Orange Crush PIX 50BXT Test

Wahrscheinlich ahnte Cliff Cooper selbst nicht, welchen rasanten Aufstieg seine Firma in den Siebzigern nehmen sollte, als er sie 1968 gründete und ihr den Namen Orange verpasste. Zwar kannte man damals den Ausdruck „Boutique“ noch nicht, und schon gar nicht für etwas anderes als einen Laden mit aktuellen Modeartikeln, aber nach heutigem Verständnis würde man seine Amps genau in diese Kategorie einordnen. Denn die hochwertigen Gitarren- und Bassverstärker beeindruckten nicht nur mit ihren Soundqualitäten, sondern passten – nomen est omen – mit ihrem orangefarbenen, psychedelischen Outfit auch sehr gut in die Hippie-Ära. Als mit den Achtzigern bis auf einige wenige Exemplare auch die Hippies verschwanden, die Musikszene sich ein anderes Image zulegte und immer mehr Hersteller auf Transistor statt Röhre setzten, war auch für die auffälligen Verstärker der Briten kein Platz mehr und die Firma musste ihre Pforten schließen. Die Wende kam Mitte der Neunziger mit dem Erfolg von Rockbands wie Nirvana oder Pearl-Jam, die sich die alten Orange-Amps wieder auf die Bühne stellten. Gibson wollte sich die Chance nicht entgehen lassen und brachte Re-Issues der legendären Amps aus den Siebzigern auf den Markt, später übernahm Cliff Cooper wieder selbst das Ruder und führte die Firma mit komplett neu designten Amps erneut zum Erfolg.

Um auch Musiker zu erreichen, die sich die teuren Röhrenverstärker nicht leisten konnten, präsentierte Orange 2001 die in Korea gefertigte Einsteigerserie „Crush“. Für den Bassisten bietet diese Serie momentan drei Combo-Modelle, den kleinen 25BT, den nagelneuen 100BXT und meinen Testkandidaten, den 50BXT. Der will mit seinen 50 Watt und einem 12-Zoll-Lautsprecher im Terrain der Wohnzimmer- oder Proben-Combos mitmischen und wir wollen wissen, wie er sich dort schlägt.

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Details

Wie alle Amps der britischen Firma kommt auch der 50BXT in der legendären Orange-Optik mit hohem Wiedererkennungswert. Das geschlossene Sperrholzgehäuse ist mit orangefarbenem Kunststoff überzogen und die Ecken werden durch schwarze Metallkappen geschützt. Auf der Front sitzt das typische, mit schwarz-transparentem Kunststoff überzogene und abnehmbare Lautsprechergitter inklusive Logo. Der kleine Hippie-Combo steht rutschfest auf vier Gummifüßen, zum Transport der 15,5 Kilo gibt es oben einen ausreichend stabilen Griff. Die Verarbeitung des Gehäuses und seiner Komponenten geht gemessen am Preis des 50BXT völlig in Ordnung, nichts wackelt oder scheppert.

Auch das Bedienfeld sieht aus wie bei den „großen“ Orange-Produkten. Die kultigen Piktogramme über den Bedienelementen weisen auf die Aufgaben der einzelnen Anschlüsse und Potis hin, die wiederum in der umgekehrten Reihenfolge als üblich angeordnet sind. Ob das irgendetwas mit dem Linksverkehr in England zu tun hat?
Rechts also die Eingangsklinke, gefolgt vom Gainregler, einem 3-Band-EQ mit Potis für Bässe, Mitten und Höhen, und last, but not least dem Master-Volume. Auf der linken Seite folgen vier Anschlüsse, eine Miniklinke als Aux-In für MP3-Spieler oder andere externe Quellen, ein Klinken Line-Out zum Aufnehmen oder fürs Mischpult, eine Klinkenbuchse mit der Bezeichnung „Speaker“ zum Anschluss anderer Boxen, wobei der interne Speaker abgeschaltet wird, genau wie beim Anschluss eines Kopfhörers an die entsprechende Buchse. Ein Stimmgerät gehört bei Combos mittlerweile in jeder Beziehung schon fast zum guten Ton, beim 50BXT in Form von LEDs, einer Aktivierungstaste und einer Stimmfunktion von C-H, also auch für 6-Saiter. Aber das ist denn auch schon das einzige Extra des kleinen Orange-Combos, vergleicht man ihn mit anderen Übungsamps in dieser Preisklasse, die mit Modeling-Technologie, allerlei Effekten und Rhythmusgeräten punkten wollen. Die Ausstattung der Crush-Amps bleibt insgesamt sehr auf das Wesentliche beschränkt.

