MotU Stage-B16 Test

Motus Stage-B16 wurde als Stagebox in einem AVB(Audio/Video Bridging)-Netzwerk konzipiert.

Motu_Stage-B16_01Titel

Es stellt auf der Bühne oder im Aufnahmeraum 16 Eingänge und 12 Ausgänge bereit, lässt sich aber auch als Audiointerface betreiben. Ob es dazu die erste Wahl ist und wie das mit dem AVB-Netzwerk genau funktioniert, finden wir im Test heraus.
Die Firma Motu hat mittlerweile eine ganze Reihe an Interfaces im Angebot, die sich unter Nutzung des Audio/Video Bridging (AVB) Standards in umfangreiche Audionetzwerke einbinden lassen. Für Anwender, die mit sehr vielen Kanälen und/oder über größere Distanzen bzw. in mehreren Regie- und Aufnahmeräumen arbeiten, ist das hochinteressant. Lassen sich doch teure und mitunter komplexe Multicore-Verbindungen durch einfache und bis zu 100 Meter lange LAN-Kabel ersetzen.

Details

Typisch Stagebox: Alle Ein- und Ausgänge auf der Vorderseite

Ganz wie man es von einer Stagebox erwartet, sind alle Ein- und Ausgänge auf der Vorderseite untergebracht, ebenso die Netzwerkbuchse. Bei Rackmontage sind also nach wie vor alle Audioanschlüsse leicht erreichbar – ohne akrobatische Glanzleistungen oder Taschenlampe. Auf der Rückseite wurden lediglich Netzanschluss und -schalter verstaut sowie MIDI- und USB-Interface.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Motu Stage-B16 kommt im typischen Design einer 19”-Stagebox.

Die 16 Mikrofonvorverstärker bieten 63 dB Gain, pro Kanal schaltbare 48-V-Phantomspeisung und ein 20-dB-Pad. Dass hierfür keinerlei Bedienelemente am Gerät selbst vorhanden sind, passt in das Bild einer Stagebox. Die wenigsten Tontechniker werden Lust haben, immer wieder auf die Bühne oder in den Aufnahmeraum rennen zu müssen, um dort Einstellungen vorzunehmen. Das Stage-B16 verzichtet also auf die manuelle Steuerung der Preamps und setzt ausschließlich auf Fernsteuerung über Software.

Die 16 Analogeingänge des Stage-B16 laufen durch die Preamps.
Die 16 Analogeingänge des Stage-B16 laufen durch die Preamps.

Schade ist, dass keine Line-Eingänge vorhanden sind und alle analogen Eingangssignale durch die Mic-Preamps laufen. Der Hersteller empfiehlt beim Anschluss von Line-Quellen, die Pad-Schaltung der entsprechenden Kanäle zu aktivieren, wodurch sich nebenbei die Eingangs-Impedanz von 3 kΩ auf 4,5 kΩ erhöht. Einige echte Line-Ins oder Instrumenteneingänge würden dem Stage-B16 aber sicher gut zu Gesicht stehen.

Fotostrecke: 2 Bilder Wenn man den Kopfhörerausgang nicht mitzählt, kommt das Stage-B16 auf acht analoge und vier digitale Ausgangskanäle.

Das Stage-B16 als eigenständiges Audiointerface

Wird das Stage-B16 mit einem Rechner verbunden, lässt es sich wie ein herkömmliches Audiointerface betreiben. Gerade die 16 internen Preamps wirken für diese Anwendung außerordentlich verlockend. Mit digitalen Schnittstellen ist unser Testkandidaten allerdings recht spärlich ausgestattet, abgesehen von den AES/EBU-Ausgängen gibt es keine weiteren Digitalports. Wer Geräte über ADAT oder S/PDIF andocken will, sitzt also auf dem Trockenen. Es sei denn, er bindet weitere AVB-Geräte ein. Wer mit den stattlichen 16 Eingängen ohnehin zufrieden ist, hat damit natürlich kein Problem.

Fotostrecke: 2 Bilder m Gegensatz zur Gerätefront ist die Rückseite des Stage-B16 recht dünn besiedelt.

Das Stage-B16 als Teil eines AVB-Netzwerks

Als Stagebox innerhalb eines AVB-Netzwerks fühlt sich das Stage-B16 am wohlsten. Ein mögliches Szenario ist, ein Motu 1248 AVB oder das kleinere Ultralite AVB als zentrales Interface am Rechner zu verwenden und das Stage-B16 über eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung der AVB-Ports einzubinden. Man kann sich aber auch bei anderen Hersteller umsehen, denn bei AVB handelt es sich um einen offenen Standard, der nicht auf Motu beschränkt ist.

