordentlich hergestellt und robust. Fabriziert wird es in China.

Praxis

Stabil, obwohl nur ein Bügel

Die Bügelkonstruktion des Presonus PD-70 ist praktisch. Dass anders als beim Shure SM7B oder dem AEA KU5A der Bügel nur einseitig ist, mindert die Stabilität kaum. Zudem ist die Stelle, an der er mit dem Korpus verbunden ist, so gewählt, dass dich Gewichtsverteilung optimal ist und der Knebel zur Fixierung nicht stark angezogen werden muss.

Die Balance wird gut gehalten, sodass man diesen Knebel nicht zu sehr anknallen muss.
Die Balance wird gut gehalten, sodass man diesen Knebel nicht zu sehr anknallen muss.

Klar und verständlich

Mit der Sprache getestet, präsentiert sich das Mikro sehr präsent und transparent. Es ist schon beim Hören der ersten Signale unverkennbar, dass Presonus hier eine starke Optimierung auf die Stimme im Sinn hatte. Auffällig sind die stark herausgearbeiteten Konsonantenanteile von Hochmitten bis Höhen, die auch bei Umgebungsgeräuschen oder eingebettet in andere Signale noch für eine hohe Durchsetzungsfähigkeit und Sprachverständlichkeit sorgen. Gleichzeitig kippt der Klang nicht in Richtung bissigem und schneidendem Klang. Im Vergleich klingt das Shure SM7B dennoch etwas weicher und edler.

Kein Mulm, aber auch wenig “Fleisch”

Ein klares Grundklangbild erreicht das Presonus PD-70 auch durch die deutlich zurückgenommenen Tiefen. Um zarten, schwächlichen Stimmen etwas mehr Fundament zu verleihen, ist das PD-70 sicher nicht die richtige Mikrofonwahl, allen anderen Stimmen können aber von der Abwesenheit von Mulm und Dröhnen profitieren. Dicker und kräftiger Radiosound entsteht bei richtenden Mikrofonen durch den Nahbesprechungseffekt. Mit dem Presonus ist dieser erst bei geringeren Abständen spürbar, was eine gute Trennung von Signal zu Spill ermöglicht, also etwa übliche Umgebungsgeräusche im Home-Office. Der oftmals geliebte, massige Effekt der „Bierwerbungsstimme“ ist mit dem PD-70 etwas schwerer zu erreichen. Hier zeigt sich wieder, dass die Unidyne-III-Kapsel des SM7B dem Signal mehr „Fleisch“ und „Kernigkeit“ verleiht.

Audio Samples
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Presonus PD-70, 30 cm Presonus PD-70, 5 cm Presonus PD-70, 30 cm, 45 Grad Presonus PD-70, 30 cm, 90 Grad Presonus PD-70, 50 cm Shure SM7B, 30 cm Shure SM7B, 5 cm Shure SM7B, 30 cm, 45 Grad Shure SM7B, 30 cm, 90 Grad Electro-Voice RE-20, 30 cm Electro-Voice RE-20, 5 cm

Eignung für Einsteiger

Als „ordentlich“ ist die Detailzeichnung des dynamischen Mikrofons zu bezeichnen, die deutlich über jener von Tauchspulenmikrofonen mit nur zweistelligem Preisschild liegt. Schön ist, dass auch Signale, die abseits der Hauptrichtung auf das Mikrofon treffen, noch vollständig klingen. Löcher im Frequenzgang entstehen kaum, auch gibt es bis zu 90 und 270 Grad Einfallswinkel keine auffälligen Sprünge. Zusammen mit dem verhaltenen Bass bedeutet das, dass das Presonus PD-70 auch eine schlechte Mikrofondisziplin nicht sofort bestraft – und somit für Einsteiger und Ungeübte gut geeignet erscheint.

Ordentlicher Preamp von Vorteil

Die Empfindlichkeit gegenüber Plopps ist in Ordnung, das gilt auch für die Übertragung von Körperschall vom Stativ oder Mikrofonarm. Im Test zeigte sich, dass das PD-70 den Anschluss an einen nicht allzu schlechten Preamp zu schätzen wusste. Doch schon an Einsteiger-Audio-Interfaces der Focusrite-Saffire-Klasse konnte das Mikro seine Fähigkeiten im besten Licht zur Schau stellen.

Wie eigentlich immer bei Presonus gibt es auch beim PD-70 vernünftige Qualität zum fairen Preis.
Wie eigentlich immer bei Presonus gibt es auch beim PD-70 vernünftige Qualität zum fairen Preis.

Hauptsächlich Stimme – aber nicht nur

Auch für andere Schallquellen eignet sich das PD-70: Wer sehr nah mikrofonieren will oder muss, ohne dabei zu starke Bässe einzufangen, wird sich über das Presonus freuen. Amps und Toms kommen als erstes in den Sinn, aber auch an Blechbläsern und Saxophonen gibt das Mikrofon ein gutes Bild ab.

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Mehr Informationen

Fazit

„Ordentlich wie immer“ lautete eine der Überschriften zu diesem Artikel. Und so ist es auch: Für einen fairen Preis bekommt man ein Mikrofon, das für seine wichtigste Disziplin maßgeschneidert ist und keinerlei unnötige Features mitbringt. Praktikabilität hatte bei der Entwicklung des PD-70 offenbar einen höheren Stellenwert als allzu feingeistiger Schönklang. Bedenkt man das hauptsächliche Einsatzgebiet des Mikrofons als Sprechermikrofon, hat Presonus hier ganze Arbeit geleistet. Außer wenn klar ist, dass besonders sanfte Stimmen aufgenommen werden sollen, denen ein wenig mehr Pfund gut täte, kann das PD-70 absolut empfohlen werden.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • durchsetzungsfähig
  • hohe Sprachverständlichkeit
  • auch im absoluten Nahbereich transparent
  • gute Patternstabilität
Contra
  • für sehr zarte Stimmen weniger geeignet
Artikelbild
Presonus PD-70 Test
Für 99,00€ bei
PreSonus_PD_70_Test_4
Features & Spezifikationen
  • Broadcastmikrofon
  • Tauchspule
  • Nierencharakteristik
  • Übertragungsfaktor: 1,6 mV/Pa
  • Impedanz: 350 Ohm
  • Preis: € 129,– (Straßenpreis am 4.1.2021)
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