iMect DJ Player 7 Test

DJ-Apps für iOS-Geräte gibt es wahrscheinlich annähernd so viele wie Tower-Defence-Games. Die Software „DJ Player“ aus der Feder der kleinen Softwareschmiede iMect des ungarischen DJs und Programmierers Gabor Szanto kann sich in diesem Umfeld schon seit mehr als zwei Jahren erstaunlich gut behaupten.

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Zugegeben: Das ausgeklügelte In-App-Kaufsystem, das einen zunächst mit der kostenlosen Version anfixt und einen im Anschluss dazu verführen will, die Vollversion zu erwerben, dürfte daran nicht ganz unbeteiligt sein. Aber am Ende zählt ja die Frage, ob man für sein Geld auch einen brauchbaren Gegenwert erhält. Wenn das der Fall sein sollte, werden wir gewiss zufrieden sein. Ob das auch so ist, lest Ihr im Folgenden …

Details

Konzept

iMects DJ Player ist eine professionelle 2/4-Deck DJ-Software für Apples iOS-Endgeräte ab Version 5.1. Neben einer vollständigen Ausstattung mit Effekten, Equalizer und erweiterten Abspielfunktionen wie Cue Points, Loops und Sync sticht DJ Player durch zwei weitere Extras hervor. Das ist zum einen die Möglichkeit, Timecode-Platten als Kontrollmedien zu nutzen (alle TC-Medien außer Traktor MK2). Zum anderen ist es die umfassende Unterstützung von externen MIDI-Controllern sowie die Option, eigene Mappings für diese zu erstellen. Die Software wurde nahezu im Alleingang vom ungarischen Programmierer und DJ Gabor Szanto entwickelt. Vor dem Hintergrund des kräftigen Ressourcen-Hungers, den vier Abspieleinheiten mit FX und der Controller- sowie Timecode-Support in der Regel haben, musste er so ziemlich das Letzte aus der Prozessorleistung der in iOS-Geräten verbauten ARM-Prozessoren herausholen. Kurzerhand hat der pfiffige Programmierer dabei direkt noch ein DSP-Framework erfunden, das auf den sinnfälligen Namen „Superpowered“ hört und mittlerweile nicht nur die hier getestete Software antreibt, sondern auch anderen Herstellern zur Verfügung steht, die ressourcenhungrige iPad-Apps realisieren wollen – Respekt!

Überblick

Nachdem ich die App auf die bekannte Art und Weise über den App-Store heruntergeladen habe, empfängt mich das Programmfenster mit einem aufgeräumt wirkenden und minimal gestalteten Screen: Die Bildschirmfläche teilen sich die beiden Decks brüderlich, wobei das linke blau, das rechte rot eingefärbt ist. Aktiviert man den Vier-Deck-Modus, erscheint Deck C in gelb, Deck D in türkis. Auf dem Display des iPads ist die Bedienoberfläche so großformatig angelegt, dass sie auch noch bei der Herunterskalierung auf das iPhone relativ gut funktioniert – auch und besonders natürlich, wenn man die Sache durch einen externen Controller „heckspoilert“. DJ Player beherrscht dabei die Einpassung ins Hoch- und Querformat. Welche Ansicht man bevorzugt, ist absolut Geschmackssache. Ich mag die vertikale Ausrichtung deshalb so gern, weil dann der EQ über dem Crossfader liegt und somit dem „klassischen“ Layout eines DJ-Mischers nahe kommt. Da die weitaus häufigere Anwendung bei vielen Nutzern wohl das Querformat sein wird, beziehe ich mich in meiner weiteren Erkundung auch darauf.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Standardansicht: horizontale Ausrichtung, vertikale Wellenform

