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Interphase Audio Iridium Test

Mit dem Iridium von Interphase Audio haben wir einen waschechten Inductor-EQ im Lunchbox-Format im Test. Der Name leitet sich von „Iris“ ab, der griechischen Göttin des Regenbogens – denn genau den verspricht der belgische Hersteller. Ob wirklich farbenfroh die Sonne aufgeht, erfahrt ihr in unserem Testbericht.

Test

Quick Facts zum Interphase Iridium

  • Mono-Equalizer im API 500-Format
  • 16 Induktoren pro Modul
  • vier Peaking-Bänder mit festem Q (1,2)
  • je sechs wählbare Frequenzen und +/- 15 dB Verstärkung

Interphase Audio: From Belgium with craft

Bevor ich den Karton auspacke, noch ganz schnell ein paar Hintergrundinfos zum belgischen Hersteller: Bruno Wynants, der Kopf hinter Interphase Audio, arbeitete mit Malcolm Toft zusammen – dem Mann, der mit den Trident-Konsolen und Equalizern Audiogeschichte geschrieben hat. Gemeinsam gründeten die beiden die Firma Ocean Audio, doch Toft ging 2015 in den wohlverdienten Ruhestand. Wynants erarbeitete mit einem neuen Team neue Produkte und änderte den Namen in Interphase Audio. Zum Portfolio gehört neben 19“-Outboard und 500er-Modulen auch die modulare „Ark“-Konsole. Der Iridium ist im Prinzip die Standalone-Version des Channel-Equalizers dieser Konsole – und neben dem Helium und dem Carbon einer von drei Equalizern im 500er-Format aus Interphases Portfolio. Außerdem gibt es zwei Iridiums in einem 19-Zoll-Gerät unter dem Namen NDUCR.

16 Spulen im Inductor EQ

Passive Inductor-EQs gelten für viele als der heilige Gral des Equalizer-Designs. Rupert Neves legendäre EQ-Schaltungen 1073 oder 1081 gehören genau so dazu wie der nicht minder populäre Pultec-EQ. Induktoren sind kleine gewickelte Spulen, die einen frequenzabhängigen Widerstand liefern. Sie können bei entsprechenden Spannungen dem Material harmonische Obertöne hinzufügen. 16 Induktoren sind pro Iridium verbaut, also vier pro Band. In den „Low“ und „Low-Mid“-Bändern stammen sie vom renommierten britischen Hersteller Carnhill, dessen Übertrager beispielsweise in vielen Neve-Geräten verbaut sind. Alle vier Bänder des Iridium sind in Peaking bzw. Bell-Charakteristik ausgelegt und arbeiten mit einem festen Q-Wert von 1,2, also etwas mehr als einer Oktave. Die gesamte Elektronik ist in diskreter Class-A-Technik aufgebaut und laut Hersteller explizit ein eigenständiges, modernes Design.

PCB
Zwei massive Spulen fallen direkt auf, die anderen 14 Induktoren sind deutlich kleiner.
obere Bänder
Die beiden oberen Bänder des EQs und der Bypass-Schalter. Leicht irreführend ist die Frontplattenbeschriftung, aber Diskret und Class-A sind schließlich keine Eigenschaften, die sich umschalten ließen.

Regenbogen im Industrie-Design

Mit 0,75 kg liegt der Iridium durchaus gewichtig in der Hand und macht erstmal einen sehr wertigen Eindruck. Das Design ist das Gegenteil eines Regenbogens: nüchtern, schlicht und funktional. Erhältlich ist der Iridium übrigens mit silberner oder schwarzer Front, letztere ziert unsere beiden Testexemplare. Das Einstecken in die 500er Lunchbox gestaltet sich leider etwas fummelig, da der Iridium massive Seitenblenden hat (gut für das hochwertige innenleben) und man den Stecker nicht sehen kann. Irgendwann hat’s dann doch Klick gemacht.

untere Frequenzbänder
Die Frontplatte ist auch silber erhältlich.
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Interphase Iridium: Nix mit neutral!

Ich nehme einen elektronischen Instrumental-Loop und checke als erstes, ob der Iridium schon Sound macht, sobald er im Signalweg ist – von True Bypass ist schließlich nirgendwo die Rede. Da die Potis für Boost und Cut eine Rasterung in der Neutralstellung haben, drehe ich sie dort hin. Im Low-Band sind 50 Hz ausgewählt und tatsächlich kommen die tiefen Bässe trotz Neutralstellung etwas dicker daher, was ein Check mit invertierter Polarität bestätigt. Außerdem hört man, dass die beiden Module bei gleicher Einstellung gut gematched sind, denn das Differenzsignal bleibt schön mittig.

