Gemini CDJ-210 Test

Riesenräder gibt es nicht nur auf dem Jahrmarkt. Auch professionelle DJ-CD-Player definieren sich in Teildisziplinen über den Durchmesser ihrer Teller. Dass Qualitätsgeräte mit hohem Spaßfaktor nicht teuer sein müssen, zeigt Gemini nun einmal mehr. Das Traditionshaus von der East-Coast blickt auf über 30 Jahre Engineering in der DJ-Branche zurück und hat es verstanden, seine Produkte zu vergleichsweise moderaten Preisen im Markt zu etablieren.

Mein heutiger Testkandidat CDJ-210 ist ein MP3-CD-Player mit Scratch- und Loopfunktion, der preislich in der Einsteigerklasse zu Hause ist und im gut sortierten Onlinefachhandel schon unter 200 Euro angeboten wird. Er tritt die Nachfolge des CDJ-203 an und ist nach Numarks NDX-200 (ca. 150 Euro, ohne MP3-Funktion) und American Audios CDI-100 (ca. 180 Euro) einer der günstigsten Jogdial-gepowerten DJ-Tabletops. Wie er sich in der Praxis anstellt, soll unser Testbericht aufzeigen.

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Details

Erster Eindruck
Der Kandidat hat mit 298 x 278 x 127 Millimeter fast quadratische Maße und ist mit einem Gewicht von 2,7 Kilo angenehm leicht geraten. Seine dezente dunkelgraue Farbgebung weiß auf Anhieb zu gefallen. Das vielleicht etwas bullige Gehäuse ist vollständig aus Kunststoff gefertigt, dennoch erscheint mir der Bursche recht robust. Ein Typ mit Ecken und Kanten, wobei allerdings den Ecken ein etwas runderes Profil durchaus gut zu Gesicht gestanden hätte. Apropos Profil: Wie sieht es mit der Mobilität aus? Ob er den harten Belastungen „On-the-road“ auf Dauer standhält, kann nur ein Langzeittest aufzeigen. Im adäquaten Transportcase sollte es zumindest nicht zu Schäden am Gerät selbst kommen. Ein Trockenlauf über die Bedienelemente vermittelt einen soliden Ersteindruck. Außerdem ist jede Funktion eindeutig beschriftet, was den Zugang leicht und den Blick ins Handbuch überflüssig macht. Netzkabelaufnahme, Einschaltknopf und zwei Cinchbuchsen findet man auf der Rückseite, wobei diese gerne etwas massiver sein dürfte, denn sie gibt leicht nach, wenn das Netzkabel eingesteckt wird. Eine Faderstart-Option oder ein digitaler Ausgang sind nicht mit an Bord.

Backpanel_Gemini_CDJ_210

Bedienoberfläche
Der Bolide ist in zwei Hauptbereiche aufgeteilt. Unten sehe ich Jogwheel und Pitch mit den dazugehörigen Funktionstasten sowie zwei extragroße beleuchtete Buttons für PLAY und CUE, die man auch in dunkler Umgebung nur schwer verfehlen dürfte. Darüber sind ein Taster zum Umschalten des Jogmodus sowie zwei Spultasten arrangiert. Um das Display herum finden sich weitere Buttons für die Effekt- und Loopsektion.

Transport_Buttons_Gemini_CDJ_210

Der Bildschirm ist verhältnismäßig klein ausgefallen, doch die Zahlen und Zeichen lassen sich aus normaler Entfernung recht gut ablesen. Neben dem Abspielstatus (Cue, Pause, Play) zeigt der Screen Tracknummern, Laufzeiten (Elapsed, Remain) Wiedergabemodus (Single/Repeat) und Pitchwert an. Auch MP3-Dateibezeichnungen werden ausgelesen und auf einer zwölfstelligen Punktmatrix gescrollt.

Display_Gemini_CDJ210

Jogwheel
Mit einem Durchmesser von 180 mm ist das Jogwheel ein echter Hingucker. Die gummierte geriffelte Oberfläche ist angenehm griffig, der Außenrand mit Fingermulden besetzt. Es lässt sich in drei unterschiedliche Betriebsmodi versetzen: PITCH-BEND (LED aus) schubst den Song kurzzeitig an oder bremst ihn ab, CUE-SEARCH (LED an) spult und SCRATCH (LED blinkt) gestattet gleichnamige DJ-Manöver. Mit dem Teller lässt sich recht komfortabel arbeiten; in den Pausenmodus versetzt, eröffnet er eine framegenaue Suche von 1/75 s. Allerdings kommt es beim Nudging im direkten Vergleich zum großen Bruder CDJ-600 zu einem recht langen Nachlauf. Bis der Track wieder auf volle Touren kommt, vergehen ein bis zwei gefühlte Sekunden mehr, in denen der Proband noch beschleunigt oder bremst. Mich persönlich stört das.

