Native Instruments Traktor Kontrol S4 Test

Details

Die stylische Verpackung fördert folgenden Inhalt ans Tageslicht: Einen S4-Controller, ein USB-Kabel, ein Netzteil mit Adapterstücken sowie eine DVD mit Installationsdateien und Sample-Content. Dazu gehören unter anderem hauseigenes Native-Material, 40 Original-Loops und 10 Tracks aus dem Loopmasters-Studio. Ein fünfsprachiger illustrierter Setup-Guide erklärt auf je 40 Seiten alle nötigen Schritte zur Inbetriebnahme des Produktes. Selbst wer noch nie MIDI-Hardware zwischen den Fingern hatte und sich erstmalig durch Softwareinstallation, Setup und den eigenwilligen Registrierungsprozess hangeln muss, findet sich mit diesem vorbildlichen Leitfaden zurecht. Besonders zu erwähnen ist auch ein beidseitig bedrucktes farbiges DINA2 Poster, das einen Überblick über die Hardwareeigenschaften und Funktionszuweisungen liefert.

Fotostrecke: 2 Bilder

Der S4 misst 32 x 50 x 5 Zentimeter und bringt ein Lebendgewicht von lediglich 3,4 Kilo auf die Waage. Zum Vergleich wiegen der Denon MC-6000 etwa 4,6 Kilo und der American Audio VMS4 ganze zwölf Pfund. Rückenschmerzen sollten also kaum ein Thema sein, wenn man mit der Soundmaschinerie zu nächtlichen Einsätzen aufbricht. Nur der Rucksack selbst könnte ein Problem darstellen, denn so ohne weiteres passt die mattschwarze DJ-Flunder nicht in herkömmliche Kaufhaus-Konfektionsgrößen. Das ruft den Hersteller auf den Plan und fußt in einem 179 Euro Vollmetall-Case mit eingebautem Laptop-Stand. Sehr praktisch. Eines sollte jedem allerdings klar sein. Obwohl unser Testkandidat für den mobilen Einsatz konzipiert ist, nimmt er mehr Stellfläche als ein Plattenspieler ein und passt in kleineren Kanzeln nicht mal so eben neben den Mixer oder links oben auf den 1210-er Deckel. 

Fotostrecke: 2 Bilder American Audios VMS4 ist u00e4hnlich grou00df, wiegt aber fast das Doppelte

Die Leidenschaft zum Produkt von Seiten der Konstruktionsabteilung ist unverkennbar. Design und Farbkonzept sind zeitlos elegant, die Komponenten sitzen in einem flachen und sauber verarbeiteten Kunststoffgehäuse mit anthrazitfarbenen Aluminiumblenden in den Deck- und Effektsektionen. Ein Trockenlauf über die Bedienelemente zeigt griffige Fader und sanfte Potis. Die Konstrukteure setzen auf visuelles Feedback und verbauen milchige Buttons und Displays in den beiden Kreativ-Zentralen. Zudem haben auch die schwarzen Schaltflächen transparente Aussparungen erhalten. Wie schon die DJ-Interface-Reihe, hat der S4 im zentralen Mischpult einen Plexiglas-Aufsatz verpasst bekommen. Sieht absolut schick aus, wird jedoch schnell zur Fingerabdruckfalle. Wahrlich nichts für Protagonisten mit Putzfimmel. Und natürlich ist man auch vor Kratzern nicht gefeit. Wenn ich da so an das Sandaufkommen im Case nach mancher Strandbar-Session denke… Auf der anderen Seite hatte mein VCI-100 trotz Metallbody und gepolsterter Neoprenhülle durch den ständigen Auf- und Abbau ebenfalls schon nach einem Jahr mit Schrammen und Potikappenabrieb zu kämpfen. Im exklusiven Heim- oder Studioeinsatz sieht das zweifellos anders aus.

Frontpanel
An der Vorderseite ist ein 6,3 Millimeter-Kopfhörer-Ausgang angebracht. Daneben befinden sich die obligatorischen Regler für den Headphone-Mix und Pegel, sowie die Mikrofonlautstärke.  Wenngleich beim American Audio VMS4 oder dem Denon MC-6000 ähnlich, könnten intensive Cuemixer die Position bemängeln. Vom Gros der MIDI-Controller und Clubmixer ist man ja eher gewohnt, dass die Vorhöre links außen auf der Mixeroberfläche beheimatet ist. Aber die Frontkonstruktion schafft Raum auf der Bedienfläche und der kommt nicht nur Wurstfingern zugute. Die Baugruppe unter den Browser, Loop-Rekorder oder auf die Flanken zu verlegen wäre in meinen Augen keine gute Lösung für den S4. Wer seine idealen Einstellungen sowieso im Vorfeld festlegt und diese nur in Ausnahmefällen ändert, kann sämtliche Buttons im Gehäuseinneren versenken, sodass sie nicht versehentlich durch äußere Einflüsse verstellt werden.

