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Orange Micro Dark Test

Der Orange Micro Dark ist der lebende Beweis dafür, dass Orange nicht mehr nur für die großen und auffälligen Röhrenamps und Boxen steht, die die Marke berühmt gemacht haben. Seit der britische Traditionshersteller vor einigen Jahren auf den Zug der kleinen Röhrenamps aufsprang, manifestiert sich die Verstärkerschrumpfung auch bei ihm mit einer ganzen Reihe interessanter Amps, die mit Namen wie Micro Terror, Tiny Terror, Dark Terror und in der Bassabteilung mit dem Bass Terror deutlich zeigen, wo die Fahrt hingeht.

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Der brandaktuelle Zuwachs der Zwergenfamilie firmiert unter der Bezeichnung Micro Dark, ein Topteil, das mir samt passender Box zum Test geliefert wurde. Der Amp gilt als Weiterentwicklung des Micro Terror 20. Wo genau die Unterschiede liegen, soll dieser Test ans Licht bringen.

Details

Optik/Verarbeitung

Orange Amps gibt es bekanntlich schon seit längerem nicht mehr ausschließlich in Orange, und das trifft auch auf den Micro Dark zu. Sein Metallgehäuse ist komplett schwarz lackiert und besteht – will man es salopp ausdrücken – bis auf die Frontseite im Grund aus unzähligen Lüftungsschlitzen mit etwas Metall dazwischen. Und die werden wohl auch nötig sein, denn im Inneren des kleinen Amps glüht eine ECC83 Vorstufenröhre, deren Signal von einer Transistorendstufe auf satte 20 Watt verstärkt wird. Keine Frage, dass es dabei durchaus etwas heißer hergehen kann und jede frische Brise hochwillkommen ist. Ein Metallbügel an der Oberseite dient als Griff, an dem der Amp sehr komfortabel transportiert werden kann, was bei erstaunlich mageren 810 Gramm tatsächlich keine Mühe bereiten sollte. Und auch die Abmessungen machen der Bezeichnung Micro alle Ehre und erweisen sich wie beim Micro Terror mit 165 mm x 135 mm x 92 mm als äußerst handlich.

Fotostrecke: 3 Bilder Auch wenn das Gehäuse schwarz lackiert wurde, ist es doch ein waschechter Orange

Vier Gummifüße halten das Top sicher am Platz, während rückseitig ein 8 Ohm Lautsprecherausgang, ein Anschluss für das mitgelieferte 15V 2A DC Netzteil und ein serieller FX-Loop warten. Und damit haben wir auch schon die ersten Neuerungen enttarnt, denn im Vergleich dazu benötigt der Micro Terror 20 eine 4 Ohm Box und einen Effekteinschleifweg sucht man bei ihm vergeblich.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Rückseite des Micro Dark

Ein Blick auf die Vorderseite zeigt die Orange-typischen Kryptogramme über den drei Potis, die für Volume, Gain und Shape zuständig sind. Letzterer ist ebenfalls neu, beim Micro Terror sorgt ein Tone-Regler für die individuelle Klangjustierung. Aber auch am Gain wurde geschraubt, denn der Amp soll nun über mehr Reserven verfügen als sein Vorgänger. Der neue Shape-Regler arbeitet laut Hersteller wie ein Mid Scoop, nach rechts gedreht erhöhen sich die Bass- und Höhenanteile, wobei das Mittenbild in den Hintergrund tritt, nach links taucht es wieder auf und soll den klassisch-britischen Sound liefern. Ein Fall für den Praxisteil! Ganz rechts an der Front die Eingangsbuchse für die Gitarre, ganz links der An/Aus-Schalter. Außerdem verfügt unser Kandidat wie sein Vorgänger über einen frequenzkorrigierten Kopfhörerausgang. Allerdings hat es der Aux-Eingang des Micro Terrors nicht ins aktuelle Setup geschafft, auf ihn wurde beim Micro Dark verzichtet.

Fotostrecke: 3 Bilder Power-Schalter und Phones-Buchse

Ich fasse noch einmal zusammen:
Der Micro Dark verfügt über mehr Gain als der Vorgänger Micro Terror, neu ist der FX Loop, statt des Tone- gibts einen Shape-Regler und statt einer 4- kann jetzt eine 8 Ohm Box angeschlossen werden. Und nachdem es auch verarbeitungsmäßig absolut nichts an dem in China gefertigten Amp zu bemängeln gibt, wollen wir uns nun das passende Cabinet einmal näher anschauen.

