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Harley Benton R-458 BK Rock Series Test

Seit es die Eigenmarke von Thomann gibt, ist Harley Benton immer wieder für Überraschungen gut. So konnten sich Pedale, die wir in letzter Zeit in der Mangel hatten, teilweise sogar gegen erheblich teuerere und aufwendigere Konkurrenten ausgesprochen gut in Szene setzen. Natürlich gehören auch Gitarren zum Angebot, und aus diesem Fundus haben wir uns für den folgenden Test bedient. Die R-458 BK Rock Series – eine Gitarre?  Zumindest sieht sie auf den ersten Blick so aus, aber auf den zweiten Blick entpuppt sich unsere Kandidatin als etwas Besonderes, denn sie ist nicht mit sechs, sondern mit acht Saiten bestückt.

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Das führt dazu, dass im Standard-Tuning die tiefste Saite leer angeschlagen den Ton F# erzeugt, und der ist gerade einmal einen Ganzton höher als die E-Saite beim Standard-Bass. Das heißt, dass beim Einsatz der R-458 der Kampf um die Frequenzen in vollem Gange ist. Nun könnte man argumentieren, dass die Bassisten mit ihren Sechssaitern auch in unsere Hoheitsgebiete einwandern und es deshalb nur gerecht ist, wenn wir mit gleichen Waffen zurückschlagen. Allerdings gestaltet sich das nicht ganz so einfach – nicht umsonst besitzt ein Bass in der Regel eine erheblich längere Mensur. Spannend, wie sich diesbezüglich unsere preisgünstige Testkandidatin schlägt, die für nicht einmal 200 Euro den Besitzer wechselt.

Details

Vorab ein paar kleine Informationen zum Thema achtseitige Gitarren. Prinzipiell haben wir es mit einer Gitarre zu tun, die um zwei tiefe Saiten erweitert ist, die folgerichtig um jeweils eine Quarte zur vorherigen Saite tiefer gestimmt sind. Dadurch ergibt sich folgendes Tuning von der höchsten zur tiefsten Saite:
e
B
G
D
A
E
B
F#
Die Anregung zu einer solchen achtsaitigen Gitarre kommt von einigen Gitarristen aus dem Metall-Handwerk, die für ihre finstere Riffgestaltung noch eine weitere tiefe Saite benötigen, weil ihnen das tiefe B der Siebensaiter-Gitarren einfach nicht tief genug ist. Die Gitarren haben eine etwas längere Mensur, die in der Nähe von Bariton-Gitarren liegt. Jeder Hersteller hat sein eigenes Konzept und bietet unterschiedliche Modelle an. ESP hat zum Beispiel eine achtsaitige Gitarre mit Standard-Gitarrenmensur (648 mm) im Programm, währen Schecter mehr Länge bevorzugt, hier gibt es Instrumente mit 711 mm. Unser Testmodell liegt im Bariton-Bereich, die Mensur misst 673 mm. Bestückt sind alle Instrumente in diesem Genre mit 24 Bünden und in der Regel sind auch zwei leistungsstarke Humbucker eingebaut. Doch nun zu unserer Testkandidatin.
Die R-458 hat einen Linde-Korpus im leicht abgewandelten Strat-Shaping mit zwei versetzten Cutaways. Aussparungen an Vorder- und Rückseite dienen der besseren Anpassung an die Anatomie des Spielers. Der Korpus ist aufgrund der breiteren Halskonstruktion insgesamt auch eine Spur ausladenderd als ein Standard-Strat Body. Der Lack ist nicht hundertprozentig genau aufgetragen und am Rand der Ausfräsung des Steg-Pickups sieht man einen kleinen Streifen unlackiertes Holz, aber bei 199 Euro sollte das kein wirkliches Problem sein.

Fotostrecke: 7 Bilder Die Harley Benton R-458: Black in Black.

Hardware und Pickups sind ebenfalls komplett in Schwarz, und unterhalb des Steg-Pickups finden sich zwei Regler und ein Schalter. Die Brücke mit acht einzeln verstellbaren Saitenreitern ist mit vier Schrauben fest am Korpus montiert, die Saiten werden von der Rückseite her durch einzelne Metallhülsen aufgezogen. Auch bei der Brücke sind leichte Macken festzustellen, der Reiter an der B-Saite zum Beispiel ist etwas scharfkantig, während die Schrauben zu ihrer Justierung allesamt einen brauchbaren Eindruck hinterlassen. Die Klinkenbuchse hat ihren Platz an der Zarge, die Gurtpins sind ebenfalls an den bekannten Stellen, einer am Cutaway und der andere an der Zarge am unteren Ende des Korpus.

