Anzeige

Ortofon Concorde S-120 Test

Der S-120 aus dem Hause Ortofon ist das neueste Mitglied der Concorde-Familie. Das „S“, steht dabei für Serato und soll wohl suggerieren, dass dieser Tonabnehmer besonders gut für das bekannte Scratch Live DVS (Digital Vinyl System) geeignet ist. Hier handelt es sich aber wohl eher um eine Marketing-Strategie, denn der erfahrene DJ weiß, dass Scratch Live mit fast jedem Tonabnehmer gut funktioniert. Wirklich interessant ist bei dem für 169 Euro angepriesenen S-120 ein Blick in die technischen Daten. Über ganze 10 mV  (bei 1000 Hz, 5 cm/Sek) Ausgangsspannung und einen Auflagekraftbereich von 1,5-10 Gramm (Nm) soll unser Kandidat verfügen. Damit wäre Ortofon der Konkurrenz definitiv einen Schritt voraus.

seite_1

Bezüglich Preisklasse und Features tritt der S-120 unter anderem gegen den Q: Bert S für empfohlene 123 Euro an, ebenfalls von Ortofon und in ähnlichem Concorde-typischen Design. Weitere Mitbewerber sind der CS-1 von Numark für 69 Euro und der Shure Whitelabel zum Preis von 141 Euro. 

DETAILS

In der 16,5 cm x 4,5 cm x 12,3 cm (B x H x T) großen Pappschachtel finde ich ein nur unwesentlich kleineres und ziemlich edel anmutendes Aluminium-Case. Darin liegen sicher eingebettet in stoffbezogenen Kunststoffschalen der Tonabnehmer inklusive Abtastnadel, außerdem eine Nadelreinigungsbürste, eine Ersatznadel, ein Zusatzgewicht sowie ein rutschfester Gummiüberzug für den Tonabnehmergriff. Die zwei Faltblätter beinhalten Informationen zur korrekten Montage sowie die technischen Details. Zwar ist die Anleitung in deutscher Sprache verfasst, doch vermisse ich Informationen zum richtigen Justieren des Tonarms. Sowohl die Ersatznadel als auch der Diamant des Tonabnehmers sind durch praktische Nadelschutzkappen beim Transport vor Beschädigungen gefeit.
Eine hundertprozentige Kompatibilität des S-120 zu den weitverbreiteten Technics Plattenspielern (1200/1210 MkII/ 5) garantiert der Überhang von exakt 52 mm. Als „echtes“ Concorde-Mitglied verfügt auch dieses System leider über die allseits bekannten Schwächen. Der Griff aus Kunststoff ist relativ dünn und tendiert bei größerer Belastung dazu, abzubrechen. Außerdem ist er sehr glatt und wenig griffig. Zum Glück behebt der im Lieferumfang enthaltene, sehr griffige Gummiüberzug das letztgenannte Problem.   

Das Zusatzgewicht aus Metall und Gummi ist hufeisenartig geformt und kann bei Bedarf 1,5 Gramm mehr an Auflagegewicht bringen.   
Eine wirklich vorbildliche Qualität haben die SME-Kontakte der aktuellsten Concorde-Serien. Diese sind groß, vergoldet und verfügen über eine abgerundete Oberfläche mit großem Radius.   
Die Aussparung am vorderen Teil der Nadel erlaubt zwar einen Blick auf die Nadelspitze, doch leider ist die farbliche Markierung mal wieder zu dunkel und damit zu kontrastarm geraten. Naja! 

Anzeige

PRAXIS

Nun wird es aber Zeit für die freie (Vinyl-)Wildbahn. System am Tonarm montiert, Höhe justiert, Auflagegewicht eingestellt und los geht’s!   
Ich beginne beim Mindestauflagegewicht von 1,5 Gramm mit einer sehr lauten Platte (Maxisingle), deren Signal natürlich für entsprechend große Auslenkungen der Nadel sorgt. Ohne Springen oder hörbare Verzerrungen besteht der S-120 diesen Teil der Prüfung. DJ-Daumen nach oben!   
Außerdem sind ab 1,5 Gramm schnelle Basic-Scratches und Backspins in normaler Geschwindigkeit möglich. Dies bedeutet gute Mix-Eigenschaften bei plattenschonenden Auflagekräften. Bei schnellen und komplexen Scrachtes verhindert ein Gewicht von ca. 2,2 Gramm das Springen der Abtastnadel. Bei sehr schnellen Backspins reichen etwa 2,5 Gramm.
Die relativ weiche Aufhängung des Nadelträgers sorgt für verhältnismäßig starke Schwingungen des Tonabnehmers bei Scratches. Der Pegel des dabei entstehenden Störsignals ist aber glücklicherweise zu vernachlässigen. Insgesamt beweist der Concorde S-120 gute Mix- und Scratch-Eigenschaften und das schon bei sehr geringen Auflagekräften. Hier gibt es absolut nichts zu beanstanden. 