In der obersten Zeile residiert die Wellenformübersicht mit Umschalter für Mix/EQ- und vergrößerter FX-Ansicht. Direkt unter dem Umschalter folgt eine vertikale Wellenformdarstellung, wie man sie auch von Serato kennt und in der ich durch forsches Hineingrabschen direkt Scratchen und das Tempo „pitchbenden“ kann. Links bzw. rechts daneben finden sich von außen nach innen: der Pitchfader, drei Effekte, ein bipolares Filter (High-/Lowpass) und der Gain-Regler mit EQ-Potis (High, Mid, Low). Im Süden folgen dann der virtuelle Crossfader und ein „Shift“-Taster, der mit weitergehenden Funktionen ausgestattet ist, auf die ich noch im Praxisteil eingehen werde. Links und rechts sind vier kontextabhängige Taster platziert, denen im Normalbetrieb die Aufgaben „Loop-In/Out“ und „Cue/Play“ zukommen, bei gedrückter „Shift“-Taste „Cup/Reverse“ und der Einstieg in die Untermenüs „Cue Points“ und „Grid“. Die kostenlose Version macht sich durch ein sporadisch eingeblendetes gelbes Banner bemerkbar, das bei Erscheinen kurzzeitig die Lautstärke herunterregelt, so dass man absehbar wohl auf die Vollversion umsteigen wird. Diese schlägt mit absolut vertretbaren 8,99 Euro zu Buche.

Praxis

Die Liste an Features, mit denen DJ Player ausgestattet ist, darf man als wirklich erschöpfend bezeichnen und bewegt sich in vielen Bereichen mindestens auf Augenhöhe mit mancher „stationären“ DJ-Software, teilweise sogar darüber. Schauen wir zunächst einmal darauf, wie ein Track seinen Weg in eines der Decks findet. Derzeit funktioniert das auf drei verschiedene Arten: zum einen über die interne iTunes-Library, zum anderen über einen Deezer- oder Dropbox-Account. Erfreulich ist der Umstand zu werten, dass DJ Player zusätzlich über eine „History“ verfügt, ein Feature, das ich bei vielen anderen DJ-Apps fürs iPad schmerzlich vermisse. Nachdem das gewünschte Stück, das sich über die integrierte Such- und Sortierungsfunktion recht gut herausfischen lässt, in einem der Decks gelandet ist, kann es mit insgesamt acht „Cue“-Punkten versehen werden, die wahlweise als „CUP“ (Cue/Play = direkter Start) oder als einfacher „Cue“ (Startpunkt wird angesprungen und bei gedrückt halten gestartet) agieren. Diesen Modus erreiche ich über das gedrückt Halten der „Shift“-Taste in Verbindung mit dem dann erscheinenden Taster „Points“. Ebenfalls bei gedrückter „Shift“-Taste erreichbar: der „Grid“-Modus, in dem das Schlagraster adjustiert wird. DJ Player arbeitet hier wie die meisten Programme in dieser Liga mit einem festen Raster. Stücke, die „per Hand“ eingespielt wurden und entsprechende Temposchwankungen aufweisen, bekommt man so natürlich nicht in den Griff, moderne Sequencer-Musik dagegen problemlos. Meistens liegt DJ Player mit seiner automatischen BPM-Erkennung ohnehin richtig und ich darf mich entscheiden, ob ich wahlweise völlig frei beatmatchen möchte („Sync off“), nur das Tempo abgeglichen werden soll („Tempo Sync“) oder ich eine feste Verzahnung der Schläge wünsche („Beat Sync“).