Praxis

Auch wenn der Trend zum Laptop-Mixen anhält, gibt es nach wie vor viele DJs, die den Club mit einem Stapel Silberlinge bespielen. Und Hand aus Herz: Mit einigen CD-Taschen loszuziehen, die nur wenige hundert Gramm wiegen, ohne Aufbaustress und Systemcrash, stattdessen „load and play“ – das hat schon was.

Logo_Gemini_CDJ_210

Audioeinheit
Geminis Abspieleinheit hat einen Dreifachlaser eingebaut und arbeitet mit achtfachem Oversampling und einer Samplingfrequenz von 44,1 kHz. Den Frequenzgang selbst gibt der Hersteller mit 20 Hz – 20 kHz an, den Klirrfaktor mit kleiner 0,05 Prozent. Was den Sound angeht, klingt der Kandidat sehr transparent, da gibt’s nichts zu beanstanden. Für das Einlesen einer Audio-CD und eines Silberlings mit 50 MP3-Dateien benötigte er im Test etwa 10 Sekunden. Nicht sonderlich schnell, aber auch nicht unüblich in dieser Preisklasse. Auch CDs mit Gebrauchsspuren stellten kein Problem dar. Per Push-Encoder browst der User flott durch die Medien, ein Titel wird ganz unkompliziert via Buttonfunktion in Abspielposition geparkt. Nur die Lauwerks-Schublade gibt sich ein wenig wackelig und sorgt damit nicht gerade für Luftsprünge.

Tempobezogenes
Auf der prominenten Rechtsaußenposition residiert der Temposchieber mit 100 mm Länge und rastender Nullstellung. Er lässt sich gegen versehentliches Auslösen deaktivieren und arbeitet mit vier, acht oder 16 Prozent. Der Fader gleitet recht sanft, nur die Kappe wackelt ein wenig. Leider zeigt das Display die BPM nur in gerundeten 0,5 Prozent-Schritten an, arbeitet aber selbstverständlich auch in den Zwischenräumen präzise im Zehntelbereich, was ein Test mit einem zwischengeschalteten externen Beatcounter aufzeigte. Zwei Pitchbend-Taster ermöglichen kurzzeitige Tempokorrekturen. Sie sind in ihrem Regelumfang genau wie das Jogwheel auf +/- 16 Prozent festgelegt.

Pitch__Gemini_CDJ_210

Betriebssicherheit
Leider zeigte sich mein Testmodell nicht so schockresistent, wie man es eigentlich erwarten dürfte. Beim Schütteln öffnete sich mehrfach die Lade und förderte die CD ans Tageslicht. Auch bei intensivem Einsatz der Cue-Stutter-Technik zeigte der Proband dieses Verhalten. Ein Montagsmodell? Vielleicht ein defekter ASP? Ich forderte ein Austauschmodell an. Dieses kam postwendend und musste sich natürlich über den gleichen Testparcours zerren lassen. Von Vibrationsproblemen keine Spur. Na also!

Where have all the counters gone
Kein Beatcounter, keine Keycorrection. Damit ist der Player vielleicht dort nicht erste Wahl, wo Beatmixing-Techniken vorherrschen und der musikalisch Verantwortliche Wert auf den Erhalt der ursprünglichen Tonart beim Eintakten legt. Sicherlich kann man bei durchschnittlichen Tempovariationen von +/- 8 Prozent in elektronischen Spielrichtungen noch nicht unbedingt von Mickey-Maus-Beats oder -Stimmen sprechen, doch so richtig authentisch hört sich ein hochgepitchter Track nicht an, besonders, wenn Vocals ins Spiel kommen. Im Cross-Genre-Einsatz oder in rockigeren Gefilden, um nur zwei Beispiele zu nennen, werden die Musikstücke jedoch eher naturbelassen gespielt. Da kommt die fehlende Keycorrection nicht so stark zum Tragen. Der CDJ-210 ist im Übrigen auch über die PGM-Taste programmierbar.

Loops und Effekte

Wie üblich bei manuellen Loops, muss der DJ schon eine ziemliche Treffsicherheit an den Tag legen, damit sich das Ergebnis tanzbar anhört. Über die obligatorischen Buttons IN/OUT werden die Schleifen exakt an der Auslöseposition erstellt. Ein zweiter Tastenhieb auf OUT, und der Zyklus endet, RELOOP aktiviert ihn erneut.