Audio Samples
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Electronic Loop, bypass Electronic Loop, flat Electronic Loop, bypass vs. Flat (polaritätsinvertiert
Stereopaar EQs

Losgedreht und Sound gemacht

Da kriegt man doch sofort Bock, kreativ zu werden. Das Matching per Hand funktioniert trotz fehlender Rasterpunkte außerhalb der „0“ erstaunlich easy und ich jage den Loop viermal durch die Iridiums, um mir einen Überblick zu verschaffen. Erstmal booste ich in allen Bändern zwischen 3 und 6 dB, beim zweiten Durchgang ändere ich die Frequenzen und booste deutlich mehr, beim dritten Durchgang drehe ich ganz oben die Höhen raus. Aus Spaß mache ich dann noch eine Version in M/S: In der Mitte booste ich 50 und 125 Hz sowie 6 kHz und nehme bei 16 kHz was raus, auf der Seite booste ich 300 Hz, 500 Hz, 3 kHz und 10 kHz.

Audio Samples
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Electronic Loop, boost 50 Hz, 500 Hz, 3 kHz, 12 kHz Electronic Loop, boost 150 Hz, 1 kHz, 6 kHz, 16 kHz lectronic Loop, boost 600 Hz, 125 Hz, 8 kHz, cut 16 kHz Electronic Loop, MS-EQ

Sofort stellt sich ein großer Spaßfaktor ein. Der Iridium liefert, was ich von einem guten Inductor EQ erwarte: Musikalität. Auch bei heftigen Boosts klingt das Ergebnis überzeugend, außerdem erhält das Material eine hörbare Portion „Glue“ durch die Sättigung der Induktoren. Weiter geht’s.

Dreimal Drums, bitte!

Als nächste nehme ich einen simplen Schlagzeug-Loop nur mit Kick, Snare und Hi-Hat auf. In allen drei Durchgängen versuche ich bewusst, die Drums jeweils in eine andere Richtung zu drehen, mal eher bollerig und vintage, mal eher crisp und modern. Achtet auf vor allem auf die Fundamente von Kick und Snare und das Sizzle auf den Hats.

Audio Samples
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Drums, raw Drums, boost 600 Hz 125 Hz 8 kHz, cut 16 kHz Drums, boost 100 Hz 500 Hz, 3 kHz, 16 kHz Drums, boost 50 Hz, 125 Hz, 8 kHz, cut 16 kHz

Eine große Stärke des Iridiums hat sich spätestens jetzt offenbart: Alle Frequenzen klingen gut. Frequenzen wie 500 oder 600 Hz würde ich in vielen Fällen nicht als offensichtliche Kandidaten zum Boosten erachten, zumindest nicht auf Drums. Hier hat es sich einfach ergeben und klingt warm und rund. Die Frequenzen und vor allem die Überschneidungen der Bänder sind durchdacht, die Bedienung wird dadurch schön „interaktiv.“ Im letzten Beispiel hört man gut, wie zielgerichtet die Boosts bei 50 und 125 Hz Kick und Snare nach vorne bringen.

Studiostandards: Equalizer Artikelbild
Studiostandards: Equalizer

Das zentrale Werkzeug zur Klangbearbeitung ist und bleibt der Equalizer. Wir zeigen euch hier die wichtigsten EQs!

07.09.2020
4,8 / 5

Summa summarum

Als nächstes will ich die Iridiums als Stereo-EQ auf der Summe nutzen und komplexeres Material hindurchschicken. Dazu nehme ich eines meiner eigens für Testzwecke eingespielten Instrumentals (das ihr zum Beispiel auch im Test des Cranborne Carnaby Harmonic EQ hören könnt). Ich lasse mich von der Intuition leiten, versuche ein paar Kombinationen und finde schnell etwas, das mir gefällt.

Audio Samples
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Instrumental, raw Instrumental, cut 150 Hz, boost 500 Hz, cut 1,5 kHz, boost 16 kHz Instrumental boost 50 Hz, 125 Hz, 14 kHz

Im Klavier, im Klavier!

Wie eine große, warme Umarmung klingen die Iridiums, egal wo man ansetzt. Das gefällt. Um das Potenzial zu drastischen Veränderungen zu verdeutlichen, nehme ich mir das Piano nochmal einzeln vor. Einmal will ich das Gefühl haben, im Jazzclub quasi im Piano zu sitzen und booste heftig drauf los (was so gut klappt, dass man sofort das mechanische Scheppern unseres alten Pianos hört), beim nächsten Durchgang will ich es aufgeräumt und etwas distanziert klingen lassen.