Klang
Besonders überzeugend ist beim S-120 der mittlere Frequenzbereich mit seinem sehr detailreichen und teilweise schon wuchtigen Klang. Im Bass ist besonders der Subanteil sehr kraftvoll, wobei das Gesamtbild des unteren Spektrums minimal verschwommen wirkt. Die Wiedergabe des oberen Spektrums ist hingegen plastisch und offen.
So präsentiert sich das Gesamtklangbild des S-120 sehr voluminös. Dabei verfügt er über eine angenehme Wärme. In dieser Disziplin schafft es unser Testkandidat gleich hinter dem Ortofon Concorde Nightclub MKII auf Platz zwei!   

Oben
Audio Samples
0:00
Ortofon Conc S-120

ZWEITE MEINUNG

(Peter Westermeier, Vestax PDX2300 MK2 Pro Turntable, Pioneer DJM-Mixer)
Bei dem vorliegendem S-120 Tonabnehmer handelt es sich um ein System mit SME-Bajonettanschluss aus Ortofons Concorde-Serie. Es wird in einem gelabelten Köfferchen aus Kunststoff und Metall angeliefert, in dessen Inneren das Ergebnis der Kooperation mit Serato samt zweier Nadeln, einem Gummiaufsatz sowie einer Reinigungsbürste und einem Zusatzgewicht verstaut ist. Typenbedingt (Concorde-System) ist der Griff ein wenig bruchgefährdet, weil er ziemlich dünn ist. Obendrein erscheint er etwas rutschig, wogegen allerdings ein Kraut in Form des zuvor genannten Überzuges gewachsen ist. Der Träger hingegen wirkt auf mich robust, die asymmetrische Aufhängung der Nadel für vertikale Stabilität ebenfalls. Leider ist die farbige Markierung auf dem Stift sehr dunkel geraten, was in Kombination mit der kleinen Aussparung Optimierungspotenzial birgt. Die Kontakte hingegen sehen vorbildlich aus. Mittels Überwurfmutter ist der Testkandidat im Nu am Turntable angeschlossen und trifft den von Vestax geforderten Spindelabstand von 15 Millimetern auf den Punkt. Beim Ortofon S-120 Concorde kommt ein speziell geschliffener, sphärischer Diamant zum Einsatz.   
Unser Muster wiegt 18,5 Gramm und nennt einen Auflagekraftbereich von 1,5 bis 10 Gramm, darüber hinaus wirbt Ortofon mit besonders hoher Spurtreue und hoher Tonabnehmerleistung. Mit einem hohen Signal-Rausch-Abstand und einer Erhöhung der Ausgangsspannung auf 10 mV verspricht der Hersteller zudem besondere Timecode-Leistung und nennt im DVS-Zusammenhang besonders die Interfaces Rane SL1 und SL3. Das klingt spannend. Obwohl ich zugeben muss, dass viele der lokal vorliegenden Tonabnehmersysteme (Scratch, Electro, DJ-S) nicht speziell auf Timecodes zugeschnitten sind, möchte ich erwähnen, dass es in der letzten Dekade mit eben diesen Konstruktionen keinerlei Tonabnehmer-spezifische Probleme im Betrieb mit einem DVS-System auftraten. Unter Scratch Live zeigte das S-120 ein deutlich stärkeres Kalibrierungs-Signal als die zuvor erwähnten Modelle an, zudem zeigten sich Panorama und Phase sehr konstant, was dem digitalen Deejay definitiv zum Vorteil gereichen sollte.   
Wir beginnen den analogen Test zunächst mit der kleinsten Auflagekraft von 1,5 Gramm, um eine laute Maxi, eine Seven-Inch und das leise gepresste Ska-Album anzuhören. Das Concorde zeigt eine sehr gute Spurtreue. In sämtlichen Fällen reicht das Minimalgewicht aus, um die Scheiben von Start bis Endpunkt durchzuhören. Der folgemäßig geringe Verschleiß sollte demnach auch Vinyl-Sammler ansprechen, die ihre Tracks mit dem S-120 digitalisieren wollen. Basic-Scratches, Kickdrum-Abwürfe und leichte Spins waren beim PDX bereits bei zwei Gramm zu realisieren, was einen angenehmen Mix-Workflow bei geringer Vinylabnutzung entspricht. Prima. Wer fortgeschrittene Scratch-Techniken einsetzen will und schnelle Backspins ausführen muss, sollte sich ab 2,8 Gramm sicher fühlen, was ich als durchaus angemessen empfinde. 