Loopsektion_Gemini_CDJ_210
Audio Samples
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Seamless Loop

BRAKE simuliert das Anlauf- und Bremsverhalten eines Plattentellers. Ein Effekt, den man schon öfter während einer Anmoderation gehört hat. Leider hat der Käufer keinen Einfluss auf die Start-und Stoppzeit.

FX_Gemini_CDJ_210
Audio Samples
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Brake Reverse

Der Scratchmodus konnte mich nicht gänzlich überzeugen. Sporadische Partyeinsätze sind machbar, für Vinylisten und Turntablisten klingt der Sound indes nicht realistisch genug. Auch macht sich die Übersetzung des Jogdials hier ein wenig bemerkbar. Gerade bei extrem langsamen Bewegungen startet zudem zeitweise die Vorwärtswiedergabe, obwohl die Hand noch auf dem Teller liegt, was bei einer Schallplatte normalerweise nicht passiert. Das ließe sich auch durch eine Button-Funktion oder einen elektromagnetischen Auslöser verbessern, wird aber in dieser Preisklasse nicht unbedingt erwartet. CDJ-210 ist schließlich ein 200-Euro-Einsteiger-Player und keine 1000-Euro Wollmilchsau.

Jogmodes__Gemini_CDJ_210_01

Zeitcodiertes
Nicht jeder CD-Jockey legt mit Audio- oder MP3-CDs auf. Mancher nutzt stattdessen zeitcodierte Steuermedien. Sie leiten die Positionsangaben und Jogdial-Bewegungen an den Computer weiter, der sein Analyseergebnis auf die Softwareplayer überträgt. So bleibt das gewohnte Handling erhalten und der Akteur kann trotzdem die Vorteile einer Laptop-Performance nutzen – im Falle von Traktor-Scratch Pro zum Beispiel die automatische Synchronisation der Tracks. Ein gebräuchliches Standard-Setup besteht in der Regel aus zwei CD-Playern, einem Mischpult, einem Sound-Interface, der bevorzugten DJ-Software und natürlich einem Computer. Mit Timecodes im Bauch zeigt sich unser Proband, abgesehen vom bereits erwähnten Jog-Leak, fit für den Alltag.

Setup_Gemini_Cdjs

Der CDJ210 ist ein weitgehend gelungener Einsteigerplayer mit einem für diese Preisklasse überdurchschnittlich großen Jogwheel. Das Design ist zeitlos, die Bedienung geht dank eindeutiger Beschriftung leicht von der Hand. Er ist zudem sehr übersichtlich aufgebaut, was gerade Neulingen einen schnellen Zugang zur Materie verschafft. Große beleuchtete Abspieltasten, Spul-Buttons und ein Push-Encoder zum Browsen auf der CD sorgen für einen effizienten Arbeitsablauf während des Sets. Das Display ist recht hell geraten und zeigt neben den üblichen Standards auch Titel-Informationen von MP3-Dateien an. Allerdings hätte es für meinen Geschmack größer ausfallen dürfen. Besonders erwähnenswert sind der lange, dreifach-skalierbare Pitchfader und das große, griffige Multifunktions-Jogwheel mit leider etwas gewöhnungsbedürftiger Nudge- und Scratch-Performance. Letztgenannte wird hartgesottene Scratcher nicht überzeugen, im Querbeetverbund kann man damit aber durchaus gelegentlich abrocken. Obendrein bekommt der DJ einen Reverse- und einen Brake-Effekt sowie einen nahtlosen manuellen Loop-Speicherplatz. Der Player ist etwas gemächlich beim Einlesen der Silberlinge – zehn Sekunden Wartezeit pro Scheibe sollte man einplanen. BPM-Anzeige oder Tonhöhenkorrektur fehlen gänzlich, was den Einsatz in einer beatmixenden Umgebung ein wenig infrage stellt. Schade, hier wäre bestimmt mehr drin gewesen. Entscheidend ist jedoch auch der Sound und da gibt’s von meiner Seite absolut nichts auszusetzen, denn das Teil klingt sehr transparent. Für einen Straßenpreis von nicht einmal 200 Euro macht der CDJ-210 insgesamt eine gute Figur.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Großes Jogwheel
  • MP3-Textanzeige
  • Einsteigerfreundlicher & klarer Aufbau
  • Browser-Encoder
  • Dreifach skalierbarer 100 mm Pitchfader
  • Präselektion von Audiotracks
Contra
  • Kein Beatcounter
  • Keine Key-Correction
  • Qualität der Jogwheel-/ Scratch-Übersetzung
  • Etwas wackelige Schublade
Artikelbild
Gemini CDJ-210 Test
Für 159,00€ bei

Herstellerlink: Gemini

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