Marleaux Tiuz 5 Test

Wer seit über 25 Jahren erfolgreich im Boutique-Bassgeschäft tätig ist und stets den Dialog mit seinen über den gesamten Globus verteilten Kunden sucht, kennt die Bedürfnisse der professionellen Bassisten. Gerald Marleaux aus dem Harz ist ein solcher Bassbauer. Im konstruktiven Austausch findet er immer wieder Inspiration für die Entwicklung von neuen Bassmodellen, die sein Portfolio sinnvoll ergänzen und bereichern. Die verschiedenen Vorstellungen in einem Instrument zu vereinen, in dem sich hinterher auch möglichst viele Bassisten wiederfinden können, ist für einen Hersteller eine große Herausforderung und nicht selten ein langer Weg. Bei Marleaux resultierte der jahrelange Entwicklungsprozess just in einem brandneuen Modell, das den Namen einer germanischen Gottheit trägt und als ultimativ flexibles Arbeitsgerät für den hart arbeitenden Live- und Studiobassisten konzipiert wurde: dem Marleaux Tiuz. Für diesen Test hat uns Gerald Marleaux eine fünfsaitige Version zur Verfügung gestellt, die ich mit dem größtem Vergnügen durch den bonedo-Testparcour jagen darf!

Details

Nachhaltigkeit bei der Nutzung von Ressourcen ist in der Harzer Edelbassschmeide ein großes Thema. Dementsprechend werden für den neuen Sprössling überwiegend regionale Hölzer aus dem Marleaux “Regio Tone Wood”-Programm verwendet. Der Korpus des Tiuz besteht aus heimischer Kastanie, die Rückseite (Boden) wurde mit geflammtem Ahorn versehen, und als Top kommen zwei atemberaubend schöne Teile Spalted Maple (kein “Regio Tone Wood”) zum Einsatz.
Der Boden und die Decke wurden zudem mit Räucheresche gesperrt, die für den Kontrast fast schwarz gefärbt bzw. gebeizt wurden. Die Zusammenstellung der Hölzer ist – Marleaux-typisch eben – sehr geschmackvoll: alle Komponenten, die Gerald Marleaux für den Korpus des Tiuz ausgesucht hat, sind für sich gesehen schon wunderschön und harmonieren darüber hinaus hervorragend.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Marleaux Tiuz wird selbstverständlich …

Selbiges gilt auch für die aufwändige Halskonstruktion meines Testkandidaten, die sich aus drei Streifen Ahorn zusammensetzt, die wiederum mit drei schmalen Streifen der dunklen Räucheresche gesperrt sind. Auf dem Hals sitzt schließlich ein Griffbrett aus Ahorn, in welches 24 Bünde im Jumboformat und ein Nullbund eingelassen wurden. Zugunsten eines cleanen Looks hat Gerald Marleaux auf Lagenmarkierungen im Griffbrett verzichtet, an der Flanke sitzen jedoch schwarze Punkte zur Orientierung.
Die mehrteilige Halskonstruktion ist sicherlich schon stabil genug, um normalem Beanspruchungen und Klimaschwankungen standzuhalten. Dennoch wird sie durch zwei quadratische Carbon-Rohre zusätzlich verstärkt. Die Maßnahme wirkt sich in der Regel positiv auf das Schwingungsverhalten aus – der Bass klingt ebenmäßiger und die bei Schraubhalsbässen üblichen sustainschwächeren Töne werden im besten Fall eliminiert.
Auch der bei der Verbindung mit dem Korpus geht Gerald Marleaux auf Nummer sicher und verwendet sieben Schrauben, die den Hals bombenfest in der passgenauen Ausfräsung verankern. Am anderen Ende des Halses sitzt die kompakte nach hinten abgewinkelte Kopfplatte im Marleaux-Design inklusive eines Aufleimers aus Spalted Maple für den “Matched Headstock”-Look.

Fotostrecke: 5 Bilder Tolles Handwerk: die drei Ahornstreifen im Hals wurden selbstverständlich gesperrt.

Bei der Kopfplatte taucht auch die Räucheresche wieder auf, denn die Rückseite wird bis zum Kragen (Verdickung am Übergang des Halses zur Kopfplatte) mit dem dunkel gebeizten Holz gesperrt. Das sieht nicht nur elegant aus, sondern bringt zudem zusätzliche Stabilität für Kopfplatte. Korpus und Hals des wunderschönen Tiuz-Fünsaiters wurden schließlich mit einem dezenten Satin-Finish versehen, das sich sehr organisch anfühlt und die Hölzer wirksam schützt.

