Man möchte meinen, wenn man schon so lange im Synthesizer-Geschäft ist wie Rob Papen, fällt einem irgendwann nichts neues mehr ein. Aber weit gefehlt. Der holländische Synth-Papst kommt immer wieder mit guten Ideen, frischen Konzepten und neuen Instrumenten auf den Markt.
B.I.T. von Rob Papen.
Während Raw Kick die Probleme vieler Produzenten löst, die geeignete Kick für einen Track zu finden, liefern Go2 und Vecto viele Bearbeitungsmöglichkeiten und jede Menge Sounds für die verschiedensten Genres und Produktionssituationen, ohne dabei so komplex und umfangreich zu sein wie die großen Modular-Flaggschiffe Blue 2 oder Predator 2. Welche Idee steckt nun also hinter dem neuesten Synth mit dem geheimnisvollen Namen B.I.T.?
Details
Allgemeines
B.I.T. gibt es für Windows ab Version 7 in den Formaten VST2 und AAX, in 32- und 64-Bit. Ab MacOS X 10.9 stehen die Formate AU, VST2 und AAX zur Verfügung, allerdings nur in 64-Bit. Die anfänglich fehlende NKS-Kompatibilität wurde bei B.I.T. inzwischen implementiert. Außerdem bekommt man eine zweite Lizenz gratis um das Plugin auf einem zweiten Rechner installieren zu können, sobald man die erste registriert hat.
Hierzu ist eine Internetverbindung nötig, denn nach dem Erstellen eines User-Accounts auf der Seite des Herstellers muss die Seriennummer aktiviert und ein Code für die Freischaltung des Plugins generiert werden. Den Installer der Demo-Version gibt es direkt auf der Seite des Herstellers. B.I.T. ist auch Teil des Explorer-Bundles, das so gut wie jedes Plugin aus dem Hause Papen enthält, egal ob Instrument oder Effekt. Aktivierung und Freischaltung laufen damit gleich ab.
Haben wir uns nicht alle schon einmal gewünscht, die Zeit zurückdrehen zu können? Genau das hat Rob Papen mit seinem neuesten Nostalgieprojekt nun getan. B.I.T. steht für „Back In Time“ und Ziel dabei war es, einen Software-Synth zu kreieren, der kompromisslos der Synthese nach analogem Vorbild folgt und subtraktive und modular angeordnete Synthese verwendet, ganz ohne hybride Einflüsse. Wavetables und Samples sucht man also vergeblich. Wie in der guten alten Zeit eben.
Und auch sonst versprüht B.I.T. Purismus pur: zwei Oszillatoren, zwei Filter, zwei Envelopes und einen LFO. Mehr brauchte man damals eben nicht, um gute Musik zu machen, und mehr braucht man auch heute nicht. Natürlich hat Rob Papen im Vergleich zu den analogen Vorbildern noch das ein oder andere Feature zusätzlich ausgepackt, wie zum Beispiel Velocity für mehr Expression. Ganz konnte er es dann eben doch nicht lassen und schließlich steht B.I.T. auch für „Be Inspired Today“. Außerdem schließt ein authentischer Analog-Sound ja die Möglichkeiten digitaler Technik nicht aus.
Die Ein-Fenster-Philosophie der letzten beiden Instrumente Go2 und Vecto kam laut Rob sehr gut bei den Usern an, deshalb verfährt auch B.I.T. nach diesem Prinzip. Nur bei den Effekten wurde wieder gegen dieses Konzept verstoßen. In zwei der drei Effekte-Slots kann nur einer der beiden Effekte angezeigt werden. Wer grundsätzlich gerne komplexere Synthesizer bevorzugt, kann sich mit Blue II oder Predator II dagegen so richtig austoben. Bei B.I.T. lag der Fokus dagegen auf dem analogen Sound, dafür wurde lange an der Plugin-Architektur und am grundlegenden Code mit John Ayres gearbeitet. Und das hat sich gelohnt.
Die klangliche Grundlage von B.I.T. bilden wie bereits erwähnt zwei Oszillatoren. Besonders ist, dass jeder der beiden Klangerzeuger über einen eigenen LFO und Envelope verfügt, bevor das Signal durch die restlichen Module des Synths geschickt wird. Diese werden durch den Advanced-Button zwischen den Oszillator-Sektionen sichtbar gemacht und können dort auch direkt eingestellt werden. Schon hier verlassen wir also die eingetretenen Pfade eines straighten Oldschool-Synths. Hinzu kommen ein Sub-Oszillator, den seinen Platz im zweiten Oszillator hat, und ein Noise-Oszillator, der separat verbaut wurde. Außerdem kann in den beiden Haupt-Oszillatoren White, Pink und Tuned Noise als Klangerzeuger ausgewählt werden.
