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Focusrite Red 1 500 Mic Preamp Test

Es gab eine Zeit, da waren die fetten roten Frontplatten der Geräte aus Focusrites Red-Serie der Hingucker schlechthin in Tonstudios – es soll Produzenten gegeben haben, die in den Neunzigern Studios danach ausgewählt haben, ob es diese edlen Mikrofonvorverstärker in den 19“-Racks gab oder nicht –wie man es auch 1176, LA-2A und heute einigen Chandler-Geräten nachsagt.

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Focusrite, geschichtlich mehr als nur lose verbandelt mit „Star-Designer“ Rupert Neve, ist nach meinem Eindruck mittlerweile eher als Hersteller von Audio-Interfaces bekannt denn als Lieferant analoger Hardware.
Die Focusrite Red-Range, einst bestehend aus verschiedenen 2HE/19“-Prozessoren, die in unterschiedlichen Kombinationen und Kanalzahlen Mic Pre, EQ und Kompressor beheimatet haben, waren simpel gekennzeichnet: mit Zahlen. Focusrite 2 war beispielsweise der zweikanalige, vollparametrische Equalizer. Der Ruf der Rotlinge war ausgezeichnet, besonders die Preamps waren beliebt, und doch wurde die Herstellung eingestellt. Nur in der virtuellen Welt lebte der Red-Geist weiter. Schon Anfang des Jahrtausends galten die Red-Plug-Ins für Digidesigns TDM als Speerspitze. Jetzt ist mit dem Red 1 500 ein einzelner Mikrofonvorverstärker verfügbar. Als Kassetten-Einschub für das API-Modulsystem System 500 gibt es den Red-Pre nun einkanalig, wie gehabt in Rot mit fetter und unverkennbarer Frontplatte und erstmals unter tausend Euro.

Details

Lundahl und Carnhill

Der Urvater der aktuellen Focusrite-Preamps ist der vielgesuchte und -geliebte ISA 110, dessen Schaltungsdesign in verschiedenen Einheiten umgesetzt wurde. Ich habe über zehn Jahre lang ein Pärchen ISA 220 („Session Pack“) besessen und zu schätzen gewusst. Eingangsübertrager sind bekanntlich wichtige klangformende Bauteile, und so wird im Red 1 500 der auch in den ISAs und den alten Red-Amps eingesetzte Lundahl LL 1538 verwendet, der schon quasi die erste „Verstärkungsstufe“ darstellt, da er das Signal um den Faktor Fünf hochtransformiert. Am Ausgang verrichtet ein großer Toroid seinen Dienst, hergestellt wird er von Carnhill exklusiv für Focusrite. Gespart wird nicht nur bei den Trannys nicht, auch Schalter, der Gainregler, weitere Bauteile und das Gehäuse sind von bester Qualität. Sicher: Die gefräste Frontplatte zahlt man mit, aber das tut man sicher gerne, wenn man nicht stattdessen auf ein dünnes Blech starren will. Das Innere zeigt nach Entfernung des mechanisch schützenden und vor elektromagnetischer Immission (und bei dem dicken Übertrager wohl auch Emmission) bewahrenden Blechdeckels, dass Focusrite nach wie vor keine Berührungsängste mit SMD-Technik zu haben scheint.

Fotostrecke: 7 Bilder Die rote Frontplatte des Preamps ist sehr einfach aufgebaut: VU, Gain…

Übersichtlichkeit bei den Bedienelementen des Vorverstärkers

Ein Featuremonster ist der Red 1 500 beileibe nicht: Es gibt eine Phaseninvertierung, zuschaltbare Phantomspeisung, Gain und eine VU-Anzeige (für die es oberhalb des Connectors auf der Rückseite eine schaltbare 6dB-Absenkung gibt). Hochpassfilter findet man am Pre genauso wenig wie einen DI-Eingang. Das schränkt die Nutzungsmöglichkeiten natürlich ein, allerdings fordern die beiden Übertrager durchaus ihren Tribut in Form von Gehäuseplatz. Das Gain, unter anderem durch Operationsverstärker realisiert, startet bei -6dB (also Pad!), reicht in 6dB-Schritten bis 60 dB und dürfte nach meinem Geschmack gerne einen oder besser zwei Schritte weiterreichen. Dynamische Mikrofone, besonders Bändchen, müssen bei leisen Quellen und/oder großen Besprechungsabständen eben auch mal richtig „aufgerotzt“ werden können. Immerhin arbeitet der Red sehr sauber und erlaubt eine weitere Verstärkung im Anschluss. -104,5 dBu Noise bei minimalem Gain sind schon ordentlich. Eine harmonische Verzerrung von 0,0009% bei 30 dB Gain zeigt, dass der Red 1 trotz zweier Übertrager sicher kein Charakterbiest ist, sondern sich eher der braven, technischen Verstärkung zuwendet, wie schon seine Vorgänger und -bilder. Dass der -3dB-Frequenzgang bis hinauf zu 103 kHz reicht, unterstützt diese Annahme natürlich.

Die Verstärker-Kassette im geöffneten Zustand lässt erkennen, wie viel Platz die Übertrager beanspruchen.
Die Verstärker-Kassette im geöffneten Zustand lässt erkennen, wie viel Platz die Übertrager beanspruchen.
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Praxis

Erste Klasse

Auch aus nächster Nähe: Der Focusrite Red 1 500 Vorverstärker ist ein API-Modul, welches schlichtweg hervorragend designt und verarbeitet wurde. Optik und Haptik stechen zwischen den ganzen anderen Modulen auf dem Markt – und das sind viele! – deutlich hervor. Für unter tausend Euro gibt es die erste Klasse. 