Zentrales Merkmal des Stage-B16: Die AVB-Ethernet-Schnittstelle.
Zentrales Merkmal des Stage-B16: Die AVB-Ethernet-Schnittstelle.

Das Stage-B16 als Standalone-Mixer

Der Einsatz als Standalone-Mixer ist vor allem für den Live-Einsatz interessant. Dazu reicht es prinzipiell aus, das Stage-B16 auf die Bühne zu stellen, die Ausgänge mit PA-Boxen und Monitoren für die Musiker zu verbinden und einen Rechner zum Mischen anzubinden. So lange nicht aufgenommen werden soll, genügt es sogar, einen WLAN-Router an die AVB-Schnittstelle zu hängen und sich drahtlos mit einem oder mehreren Computern und/oder Tablets einzuloggen. So kann sich jeder Musiker den eigenen Monitor-Mix über sein persönliches Tablet erstellen.

Im Gehäuse des Stage-B16 schlummern viele Talente, die es auch für Live-Anwendungen interessant machen.
Im Gehäuse des Stage-B16 schlummern viele Talente, die es auch für Live-Anwendungen interessant machen.

Praxis

Steuerung über Web-Browser

Nach der ganzen komplizierten Netzwerkgeschichte ist es mir eine Freude, zu etwas unkomplizierterem zu kommen: Die Steuerung des Stage-B16 bzw. eines kompletten AVB-Netzwerks läuft über einen normalen Web-Browser.

Hier wird das Stage-B16 über Mozilla Firefox gesteuert. Zugriff auf die Parameter der Preamps erhält man im unten sichtbaren Bereich.
Hier wird das Stage-B16 über Mozilla Firefox gesteuert. Zugriff auf die Parameter der Preamps erhält man im unten sichtbaren Bereich.

Einrichtungsassistent und Routing-Matrix

Um das komplexe Routing zu erleichtern, bietet das Stage-B16 wie viele AVB-Kollegen von Motu einen Einrichtungsassistenten, um mit wenigen Mausklicks die grundlegenden Einstellungen vorzunehmen.

Fotostrecke: 3 Bilder Für den Recording-Einsatz im Studio empfiehlt sich der Modus „Interface + Mixer“.

DSP-Mixing und Effektbearbeitung

Das virtuelle Mischpult bietet 48 Kanäle, zwölf Busse und eine DSP-basierte Effekt-Suite, die sich bis 96 kHz nutzen lässt. Es handelt sich um einen vollparametrischen Vierband-EQ plus Lowcut-Filter, ein Gate, zwei Kompressor-Modelle und einen Hall. Will man alle Effektparameter gleichzeitig sehen, braucht man einen extrem großen Bildschirm oder muss wiederum tüchtig scrollen. Glücklicherweise kann man aber nicht benötigte Elemente ausblenden, was Übersicht schafft.

Fotostrecke: 2 Bilder Da man nicht benötigte Elemente ausblenden kann, bleibt im internen Mischer die Übersicht gewahrt.

Recht neutraler und hochwertiger Klang

Dass die Preamp/Wandler-Kombination von Motu auf dem hohen Level von RME und Konsorten mitspielt, bestätigt sich beim Stage-B16 aufs Neue. Die Vorstufen verstärken das Signal aus dem Neumann M147 neutral und klingen im Direktvergleich mit dem RME Fireface zwar nicht ganz so offen, dafür aber etwas kräftiger in den tieferen Frequenzbereichen. Es handelt sich dabei aber um Nuancen, und in Abgrenzung zu deutlich färbenden Charakter-Preamps kann man in beiden Fällen von einem weitgehend neutralen Klang sprechen.

Audio Samples
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Vocals (Stage-B16) Vocals (RME Fireface) Vocals mit DSP-Effekten (Stage-B16)

Für den dritten Track wurde die Aufnahme durch EQ, Kompressor und Hall des Stage-B16 geschickt. Gerade beim Hall kann man sich gewiss Besseres vorstellen, aber zu erwarten, dass solche DSP-Systeme mit einem rechenintensiven High-End-Reverb ausgestattet sind, ist unrealistisch. Fürs Monitoring gehen die Effekte völlig in Ordnung.