Fotostrecke: 5 Bilder Detailansicht: Cue-Punkte

Den laufenden Stücken kann ich im Anschluss mit dem dualen Filter und der Effektsektion auf die Pelle rücken. Beim Filter handelt es sich um ein Exemplar mit High- und Lowpass-Charakteristik, dem ich in den Voreinstellungen auch noch ein bisschen mehr „Schmatz“, sprich höhere Resonanz mit auf den Weg geben kann. Überhaupt finden sich in den Voreinstellungen eine ganze Reihe von Stellschrauben, um DJ Player professionell an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Darunter finden sich die Optionen, ob man mit „Autogain“ arbeiten möchte, die stufenlose Beimischung des Masters zum Vorhörkanal und die Auswahl aus drei verschiedenen Crossfader-Charakteristika (Normal, Smooth und Scratch).
Vermisst habe ich allerdings die Möglichkeit, das Aufnahmeformat zu ändern (festgelegt ist WAV mit 44,1 kHz und 16 Bit).
Auch die Effektsektion gibt sich voll ausgestattet, wobei die drei Slots nicht frei mit den vorhandenen Klangverbiegern bestückt werden können, sondern pro Slot eine besondere Auswahl aus dem Angebot getroffen werden muss. Für FX-1 sind das ein „Roll-„ und ein „White Noise“-Effekt. In FX-2 können wahlweise „Jet“, „Lofi“, „Gate“, „Low-/High-/Bandpass-“ und ein „Peak-Filter“ aktiv sein. Und im dritten Slot sind es „Reverb“ oder „Delay“. Klanglich bewegt man sich hier zwar nicht unbedingt auf Studioniveau, für den DJ-Einsatz ist die Qualität aber allemal ausreichend.
Besonders gefällt mir im praktischen Einsatz der Umstand, dass sich Parameter (auch mehrere gleichzeitig) gewissermaßen „mitnehmen“ lassen. Man sich also, nachdem man mal mit dem Finger auf einem der virtuellen Regler kurz Platz genommen hat, auch davon weg bewegen kann und der entsprechende Wert dem Finger folgt – sehr schön! Aber hören wir einfach mal in eine Auswahl der Effekte rein.

Audio Samples
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EQ zuerst voller Boost dann Cut Filter erst hohe dann norm Resonanz FX Roll Whoosh Jet LoFi Gater Filter Delay

Zum Testen der MIDI-Funktionalität greife ich in das Regal mit Controllern und fische zunächst den niedlichen Hercules DJ-Control Instinct (Test hier!) heraus. Via USB-Hub verbunden, erkennt ihn DJ-Player automatisch sogar im laufenden Betrieb und wählt selbstständig das richtige Mapping aus – sehr schick. Falls einem die mitgelieferte Adressierung nicht zusagen sollte, steht es einem frei, im integrierten Mapping-Editor eine neue Zuweisung vorzunehmen. DJ Player erleichtert einem die Prozedur, indem es sämtliche Kontrollziele in Gruppen wie Mixer, Deck A-D und FX A-D unterteilt. Zudem ist das Anlernen via Learn-Funktion (Element auswählen, Controller berühren) möglich. Spätestens wenn es aber um die Rückgabewerte geht, führt dann kein Weg am händischen Eintippen von MIDI-Notennummern vorbei. Mühsam oder nicht – auch an diesem Punkt zeigt DJ Player seinen professionellen, umfassenden Anspruch, ein vollwertiges DJ-Tool zu sein. Spätestens als ich testweise meinen Stanton T.92 USB (Test hier!) anschließe, das Timecode-Vinyl von Mixvibes auflege und das iPad dem Plattenteller auf dem Fuße folgt, bin ich ernsthaft beeindruckt. Das übrigens auch im Hinblick auf die Performance, die DJ Player auf meinem betagten iPad 2 hinlegt. Selbst im TC-Betrieb plus Controller-Steuerung und aktivierten FX & EQs bleibt die Auslastungsanzeige dauerhaft unter 40 Prozent und entsprechend erfolgt die Audioausgabe rocksolide und ohne Aussetzer. Offenbar ist es Gabor Szanto mit seinem „Superpowered“ DSP-Framework, das er speziell zur Performance-Optimierung von DJ Player entwickelt hat, tatsächlich gelungen, die volle Power aus den Apple-Geräten zu kitzeln.

