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Orange Rocker 30 Test

Der britische Traditionshersteller aus Hertfordshire mit Mut zur Farbe schwimmt wieder auf der Erfolgswelle, nachdem es jahrelang recht still um ihn geworden war. Kühlschrankhohe Racks und High-Gain-Monster hatten den klassischen britischen Sound aus dem Rennen geworfen. Doch spätestens, seit auch Gitarristen auf der Retrowelle mitschwimmen, sieht man wieder Orange. Oder auch Schwarz, denn ganz entgegen dem Namen gibt es auch diverse Amps und Boxen in diesem schlichten Outfit.

Aber auch in den ruhigeren Zeiten waren die auffälligen Amps und Boxen nicht vergessen – immerhin gelten sie schon seit jeher als Standart im Studio und werden gerne für klassische Sounds oder auch für Bassaufnahmen eingesetzt.

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DETAILS

Aufbau

Unser kleiner “fast“ Würfel macht jedenfalls zumindest in der Farbe keine Kompromisse und kommt im herstellertypischen Orange daher. Und nach alter Tradition sehr gut verarbeitet, nichts wackelt oder klappert! Das Vinyl schützt das Gehäuse vor äußeren Einflüssen und Nässe und verleiht dem Amp sein old-school-mäßiges Erscheinungsbild.  Der Lautsprecher wird von einer braunen, geflochtenen Frontbespannung geschützt, und schwarze Kugelecken sollen zu einem längeren Leben beitragen. Unterhalb des Bedienfeldes ist ein schwarzes Plastikgitter eingelassen, das den Röhren die nötige Luftzirkulation sichert. Wo wir gerade bei den Röhren sind: Die sind, wie üblich, kopfüber eingebaut und mit Metallklemmen an ihrem Platz gesichert. Mit seinem Gewicht von 24,5 kg gehört der Combo zwar nicht mehr zu den Federgewichten in seiner Leistungsklasse und zerrt schon recht heftig am Arm, ist aber insgesamt noch gut zu transportieren.

Die Bedienelemente sind auf einer weiß lackierten Frontplatte aufgereiht, und zwar auf der rechten Seite beginnend mit dem On/Off-Schalter und dem benachbarten Kanalumschalter, der zwischen den beiden Kanälen Natural und Dirty wählt. Eine Kontrollleuchte unterrichtet darüber, ob der Verstärker eingeschaltet ist. Es folgen mit Dirty Volume der Lautstärkeregler für den gleichnamigen Kanal, mit Dirty High, Dirty Mid und Dirty Lo seine Klangregelung und Dirty Gain bestimmt den Grad der Verzerrung. Der letzte Regler schließlich justiert als Natural Volume die Lautstärke des cleanen Kanals. Das Bedienfeld endet auf der linken Seite mit der Eingangsbuchse für die Gitarre. Nicht nur die Piktogramme über den Reglern zeigen deren Wirkungsweise, auch der Klartext darunter lässt keine Zweifel aufkommen.

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Der On/Off-Kippschalter auf der äußersten rechten Seite hat drei Schaltstufen, wobei die mittlere für den Standby-Modus zuständig ist – praktisch, denn so erspart man sich einen zusätzlichen Schalter. Wie bei Orange üblich, sind die Regler, die am häufigsten benutzt werden, größer. In diesem Fall gilt das für Dirty Volume, Dirty Gain und Natural Volume. Die EQ-Sektion besteht aus kleineren Reglern. Keine Klangregelung für den cleanen Kanal? Nein, die gibt es tatsächlich nicht. Und um eines vorwegzunehmen: Die hat er auch gar nicht nötig. Aber alles der Reihe nach.
Es lassen sich zusätzliche weitere Boxen anschließen, um aus dem Rocker 30 einen kleinen Stack zu bauen oder auch, um andere Lautsprechertypen zu verwenden. Dabei ist es allerdings nicht damit getan, einfach auf der Rückseite die entsprechenden Anschlüsse zu bestücken. Diese findet man nämlich genau gegenüber der Bedieneinheit, und zwar auf dem Kopf stehend. Das Chassis, das die gesamte Elektrik beheimatet, ist quasi hängend im Combo eingebaut, sodass dessen Rückseite mit den Anschlüssen nach unten zeigt. Um also dorthin zu gelangen, muss man entweder sich selbst oder den Amp auf den Boden legen und bei bescheidenen Lichtverhältnissen am besten mit einer Taschenlampe nach den richtigen Verbindungen suchen. Das hätte man auch anders regeln können. Noch schnell einmal nachschauen, ob auch alle Kabel richtig sitzen, wird zum Beispiel mit Mikro vor dem Lautsprecher zum Problem. Denn neben der obligatorischen Kaltgerätebuchse für den Netzanschluss finden sich im Versteck noch ein Lautsprecherausgang mit 16 und zwei mit acht Ohm, sowie eine Klinkenbuchse, die auf den Anschluss eines Fußschalters zur Kanalumschaltung wartet.

