Line 6 BackTrack + Mic Test

Neulich im Proberaum. Fünf Musiker spielen und singen sich seit einer halben Stunde förmlich in Ekstase. Man sieht verzerrte, stark konzentrierte Gesichter und körperlich hart arbeitende Menschen, immer mit einem freudigen Funkeln in den Augen. Ginge in diesem Moment die Welt unter, diese Fünf bekämen davon absolut nichts mit. Nach einer weiteren Viertelstunde ist der Jam-Trip vorbei und das Band-Raumschiff landet wieder auf der Erde. Freudestrahlend gibt der Drummer ein großes Lob an den Sänger weiter, der bei Minute 35 des Jams eine unglaublich hitverdächtige Hookline gesungen hat, und die sollte unbedingt ausgebaut werden. Der Sänger erwidert, dass er sich an nichts mehr so richtig erinnern kann … „Macht doch nichts, Kalle hat doch alles aufgenommen.“ Aber besagter Kalle, der mit hochroter Birne in seiner Ecke steht, hat wieder mal versäumt, rechtzeitig den kleinen roten Knopf zu drücken. Mit Sicherheit müsste die Geschichte der Musik komplett umgeschrieben werden, hätte man alle diese genialen Riffs und Licks konservieren können, die sich in der stickigen Luft des Proberaums aufgelöst haben, die in der Dusche durch den Abfluss gerauscht oder auf der Autobahn unter die Räder gekommen sind. Und erst zu Hause: Hammer-Riff gespielt, Telefon klingelt, Freundin erzählt, Riff weg.

Dieser Problematik haben sich die Entwickler von Line 6 angenommen und einen kleinen, portablen Recorder entwickelt, der automatisch dafür sorgt, dass der nächste Hit nicht der Vergesslichkeit des Sängers oder dem Klingeln des Briefträgers zum Opfer fällt. Aber wie soll das funktionieren? Prinzipiell ganz so wie beim guten alten Babyphone: Die Aufnahme wird durch die Höhe des Schallpegels gestartet. Ab dem Einschalten in Bereitschaft, schaltet die Aufnahme beim Erreichen einer bestimmten Lautstärke scharf, wenn zum Beispiel die Band spielt. Wenn gequatscht wird, also ein niedriger Pegel vorherrscht, dann nicht – ist meistens auch besser …
Während einer Bandprobe wird natürlich eine Menge automatisch aufgenommen, und um die guten von den schlechten Versionen zu unterscheiden, können direkt nach der Aufnahme Marker gesetzt werden. Wie das alles im Einzelnen funktioniert und vor allem, wie die Aufnahmen klingen, das erfahrt ihr im folgenden bonedo Testbericht.

Details

Gehäuse/Optik
Mann, ist der klein! Der BackTrack hat in etwa das Format einer Zigarettenschachtel und kommt in einem komplett schwarzen Kunststoffgehäuse. Lediglich die Schalter und die Außenringe der Bedientaster sind silberfarben eingefasst. Alle Anschlüsse und Taster befinden sich an den Seiten, auf der Gehäuseoberseite befindet sich nur ein dicker Taster zum Setzen der Marker. Auf der Unterseite finden wir eine Halterung aus PVC, die es ermöglicht, den BackTrack am Gürtel oder Gitarrengurt zu befestigen. Legt man ihn ab, macht diese Halterung im ersten Moment einen etwas wackeligen Eindruck. Aber weit gefehlt! Schaut man näher hin, sieht man den kleinen Gummibelag an der Halterung, der ein absolut rutschfestes Positionieren auf einem ebenen Untergrund ermöglicht. Im Inneren des Kleinen befindet sich ein Akku, der für die Stromversorgung verantwortlich ist und über den USB-Anschluss vom Computer aufgeladen wird. Ein USB-Netzteil geht auch, ist aber nicht im Lieferumfang enthalten. Nach Auskunft des Herstellers reicht eine Akkuladung für etwa acht Stunden.

Anschlüsse
Der BackTrack+mic ist von den Anschlüssen her etwas üppiger ausgestattet als sein kleiner Bruder, der  BackTrack.  Neben dem eingebauten Mikrofon hat er noch einen Stereo-Kopfhörerausgang in Miniklinke mit regelbarer Lautstärke an Bord. Die restlichen Buchsen und Regler sind bei beiden Modellen identisch. Alle Bedienelemente sind sehr übersichtlich angeordnet und ermöglichen eine komfortable Handhabung. Auf der Vorderseite sind die beiden Mono-Klinkenbuchsen für In und Out, hier kann das Gerät im Signalweg zwischen Gitarre und Amp geschaltet werden. Man kann die Input-Buchse mit dem Signal eines POD oder eines ähnlichen Amp-Simulators füttern, sodass man gleich den amtlichen Gitarrensound aufgenommen hat.
Auf der rechten Seite ist das Bedienfeld mit den Tastern Play (Wiedergabe),  Back (Zurückspulen) und  Forward (Vorspulen). Außerdem finden wir noch zwei Schalter, von denen der erste auswählt, ob im Wiedergabemodus alle Aufnahmen oder nur die markierten abgespielt werden, und der zweite für On/Off zuständig ist. In der Mittelposition wird Play Only angewählt, womit sich der BackTrack im Wiedergabemodus befindet und nicht aufnimmt. Die linke Seite beherbergt den Kopfhöreranschluss und die beiden Taster für die Lautstärke (Volume+, Volume-), die Rückseite den leicht versenkt angebrachten Anschluss für das USB-Kabel (Mini-B USB).

