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Mapex Horizon HL5255 Test

Praxis

Die Packordnung der Kartons fabrikneuer Schlagzeuge ist immer sehr ähnlich. Obenauf liegen die Felle der Bassdrum und des Standtoms. Hat man diese aus dem Karton genommen, blickt man geradewegs in den noch fellfreien Bassdrumkessel. Darin befindet sich der ebenfalls „unbefellte“ Kessel des Standtoms, darin wiederum lagert ein bereits montiertes Hängetom. Lange Rede, kurzer Sinn: Beim Aufziehen der Felle kann ich einen ausgedehnten Blick auf die Kesselwände und Gratungen sowie die Verarbeitung der Trommeln werfen. Und genau hier liegt auch schon der Unterschied zwischen meinem Testmodell und dem Horizon „HC“.

Die Kessel des „HL“ sind Mischkessel und bestehen aus Linden- und Birkenholz. Birke ist ein etwas hochwertigeres Klangholz, das man üblicherweise nicht in Einsteigersets, sondern eher ab der gehobenen Mittelklasse findet. Es produziert einen sehr kraftvollen, “knalligen” und fokussierten Ton. Das passt, ohne die Trommeln bisher gehört zu haben sehr gut zum Klangcharakter von Lindenholzkesseln, die ja auch sehr kraftvoll und immer einen Hauch „schmutzig“ klingen. Die wirklich tadellose Transparent-Lackierung ist übrigens ein Ausstattungsmerkmal, das man normalerweise auch nur in höheren Preisregionen findet. Ansonsten entspricht die Verarbeitung der Trommelkessel des Horizon „HL“ der des „HC“. Die Kessel sind perfekt rund und die einzelnen Holzlagen kreuzweise und ohne nennenswerte Löcher an den Nahtpunkten und Kit-Stellen verleimt. Plane Fellauflagen zeugen von ordentlicher Verarbeitungsqualität, die auf der zweiten Kessellage liegenden 45°-Gratungen sind zumindest so exakt gefräst wie es die etwas raue Struktur des Lindenholzes zulässt. Mittelklassig im positiven Sinne geht es auf der Aussenseite der Kessel weiter: Die Kesselhardware ist vollständig mit Kunststoff unterlegt und hat somit keinen direkten Kontakt zum Holz. Die Verchromung der Kesselhardware ist sicherlich ausreichend haltbar, jedoch nicht ganz so hübsch wie die Lackierung der Trommeln. Aber das ist ja nur Kosmetik. Die Böckchen sind mit nur einer Schraube am Kessel befestigt, um Bohrlöcher zu sparen und damit die Schwingeigenschaften der Trommel zu verbessern. Dieses Befestigungsprinzip nennt sich „Single Point of Contact“ und ist ebenfalls ein Feature aus der Mittelklasse.

Das „ITS“ Tomhaltesystem kommt dagegen ganz ohne Bohrungen aus, indem es an zwei Böckchen befestigt ist und damit deren Bohrlöcher nutzt. Entgegen mancher Produktbeschreibungen, die ich gelesen habe, ist das „ITS“ kein „Freischwinger“, sondern starr und lediglich nicht eigenständig am Kessel befestigt.

Der Doppeltomhalter dagegen bietet mit seinen Kugelgelenken maximale Flexibilität und Einstellkomfort, sehr praktisch! Nicht weniger praktisch ist die in den Tomhalter integrierte Aufnahmevorrichtung für einen Beckenarm. Vom Doppeltomhalter ist die Überleitung im Testbericht zum Hardwaresatz ein Katzensprung. Wie ich schon am Anfang des Tests gesagt habe, ist das Horizon eine „Komplettlösung“ und hat damit sehr umfangreiches Zubehör im Lieferumfang. Alle Ständer der mitgelieferten Hardware haben doppelstrebige Füße und damit einen festen Stand. Auch das weitere Gestänge macht durch vernünftige Rohrdicken und gute Schraubverschlüsse einen soliden Eindruck, so dass ich an der Langlebigkeit keinen Zweifel habe. Hi-Hat- und Fußmaschine haben für mich immer einen Sonderstatus und sind damit mehr als nur Hardware, weil man mit ihnen spielt und nicht nur Becken oder Tom Toms dranhängt. Beide Maschinen verrichten ihren Dienst ohne Geräusche, sehr leichtläufig und machen einen robusten Eindruck. Ich finde besonders die Fußmaschine so gut, dass ich sie meiner deutlich teureren Markenmaschine im Moment vorziehe! Eine weitere Neuigkeit am Horizon und damit das letzte Detail vor dem Soundcheck sind die “Multi-Sustain”-Beckenfilze. Diese sehen nach einem Feature aus, das bald zum neuen Standard werden könnte, weil andere Hersteller glauben, mitziehen zu müssen. Glückwunsch also an den Patentinhaber, der sie mit einer Art „Wendepolster“ mit einer gummierten und einer Filzseite ausgestattet hat. Dadurch kann man sich aussuchen, welche der beiden Oberflächen Kontakt mit dem Becken haben soll. Schön ausgedacht, aber für meine Ohren macht dieses Feature klanglich keinen sonderlich großen Unterschied…

