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Parker P8EN Test

KORPUS
Parker bricht selbstbewusst mit vielen Konventionen und schenkt dem Korpus der P8EN ein futuristisches Design, das sich neben den gängigen Formen wie Dreadnought, Jumbo oder Grand Auditorium aber durchaus sehen lassen kann.
Während der Unterbug der Gitarre am Saitenhalter mit einer maximalen Breite von  39,5 cm stärker das konventionelle Element im Erscheinungsbild repräsentiert, bietet der seitlich spitz geformte Oberbug mit einem kleinen, rund geschwungenen Cutaway einen „Hingucker“ der besonderen Art. Doch keine Angst, die P8EN möchte als einfache Voll-Akustikgitarre verstanden werden und sich mit einer Zargentiefe von 9,8 cm am Oberbug und 11 cm am „Knopf“ lediglich auch mit einem besseren Natursound von elektroakustischen Schmal-Zargen abheben. Ob die E8EN auch das Ohr eines anspruchsvollen Akustikpuristen befriedigen kann oder doch nur eine bessere elektroakustische Bühnenversion der P7 EQ ist, werden wir noch sehen.

Schon die Kombination der Hölzer zeigt, dass auch die Konstruktion von Parker-Akustikgitarren nach internen firmenphilosophischen Wertmaßstäben erfolgt.
Jedenfalls hat man sich auf dem Weltmarkt umgeschaut: Das Zedernholz wurde in Kanada eingekauft, der Ahorn in den Vereinigten Staaten, das Mahagoni in Indonesien, das Ebenholz in Afrika und die Abalone in Mexiko. Montiert wird alles in China, lackiert in Japan. Man sieht, auch an der Akustikgitarre geht die Globalisierung nicht spurlos vorbei.

Die massive Zederdecke besitzt einen warmen gelblichen Farbton mit dezent rötlich-braunen Maserungen. Die Verarbeitung von Zedernholz im Instrumentenbau ist nichts Neues, denn schon in den 1950er Jahren wurde es von spanischen Gitarrenbauern beim Bau von Decken für Konzertgitarren verwendet. Die Hersteller von Stahlsaiten-Gitarren haben seine Vorzüge für den modernen Fingerstyle, vor allem seine schnelle Ansprache, allerdings erst in den Achtzigern entdeckt.
 
Mit dem Plektrum sollte man behutsam umgehen, denn ein Schlagschutz hat man der Decke vorenthalten. Falls man diese Art des Anschlags bevorzugt, sollte man über einen selbstklebenden Schutz nachdenken, der auf der hochglänzenden Decke problemlos nachgerüstet werden kann. Aber die E8EN kokettiert ohnehin offensichtlich lieber mit dem Fingerpicker.

Eine Rosette aus funkelndem Abalone umrundet das oval geformte Schallloch, für das es bisher noch keinen passenden Einsatz gibt, sodass eine Lösung für das Rückkoppelungsproblem weiter im Raum steht.

Der Saitenhalter besteht aus einem Stück Ebenholz. Ein ausladender „Schwung“ auf der Seite der Bass-Saiten gibt dem Saitenhalter eine unsymmetrische Form, bietet aber Platz für das große P aus buntem Abalone, dem Logo der Firma.

Die kompensierte einteilige Knocheneinlage ist diagonal eingesetzt, eine Nase an der hinteren Oberkante der B-Saite sorgt für eine bessere Intonation.
Schwarze Pins mit reflektierenden Abalone-Punkteinlagen sorgen für einen sicheren Halt der sechs Saiten.

Die Decke beherbergt zusätzlich einen magnetischen Halstonabnehmer, den man eher selten bei einer Akustikgitarre sieht. Die Zukunft wird zeigen, ob sich neue und verbesserte magnetische Pickups tatsächlich wieder für die Akustikgitarre empfehlen können.

Die Rückseite bietet einen ausnehmend schönen Anblick. Boden und Zargen bestehen aus massivem geflammtem Ahorn. Ein eingelegter Mittelstreifen aus Abalone trennt die beiden Bodenhälften. Und man bemerkt, dass der Korpus der P8EN doch nicht so klein ist, wie man zunächst annimmt. Seine Länge am Bodenmittelstreifen beträgt immerhin 48,4 cm. Zum Vergleich: Jumbo 53 cm, Grand Auditorium 50,5 cm.  Ein Binding aus Palisander schützt den Body der P8EN ringsherum und drei griffige, mit Kunststoff überzogene Potis in der Zarge und ein großes auf der Decke runden das Gesamtbild ab.

So manches Element der konservativen Handwerkskunst hat Spuren im Inneren der Gitarre hinterlassen. So ist die dünne Zederndecke mit einem bewährten X-Bracing stabilisiert. Am Boden sorgt ein Leiter-Bracing mit drei Querverstrebungen für Festigkeit, wobei vier Streben eigentlich Standard sind. Zur Vergrößerung der Verleimflächen von Decke und Boden sind sogenannte Reifchen an den Kanten eingesetzt und ein leichter Halsblock hält Decke, Hals und die beiden Zargen zusammen. Hier wurde im wahrsten Sinne des Wortes solide, saubere Arbeit „geleistet“, die man durchaus wertschätzen darf.

