GALLIEN-KRUEGER Fusion 550 Test

Eines vorweg: „Fusion 550“ heißt nicht, dass der Hybride mit besonderen Fähigkeiten für die Jazz-Rock-Gefilde ausgestattet ist. Auch ist der Neuzugang bei Gallien-Krueger keine Kombination aus Elektrizität und Benzin, noch werden analoge und digitale Komponenten verschmolzen. Fakt ist, dass Gallien Krueger jetzt Röhrensound mit der eigenen Transistor-Klangcharakteristik paart. Grund für diese Entwicklung sei der von vielen Bassisten über Jahre hinweg stetig geäußerte Wunsch nach einer Röhrenversion der GK-Verstärker, sagt Firmengründer Bob Gallien.

In den vergangenen mehr als 40 Jahren seines Schaffens erfand er etliche Features, die mittlerweile zum Standard einer Verstärkerausstattung gehören – beispielsweise die eingebaute D.I. und das Bi-Amping. Schon auf dem legendären Woodstock-Video sieht man Santana einen der ersten Gitarrenverstärker von Bob Gallien spielen. Da er aber mehr Bass- als Gitarrenverstärker verkaufte, spezialisierte sich Bob auf deren Herstellung. Er arbeitete seit Ende der Sechziger hauptberuflich bei Hewlett-Packard und tat sich mit einem Ingenieurkollegen bei HP, Rich Krueger, zusammen. Gallien-Krueger war geboren. 1972 entschied er sich für die Selbstständigkeit. Das führte acht Jahre später dann auch zum ersten gemeinsamen Meisterstück, dem 800RB. Ein Klassiker und auch mein erster Verstärker, der nach drei Jahrzehnten immer noch tadellos funktioniert!

Die Fusion verschiedener Technologien allein genügt aber noch nicht, um einen großartigen Verstärker zu schaffen. Die Entwicklung des Hybridmotors in der Automobilindustrie geht bis in das Jahr 1899 zurück, die Technologie konnte sich aber nicht durchsetzen. Erst Mitte der 90er¬Jahre kam das Thema wegen des Mangels an fossilen Brennstoffen wieder auf. Hybridverstärker tummeln sich seit den 70ern auf dem Verstärkermarkt. Anfänglich gab es hybride Gitarrenverstärker von Marshall und MusicMan. Inzwischen sind auch einige überzeugende Bass-Hybridverstärker von namhaften Herstellern wie EBS, MarkBass oder Ampeg erhältlich. Um so mehr sind wir gespannt, ob Gallien-Krueger einen Weg gefunden hat, die einzelnen Teile zu einem überragenden Ganzen zu verbinden.

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Details

Die neueste technische Errungenschaften Bob Galliens wird durch ein robustes schwarzes Metallgehäuse geschützt. Ein, in die Front eingelassenes Drahtgitter, auf dem auch der edle Schriftzug sitzt, sowie weitere, in die Rückblende gestanzte Öffnungen sorgen dafür, dass der Lüfter die drei im Betrieb glühenden 12AX7¬Röhren des Preamps auch mit genug kühlender Luft versorgen kann. Für einen Verstärker, dessen Endstufe bei 500 Watt Ausgangsleistung viel Wärme abstrahlt und der im Bi-Amping-Betrieb für den Höhenbereich von einer weiteren kleinen Endstufe mit 50 Watt unterstützt wird, ist ein effektives Kühlungssystem mit stufenlos betriebenem Ventilator unbedingt notwendig.

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Vorstufe
Die vier Sektionen Input, Shaping, Active Equalizer und Output sind auf der Frontplatte aufgezeichnet und geben dem Bassisten eine gute Übersicht über die verschiedenen Arten der Soundformung. Ich bespreche die Sektionen von links nach rechts.

1. Input
Oberhalb des Klinkeneingangs finden sich mit zwei Kippschaltern und einem Gain-Regler schon die ersten Tools, um den Bass optimal an den Verstärker anzupassen. Mit dem Aktiv/Passiv-Schalter wird der Eingangswiderstand des Verstärkers der aktiven oder passiven Elektronik des Basses angeglichen. Der Kanalwechselschalter steuert die jeweils im Kanal eins und zwei eingestellten Sounds, wobei sich das Soundgedächtnis des Verstärkers die Einstellungen der acht Drehregler merkt. Die beiden Kanäle sind mit dem beiliegenden Fußschalter praktisch umzuschalten. Neu beim 550 sind die motorbetriebenen Potis, die beim Umschalten der Kanäle die Regler in die abgespeicherte Position bewegen.

