Pioneer SE-Master1 Test

Praxis

Verwendungszweck

Als Studiokopfhörer offener Bauart wird der Pioneer SE-Master1 vom Hersteller und auch den Londoner Air Studios für den Einsatz in Mix und Mastering beworben. Und soviel vorweg: Diese Eignung werde ich ihm auch nicht absprechen! Weiterhin könnten auch audiophile Musikliebhaber ohne finanzielle Hintergedanken Gefallen an Pioneers Topmodell finden. Für Monitoring-Anwendungen zur Aufnahme und in lauter Umgebung ist er als offener Kopfhörer eher nicht geeignet.

Hier der Beweis: Die Abstimmung erfolgte in Zusammenarbeit mit den Air Studios
Hier der Beweis: Die Abstimmung erfolgte in Zusammenarbeit mit den Air Studios

Tragekomfort des SE-Master1

Der große Pioneer SE-Master1 ist mit seinen 460 g (ohne Kabel) definitiv kein Leichtgewicht und im direkten Vergleich spürbar schwerer als mein AKG K812, der ja auch schon ein Klopper ist. Dies möchte ich hier schlicht zu Protokoll geben, mir bereiten beide Kopfhörer, auch über einen längeren Zeitraum, keine Probleme. Aus meinem Kollegenkreis (alles Memmen!) weiß ich allerdings, dass dies ein Problem sein kann, daher rate ich zum Selbstversuch. Die körperaufliegenden Teile bieten trotz meiner puristischen Haarpracht einen angenehmen Tragekomfort und die Ohrmuscheln sollten mit ihrem stattlichen Durchmesser von etwa 11 cm (Tiefe bis 3,5 cm) auch große Ohren komfortabel und sicher umschliessen. Die individuelle Größenanpassung erfolgt über einen per Druckknopf problemlos justierbaren Mechanismus zwischen Kopfpolster und Bügel und ist über einen großzügigen Bereich verstellbar. 

Gut zu erkennen: Der Druckknopf zur Größenanpassung am Kopfband
Gut zu erkennen: Der Druckknopf zur Größenanpassung am Kopfband

Positiv hervorzuheben ist die bereits erwähnte Möglichkeit, den Anpressdruck der Ohrmuscheln durch das Austauschen des Spannbügels den eigenen Bedürfnissen anzupassen, wovon ich auch gleich Gebrauch gemacht habe. Der werkseitig verbaute Bügel saß für meinen Geschmack etwas locker, woraufhin ich ihn durch den etwas strammer sitzenden Spannbügel des Lieferumfangs ersetzt habe. Aufgrund diverser Finessen der Gehäusekonstruktion sowie der kompakten Steckverbindungen vom Kabel zum Wandler (ohne Schulterkontakt), ist der Pioneer SE-Master1 quasi frei von störenden Geräuschen und Körperschall, was den Komfort und das Hörerlebnis nochmals begünstigt.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Spannbügel in seiner Halterung

Einspielen lassen

Der Pioneer SE-Master1 wurde auf Empfehlung des Vertriebs nach einer mehrtägigen Einspielphase für diesen Test an folgenden Kopfhörerausgängen beziehungsweise Verstärkern betrieben:
iPad 4
UAD Apollo 8
SPL 2Control
Lake People G93
Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW-Tätigkeiten) habe ich eine Mischung eigener und fremder Produktionen aus unterschiedlichen Musikstilen über den SE-Master1 angehört und analysiert.

Frequenzgang

Die Abstimmung des Pioneer SE-Master1 kann man definitiv als gelungen bezeichnen. Der musikalisch relevante Frequenzbereich wird homogen abgebildet und erlaubt kreative und korrigierende Maßnahmen in Mix und Mastering, so wie es der Hersteller verspricht. Im Wechsel mit meinen Nahfeldmonitoren (Neumann KH 120) bleiben verstörende Klangunterschiede aus, wie es bei manchen Kopfhörern der Fall ist. Auch zu meinem hochgeschätzten AKG K812 besteht eine hohe Übereinstimmung in der Wiedergabe – aber auch Unterschiede: Durch eine um Nuancen stärkere Wiedergabe der unteren Mitten und des Bassbereichs liefert der SE-Master1 ein etwas wärmeres und druckvolleres Klangbild. Dadurch ist er einen Hauch weniger analytisch als der K812, bedient aber möglicherweise den Geschmack einer größeren Klientel. Mittlere und hohe Frequenzen sind für meinen Geschmack perfekt ausbalanciert und schaffen den Spagat aus Analyse und Hörgenuss. Sich bei der Abstimmung von Engineers der Air Studios beraten zu lassen, war offenbar ein geschickter Schachzug, der zu einem sehr ausgewogenen, professionellen Produkt geführt hat.

Impulsverhalten des SE-Master1 auf höchstem Niveau

Auch in diesem Punkt gibt sich der SE-Master1 keine Blöße und punktet mit einer Impulstreue auf höchstem Niveau, was dynamische Eingriffe im Studio begünstigt wie auch geringe Abhörlautstärken ermöglicht, ohne dass man das Gefühl hat, irgendetwas zu verpassen. Im direkten Vergleich zum AKG K812 werden Transienten marginal etwas milder wiedergegeben, was aber nicht als Kritik zu werten ist.

Räumliche Abbildung

Die räumliche Abbildung und Tiefenstaffelung erfolgt auf überdurchschnittlichem professionellem Niveau, allerdings muss sich der Pioneer SE-Master1 in diesem Punkt dem AKG K812 geschlagen geben. In Wechselwirkung mit seinem nuanciert wärmeren Frequenzwiedergabe ergibt sich ein vergleichsweise intimes und kompaktes Klangbild, was sich zum Hörgenuss teilweise als vorteilhaft erweisen kann. Als Engineer schätze ich aber die überragende, analytische Separierung, Ortung und Tiefenstaffelung des AKG Kopfhörers, welche vom SE-Master1 nicht erreicht wird. Nochmal zur Erinnerung: Der Pioneer agiert unter diesem Teilaspekt der Wiedergabeeigenschaften auf sehr hohem, professionellem Niveau, allerdings muss er sich mit seinem sehr selbstbewussten Preis auch kritischen Vergleichen stellen.  

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