HALS
Hals, Halsfuß und Kopfplatte der P8EN sind keine separaten Komponenten, sondern bilden eine Einheit aus fünf verleimten, horizontalen Lamellen. Drei breite aus gediegenem Mahagoni und zwei schmale Streifen aus Ahorn bilden ein stabiles rhythmisches Muster, das weit weniger Neigung zum Verdrehen haben soll als zum Beispiel ein massiver Ahornhals. Dabei wurden die fünf Streifen entgegen der Maserung zusammengeleimt. Aber auch der laminierte Hals ist keine Erfindung von Ken Parker, denn Framus stellte schon in den Sechzigern Hälse aus Dutzenden von Holzstreifen her.

Das aufgeleimte, nur leicht gewölbte Griffbrett aus solidem Ebenholz überlappt am 14. Bund den Body. Dort hat das nicht eingebundene Griffbrett eine Breite von 5,4 cm. Ein Bunddraht mit relativ breiten Kronen wurde für 20 sauber abgerichtete Bünde einschließlich Nullbund bereitgestellt.
Auf dem Griffbrett dienen versetzt platzierte Abalone-Punkteinlagen der Orientierung, begleitet von einfachen weißen Mikro-Dots auf der Sichtkante.

Ein Sattel aus Knochen hält die Saiten beim Anschlag sicher in den Kerben. Das Griffbrett misst hier standardgerecht eine Breite von 4,3 cm. Allerdings bestimmt der Nullbund die Saitenlage und -höhe; es besteht kaum ein Zwischenraum zum Knochensattel, der nur noch für die „Führung“ der Saiten zuständig ist. Befürworter des Nullbundes meinen, dass der Sound einer gegriffenen und einer offenen Saite substanziell identisch sein sollte und nicht von der Beschaffenheit der unterschiedlichen Materialien Metall oder Kunststoff beeinflusst werden sollte.  Ich finde, dass man die gehobene Qualität eines Instruments auch am Vorhandensein eines Nullbundes erkennen kann. Eigentlich hatte sich dieser in Europa ja auch schon etabliert, aber die Erfolge der Gitarren von Fender- und Gibson und die Inflation ihrer Kopien haben ihn dann wieder infrage gestellt, sodass er in den Siebzigern fast völlig in Vergessenheit geriet.

Selbstverständlich lässt sich auch die Krümmung des Griffbretts mit einem eingelegten Stahlstab justieren. Aber wo befindet sich die zuständige Stellschraube? Um nicht die Methoden anderer Hersteller zu imitieren, hat Parker eine originelle Lösung  gesucht und gefunden: Die Stellschraube hält sich am Ende des Griffbretts unter einer schwarzen Abdeckung hinter dem letzten Bund versteckt, die mit zwei kleinen Schrauben befestigt ist.

KOPFPLATTE
Auf jeder Seite der schmalen, eleganten Kopfplatte verrichten drei goldene Wirbel mit offenen Grover-Sta-Tite-Mechaniken einen makellosen Job. Um die zierlichen Wirbel Made in Taiwan zu bedienen, benötigt es etwas mehr Fingerspitzengefühl. Die Oberfläche der Kopfplatte ist mit einem hauchdünnen Furnier aus Palisander verblendet, in einer Fräsung an ihrer Spitze ist ein goldenes Parker-Logo eingelassen.

ELEKTRONIK
Die P8EN möchte eine echte Akustikgitarre bleiben und ein technikstrotzendes Bedienfeld wäre in ihrer Zarge nicht nur aus optischen Gründen schlecht aufgehoben. Phase-Shifter, Notch-Filter und Tuner sucht man vergebens. Schlimm? Im Gegenteil. Auf mittelmäßigen technischen Schnickschnack kann das elegante Instrument jedenfalls gut verzichten. Aber das, was sie zu bieten hat, ist nicht von schlechten Eltern. Damit ihre schöne Stimme auch in größeren Räumlichkeiten gehört wird, hat man ihr ein leistungsfähiges duales System mit zwei Pickups geschenkt, das zwar tadellos arbeitet, aber mit nur vier Potis für Volume, Bass, Treble und Blend auf den ersten Blick etwas minimalistisch anmutet.

Ein Fishman Matrix Piezo, der sich unter der Stegeinlage versteckt und ein magnetischer Halstonabnehmer auf der Decke aus dem gleichen Hause ergänzen sich gut. Mit Blend kann der Mix der beiden Pickups stufenlos geregelt werden, die drei restlichen Potis greifen auf beide Pickups gleichermaßen zu.

Gleich zwei Eingänge, die auch beide gleichzeitig genutzt werden können, sind am „Knopf“ der P8EN implantiert. So kann der Klinkeneingang beispielsweise mit dem Akustik-Amp verbunden werden, während der XLR-Eingang über eine Stagebox das Signal zu einem Mischpult schickt. Die zur Speisung des Systems notwendige 9V-Blockbatterie ist in einer Schublade ebenfalls am „Knopf“ untergebracht. Der Batterietausch ist so unspektakulär, dass er sogar unbemerkt in der Pause zwischen zwei Stücken erfolgen kann, während die Menge noch tobt. Eine Ersatzbatterie sollte man allerdings im Gepäck haben, denn es gibt keine Warnmeldung, die zum Wechsel einer schwachen Batterie aufruft.

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