Motus Stage-B16 während des Drum-Recordings
Motus Stage-B16 während des Drum-Recordings

Auch bei einer Schlagzeugaufnahme über zwölf Kanäle funktioniert das Stage-B16 sehr gut. Bei diesem Beispiel liegt ein Gate auf dem Kick-Out-Kanal und ein sehr vorsichtig zugreifender Peak-Limiter auf der Summe. Zum Einsatz kommen native Plug-ins, die rein technische Zwecke erfüllen und den grundlegenden Klang des Stage-B16 natürlich nicht verändern.

Audio Samples
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Drums (Stage-B16)

Flexible Latenz

Bei der Latenz schlägt sich das Stage-B16 bei USB-Verbindung mit einem Windows-Rechner hervorragend. Gleich zwei Dinge erstaunen: Zum einen liegt die minimale Buffer-Größe nicht bei 32 Samples, sondern bei sehr niedrigen acht Samples. Zum anderen ist es möglich, den sogenannten „Host Safety Offset‟, eine Art digitale Knautschzone zwischen Interface und Rechner, selbst anzupassen. Wer über ein schnelles System verfügt, kann also extrem gute Werte erreichen. Auf dem Testsystem (Windows 10, Intel Core i7-6700, 8 GB Ram) liefen Aufnahmen bei 44,1 kHz, einer Buffersize von 16 Samples und einem Host Safety Offset von 64 Samples anstandslos. Die Gesamtlatenz lag in diesem Fall unterhalb von 4 Millisekunden, und das ist ein wirklich sehr guter Wert, bei dem man besten Gewissens von „nicht spürbar“ sprechen kann. Bei umfangreicheren Projekten und Mixes steigt natürlich die Rechenlast, dank der flexiblen Möglichkeiten, lässt sich das Stage-B16 aber sehr gut an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen.

Eine Buffersize von 16 Samples und ein Host Safety Offset von 64 Samples sorgen bei 44,1 kHz für eine Gesamtlatenz von knapp 4 ms.
Eine Buffersize von 16 Samples und ein Host Safety Offset von 64 Samples sorgen bei 44,1 kHz für eine Gesamtlatenz von knapp 4 ms.

Fazit

Als zentrales Audiointerface leistet das MotU Stage-B16 dann gute Dienste, wenn möglichst viele analoge Ein- und Ausgänge in guter Qualität benötigt werden. Wer viel externes Equipment über digitale Schnittstellen einbinden möchte, ist an anderer Stelle besser beraten. Außerdem wird man gerade in kleineren Studios die Möglichkeiten eines AVB-Netzwerks ohnehin kaum ausnutzen. Aber auch für diese Anwender hat Motu ja attraktive Alternativen im Programm.
Nimmt man das Motu Stage-B16 als das, was es in erster Linie ist, nämlich eine Stagebox für AVB-Netzwerke, gibt es wenig zu meckern. Die Ausstattung ist gut und die Klangqualität bewegt sich auf hohem Niveau. Für größere Studios und im Live-Betrieb ist das Stage-B16 überaus interessant und preislich außerordentlich attraktiv. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • AVB-netzwerkfähig
  • hochwertige Preamps
  • DSP-Mixing und Effektbearbeitung
  • gute Latenzwerte bei USB-Betrieb
Contra
  • keine Line-Eingänge
  • MIDI nur über USB
Artikelbild
MotU Stage-B16 Test
Für 1.940,00€ bei
Motu_Stage-B16_19Ende
Features und Spezifikationen
  • 24 Bit/192 kHz
  • AVB-Ethernet-Schnittstelle (3 Streams von je 8 Kanälen)
  • DSP-Mixing und Effektbearbeitung
  • Web AppControl
  • Bauform: 19″ / 2 HE
  • inkl. AudioDesk 4.0 für Mac und Windows (Download)
  • Anschlüsse:
  • 16 Mikrofoneingänge (XLR) mit zuschaltbarer Phantomspeisung
  • 8 Line-Ausgänge (XLR)
  • 2 AES/EBU-Ausgänge (XLR)
  • AVB-Ethernet-Anschluss
  • Stereo-Kopfhörerausgang (6,3 mm Klinke)
  • USB-2.0-Anschluss
  • MIDI In/Out (nur bei Betrieb als USB-Interface nutzbar)
  • Systemvoraussetzungen:
  • Mac OS X 10.8 oder höher, Windows 7 oder höher
  • 2 GB RAM (4 GB empfohlen)
  • Freier USB- und/oder Ethernet-Port
  • Preis: € 1949,– (UVP)
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Das Motu Stage-B16 kommt im typischen Design einer 19”-Stagebox.

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