Audio Samples
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Piano, raw Piano, boost 150 Hz, 500 Hz, 5 kHz, 10 kHz Piano, cut 600 Hz, boost 125 Hz, cut 5 kHz, max. boost 8 kHz

Erneut überzeugen die Ergebnisse mich nachdrücklich. Das ist nicht einfach nur simples EQing, hier kann man wirklich eine Klangvision in die Tat umsetzen. In beiden, geradezu gegensätzlichen Fällen gewinnt das Piano wunderbar an Charakter und Größe. Selbst die 15 dB Boost in den Höhen klingen natürlich, rauschen tut auch nichts. Klasse.

Interphase Iridium: Klangvergleich

Natürlich wäre der Test nicht komplett, ohne die Iridiums mit anderen EQs zu vergleichen: Einmal nehme ich mit unserem Tube-Tech PE 1C Pultec EQ einen der oben zitierten Klassiker unter den Inductor EQs, dann einen API 550b, der keine Induktoren verbaut hat. Verglichen wird auf der Snare, gedreht per Ohr. Während ich den Pultec leicht und gut mit dem Iridium nachstellen kann, habe ich beim API tatsächlich Schwierigkeiten, vor allem in den Höhen und Mitten.

Audio Samples
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Snare, raw Snare, PE 1C Snare, Iridium Snare, API 550b Snare, Iridium
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Test des Interphase Iridium: Fazit

Mit dem Iridium hat Interphase einen hervorragend klingenden Inductor EQ am Start, der alles liefert, was man von einem guten Equalizer dieser Bauart erwartet. Die Signalbearbeitung wird schnell zu einer wirklich musikalischen Angelegenheit: Man denkt weniger in Frequenzen, sondern in Begriffen wie Charakter, Energie, Größe, Luftigkeit, Präsenz oder Wärme. Die Abstimmung der Frequenzen und Bänder ist sehr praxisnah geraten und ganz ehrlich: Der Iridium ein EQ, mit dem man in 90% der Fälle boosten möchte. Auffallend: Das Boosten von Tiefmitten – die man bei vielen Sachen lieber rausdrehen möchte – macht großen Spaß. Von breit angelegter Klangfärbung bis recht spezifischer Klangformung ist alles möglich, die Ergebnisse überzeugen allesamt. Wer mehr Flexibilität braucht, sollte sich Interphases Carbon oder Helium Equalizer anschauen. Eine Möglichkeit zum Justieren des Ausgangspegels würde ich begrüßen – denn wenn man herzhaft Charakter reindreht, steigt natürlich der Pegel deutlich. Das Preis-Leistungsverhältnis darf ob des gebotenen Klangs als sehr gut bezeichnet werden.

Hinweis: In einer früheren Version dieses Testberichts wurden teilweise recht schwergängige Potis bei beiden Testexemplaren bemängelt und auch als Contra genannt. Der Hersteller teilte uns mit, dass dort nun Unterlegscheiben weggelassen würden und auch bei den Testexemplaren ein leichter Zug an der Kappe das Problem behoben hätte – sie hätten wohl frontseitigen Druck bekommen. Wir haben uns zur Verifizierung erneut einen Iridium schicken lassen und können bestätigen, dass es keinerlei Probleme oder Auffälligkeiten gibt. (d.Red.)

  • analoger Mono-EQ in Induktionstechnik im 500er Modulformat
  • auch mit Racks im 51X-Standard kompatibel
  • Schaltung in diskreter Class-A-Technik
  • insgesamt 16 Induktoren, u.a. von Carnhill
  • vier Bänder (Peaking bzw. Bell-Charakteristik) mit festem Q-Wert von 1,2
  • je 6 Frequenzen pro Band mit einem Pegelhub von +/- 15 dB
  • Bässe: 50 – 80 – 100 – 150 – 300 – 600 Hz
  • Tiefmitten: 125 – 250 – 500 – 1k – 2k – 4k Hz
  • Hochmitten: 1.5 – 3 – 5 – 6 – 7 – 8 kHz
  • Höhen: 8 – 9 – 10 – 12 – 14 – 16 kHz
  • Stromverbrauch: max. 80 mA pro Rail
  • hergestellt in: Belgien
  • Webseite: interphase.audio
  • Preis: € 699,– (Straßenpreis am 29.4.2024)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • hervorragender Klang
  • hochwertige Induktoren von Carnhill für Bässe und Tiefmitten
  • durchdachte Abstimmung der Bänder und Frequenzen
  • großes Klangspektrum, auch drastische Boosts klingen musikalisch
  • sehr gute Abstimmung der beiden Testexemplare
  • sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis
Contra
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Interphase Audio Iridium Test
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