Praxis

Der BackTrack ist so ausgelegt, dass alle wesentlichen Einstellungen und die Verwaltung der aufgenommenen Audiodateien über den Computer erfolgen, nachdem die erforderliche Software installiert ist. Eine Installations-CD gibt es keine, denn der BackTrack wird beim Verbinden mit dem Computer über USB sofort als externe Festplatte erkannt, auf der sich auch die besagte Software für Windows und MacOS befindet. Das Installieren selbst funktioniert schnell und reibungslos, und das Programm BackTrack Utility kann gestartet werden. Hier findet man sämtliche Grundeinstellungen für die Sample-Rate, die Bit-Tiefe, das angeschlossene Equipment wie Gitarre/Bass direkt oder über POD,  die Aufnahmelautstärke für den Mikrofoneingang (Soft/Acoustic, Medium/Electric Band, Loud/Full Band) und einiges mehr. Und so sieht das Utilityprogramm aus:

Akustik Gitarre mit Mikrofon
Hat man alles auf seine persönlichen Bedürfnisse eingestellt, kann es auch schon losgehen: USB-Verbindung trennen, BackTrack einschalten, und nach einer kurzen „Aufwärmphase“, in der die Diode weiß leuchtet, ist unser Freund aufnahmebereit. Ist kein Kabel an die Inputbuchse angeschlossen, ist das Mikrofon aktiviert. Jetzt blinkt die Diode dunkelblau, das heißt, der BackTrack wartet auf ein Signal, damit er endlich aufnehmen kann. Das bekommt er in Form meiner Lakewood Steelstring. Ich hatte vorher im Computer die Empfindlichkeit auf ´Soft/Acoustic´ eingestellt und bin jetzt gespannt, ob alles funktioniert. Hier ist die Aufnahme, das Mikrofon war etwa 60 cm von der Gitarre entfernt.

Audio Samples
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Akustik

Der Aufnahmestart hat gut geklappt, auch die leisen Töne werden noch gut aufgenommen, sehr gute Voreinstellung für diesen Anwendungsbereich.

E-Bass direkt in den BackTrack
Jetzt habe ich meinen Precision-Bass direkt mit dem BackTrack verbunden. Sobald ich spiele, nimmt er auf, in den Spielpausen wird automatisch abgeschaltet. Auch hier funktioniert die Voreinstellung hervorragend und mit genau dem richtigen Pegel wird die Aufnahme aktiviert. Das Ganze kann ich über den Kopfhörerausgang abhören, weshalb sich der BackTrack auch perfekt als Headphone-Amp für Bassisten eignet, die zum Üben nur ihren trockenen Bass-Sound benötigen. So klingt das Ganze, einmal mit Fingern und dann mit dem Pick gespielt.

Audio Samples
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Bass Finger Bass Pick

Klingt sauber, da gibt es nichts zu meckern. Allerdings würde ich diese Schaltungsvariante mit der E-Gitarre nicht empfehlen, weil hier ein wichtiges Soundmerkmal, nämlich der Verstärker, nicht vorhanden ist. Aber es gibt durchaus noch ausreichend Alternativen, die wir später kennenlernen werden.
Hat mir nun ein Groove gut gefallen, drücke ich nach dem Spielen die Marker-Taste und die Idee ist markiert. Wenn der BackTrack dann wieder an den Computer angeschlossen wird, findet man im Order ´Marked´ die markierten Tracks, alle anderen sind im Ordner „Unmarked´. Somit hat man schnellen Zugriff auf die Dateien und kann sie auf die Festplatte des Rechners kopieren.

E-Gitarre über POD
Jetzt hängt der BackTrack hinter einem Line 6 POD, die Einstellung im Utilityprogramm wurde an den Input angepasst, und so klingt das Ganze mit verschiedenen Sounds.