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PRAXIS

Alles installiert, alles verkabelt und los geht es mit unserem Praxistest.
Und Eines zeigt sich unmittelbar und ohne weitere Bastelei: Der cleane Kanal weiß voll zu überzeugen! Was für ein direkter, puristischer Sound! Sämtliche angeschlossene Gitarren klingen unverfälscht und ihre jeweilige Charakteristik kommt klar zum Vorschein. Erreicht wird dieser Sound, weil das Eingangssignal ohne Umwege direkt zur Endstufe geschickt wird und nur diese für den Ton verantwortlich ist. Eine tolle Erfahrung. Und wenn der Sound nicht gefällt, sollte man darüber nachdenken, eine andere, passendere Gitarre anzuschließen. Je lauter der Amp “gefahren“ wird, desto mehr klinken sich die EL34 ins Geschehen ein. Dazu muss ich allerdings bemerken, dass der kleine Combo schon sehr ausgewachsen klingt. Will sagen, er ist sehr laut, denn 30 Röhrenwatt sprechen hier eine ganz eindeutige Sprache. Der Trend geht ja ohnehin zu leistungsschwächeren Amps, um wesentlich ohrschonender in den Genuss der Endstufenzerrung zu gelangen. Wie gesagt, in diesem Fall ist das immer noch ziemlich laut, aber natürlich kein Vergleich zu einem 50 oder gar 100 Watt Amp.
Um zu demonstrieren, wie der Amp auf verschiedene Pickup-Einstellungen reagiert, habe ich meine Tele mit eingebautem Vierweg-Umschalter eingestöpselt und spiele dieselbe Linie, aber ändere in jedem Durchgang die Tonabnehmerposition, beginnend mit dem Hals-Pickup.

Audio Samples
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Clean – Tele 4-Wege

Sehr dynamisch und ohne viel Schnörkel zeichnet sich der jeweilige Sound ab. Man hört praktisch 100% Gitarre. Das gefällt mir sehr gut. Jede Umschaltung der Tonabnehmer entfaltet eine neue Soundwelt und es macht Spaß, sich davon inspirieren zu lassen. Ich vermisse die Klangregelung in diesem Kanal überhaupt nicht. Mal schauen, was der kleine Rocker von funky Riffs hält.

Audio Samples
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Clean – Tele Funk

Auch das meistert er mit Bravour. Satt und äußerst dynamisch drückt er die gespielten Riffs an die frische Luft. Einen gewissen Hang zu den unteren Mitten ist durchaus hörbar, aber, wie ich finde, sind es genau die Frequenzen, die einem Verstärker seine Seele geben.

Der Dirty Channel ist an Flexibilität kaum zu schlagen. Der Regelweg ist in drei Sektionen unterteilt. Hier ist so ziemlich alles möglich, von Blues über Crunch bis hin zu satten High-Gain Rocksounds. Dazu habe ich meine alte Les Paul und zum anderen meine Strat mit Jeff Beck Humbucker angeschlossen. Und siehe da, es klingt genau so, wie es soll, und auch hier fühlt er sich pudelwohl und geht rotzfrech zur Sache.

Audio Samples
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Crunch – Strat JB

Der Attack macht sich mit einem wunderschönen Schmatzen bemerkbar, bevor der Ton zu singen anfängt. Je weiter ich den Gain aufdrehe, umso dichter wird die Verzerrung, matscht aber nie.

Audio Samples
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High Gain – Les Paul

Mit seinem kehligen, leicht belegten Sound mischt sich der Amp live hervorragend, da er seinen Platz im Bandgefüge automatisch findet und niemandem so richtig auf die Füße tritt. Was nichts anderes meint, als dass sich der Rocker 30 zwischen Bass und Vocals und für ein fettes Fundament sorgt. Jeder Anschlag wird mit einem Schmatzen quittiert.

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FAZIT

Viele Musiker und Tontechniker glauben ja immer noch, dass nur ein großer Stack mit viel Leistung viel Sound macht. Das mag stimmen, wenn allein die Lautstärke zählt. Der Rocker 30 beweist umso eindrucksvoller, dass schiere Größe nicht alles ist. Was aus diesem kleinen 30 Watt Combo herauskommt, ist schon bemerkenswert. Ultradirekte Clean- und fette Crunch- bis High-Gain-Sounds machen ihn zu einem wahren Soundmonster. Wie schon erwähnt, ist dieser kleine Combo durchaus in der Lage, auch in einer lauten Rockband zu bestehen.
Er kann sanft säuseln, aber auch Zähne zeigen, wenn es sein muss. Die Tonwandlung ist exzellent und ich würde diesen kleinen Schreihals sogar einem ausgewachsenen Stack vorziehen. Alles in allem sehr empfehlenswert.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Puristischer Clean Kanal
  • Flexibler Dirty Kanal
  • Verarbeitung
  • Sound
  • Gewicht
Contra
  • Anschlüsse kopfüber angebracht.
  • Kein Fußschalter im Lieferumfang
Artikelbild
Orange Rocker 30 Test
Für 681,00€ bei
Technische Daten Orange Rocker 30C
  • Hersteller: Orange
  • Röhrenbestückung: 3 x ECC83 / 12 AX7, 2 x EL34
  • Lautsprecher: 1 x 12“ Celestion Vintage 30
  • Speaker Outputs: 1 x16 Ohm, 2x 8 Ohm
  • Kanäle: 2 – Natural / Dirty
  • Kanalumschaltung: ja
  • Gewicht: 24,5 kg
  • Abmessungen: 545 x 450 x 285 mm (B x H x T)
  • Preis: 1112,00 Euro UVP
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