2. Shaping

Die Contour-Schaltung des 550 gestaltet sich etwas umfangreicher und präziser im Vergleich zum 800RB, bei dem nur ein Schalter ein Absenken der Mittenfrequenzen bei 500Hz um einen festen Wert bewirkt. Der Hersteller hat jetzt eine variable, röhrengesteuerte Version eingesetzt, bei der ich die Center-Frequenz im Mittenbereich bei 500 Hz oder 800 Hz festlegen kann. Durch Aufdrehen des Contour-Reglers werden die gewählte Center-Frequenz und angrenzende Bereiche abgesenkt. „Deep“ und „Bright“ boosten jeweils den Frequenzbereich um vier Dezibel bei 30Hz und 10kHz.

3. Active Equalizer
Ebenfalls röhrengesteuert ist der aktive Vierband-EQ. Er verstärkt oder beschneidet die Höhen bei 7kHz, Bässe bei 40Hz, die hohen Mitten bei 1kHz und die tiefen Mitten bei 50Hz.

4. Output

Die Leistung der Horn-Endstufe im Bi-Amping-Mode steuert der „Horn Bi-Amp“-Regler. Dazu werden allerdings Bi-Amping-fähige Lautsprecherboxen von GK benötigt, deren Ansteuerung dann mit einem speziellen 4-poligen Speakonkabel erfolgt. Auf der Rückseite der Zweiwege-Boxen von GK kann der Bi-Amp-Betrieb mittels eines Schalter aktiviert werden, sodass nur der Signalfrequenzbereich oberhalb von 5kHz an die 50W-Endstufe geleitet wird. Diese versorgt das Horn separat, während parallel dazu ein Fullrangesignal an die 500W-Endstufe fließt. Das soll mögliche Schäden am Horn verhindern, die im üblichen Fullrangebetrieb durch Übersteuern des Verstärkers entstehen können. In diesem regelt der Master alleine die Lautstärke der Class-G Endstufe. Mit dem Mute-Schalter werden Master-und D.I.-Output stummgeschaltet und der Lichtring um den Powerschalter blinkt blau.

Rückseite
Hier finden wir drei Sektionen: Die Patch-Bay beinhaltet jeweils einen Klinkenausgang für den externen Fußschalter-und Tuneranschluss und einen seriellen Effektweg. Rechts neben der Patch-Bay befindet sich der D.I.-Bereich mit einem Schalter für die Pre/Post-EQ-Abnahme des Instrumentensignals, einem „Ground/Lift“-Schalter und dem XLR-Ausgang inklusive Pegelregler. Ein weiteres nützliches Feature, das neben dem Bassisten auch Tontechniker erfreuen dürfte!  Speaker-Outputs beinhaltet zwei Klinkenbuchsen für den Fullrangebetrieb, in dem der Horn Bi-Amp nicht zum Einsatz kommt. Außerdem gibt es zwei Speakon-Anschlüsse, die speziell auf den oben beschriebenen Bi-Amp-Betrieb ausgerichtet sind. Nun hat ja nicht jeder Bassist solche Bi-Amp-fähigen GK-Lautsprecher, daher können auch zweipolige Speakonkabel für den Gebrauch mit Lautsprechern anderer Hersteller verwendet werden.

Die zwei silbern glänzenden Griffe auf der Vorderseite und vier massive Gummifüße auf der Rückseite führen bei dem klassisch konstruierten und zur Klasse der Halbschwergewichte gehörenden Verstärker zu gutem Handling. Der Hersteller empfiehlt zudem den Rackeinbau. Das Schmuckstück soll keine Schrammen erleiden!

Praxis

Ich schalte den Amp ein, der Lichtring um den Powerschalter leuchtet rot und wechselt zu blau, wenn er einsatzbereit ist. Ich möchte auch gleich die motorisierten Potis in Aktion erleben und schließe den beiliegenden Fußschalter an. Dessen Funktionalität ist zunächst unklar, da auf den ersten Blick nicht ersichtlich wird, welcher Kanal im Moment aktiv ist. Es gibt nur eine LED-Anzeige für die Kanalwahl und eine weitere für „Tuning Mute“. Wichtig ist: Während des Fußschalterbetriebs müssen sich die beiden Schalter „Channel“ und „Mute“ in der oberen Position befinden. Leuchtet die Tuning-LED am Fußschalter, ist der Master-und D.I.-Output des Verstärkers, aber nicht der Tuningkanal stummgeschaltet. Der Lichtring blinkt blau. Leuchtet die LED oberhalb „Channel ½“ nicht, fährt der 550 die Einstellungen für „Channel 1“ an. Leuchtet das Lämpchen grün, ist das zweite Soundsetting aktiv, von GK „Channel 2“ genannt.