Fotostrecke: 6 Bilder Mit dem kleinen Hercules DJ Control Instinct versteht sich DJ Player auf Anhieb

Fazit

iMects DJ Player 7 sticht in Bezug auf seinen Funktionsumfang, die visuelle Umsetzung, logische Konzeption und seine Flexibilität positiv aus dem nicht gerade kleinen Angebot an DJ-Apps heraus. Schon an der eher nüchternen optischen Gestaltung merkt man, dass es sich mehr an den professionellen DJ richtet und weniger als Party-MP3-Schleuder dienen will. Wie so oft geht viel Macht aber auch mit viel Arbeit einher und DJ Player 7 bildet da keine Ausnahme. Um die App virtuos und sicher bedienen zu können, sollte man sich einige gemeinsame Stunden – wenn man einen umfangreichen Controller anlernen möchte, der nicht in der Library vorhanden ist, auch durchaus Tage – einplanen. Aber es lohnt sich: Einen entsprechend vielseitigen Controller oder sogar Steuervinyl vorausgesetzt, nutzt man das Apple-Endgerät lediglich noch zur Kontrolle und erledigt die Arbeit an der Hardware. Aber auch das ursprüngliche Szenario, nämlich die ausschließliche Bedienung über das Touch-Display unter Verwendung einer externen Soundkarte, ist Erfolg versprechend. Das liegt vor allem an der klugen, in sich schlüssigen Bedienlogik und den vielen praxisgerechten Problemlösungen – Stichwort: Parameter-Mitnahme!
Um es kurz zu machen: DJ Player wird der Zielsetzung, eine professionelle, vielseitige Software-Lösung für unterschiedlichste Auflege-Szenarien unter Zuhilfenahme eines iOS-Gerätes zu sein, vollständig gerecht. Wenn ich jetzt noch auf das Preisschild schaue, komme ich nicht umhin, hier alle Birnen der Punktelampe leuchten zu lassen. Die letzte Lampe glimmt allerdings nur mit halber Kraft, weil ich mir noch eine Stern-Reserve für die Integration eines dynamischen Beatgrids oder eines Samplers lassen möchte.
Trotzdem ledert iMects DJ Player 7 einen Großteil der Konkurrenten aus dem App-Store mit Leichtigkeit ab und ist sogar in der Lage, eine ganze Reihe von DJ-Programmen aus dem „stationären“ Lager locker hinter sich zu lassen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Professioneller Funktionsumfang
  • Volle Unterstützung externer Controller
  • Sparsamer Verbrauch von Ressourcen
  • Gute Audioqualität
  • Durchdachtes Konzept
  • Unterstützung von TC-Vinyl
Contra
  • Kein dynamisches Beatgrid
  • Kein Sampler
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iMect DJ Player 7 Test
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Profilbild von Joerg

Joerg sagt:

#1 - 27.04.2014 um 22:44 Uhr

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Danke für den Test, das klingt sehr interessant und die Freeware macht schon auf dem iPhone Spaß.Klappt das mit dem Numark iDJ Pro? Da steht das iPad ja "auf dem Kopf". Von der Midi-Integration her dürfte es ja kein Problem sein. Es wäre super, wenn das jemand ausprobieren könnte.Viele Grüße
Jörg

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Numinos sagt:

#2 - 30.04.2014 um 03:33 Uhr

0

Hi Jörg,Also von der Orientierung des iPad spricht nichts dagegen, denn DJPlayer arbeitet - wie ich geschrieben habe - sowohl im Hoch- als auch im Querformat.Da ich den Numark nicht hier habe, kann ich es nicht ausprobieren. Da er aber in der Liste mit unterstützten Controllern aufgeführt ist und die Controller, die ich getestet habe - wenn sie in der Liste aufgeführt waren - alle bestens funktionierten, spricht eigentlich nichts dagegen.bestNUMINOS

Profilbild von johannes1983

johannes1983 sagt:

#3 - 28.11.2016 um 17:05 Uhr

0

Super Review, aber ich bevorzuge immernoch djay Pro, wegen der Spotify Integration

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