PPC 108 Cabinet

Im Grund eine alte Bekannte, diese Lautsprecherbox, denn sie hat ihren bonedo-Test bereits bei meinem Kollegen Thomas Dill absolviert, als der den Micro Terror zusammen mit ihr in die Mangel nahm. Es gibt sie nun auch in Schwarz, sodass sie auch äußerlich perfekt zum Topteil passt. Genau genommen handelt es sich bei ihr um eine auf 260 x 260 x 165 mm geschrumpfte Version einer großen 4×12″ Box. Das Holzgehäuse ist mit schwarzem Tolex bezogen, zwei goldene Pipings sorgen für das gewisse optische Etwas. Die hellbraune Frontbespannung kennt man auch von den großen Brüdern. Transportiert wird mithilfe eines Kunststoff-Tragegriffs an der Oberseite des Gehäuses. Die Rückwand der geschlossenen Box wird von sechs Schrauben gehalten. Werden diese entfernt, erblickt man einen Orange “Voice of The World” Speaker, der satte 20 Watt an 8 Ohm liefert. Damit die Box sich nicht selbständig macht, sorgen vier Gummifüße für einen sicheren Stand, die Ecken sind mit schwarzen Metallschonern bestückt. Auch hier gibt es verarbeitungsmäßig nichts zu beanstanden.

Fotostrecke: 5 Bilder Die PPC 108 kommt nun passend auch mit schwarzem Tolex-Bezug
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Praxis

Ich teste zuerst die Kombination Micro Dark/PPC 108 Cabinet mit einem SM57, später werde ich das Topteil an eine 2×12″ Box anschließen, die ich ebenfalls mit einem SM57 abnehme. Alle Audiofiles werden nicht weiter bearbeitet, EQs, Kompressoren oder Hallgeräte kommen nicht zum Einsatz, und falls doch, weise ich darauf hin.
Los geht es mit einigen Cleansounds. Dazu verwende ich eine Tele und stelle den Gainregler auf 10 Uhr, Shape und Volume zeigen auf 12 Uhr. Die Einstellung bleibt bei beiden Beispielen gleich, ich verwende lediglich unterschiedliche Pickup-Kombinationen.

Audio Samples
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Soundbeispiel 1 – Clean 1 Soundbeispiel 2 – Clean 2

Der Amp geht ziemlich knackig zur Sache und erzeugt einen verhältnismäßig lauten, mittigen Cleansound. Alle Attacks kommen punchy und klar gezeichnet aus dem Speaker, der abgenommen einen ziemlich guten Eindruck macht. Durch seine 8″ Größe ist er sehr antrittsschnell, kann aber natürlich nicht das Bassfundament liefern, das man von einer 10″ oder 12″ Box gewohnt ist. Für funky Cleansounds aber durchaus prädestiniert!
Ich drehe jetzt den Gainregler weiter auf 12 Uhr und erzeuge einen Crunchsound. Im ersten Beispiel ist die Tele wieder zu hören, im zweiten greife ich bei gleicher Einstellung zur Les Paul.

Audio Samples
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Soundbeispiel 3 – Crunch 1 Soundbeispiel 4 – Crunch 2

Hier lässt sich gut heraushören, wie der Amp auf verschiedene Gitarren reagiert. Der Sound ist eindeutig britisch gefärbt, das Höhenbild ist leicht kratzig und die Mitten punchy. Natürlich bleibt der Klang wegen des kleinen Lautsprechers etwas eng, was aber kein Nachteil sein muss! Gerade im Studio entstehen so interessante Sounds, die sonst nur mithilfe eines EQs machbar sind und dann auch nur als Kompromiss funktionieren.
Jetzt drehe ich den Gainregler auf 15 Uhr und erzeuge so einen satten Rock-Crunchsound. Shape und Volume stehen nach wie vor auf 12 Uhr.

Audio Samples
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Soundbeispiel 5 – Rock-Crunchsound
Dieses Micro-Stack ist definitv kein Spielzeug
Dieses Micro-Stack ist definitv kein Spielzeug

Heraus kommt eine satte Zerre mit britischer Färbung, die mir sehr gut gefällt. Die Les Paul wird fett und direkt wiedergegeben, einzig das Bassfundament bleibt recht dünn, aber wie gesagt, wir haben es hier mit einem 8″ Speaker zu tun. Der aber erledigt seinen Job wirklich sehr gut und hebt die Mitten hervor, was naturgemäß für ein besseres Durchsetzungsvermögen innerhalb eines Songs sorgt.
Es wird Zeit, ein wenig am Shape-Regler zu drehen, wobei hohe Gain-Settings am sinnvollsten sind, denn so lässt sich seine Funktionsweise besser darstellen. Dazu spiele ich immer wieder dasselbe Riff und drehe das Poti währenddessen von ganz links über 10, 12 und 14 Uhr abschließend ganz nach rechts.

Audio Samples
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Soundbeispiel 6 – Funktionsweise Shape-Regler

Deutlich ist zu hören, wie effektiv der Shape-Regler ins Geschehen eingreift. Je weiter nach rechts er sich bewegt, desto mehr werden die Mitten ausgehöhlt.
Nun darf der kleine Amp an einer 2×12″ Box mit Vintage 30 Speakern zeigen, was in ihm steckt. Einmal clean mit der Tele und einmal mit Vollgas und der Les Paul.