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Genaugenommen gibt es eigentlich keine zwei Kanäle, sondern nur zwei speicherbare Soundsettings. Die Potis setzen sich flink surrend in Bewegung. Müssen sie größere Wege zurücklegen, kann es aber auch mal drei Sekunden dauern, bis das letzte Poti die gespeicherte Position erreicht. Folge ich den Empfehlungen des Herstellers, stelle ich vor dem Einschalten Contour- und EQ-Regler auf 12 Uhr ein, „Bright“ und „Deep“ bleiben ausgeschaltet. Weiter schlägt GK vor, den Master-Regler nach Einschalten des Verstärkers auf 12 Uhr zu stellen und den Gain-Regler aufzudrehen, bis die gewünschte Lautstärke erreicht ist. Ich bin schwer beeindruckt: Der Klang ist mächtig, warm und klar und zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht! Der erste Eindruck ist so überragend, da kann eigentlich ja nichts mehr schief gehen. Nachdem ich die Contour wieder herabgeregelt habe, gestaltet sich der Sound noch druckvoller. Der Einfluss der Röhren auf die Klangästhetik ist vorzüglich. Der 800RB klingt im Vergleich bei neutralem Setting etwas rauer und kühler. Eine kleine Portion Röhre habe ich aber auch noch nie abgelehnt!

Audio Samples
0:00
Contour aus, EQ 12 Uhr Contour 500 Hz 9 Uhr, EQ 12 Uhr Contour 500 Hz 12 Uhr, EQ 12 Uhr Contour 800 Hz, EQ 12 Uhr

Dieser Sound lässt in mir auch nicht den Wunsch nach deutlich mehr Höhen oder Bässen wach werden. Der 550 hat schon im Normalzustand ausreichend Kraft. Deep- und Bright-Schaltungen braucht es hier eigentlich nicht, bei diesem kraftvollen Powerhouse erst recht nicht. Die können nützlich sein, um aus kleinen Kombos in recht lauten Proben noch etwas mehr Sound herauszukitzeln. Aber das Problem werde ich mit dem 550 eher nicht haben. Sie sind aber auf jeden Fall da, wenn es einem nach extremen Sounds gelüstet. Mit dem Active-Equalizer lässt es sich wie gewohnt einfach und hervorragend arbeiten – es handelt sich um die röhrenbetriebene Schaltung des 800RB. Er spricht rasch an und ich kann den Klang schnell meinen Wünschen anpassen. In neutraler Position klingt er bereits fantastisch, und mit leichter Anhebung oder Absenkung einzelner Frequenzen lässt er sich klanglich eindrucksvoll variieren. Noch eine milde Dosis verfeinernde Contour in der 800Hz-Position, und ich bin vollends zufrieden.

Imposanter Verstärker, keine Frage! Es war an der Zeit, dass auch bei Gallien-Krueger Röhrentechnologie zum Einsatz kommt. Der Hybrid-Amp ist überaus gelungen, drei glühende Röhren erwärmen das charakteristisch eher kühle GK-Naturell. Fans des Transistor-Sounds werden nicht umschwenken, aber Anhänger der Röhre dürfen sich auf den Neuzugang freuen. Bietet er doch einen vollen, warmen, großen und kräftigen Ton, modifizierbar mit Mid-Shaping, Bright, Deep und vierfachem EQ auf einer Bandbreite von klassisch bis modern.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Verarbeitung/Design
  • Bi-Amp-Betrieb möglich
  • Level-Regler für Direct Out
  • zwei Soundsetups speicherbar
  • voluminöser, klarer Klang
Contra
  • Keine
Artikelbild
GALLIEN-KRUEGER Fusion 550 Test
Für 949,00€ bei
Technische Daten Gallien-Krueger Fusion 550
  • Hersteller: Gallien-Krueger
  • Herkunftsland: USA
  • Endstufenleistung: Main-Amp 500 W @ 4 Ohm / 350 W @ 8 Ohm, Horn-Amp: 50 W @ 8 Ohm Röhren: 3 x 12AX7
  • Regler: Gain, Contour, Höhen, hohe Mitten, tiefe Mitten, Bass, Mastervolume
  • Schalter: Aktiv/Passiv, Kanalauswahl, Mittenfrequenzauswahl, Bright, Deep, Mute
  • Equalizer: Aktiv, Seriell, röhrengesteuert, Boost und Cuts bei ±14dB @ 40Hz, +6dB/-9dB @ 250Hz, +5dB/-8dB @ 1kHz, +10/-19dB @ 7kHz
  • Eingänge: 1 x Klinke
  • Ausgänge: D.I.-XLR Pre/Post EQ, Effekt Send/Return, Tuner, Speaker 2x Speakon/2x Klinke Abmessungen in mm (B x H x T): 482 x 144 x 317
  • Gewicht: 12,5 kg
  • Zubehör: Fußschalter
  • Besonderheit: Motorbetriebene EQ-Regler, Bi-Amping
  • Preis: 1356,- Euro UVP
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