Mojave Audio MA-201 FET Test

Praxis

Überraschung: Grandioser Klang!

Keine Überraschungen hält das 201 beim Handling bereit: Die Spinnenhalterung funktioniert, wie man es von ihr erwartet, und hält das Mikrofon auch bei waagerechten und Überkopf-Positionierungen sicher. Lediglich die Möglichkeit, das Mikro auch ohne Spinne befestigen zu können – wie es etwa bei Neumann durch einen kleinen, mitgelieferten Halter geschieht – würde ich mir wünschen. Was, wenn ein Spinnengummi ausgeleiert oder sogar gerissen ist, was, wenn sich trotz schmaler Spinne das Mikro nicht ausreichend gut positionieren lässt? “Vier, fünf, sechs …” – ich zähle hier offensichtlich Erbsen, daher jetzt mit Vollgas zum Wesentlichen:

Das Vorspiel fällt heute aus, es geht sofort zum … Refrain: der Klangqualität des Mojave MA-201 FET. Dieses Mikrofon klingt grandios! Es ist nicht nur so, dass es das Versprechen eines Herstellers “für einen Bruchteil des Preises wie ein High-End-Mikro” zu klingen endlich auch einmal erfüllt. Nein: Es steckt bezüglich einiger Parameter unser Referenzmikro im Testmarathon locker in die Tasche!

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MA – weiblich, 10 cm Referenz – weiblich, 10 cm MA – weiblich, 40 cm Referenz – weiblich, 40 cm

Cleaner und neutraler Sound

Vor allem bei “T”- und “S”-Lauten macht sich die hohe Klangqualität bemerkbar, denn ich kann mich kaum erinnern, ein Großmembranmikro benutzt zu haben, das Impulse derart kurz und präzise übertragen hätte. Dabei ist es nie spitz oder nervig, sondern behält immer seine neutrale Art. Die geringe Aussagekraft von Messprotokollen zeigt sich beim Wüstenkind 201 deutlich, denn es klingt äußerst clean und im positiven Sinne zurückhaltend. Ich habe mit diesem Mikrofon keine Stimme erlebt, die sich nicht mit ihm vertragen hätte, und erwarte das auch für die Zukunft nicht. Es mag sein, dass der ein oder andere deshalb ein wenig Wärme und Farbe vermisst, aber für diese Aufgaben sollten entweder Spezialmikrofone oder die weitere Aufnahmekette ans Werk.

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MA – männlich, 10 cm Referenz – männlich, 10 cm MA – männlich, 40 cm Referenz – männlich, 40 cm

Pegelstarker Allrounder

Für kernige Männer-Stimmen wünscht man sich im unteren Mitten- und Bassbereich möglicherweise ein wenig mehr – oder einen guten EQ. An einem guten Röhrenverstärker zeigt sich, dass es nicht immer das Mikrofon sein muss, das Signale mit dem dicken Pinsel einfärbt. Für Freunde der leichten, edlen Färbung bei ähnlich hoher Transparenz stellt das etwas teurere Röhrenmikro MA-200 eine Alternative dar. Aber auch mit dem FET ersteht man nicht nur ein spezielles Gesangsmikrofon, sondern einen echten Allrounder, der sich vor vielen Instrumenten auch dann noch pudelwohl fühlt, wenn mal ein wenig mehr Pegel die Membran auslenkt. So habe ich das MA-201 beispielsweise ungefähr einen Meter vor dem Bassdrum-Resonanzfell aufgestellt und werde meinen bisherigen Favoriten für diese Position wohl fortan mit dem zweiten Platz vertrösten müssen. An dieser Position und vielen weiteren Mikrofonierungsanwendungen bin ich Mojave dankbar, beim 201 auf eine Präsenzanhebung verzichtet zu haben. Durch seine Linearität und Schnelligkeit ist es ein hervorragendes Werkzeug zur Aufzeichnung verschiedenster Schallquellen. Einmal hochwertig aufgezeichnet, lässt sich das Signal noch in die eine oder andere Richtung bearbeiten.

Achtung: Aufnahme!
Achtung: Aufnahme!

Hohes Auflösungsvermögen und wirklich gute Dynamik

Schade, dass ich mir in der kurzen Zeit keinen Kontrabassisten aus der Tasche zaubern konnte, denn ich bin recht optimistisch, dass auch diese Zusammenstellung hervorragend funktionieren kann. Eigentlich möchte ich zwei dieser Mikrofone benutzen, um Overhead und Shoulder-Miking am Drumset zu realisieren, oder eventuell sogar einmal ein Stereo-Set als Stereo-Hauptmikrofon einzusetzen.
Das hohe Auflösungsvermögen und die wirklich gute Dynamik sind sehr wahrscheinlich der gähnenden Leere im Mikrofonkorpus geschuldet. Hier müssen offensichtlich nicht mit vielen SMD-Bauteilchen weitere mangelhafte Komponenten korrigiert werden – das spricht vor allem für eine gut designte und gefertigte Kapsel. Außerdem steht die Verwendung sehr hochwertiger und teilweise speziell angefertigter Bauteile in einer großen Tradition, die heute leider kaum noch weiterverfolgt wird: Tontechniker, die viel Geld für sehr alte Mikrofone ausgeben, sind schließlich keine in der Vergangenheit gefangene Spinner, sondern wissen ganz genau, was sie da tun. Mit dem MA erhält man ein rauscharmes “No-Frills”-Mikro höchster Klangqualität zum wirklich atemberaubenden Preis.

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fr33 sagt:

#1 - 23.09.2011 um 17:59 Uhr

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Die s-Laute scheinen bei dem Mikro stark ueberbetont zu werden. Das klingt in meinen Ohren nicht schoen. Eher wie eine EQ-Anhebung im Sequencer, die jetzt noch nach De-Esser Einsatz verlangt, nicht aber nach den allseits gewuenschten "seidigen" Hoehen. Das waere zumindest fuer mich schon mal ein Ausschlusskriterium fuer dieses Mikro.

Profilbild von fr33

fr33 sagt:

#2 - 23.09.2011 um 18:00 Uhr

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Ups. Der Kommentar sollte eigentlich unter das Audio Technica AT4050. Ignorieren! :D

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Simon sagt:

#3 - 17.05.2023 um 16:14 Uhr

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Welches ist das Referenz Mikrofon?

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