Hochwertig: Optik, Verarbeitung und Sound
Hochwertig: Optik, Verarbeitung und Sound

Typisch Focusrite

Es sieht vergleichbar aus bei dem, was die rote Eins klanglich leistet. Mit Leichtigkeit werden Signale auf Line-Level bugsiert, ohne dass Transienten und Detailliertheit darunter leiden würden. Das ist durchaus erwähnenswert, wenn zwei Übertrager im Einsatz sind. Sonderlich viel Grobkörnigkeit und Griffigkeit, wie es etwa bei einem 1073 oder vergleichbaren Preamp der Fall wäre, fügt der Red dem Mikrofonsignal nicht hinzu. Außerdem klingt der Focusrite lang nicht so mittig-prägnant wie der Neve-Clone, den ihr in den Audiobeispielen hören könnt. Man erhält das, was einen Focusrite-Preamp ausmacht: Signale, die niemals boomy, sondern klar und deutlich sind, sich aber dennoch gut per EQ bearbeiten und im Mix unterbringen lassen. Sie sind, und ich kann diesen Begriff eigentlich wirklich nicht leiden, „musikalisch“.

Audio Samples
0:00
Red 1 mit EV RE20 P-Solo Ribbon mit EV RE20 ´73 Jr. mit EV RE20 Scarlett 6i6 USB mit EV RE20 Red 1 mit Aston Origin ’73 Jr. mit Aston Origin Scarlett 6i6 USB mit Aston Origin Red 1 mit Coles 4038 P-Solo Ribbon mit Coles 4038

Mit Signalen von Kondensatormikrofonen verträgt sich der ff-Preamp sehr gut, trotz hoher Transparenz und Linearität hat man das Gefühl, dass ihnen ein wenig die Schärfe genommen wird. Bei geringem Input, von Tauchspulen- oder Bändchenmikrofonen mit Übertragungsfaktor von 2 mV/Pa oder weniger, kann man, wenn man böswillig sein möchte, dem Signal eine gewisse Leblosigkeit unterstellen, hier performt der darauf spezialisierte True P-Solo Ribbon ein wenig besser.
Typisch für Focusrites ISA-Design ist, dass der Amp eigentlich bei allen Verstärkungen gleich klingt. Auch sehr hohes und höchstes Gain erzeugt ein störungsfreies Signal, ich habe bei sehr hohen Verstärkungen schwacher Mikrofone mit Focusrite-Preamps allerdings immer den leichten Eindruck, dass sie dann etwas prägnanter sind – aber nie im negativen Sinne.

Klangliche Konstanz über den Regelweg: ein Markenzeichen Focusrites
Klangliche Konstanz über den Regelweg: ein Markenzeichen Focusrites

Im umkämpften Marktsegment

Der Focusrite gefällt, wirklich beanstanden kann man an Sound und Verarbeitung eigentlich nichts. Bedenkt man aber, dass er preislich in einem Bereich rangiert, in dem er sehr viel Konkurrenz ausgesetzt ist… Und unter uns: Einen zweikanaligen Preamp mit typischen Focusrite-Eigenschaften, aber deutlich umfangreicher ausgestattet und vor allem zweikanalig, gibt es für nur minimal weniger Geld in Form des ISA Two. Es muss portabel sein? Da gibt es auch den ISA One. Aber das letzte Quäntchen kostet ja bekanntlich immer besonders viel.

Der Red 1 macht seine Sache gut – ist aber harter Konkurrenz ausgesetzt, die teilweise sogar aus gleichem Hause stammt.
Der Red 1 macht seine Sache gut – ist aber harter Konkurrenz ausgesetzt, die teilweise sogar aus gleichem Hause stammt.
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Fazit

Focusrite ist mit dem Red 1 500 ein durchaus aufsehenerregender Einstand in der immer größer werdenden Welt der API-System-500-Module gelungen. Der Preamp scheint wie für die Ewigkeit gemacht, sieht gut aus und liefert Signale, die aufgrund ihrer technischen und charakterlichen Beschaffenheit nie fehl am Platze sind. Ein paar Punkte gibt es aber doch, die den Kaufimpuls zumindest etwas verzögern können. Einer ist, dass die Ausstattung für einen modernen Preamp doch sehr mager ist. Außerdem wünscht sich der ein- oder andere vielleicht etwas mehr Charakterstärke von einem Mikrofonvorverstärker. Insgesamt ist der kleine Rote aber eine sinnvolle Entscheidung, wenngleich er nicht sehr preiswert erscheint. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • hervorragende Bauteile und Verarbeitung
  • sehr linear
  • clean bei allen Verstärkungen
  • hohe Detailliertheit, aber nie anstrengend
Contra
  • kein DI-Input
  • kein Hochpassfilter
Artikelbild
Focusrite Red 1 500 Mic Preamp Test
Für 599,00€ bei
Focusrite_Red_1_500_Mic_Preamp_12
Features und Spezifikationen
  • Mikrofon-Vorverstärker nach ISA-110-Schaltung
  • OP-Amps, Transistoren und zwei Übertrager (Lundahl und Carnhill)
  • maximal 60 dB Gain in 6dB-Schritten von -6 dB (Pad) bis 60 dB
  • 48V-Phantomspeisung
  • Phaseninvertierung
  • um 6 dB umschaltbares, innenbeleuchtetes VU-Meter
  • Preis: € 899,– (UVP)
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