Das S-120 entpuppt sich als System mit clubtauglicher, hoher Ausgangsleistung und liegt im Pegelrennen nur knapp hinter dem Numark CS1. In puncto Klang konnte mich das System sofort in seinen Bann ziehen, denn es zeigte gerade bei pumpenden Clubtracks einen erstaunlich satten druckvollen Bass, ausgewogene Mitten und kristallene Höhen. Das kam besonders bei der Tribal-Scheibe mit ihren wuchtigen Drums, Percussion-Elementen und den flirrenden Hi-Hats zur Geltung. Auch die Tragik der Curtis Mayfield Nummer kam in allen Instrumentierungen mit schöner Informationstiefe und vor allem auch sehr räumlich rüber. Von den sechs Systemen, die ich begutachten durfte, schneidet das S-120 in dieser Disziplin in meinen Ohren am besten ab. 

Anzeige

FAZIT

Sicher ist der neuste Spross der Concorde-Familie aus dem Hause Ortofon kein Revolutionär, aber er kann definitiv durch sehr gute Leistungen überzeugen. Zusammen mit dem etwa gleichlauten Numark CS-1 liefert er den höchsten Ausgangspegel des Teilnehmerfelds. Auch klanglich steht dieser Tonabnehmer mit auf dem Siegertreppchen. Bei relativ geringen Auflagekräften beweist er eine gute Rillenfestigkeit und kann in den Disziplinen Mixing & Scratching durchaus überzeugen. Satte 169 Euro möchte der Einzelhandel sehen, bevor man dieses System sein Eigen nennen darf. Bedenkt man aber, dass darin eine Ersatznadel und ein wirklich hochwertiges Case enthalten sind, dann wirkt diese Summe durchaus akzeptabel. Als waschechten Allround-Tonabnehmer kann ich den S-120 grundsätzlich allen DJs empfehlen, deren Budget den Kauf erlaubt. Und das unabhängig davon, ob sie eher zur Riege der Mix- bzw. Club-DJs gehören oder als Turntablists oder Scratch-DJs unterwegs sind.
Auch für audiophile Anwendungen wie z.B. der Digitalisierung von Vinyl-Sammlungen ist dieser Tonabnehmer bestens geeignet. 

seite_1
Features/ Technische Daten
  • Ausgangsspannung bei 1000Hz, 5cm/sec.: 10 mV
  • Kanalbalance bei 1 kHz: 1,5 dB
  • Kanaltrennung bei 1 kHz: 20 dB
  • Kanaltrennung bei 15 kHz: 15 dB
  • Frequenzbereich bei -3 dB: 20-18.000 Hz
  • Frequenzgang: 20-18.000 Hz +3/- 2 dB
  • FIM Verzerrung bei empfohlener Auflagekraft DIN 45.542
  • Rillenfestigkeit bei 315 Hz mit empfohlener Auflagekraft: 120 μm
  • Nadelnachgiebigkeit, dynamisch, seitlich: 11 μm/m N
  • Nadeltyp: Spherical
  • Durchmesser Nadelspitze: R 18 μm
  • Auflagekraftbereich: 1,5-10,0 g (15-100 mN)
  • Auflagekraft empfohlen: 4,0 g (40 mN)
  • Interne Impedanz, Gleichspannungswiderstand: 1680 Ohm
  • Interne Induktion: 920 mH
  • Lastwiderstand empfohlen: 47 kOhm
  • Belastungskapazität empfohlen: 200-600 pF
  • Tonabnehmergewicht: 18,5 g
  • Ersatzstylus: Ortofon-Serato S-120
  • Preis 169,00 Euro UVP
Kommentieren
Profilbild von Michael_Dieblich

Michael_Dieblich sagt:

#1 - 13.08.2015 um 05:29 Uhr

0

Schöner Test, danke dafür. Überlege, meine Nightclub S durch die 120er zu ersetzen. Wie sind die, eurer Erfahrung nach im Vergleich?

    Profilbild von Detlef Rick (Autor)

    Detlef Rick (Autor) sagt:

    #1.1 - 14.08.2015 um 02:06 Uhr

    0

    Hallo Michael, der Hauptunterschied zwischen den beiden Tonabnehmern, liegt im wesentlich höheren Ausgangspegel des S-120. Ein klarer Vorteil in vielen Punkten. Die Nightclub S durch die S-120 zu ersetzten macht also Sinn. Gruß, Detlef

    Antwort auf #1 von Michael_Dieblich

    Antworten Melden Empfehlen
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.