Praxis

Abmessung und Gewicht gehen für einen Combo mit einem 12-Zoll-Speaker völlig in Ordnung, und so lässt sich der kleine Orange mit dem Griff an der Oberseite komfortabel von einem Einsatzort zum nächsten bewegen. Stimmgeräte in Bassverstärkern finde ich wirklich praktisch und bin um jedes Teil froh, das ich nicht extra zur Probe oder zum Gig mitschleppen muss. Der Tuner im 50BXT arbeitet mit einer automatischen Tonerkennung für die Töne C-D-E-F-G-A-B, die jeweils mit einer LED angezeigt werden, drei weitere signalisieren die richtige Tonhöhe. Die Tonhöhenerkennung arbeitet einwandfrei, da gibt es nichts zu meckern, allerdings schaltet der Taster zur Aktivierung des Tuners den Lautsprecher nicht ab, die Umwelt kommt also in den vollen Genuss des Stimmvorgangs, wenn der Amp nicht manuell leise gedreht wird.

Kommen wir zum Wesentlichen, dem Sound des kleinen koreanischen Briten. Was erwartet man von einem orangefarbenen Verstärker mit Linksverkehr-Bedienelementen? Rüchtüüch – einen cremigen Vintage-Röhrensound erster Güte. Mir ist natürlich klar, dass der 50BXT erstens ein Übe-Verstärker in der unteren Preisregion ist und zweitens weit und breit keine Röhre sein eigen nennt, sondern seine Kraft aus einer 50Watt Transistorendstufe bezieht. Trotzdem seht ihr mich etwas enttäuscht, dass der „Crush“ recht wenig von den legendären Sound-Eigenschaften der großen Orange-Amps geerbt hat. Er produziert einen sehr cleanen Sound, der, wenn überhaupt, nur durch seine stark betonten Mitten und die zurückhaltende Höhenausleuchtung an einen Vintagesound erinnert. Hinzu kommt, dass sich der 50BXT auch im Bassbereich eher schlank präsentiert, was insgesamt zu einem etwas mittigen, oder wie der Angelsachse zu sagen pflegt,  „boxy“ Klangverhalten führt. Eine typische Eigenschaft, die bei kleinen Combos öfter anzutreffen ist. Allerdings hätte unser Kandidat mit seinem Gehäusevolumen und dem 12er Lautsprecher die Vorraussetzungen, ausgewogener zu klingen. Sound ist natürlich immer hochgradig Geschmacksache und für manch einen wird der mittige Charakter genau das sein, was er sucht. Mit dem 3-Band-EQ sind allerdings auch keine radikalen Eingriffe möglich, um den Klang in eine andere Richtung zu bewegen. Der wirkt Orange-typisch sehr milde und harmonisch, macht den 50BXT aber nicht zum Sound-Chamäleon.

Die Lautstärke, die der Crush produziert, reicht allemal für die vorgesehenen Einsatzbereiche wie Übungseinheiten zu Hause oder dezentere Sessions im Proberaum, für einen Gig mit einem mittellaut spielenden Schlagzeuger ist er allerdings zu schmalbrüstig, um noch einen soliden Basston zu produzieren. Bei höheren Lautstärken greift dann auch ein Limiter oder Kompressor hörbar in das Klanggeschehen ein und schützt den Speaker vor allzu heftigen Pegelspitzen. Mithilfe der Audio-Samples könnt ihr euch einen ungefähren Eindruck über den Sound verschaffen, hierfür habe ich das Signal aus dem Line-Out des 50BXT aufgenommen und mit dem mikrofonierten Signal gemischt.

Audio Samples
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Crush 1 Crush 2

Der Orange Crush 50BXT tritt gegen eine große Konkurrenz in der Klasse der Einsteiger-und Übungs-Combos an, die oft mit einer üppigen Ausstattung punkten wollen. Orange versucht erst gar nicht, mit den „bells and whistles“ anderer Hersteller zu konkurrieren. Mit dem Crush 50 bietet man einen sauber verarbeiteten und sehr einfach zu bedienenden Amp für Einsteiger an, der sich schon alleine durch seine auffällige Optik von der Masse abhebt. Aber nicht nur die Optik, auch der Sound ist sehr markant und wird trotz oder gerade wegen seiner starken Mittenbetonung seine Freunde finden. Ich persönlich würde mir bei einem Transistoramp eine ausgewogenere und neutralere Abstimmung und mehr Flexibilität im Sound wünschen.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • markante Optik
  • Stimmgerät
Contra
  • starke Mittenbetonung des Klangs
  • spartanische Ausstattung
Artikelbild
Orange Crush PIX 50BXT Test
Für 229,00€ bei
Orange_Crush50BXT_07FIN
Facts
  • Hersteller: Orange
  • Herstellungsland: Korea
  • Leistung: 50Watt@4Ohm
  • Lautsprecher: 1×12 Zoll
  • Anschlüsse: Klinkenanschlüsse für Instrument, Line-Out, Speaker und Kopfhörer, Miniklinken-Aux-Eingang
  • Regler: Volume, High, Mids, Bass, Gain
  • Sonstiges: Stimmgerät automatisch CDEFGAH
  • Masse: 420 x 460 x 270 mm
  • Gewicht: 15,5kg
  • Preis: 235,- Euro (UVP)
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