Fotostrecke: 4 Bilder Extrabreit: Die Pickups der achtsaitigen Harley Benton R-458

Die R-458 ist mit zwei Hi-Gain Humbucker-Pickups im EMG-Styling mit schwarzen Kunststoffkappen ausgestattet, die über zwei Kreuzschlitzschrauben in der Höhe verstellbar sind. Ihr Signal wird per Lautstärke- und Klangregler angepasst, die Anwahl der Pickup-Kombinationen erfolgt mit einem Drei-Wege Toggle-Switch. Hier sind die üblichen Varianten im Angebot, Hals-Pickup einzeln, beide Pickups oder der Steg-Tonabnehmer einzeln. 
Bei einer achtsaitigen Gitarre ist natürlich ein breiterer Hals erforderlich, die Sattelbreite beträgt bei unserem Testmodell 57 mm, eine Standard Les Paul misst an dieser Stelle gerade einmal 43 mm. Dafür ist der Hals etwas flacher, man hat hier also ein genanntes „Flat D-Shape“ gewählt, das erst ab dem 15. Bund an Stärke zunimmt.

Fotostrecke: 4 Bilder Hals der Harley Benton R-458 mit V-Inlays.

Der Hals ist mit vier Schrauben am Korpus befestigt, der Übergang zum Korpus befindet sich am 17. Bund. Unser Instrument ist mit 24 Jumbo Frets ausgestattet, und mit der üblichen Spielweise wird es schon schwieriger, den 24. Bund auf allen Saiten zu erreichen. Für die tiefen Saiten müsste dort der Daumen herhalten, wie das bei den meisten Gitarren dieser Bauart der Fall ist. Aber das ist ohnehin eher theoretisch, denn wer greift schon eine tiefe F#-Saite im 24. Bund – da gibt es andere Möglichkeiten. Der Hals ist aus Ahorn gefertigt und hat ein aufgeleimtes Palisandergriffbrett mit V-Einlagen zur besseren Orientierung, an der Halskante gibt es außerdem die üblichen Dot-Inlays. Die Saiten laufen über einen weißen Kunststoffsattel zu den Stimm-Mechaniken, die sich an beiden Seiten der Kopfplatte befinden, und zwar logischerweise jeweils zu viert. Die ebenfalls schwarz lackierten Tuner haben kleine Köpfe, sind leichtgängig und verrichten ihre Arbeit sorgfältig und ohne Übertragungsfehler, die sich durch tote Punkte bemerkbar machen würden. An der Kopfplatte findet man neben dem oben angebrachten Harley-Benton Schriftzug noch die Abdeckung für den Halsstellstab.

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Praxis

Wichtig: In den Hörbeispielen werden die Tonabnehmer-Kombinationen wie folgt angegeben:
1 – Steg-Pickup
2 – beide Pickups
3 – Hals-Pickup
Der Hals fühlt sich in der Tat ganz schön mächtig an, wenn man diese Dimensionen nicht gewohnt ist und primär seine Zeit mit „normalen“ Gitarren verbringt. Aber durch das schlankere Shaping wird der Unterschied abgemildert, auch wenn man nicht mit großen Händen und langen Fingern gesegnet ist. Die werkseitige Einstellung von Halskrümmung und Saitenlage ist in Ordnung, es scheppert nichts dramatisch und auch der Abstand der Saiten ist recht gleichmäßig und relativ flach. Lediglich die Bünde könnten etwas besser poliert sein, aber bei dieser Preisgestaltung legt man für den letzten Schliff auch gerne selbst Hand an. Wer längere Gigs mit dem Instrument spielen möchte, der sollte gut trainiert sein, denn die R-458 bringt satte 4,5 kg auf die Waage. Ob sie auch auch entsprechend fett klingt?

Harley-Benton R-458: Acht Saiten im Praxistest
Harley-Benton R-458: Acht Saiten im Praxistest

Als Erstes widmen wir uns den Tonabnehmer-Kombinationen bei unverzerrtem Sound. Zuerst habe ich die „normalen“ Saiten bedient und eine simple Akkordfolge mit allen drei Pickups aufgenommen.

Audio Samples
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High Clean 1 High Clean 2 High Clean 3

Die Hi-Gain Humbucker haben nicht unbedingt den Monster-Pegel, der einen Amp kollabieren lässt. Verglichen mit den sehr leistungsstarken EMGs müssen sie sich weiter hinten anstellen. Den Klang würde ich als abgerundet und eher weich bezeichnen. Die Höhen kommen beim Cleansound auch beim Steg-Pickup nicht bissig, das Instrument hat auch ohne die beiden zusätzlichen tiefen Saiten schon ein gutes Bassfundament.
Diese sind nun an der Reihe. Auf ihnen muss man auf jeden Fall konzentriert zu Werke gehen, denn das Tracking besonders auf der F#-Saite ist nicht besonders schnell. Hier bestimmt der Kampf gegen die Physik das Spielen, es ist die Kombination dicke Saite, tiefer Ton und kurze Mensur. Es hat schon seinen Grund, warum die meisten E-Bässe seit über 50 Jahren längere Hälse haben. Der Halspickup klingt in den tiefen Bereichen einen Hauch undefiniert, nimmt man den Steg-Tonabnehmer dazu, wird es wesentlich klarer.