Durch die in Oszillator 2 eingebaute Frequency-, Ring- und besonders Phase-Modulation wird bei B.I.T. der Funktionsumfang eines klassisch analogen Synths erneut erweitert, damit dürften dann auch moderne Sounds ohne Probleme möglich sein. Der erste kann den zweiten Oszillator somit auf drei verschiedene Arten modulieren.
All you need is – zwei Oszillatoren.
Sound-Veredelung
Danach durchläuft das Signal die beiden Filter. Es stehen elf klassische Filtertypen zur Auswahl, bei denen auch besonders auf den analogen Sound wertgelegt wurde. Dementsprechend gut klingen diese, aber nicht nur das. Die Soundcharakteristiken sind zudem ganz unterschiedlich. So klingt zum Beispiel der 24 dB Low-Pass-Filter 1 ganz anders als Filter 2. Außerdem gibt es auch einen Comb-Filter, der bei analogen Maschinen nicht gerade üblich ist. Es lohnt sich also, sich bei der Sound-Kreation mit den verschiedenen Filtertypen und deren Charakteristika auseinander zu setzen.
Im Panel des zweiten Filters kann zusätzlich die Verwendung oder das Routing beider Filter beeinflusst werden. Entweder durchläuft das Signal der beiden Oszillatoren erst Filter 1 und dann Filter 2 (Serial), oder die Signale beider Oszillatoren werden auf die beiden Filter verteilt (Split OSC). Bei Möglichkeit drei namens Split Noise münden beide Klangerzeuger in Filter 1 und Filter 2 wird mit dem Signal des Noise-Oszillators gefüttert.
Nach den Filtern gibt es einen weiteren LFO, um diese zu steuern. Danach folgen dann die Amp-Sektion und schließlich die Effekte.
In die Filter-Emulationen wurde viel Zeit und Mühe investiert.
Weitere Komponenten
Der Arpeggiator nutzt vier vorgegebene Werte: Tie, Slide, Tune und Velocity. Bei der untersten Reihe namens FREE ist der Name Programm, denn dieser Wert ist ungebunden, somit kann jeder Parameter des Plugins gesteuert werden. Das kenne wir schon aus anderen Synths des Niederländers. Außerdem kann der Arpeggiator auch als Sequencer verwendet werden. Es ist also möglich, ihn als Modulations-Source zu verwenden.
Die Modulationsmatrix bietet acht Slots für verschiedene Modulationen, so gut wie jeder Parameter des gesamten Plugins kann als Source oder Destination eingesetzt werden. Parameter können auch per Drag-and-Drop in die Matrix gezogen werden, das ist heute einfach Standard. Die Werte selbst können nicht per Tastatur sondern nur per Mausrad eingetragen werden. Wer keine Modulation einrichten möchte, schaltet das Display des Arpeggiators einfach um, dann zeigt es den Main-Output als Wellenform an.
Auch in der Play-Mode-Sektion geht B.I.T. über die klanglichen Möglichkeiten der analogen Vorbilder hinaus. Mit Unison und den Parametern Detune undSpread lässt sich ein Sound mehrstimmig erzeugen und die Voices gegeneinander verstimmen und verbreitern. Darüber hinaus sind unter den 23 Unison-Modes auch viele Akkorde. Damit können bei Stab-Sounds, bei denen man nur eine Taste betätigt, verschiedene Akkorde erzeugt werden.
1/3 Der Arpeggiator gehört einfach zu einem Synthesizer dazu.
2/3 Die Modulationsmatrix bietet acht Slots.
3/3 Die Play-Mode-Optionen erweitern B.I.T.‘s Möglichkeiten deutlich.
Sound
Die Presets stammen von den üblichen Verdächtigen JoMal, Oddiction, Sola und so weiter. Auch Rob selbst hat wieder einige Presets gebastelt. Die Klassiker-Sounds in B.I.T. sind wirklich gut, klingen fett, warm und rund. Teilweise wurden konkrete Sounds von bestimmten Synth-Klassikern nachgebaut und meistens kam man dem Original damit auch ziemlich nahe.