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Backpanel
Das Anschlussfeld an der Rückseite offeriert zwei geklonte Master-Ausgänge in Form symmetrischer Klinken und asymmetrischer Cinch-Buchsen. Schade, dass keine XLR-Ausgänge verbaut wurden. Mit einem Satz Adaptern in der Tasche kann der DJ also nichts falsch machen und ist für professionelle PAs und Monitoranlagen gleichermaßen gerüstet. Meiner Meinung nach hätte den Klinkenbuchsen ein fest sitzender Metallring statt einer Kunststoffvorrichtung aus Gründen der Haltbarkeit und der Kontaktsicherheit besser zu Gesicht gestanden. Wer CDJs oder Turntables einschleifen will, kann dies über je zwei Stereo-Cinch-Eingänge realisieren. Die Erdungsschraube sitzt neben den Masterausgängen. Abweichungen in der Signalintensität zwischen Kanal C und D waren nicht zu verzeichnen. Channel C lässt sich entweder im Phono- oder Linemodus betreiben. Für Channel D ist zusätzlich ein Emergency-Switch verbaut, der im Falle eines Systemcrashs zum Beispiel einen Notfall-iPod oder einen örtlichen Clubmixer direkt an die PA durchreicht. Der Erste-Hilfe-Eingang verfügt wie der Mikrofonweg über einen separaten Lautstärke-Regler. Obendrein verbauen die Hersteller DIN-Steckplätze für Standard-MIDI-Gerätschaften (IN/OUT) und einen Fußschalter-Anschluss. Vom Pedal bis zur synchronisierten Maschine könnt ihr also das volle Register ziehen. Ein USB-Port, eine Netzteilbuchse und ein Einschaltknopf runden das anschlussfreudige Backpanel ab.  

Phono-Preamps, Mikrofonport, MIDI-Buchsen – volle Fahrt voraus!

Aufbau
Äquivalent zur Softwareansicht sind die Effektsektionen in der oberen Konsolenzeile beheimatet. Die Regler steuern Effekt-Parameter prozentgenau und ihre Deadzones sind mit etwa 10 Grad an den Extrempositionen erfreulicherweise klein ausgefallen. Unter Verwendung von SHIFT können die FX-Taster vom Anwender verordnete Effekttypen direkt laden. MODE wechselt zwischen Solobetrieb und Daisy-Chain, scharfgeschaltet wird am Kanalzug. Etwas weiter südlich kommen die Multifunktions-Jogdials zum Vorschein, an deren oberen Flanken die Schaltflächen zum Befüllen und Wechseln der Decks verbaut sind.

Fotostrecke: 2 Bilder Effektsektion an prominenter Stelle

Jogwheels
Die Qualität und Präzision der Jogwheels stellt bei vielen potentiellen Käufern ein entscheidendes Kriterium dar. Im Idealfall liegen die Teller gut in der Hand, können scratchen und unterstützen präzises Beatmatching, was ich dem Testkandidaten absolut attestieren kann. Die S4-Dials lösen laut Hersteller mit 1000 Schritten pro Umdrehung auf. An der Außenseite wird standesgemäß gebremst und beschleunigt und sie kommen innerhalb kürzester Zeit nach einem Manöver wieder zum Stehen. Prima! Native Instruments nutzt nach eigenen Angaben ein patentiertes abnutzungsfreies magnetisches Bremssystem, welches gleichbleibende Haptik über die volle Lebensdauer verspricht. Um die Scratch-Funktion auszulösen wird wie bei einem Turntable oben auf die Platte gedrückt. Die aufgerauhten Jogwheels haben praxistauglichen Grip, die Außenränder sind zudem mit Führungsriffeln besetzt. Sicherlich gibt es Scratch-Profis, die zu Recht behaupten Jogwheels sind für einige Techniken ungeeignet (damit hatte auch der NS7 trotz 7-Zoll-Echtvinyl zu kämpfen) und können einer 12-Inch daher nicht ebenbürtig sein. Vielleicht hätten die Konstrukteure auch ein paar Zentimeter mehr Durchmesser rauskitzeln können, aber selbst ein Ellenbogen-Scratchtest gelang – ohne dass eine Nadel versehentlich beim Aufsetzen versprungen wäre. Zu beachten ist jedoch: Drückt der DJ unsachgemäß fest auf, schleifen die Jogs ein wenig auf der inneren Gehäuseoberfläche. Ihr Wirkungskreis ist jedoch nicht nur auf Tempomanipulationen festgelegt, vielmehr sind sie auch in der Lage Effektattribute zu steuern oder das bipolare Kanalfilter zu dirigieren. Dies geschieht im Hold-Modus, der ein Zurücksetzen auf den vorherigen Wert bewirkt, sobald der DJ die Jogwheel-Oberfläche loslässt.