Fotostrecke: 3 Bilder Auch am Matching Headstock zeigt sich die handwerkliche Perfektion des Erbauers.

Bei der Hardware für sein neuestes Modell setzt Marleaux sowohl auf Bewährtes als auch auf neue, speziell für den Tiuz entwickelte Komponenten. Die extra leichten Schaller-Mechaniken und die ETS/Marleaux-Brücke kennen wir ja bereits von anderen Marleaux-Modellen. Die Produkte aus deutscher Fertigung gehören sicherlich zum Besten, was der Markt zu bieten hat und lassen in Sachen Funktionalität und komfortabler Bedienung keinerlei Wünsche offen.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Tuning Fork des deutschen Herstellers ETS …

Neue Wege beschreitet Gerald Marleaux beim seinem jüngsten Sprössling allerdings in Sachen Tonübertragung, denn sowohl die Tonabnehmer als auch die Elektronik wurden speziell für den Tiuz entwickelt. Die beiden Marleaux-Humbucker sitzen in eleganten Ebenholzgehäusen und leiten das Signal an den opulenten Marleaux/Behn BC-4 Preamp weiter, welcher den Tiuz mit einer ganzen Reihe von Reglern und Schaltern ausstattet.

Fotostrecke: 3 Bilder Die in hölzernen Gehäusen untergebrachten Humbucker …

Damit das Cockpit nicht allzu unübersichtlich wird, setzt Marleaux für die Regler des passiven Bereichs der Elektronik schwarze und für die Regler des Vierband-Equalizer chromfarbene Potiknöpfe ein. In der oberen, schwarzen Reihe finden wir dementsprechend den Lautstärkeregler, gefolgt vom Balance-Regler und der passiven Tonblende, die lobenswerterweise auch im aktiven Betrieb funktioniert. Zwischen den Reglern parken außerdem zwei kleine Schalter – der hintere ist für die Aktiv-/Passiv-Schaltung der Elektronik zuständig, und mit dem anderen können die Tonabnehmer vom Humbucker- in den Singlecoil-Betrieb geschaltet werden. Die untere Reihe mit den Chrom-Knöpfen setzt sich aus dem Bass-Regler, dem Tiefmitten-Regler, dem Hochmitten-Regler und schließlich dem Höhen-Regler des Vierband-Equalizers zusammen, der logischerweise nur im aktiven Betrieb funktioniert.

Fotostrecke: 4 Bilder Durchaus umfangreich: die Elektronik des Marleaux Tiuz.

Ein gut abgestimmter Equalizer mit vier Bändern bietet schon enorme Klangmöglichkeiten, zumal die Tonblende des Tiuz ja auch noch im aktiven Betrieb funktioniert. Damit aber nicht genug, denn die Einsatzfrequenzen der vier Bänder können darüber hinaus noch an den persönlichen Geschmack angepasst werden. Für den Bassbereich und den Höhenbereich stehen jeweils zwei Werte zur Verfügung (Bass: 40/75Hz, Höhen: 4kHz/8kHz), und die beiden Mittenbänder bieten sogar jeweils drei verschiedene Einsatzfrequenzen (Tiefmitten: 300/450/750Hz, Hochmitten: 850/1200/1700Hz). Die Justierung geschieht super anwenderfreundlich mittels kleiner Dip-Switches, die durch Aussparungen im Elektronikfachdeckel zugänglich sind.

Fotostrecke: 3 Bilder Aussparungen im E-Fach-Deckel führen zu kleinen Dip-Switches.

Die Elektronik arbeitet mit einer Spannung von 18 Volt und benötigt für den Betrieb daher zwei 9V-Batterien, die in einem separaten Fach auf der Rückseite sitzen. Auch hier hat Gerald Marleaux dafür gesorgt, dass die Bedienung bei einem Batteriewechsel maximal komfortabel und schnell vonstatten gehen kann. Die Abdeckung, die aus demselben geflammten Ahorn geschnitten wurde wie die Abdeckung des Elektronikfaches, wird von zwei kleinen Magneten gehalten und kann blitzschnell durch einen leichten Druck im oberen Bereich abgehoben werden. Einfacher geht’s wirklich nicht und im Notfall funktioniert der Tiuz ja auch im Passivbetrieb ohne Batterien und klingt dabei vermutlich nicht weniger beeindruckend als im aktiven Betrieb – mehr dazu im nachfolgenden Praxisteil!

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