Nun hören wir mal, was das Horizon klanglich zu bieten hat. Dazu müssen jetzt erst einmal die noch „nackten“ Kessel mit den mitgelieferten Fellen bezogen werden. An dieser Stelle bleibt mir nichts anderes übrig, als mich zu wiederholen, da ich dasselbe schon mit dem Horizon „HC“ erlebt habe. Also dann:

Grmpf, „Remo Ux“-Felle! Eigentlich sollte ich die gleich alle austauschen, aber wieder denke ich, dass sie den Test wohl überleben werden. Beim Vorstimmen stellen sie sich auch noch ganz manierlich an. Es ist sehr einfach, gleichmäßig Spannung auf die Felle zu bringen, was vor allem wieder für die planen Fellauflagen der Trommeln spricht. Dann, nach dem ersten beherzten Druck aufs Schlagfell des 12“ Toms sehe ich auch schon die erste Delle in der Spielfläche. Mit der Hand ins Fell gedrückt!Oft erlebt aber immer wieder “erstaunlich”… Na ja, ich wende mich mal lieber wieder dem Schlagzeug zu, das ist viel erfreulicher. Ich beginne mit einer hohen Stimmung. Nach den ersten paar Schlägen und Tritten zeigt sich, dass die Bassdrum eine Menge Charakter hat. Ich würde sie mal eine Vollblut-Rockbassdrum nach klassischem Vorbild nennen. Irgendwie klingt sie mehr nach einer 24“ und ich muss an Herrn Bonham von Led Zeppelin denken. Aber mit der richtigen Fellauswahl sind auch Sounds, wie man sie aus modernen amerikanischen Rockproduktionen kennt, gut machbar. Mit dem mitgelieferten klaren Fell produziert sie ordentlich tiefe Frequenzen. Zusätzlich hat sie einen auffallend krachigen Sound im mittleren Frequenzbereich, was ihr den bereits erwähnten Rockcharakter verleiht. Dabei ist der Attack angenehm moderat.

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Hohe Stimmung 1 Hohe Stimmung 2 Hohe Stimmung 3

Die Toms führen, wenn auch nicht ganz so konsequent, das fort, was die Bassdrum vorgelegt hat. In hohen Stimmungen produzieren sie einen vollen Ton und ordentlich Klangfülle mit mittlerem Sustain. Der große Anteil an Lindenholz verleiht auch den Toms des „HL“ den leicht „schmutzigen“ Klang, den man auch mit den Worten „rockig“ oder „aggressiv“ gut beschreiben kann. In hohen Stimmungen passen sie klanglich wieder gut in moderne amerikanische Produktionen. In tiefen Stimmungen zeigen sie unmissverständlich, was sie am besten können, nämlich kräftig „ballern“. Allerdings ist der Stimmumfang der Toms nicht gerade riesig. Das ist für meinen Geschmack aber auch nicht entscheidend, da man sich bei diesen Trommeln wahrscheinlich automatisch für tiefe Sounds entscheiden wird. An dieser Stelle fallen die UX Felle schon wieder unangenehm auf. Nach den ersten kräftigeren Schlägen sind schon deutliche Dellen zu sehen…

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Tiefe Stimmung 1 Tiefe Stimmung 2 Tiefe Stimmung 3 Snare

Die Snare stellt sich auf Anhieb nicht so gut an wie der Rest des Sets. Der Teppich schnarrt und raschelt bei jedem Schlag weit mehr als er soll. Nach kurzer Begutachtung ist klar: Hier hilft nur ein neuer Teppich! Nach Tausch gegen ein sehr hochwertiges Exemplar ist das Raschelproblem behoben, der Teppichsound bleibt aber eher matt und die Ansprache ist auch nicht sonderlich knackig. In hohen Stimmungen ist der Sound der Snare recht ausgewogen, auch ausreichend Bass ist vorhanden. Wie aber auch der Rest des Sets kommt die Snare in tiefen Tunings deutlich besser in Fahrt, so bekommt sie eine sympathische Rocknote, bleibt aber klanglich deutlich hinter Bassdrum und Toms zurück.

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