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Soundbeispiel 7 – Amp mit 2×12″ Box – Tele clean Soundbeispiel 8 – Amp mit 2×12″ Box – Les Paul High Gain
Anhand des Größenvergleichs mit einem iPhone 6 kann man sich ganz gut ein Bild von den Dimensionen machen
Anhand des Größenvergleichs mit einem iPhone 6 kann man sich ganz gut ein Bild von den Dimensionen machen

Ah! Da geht förmlich die Sonne auf! Der Amp fängt plötzlich an zu atmen und erzeugt einen großen, klar definierten Ton.
Damit auch die Herrschaften aus der Hart- und Heftig-Fraktion erfahren, ob der Amp auch für sie taugt, hier ein Beispiel mit einer auf Drop D gestimmten Paula. Der Shape-Regler befindet sich ganz rechts.

Audio Samples
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Soundbeispiel 9 – Les Paul mit Drop-D Tuning

Die Klangregelung arbeitet wirklich sehr effektiv und liefert den beliebten “Scoop”-Sound.
Abschließend ein kleines Lead-File. Ich verwende auch hier die angeschlossene 2×12″ Box und eine kleine Prise Hall. Ansonsten ist wie bei allen anderen Beispielen keinerlei EQ, Kompressor oder ähnliches in der Signalkette.

Audio Samples
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Soundbeispiel 10 – Lead-Sound

Insgesamt macht der Micro Dark an der 2×12″ eine tolle Figur, der Sound besitzt Charakter, setzt sich gut durch und es macht einfach Spaß, mit ihm zu jammen und aufzunehmen. Er erzeugt mit der größeren Box eine beeindruckende Lautstärke, die auch mit einer lauter spielenden Band mithalten kann.
Abschließend noch ein paar Worte bezüglich Effekteinschleifweg und Kopfhörerausgang. Ersterer arbeitet wie weiter oben bereits erwähnt seriell und komplett unauffällig im Gegensatz zum Kopfhörerausgang, der leider nur einen bedingt brauchbaren Klang liefert, da er in den Höhen ziemlich hart ist.

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Fazit

Orange hat es mit dem Micro Dark geschafft, dem beliebten Vorgänger, dem Micro Terror, noch eins draufzusetzen. Der Amp liefert satte 20 Watt, die je nach verwendeter Box ganz schön viel Luft bewegen können. Aber auch mit dem passendem Cabinet samt 1×8″ Speaker kann der Amp zumindest beim Hausgebrauch oder im Studio begeistern. Er liefert mehr Gain, verfügt über einen Effekt-Einschleifweg und einen Shape-Regler, der die klangliche Grundcharakteristik tatsächlich, anders als ein Tone-Poti verändert. Lediglich der Kopfhörersound ist mit seinen harschen Höhen nur bedingt brauchbar. Ansonsten gilt: Die Verarbeitung ist gut, der Amp klingt super und auch der Preis stimmt. Was will man mehr? Anspieltipp!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Sound
  • Shape Regler
Contra
  • Kopfhörer-Sound
Artikelbild
Orange Micro Dark Test
Für 218,00€ bei
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Technische Spezifikationen Micro Dark Topteil
  • Micro Dark Topteil
  • Hersteller: Orange
  • Bezeichnung: Micro Dark
  • Herstellungsland: China
  • Röhrenbestückung: 1x ECC 83
  • Endstufe: Transistor
  • Leistung: 20 Watt
  • Kanäle. 1
  • Gewicht: 810 Gramm
  • Abmessungen: 165 mm x 135 mm x 92 mm
  • FX Loop: Ja
  • Besonderheiten: Kopfhörerausgang
  • Preis: 235.00 € UVP
Orange_Micro_Dark_033FIN
Technische Spezifikationen PPC 108 Cabinet
  • Hersteller: Orange
  • Bezeichnung: PPC 108
  • Herstellungsland: China
  • Gewicht: 3604 Gramm
  • Abmessungen: 260 x 260 x 165 mm
  • Speaker: Orange 8“ Voice of The World
  • Preis: 105,00 € UVP
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Profilbild von Jan

Jan sagt:

#1 - 11.01.2024 um 10:28 Uhr

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Wie immer: Schöne Rezension, ich wäre wesentlich dümmer (dafür aber reicher...) wenn es diese Seite nicht geben würde. Habe mir den Amp geholt und bin begeistert. Was mich allerdings nicht so begeistert, ist die Tatsache, dass der Speaker nicht gebypassed wird wenn ich Kopfhörer anschließe. Also geht über Kopfhörer spielen nur wenn das Speakerkabel abgezogen wird. War das bei euch im Test auch so oder hat mein Amp evtl. einen Defekt? Was mich auch wundert ist der Sound über Kopfhörer generell. Ist wie in eurem Review beschrieben bei mir. Allerdings steht auf der Produktseite vom Amp etwas von CAB SIM 4x12 usw. Könnte das daran liegen, dass der Kopfhörerausgang Mono ist und man einen passenden Mono auf Stereo Adapter benötigt?

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