Audio Samples
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POD Clean POD Crunch

Auch hier gibt es keinen Grund zur Kritik, die Soundqualität ist sehr gut, allerdings empfehle ich, auf jeden Fall mit mindestens 44,1 kHz und 16 Bit aufzunehmen. Nimmt man geringere Werte für Sample-Rate und Bit-Tiefe, dann kann man zwar bis zu 24 Stunden Audiomaterial aufnehmen, aber die Soundqualität leidet doch stark hörbar. Der BackTrack nimmt auf eine integrierte Festplatte mit einer Kapazität von 2 GB auf. Bei einer Sample-Rate von 44,1 kHz und 16 Bit passen bis zu sechs Stunden Audiomaterial auf die interne Platte, bei 48 kHz und 24 Bit nur noch vier. Schade nur, dass die Möglichkeit fehlt, MP3-Dateien aufzunehmen. In diesem Fall stünde wesentlich mehr Aufnahmezeit zur Verfügung, und man könnte die Aufnahmen einer Bandprobe direkt nach dem Sichern auf dem Rechner den Bandkollegen per Mail zusenden. Die Wav-Dateien muss man erst umwandeln, bevor man sie verschicken kann. Es ist zwar nur ein Arbeitsschritt, aber der sollte sich im heutigen Computerzeitalter ohne großen Aufwand einsparen lassen.

E-Gitarre mit Amp über Mikrofon
Jetzt wollen wir wissen, wie das Mikrofon mit hohen Schalldrücken umgeht. Wir hören zuerst einen Sovtek in „gehobener Zimmerlautstärke“ bei einem Schalldruck von etwa 80dB. Die Box steht ungefähr 1,20 m vom Mikrofon entfernt.

Audio Samples
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Amp Low Clean Amp Low Overdrive

Der Amp wird weiter aufgedreht und wir befinden uns in moderater Proberaumlautstärke bei etwa 100 dB. Am BackTrack habe ich die höchste Empfindlichkeit eingestellt, also für eine laute Band.

Audio Samples
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Amp Hi Clean

Bei den Cleansounds schaltet er nicht ganz so perfekt, da ist etwas Feinabstimmung nötig. Sehr hilfreich dabei ist die Möglichkeit, die Tracks über den integrierten Kopfhörerausgang abzuhören. Stellt man dabei fest, dass die Eingangsempfindlichkeit zu hoch oder zu niedrig eingestellt ist, kann man über die Tasten ´Play´ und ´Volume+/-´ den Aufnahmepegel am Gerät direkt justieren. Wegen des fehlenden Aussteuerungsinstrumentes kommt das zwar einem kleinen Blindflug gleich, aber in der Praxis geht das recht schnell und problemlos. Wichtig ist, dass man im Falle des Falles nicht darauf angewiesen ist, seinen Computer dabei zu haben, um Basiseinstellungen zu verändern. Sehr gut mitgedacht!

Der Gainregler am Amp wird weit aufgedreht, Overdrive-Sound ist angesagt.

Audio Samples
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Amp Hi Overdrive

Hier wird fängt das Mikrofon dann doch zu schwächeln an. Es ist zwar überhaupt keine Verzerrung vom Recorder zu hören, aber der Sound wird recht flach und muffig. Über 6 kHz wird bei dieser Eingangsempfindlichkeit offensichtlich nicht mehr viel übertragen. Das ist dann auch beim Aufnehmen der kompletten Band der Fall, der Klang ist sehr undefiniert und die Aufnahmen sind nur bedingt zu gebrauchen.

Für die Idee und Konzeption gibt es schon mal ein dickes Lob! Ein Recorder, der sich selbst einschaltet, ist wirklich phänomenal. Jetzt geht beim Üben kein Riff mehr verloren, und auch die Möglichkeit, die „guten“ Riffs direkt mit der Markerfunktion zu kennzeichnen, hilft extrem beim späteren Aussortieren am Computer. Die Bedienung ist sehr einfach und das Gerät ist mit seinen wenigen Regelmöglichkeiten übersichtlich aufgebaut. Das Mikrofon ist für Aufnahmen mit hoher Lautstärke allerdings nur bedingt einsetzbar, es klingt etwas muffig und undifferenziert. Dafür sind die Line-Eingänge sehr gut. Schade, dass nur im WAV-Format aufgenommen werden kann –  zwar ist die Qualität besser, aber die Dateien sind auch größer und nehmen mehr Platz auf der internen Festplatte ein. Außerdem ist man gezwungen, die Dateien in MP3-Files umzuwandeln, wenn man seine spontanen Ideen oder Probemitschnitte schnell den Kollegen per Mail senden möchte. Als kleines akustisches Notizbuch für Gitarristen und Bassisten ist der BackTrack hervorragend. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr gut.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Konzeption
  • Größe
  • Einfache Bedienung
Contra
  • Mikrofon-Aufnahme für Bandaufnahmen bei hoher Lautstärke nicht geeignet
  • Keine MP3-Aufnahme
Artikelbild
Line 6 BackTrack + Mic Test
Für 49,00€ bei
Specs
  • Hersteller: Line 6
  • Modell: BackTrack+Mic
  • Typ: Mobiler Pocket Recorder mit eingebautem Mikrofon (Mono)
  • Regler/Taster: Play, Back, Forward, Volume +/-, Mark
  • Speicher: 2 GB
  • Anschlüsse: In, Out (6,3 mm Klinke Mono), Headphone (3,5 mm Klinke Stereo)
  • Maße: 92 x 33 x 55 (B x T x H) mm
  • Preis: 177,- Euro (UVP)
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