So zum Beispiel “Attic Moogy“. Der Name ist relativ selbsterklärend, es handelt sich um einen klassischen Lead-Sound im Mini-Moog-Style, und der klingt wirklich authentisch. „Sync Lead 3“ emuliert einen Jupiter-8-Sound. „Ballad Bass 01 chorus“ ist ein warmer Bass-Sound und „Sweet Dreams L&R“ ist wiederum selbsterklärend, wenn vom Sound her auch nicht komplett dem Original entsprechend. Ein bisschen Juno 6 klingt aber auf jeden Fall durch. „Dull FX Square“ hört sich verdächtig nach einem MS-20 an. Und selbst 808-Bässe hat B.I.T. auf Lager, wie „Kick darktone tuned“ beweist.
Aber B.I.T. wäre kein Synthesizer von Rob Papen, wenn man nicht auch völlig andere Sounds damit machen könnte. Die Bandbreite des Plugins ist tatsächlich sehr groß, wie folgende Beispiel beweisen.
Das „Harmonic Move Pad“ ist ein moderner, glockenartiger Synth-Sound, bei dem die Phase-Modulation gut zur Geltung kommt. Dabei moduliert Oszillator 1 auf einer sehr hohen Frequenz Oszillator 2, somit kommt der sphärische Sound auch mit nur einem Klangerzeuger aus. „Trance Vel Saw“ hingegen ist ein glasklarer Lead-Arpeggiator-Sound, der einfach umwerfend klingt. „aGlog JoMal“ überzeugt durch eine komplexe Arp-Sequenz, die sechs Slots in der Modulationsmatrix belegt. Alleine drei davon nutzen das Mod-Wheel als Source, deshalb habe ich dieses beim dritten Audiobeispiel natürlich auch eingesetzt. „A BIT Dirty Lead 1“ ist ein monströser Lead-Sound, der nun mal so gar nicht nach analogem Vorbild klingt. Das Preset nutzt beide Oszillatoren und den 4-Voice-Unison-Modus, somit hören wir insgesamt sogar acht Stimmen. Reverb und Delay erledigen den Rest. „Tingeling“ ist ein E-Piano- und „Mellow Notch Synth“ ein Pad-Sound mit Gänsehautqualitäten. B.I.T. kann aber auch verrückte Sounds, „Screech-Noise RF“ stellt das eindrucksvoll unter Beweis.
Audio
Samples
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07 Harmonic Move Pad08 Trance Vel Saw09 aGlog JoMal10 A BIT Dirty Lead 111 Tingeling12 Mellow Notch Synth13 Screech-Noise RF
B.I.T. macht vor allem eines – Spaß. Die Simulation eines analogen Sounds ist wirklich gut gelungen und die Presets stellen die klassischen Vorbilder teilweise detailgetreu nach. Die intensive Arbeit mit John Ayres am grundlegenden Code hat sich also gelohnt. Darüber hinaus bietet der Synthesizer genügend Möglichkeiten, um auch moderne Sounds zu kreieren. Nur wer dabei wirklich extrem in die Tiefe gehen möchte wird bei B.I.T. früher oder später an Grenzen stoßen. Dann ist zum Beispiel Blue 2 sicherlich besser geeignet, mit seinen insgesamt 15 GUI-Seiten. Wenn man bereits andere virtuelle Synthesizer besitzt, braucht man B.I.T. wahrscheinlich nicht unbedingt. Auch Go2 und Vecto bieten zum Beispiel schon sehr guten Sound bei ähnlichem finanziellem Aufwand. Spaß macht B.I.T. aber auf jeden Fall. Und schließlich haben wir auch alle mehr als zwei Paar Schuhe.
Pro
fetter Analog-Sound
viele moderne Funktionen ermöglichen die Erzeugung zeitgenössischer Sounds
gut klingende Sound-Kopien klassischer Vorbilder
fast 1000 Presets
Contra
kein Contra
B.I.T. von Rob Papen. Features
virtuell analoger Synthesizer mit 16 Stimmen
oldschool-inspirierter Aufbau und Klangerzeugung
zwei Oszillatoren mit verschiedenen Wellenformen und Tuned-Noise, Oszillatorsync, FM- und Ringmodulation und Wave-Feedback
zweiter Oszillator mit Sub-Option
Noise-Oszillator mit White und Pink Noise
zwei Filter mit elf Charakteristiken und variablem Routing
Hüllkurve invertierbar
16-Step-Arpeggiator
verschiedene Play-Modes
fast 1000 Presets
GUI skalierbar (100, 150 und 200 %)
Systemanforderungen: ab Win 7 / ab MacOSX 10.7 jeweils in 32- und 64-Bit / Formate: als AU, AAX, VST2, VST3, NKS
Preis
Rob Papen B.I.T. : 89,- EUR (Straßenpreis am 23.07.2019)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
fetter Analog-Sound
viele moderne Funktionen ermöglichen die Erzeugung zeitgenössischer Sounds
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