Hi-Res Jogwheels mit Scratchfunktion

„Transcueloompler-Sektion“
Da haben sich die Produzenten aber mächtig ins Zeug gelegt. Sieht man einmal vom Knöpfchenwunder 4MIDIlopp aus dem Hause Glanzman / Faderfox ab, bekommen wir hier wohl eine der aktuell umfangreichsten und spannendsten Transcuesampler-Sektionen am Markt serviert. Die untere Reihe ist mit Basisfunktionen zur Tracksteuerung inklusive Sync, Master und Keylock ausgestattet. Eine Zeile darüber sind vier Speicherplätze aufgereiht, die für Hotcues blau leuchten und grün illuminieren, wenn sie Loops enthalten. Um einen Cue-Punkt zu setzen, muss der DJ lediglich zum gewünschten Zeitpunkt auf einen freien Button drücken und kann dann mit erneutem Betätigen immer wieder diese Stelle anfahren – wenn er möchte, sogar beatsynchron. Ein Loop wird auf die gleiche Weise zugewiesen, sofern man sich innerhalb dessen Flanken wähnt. Standardmäßig legen IN und OUT manuelle Loops an. Der Einsprungpunkt kann über das Jogwheel feinjustiert werden, indem die Loop-In-Taste während der Bewegung niedergedrückt bleibt. Der Endpunkt ist über OUT zugänglich. So lassen sich zum Beispiel Vocal-Parts besser einfangen oder Solo-Instrumente herauslösen. Wer keine manuellen Schleifen setzt, der kann die Pads mit vier- und achttaktigen Zyklen versehen. Natürlich gehören auch die beliebten Autoloops fest zum Programm.

Zunächst gilt es, mit dem rechten Encoder eine Länge zwischen 1/32 und 32 Beats auszuwählen und per Druckauslöser einzuschalten. Die Anzeige erfolgt im LED-Block des Deck-Displays über dem rechten Loop-Encoder. Der linke Rasterknopf verschiebt den Loop oder Beat um den voreingestellten Wert. Das Deck-Display zeigt obendrein an, welcher Layer gerade aktiv ist und ob es sich dabei um ein Sample- oder normales Deck handelt und wie es um Keylock und Master bestellt ist. Ist der Channel-Fader oben, signalisiert es ONLINE. Toll.

Fotostrecke: 2 Bilder Zur Freude des Live-Remixers…

So einfach, wie sich Loops und Positionsmarkierungen erstellen lassen, werden sie per SHIFT gelöscht. Das gilt auch für die Samplepads. Samples werden entweder ins Deck geladen oder per Tastendruck auf einen freien Slot extrahiert und können anschließend über die Schaltflächen abgespielt werden, selbst dann, wenn der Akteur gerade auf dem Hauptdeck arbeitet. Im Gegensatz zum One-Shot ist die Datei im Loop-Modus zum Masterdeck synchronisiert. Wechselt der Protagonist auf das Sampledeck, hat er weiterführende Interaktionsmöglichkeiten. Dazu gehören Simultanstart und -stop, Einzelwiedergabe und Muting einzelner Sounds. Samplelängen-Potenzierung erfolgt über die Tasten IN und OUT. MOVE übernimmt die globale Lautstärke der Gruppe, SIZE das bipolare Team-Filter. Hierzu später noch mehr.

EQ- und Fader-Sektion
Kommen wir nun zum eigentlichen Herzstück der Kommandobrücke, dem Mixer. Jeder der vier Kanäle verfügt über einen voll ausgestatteten MIDI-Dreiband-EQ mit Gain und Filter. Die Drehregler sind angenehm hoch, fein auflösend und ermöglichen grazile Klangeingriffe. Das Kombifilter-Poti ist etwas flacher, breiter und nicht minder präzise geraten. Proportionen, die gefallen. Wer nicht mit Autogain arbeitet, pegelt die Songs per Encoder ein, was die siebenschrittigen leuchtblauen LED-Ketten neben den Channelfader mit einem äquivalenten Ausschlag quittieren. Das letzte Glied in der Kette ist wie immer signalrot. Die Kanalfader gleiten weich und orientieren sich mit 50 Millimetern Länge am Clubstandard. Der Crossfader ist von praxistauglicher Güte, lässt jedoch eine hardwareseitige Kalibrierung der Flankensteilheit vermissen.
Bei einer Investition von 900 Euro schmerzt es schon ein wenig, dass die Komponenten im Falle eines Defektes oder Verschleißerscheinungen nicht durch den Anwender ausgetauscht werden können.

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