Audio Samples
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Low Clean 1 Low Clean 2 Low Clean 3

Man muss mit der Gitarre nicht unbedingt nur die Metal-Säge fahren, durch die beiden tiefen Saiten kann man natürlich auch Bass und Gitarre in einem kombinieren. Gerade für Gitarristen, die öfters im Duo mit Sänger/Sängerin spielen oder selbst singen und spielen, könnte das eine sehr reizvolle Angelegenheit sein, um das Frequenzspektrum des Instruments nach unten zu öffnen. Zwar muss man ziemlich weit greifen, aber mit etwas Übung klappt auch das.

Audio Samples
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Clean Groove 3

Akkorde lassen sich zwar auch auf den tiefen Saiten spielen, aber hier zählt die Präzision, denn gerade bei den dicken Saiten und dem schmaleren Abstand der Saiten zueinander ist ganz schnell die Nachbarsaite mit abgedämpft. Das kann man aber dem Instrument nicht in die Schuhe schieben, denn die Alternative wäre ein breiterer Hals, und der wäre dann doch zu viel.
So klingen Akkorde mit B, E, A und D-Saite bei einem unverzerrten Sound. Dabei sollte auf jeden Fall der Stegpickup mit im Spiel sein, denn er überträgt den Bassbereich wesentlich transparenter, was bei diesen tiefen Akkorden auf jeden Fall wichtig ist.  

Audio Samples
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Low Chords

Jetzt geht es aber endlich an die Zerrsounds, die ja eigentlich das Haupt-Betätigungsfeld unseres Testinstruments darstellen. Ich habe die R-458 zuerst einmal vor meinen Marshall-Plexi geschnallt und auch er hat mir die etwas schwache Ausgangsleistung der Pickups bescheinigt. Der Zerrsound ist trotz weit aufgerissenen Volumes nicht so stark und schmatzig wie zum Beispiel mit einer SG oder Les Paul. Mir persönlich fehlt hier der aggressive Biss, den eine solche Gitarre eigentlich haben sollte.

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Mid Gain 1

Das Gleiche bestätigt sich auch bei den High-Gain-Sounds. Hier fehlt es dem Instrument leider an Durchsetzungsfähigkeit, den man besonders in diesem Bereich braucht. Vor allem in den tiefen Gefilden wird der Ton recht matschig. 

Audio Samples
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High Gain Riff

Das war jetzt die langsame Variante in der Bedienung der dicken Saiten, zum Abschluss habe ich das Tempo ein wenig hochgeschraubt, weil ich wissen wollte, wie sich das Tracking und die Übertragung dort verhalten.Bei der E-Saite ist noch alles in Ordnung, die B und F#-Saite lassen sich eher schwer bei höheren Anschlagstempi bearbeiten. Auch hier fehlt es dem Ton an Definition für eine gute Ansprache und das entsprechende Spielgefühl. Ihr hört im folgenden Beispiel das Riff auf den drei unterschiedlichen Saiten.

Audio Samples
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High Gain E 1 High Gain B 1 High Gain Fis 1
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Fazit

Die Harley Benton R-458 ist eine der günstigsten achtsaitigen Gitarren, die im Moment auf dem Markt sind. Für gerade einmal 199 Euro erhält man Zugang zu den finsteren Low-Riffs, für die das Instrument konzipiert ist. Allerdings muss man einige Abstriche machen, wenn auch nicht am Hals und der Bespielbarkeit. Dort gibt es nichts zu meckern, die Halsneigung ist gut eingestellt und auch die Saitenlage ermöglicht ein angenehmes Greifen. Man muss sich zwar an den breiten Hals gewöhnen, aber das ist schließlich bei allen Achtsaitern der Fall. Die Hardware verrichtet ihre Dienste problemlos, Brücke und Tuner machen einen guten Eindruck. Die Lackierarbeiten sind nicht ganz perfekt, aber das lässt sich locker verschmerzen. Lediglich die Pickups halten nicht ganz, was sie versprechen. Sie haben zu wenig Biss und Pegel, um einen transparenten Metalsound vor allem bei Riffs auf den tiefen Saiten zu erzeugen. Trotzdem ist die Gitarre jedem Einsteiger in die Achtsaiterfraktion zu empfehlen, denn mit ihr kann man für extrem kleines Geld erste Erfahrungen sammeln. Und vielleicht liegt ja irgendwann ein Satz besserer Pickups unterm Weihnachtsbaum.

PRo
  • Preis
  • Bespielbarkeit
  • Hardware
Contra
  • Verarbeitung
  • Pickups
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Spezifikationen
  • Hersteller: Harley Benton
  • Model: R-458 BK Rock Series
  • Finish: Schwarz
  • Korpus: Linde
  • Hals: Ahorn (geschraubt)
  • Profil: Flat D Shape
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsbr.Sattel: 57 mm
  • Mensur: 673 mm
  • Bünde: 24 Medium Jumbo Bünde
  • Pickups: 2x Hi-Gain Humbucker-Pickups
  • Regler: 1x Volume, 1x Tone
  • Preis: € 199,- (UVP)
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Preis
  • Bespielbarkeit
  • Hardware
Contra
  • Verarbeitung
  • Pickups
Artikelbild
Harley Benton R-458 BK Rock Series Test
Für 179,00€ bei
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