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Telefunken Elektroakustik C12 Test

Das Telefunken Elektroakustik C12 steht als umschaltbares Großmembran-Röhrenmikrofon in einer großen Tradition.

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Genaugenommen sogar in zweien, nämlich der von Telefunken und der von AKG: Telefunken war als Handelsname weltweit bekannt, vor allem in Nordamerika erstreckte sich diese Bekanntheit auch auf Studiomikrofone. Als Telefunken gelabelte Neumann U 47 sind auch heute noch in den USA bekannter als hierzulande, wo Neumann U 47 und AKG C12 als die Röhrenklassiker schlechthin gelten. Das originale AKG C12 aus Wien, zuerst ausgeliefert 1953, stand Pate bei der Entwicklung der ELA-M-250-(E-) und 251-(E-)Mikrofone, die ein Unternehmen bei AKG in Auftrag gegeben hat. Und dieses Unternehmen hieß wiederum Telefunken.
Ein „Telefunken C12“ hat es also in der Blütezeit der Röhrenmikrofone nie gegeben. Das ist jetzt anders, denn Telefunken Elektroakustik hat sich nicht nur die Namensrechte für Telefunken-Mikrofone gesichert, sondern baut in Connecticut, USA, auch ein äußerst originalgetreues C12. Und genau dieses Mikrofon hat sich zum Review bei mir eingefunden.

Details

The Lighthouse-Mike

Wenn man einen Finger über das Telefunken-Logo hält, könnte man meinen zu spüren, dass sich dahinter die drei Nieren aus dem AKG-Logo verbergen – so original sieht das Telefunken C12 aus. Im schlanken, turmhohen Body ist die Bordelektronik untergebracht. Obendrauf sitzt die auch in frühen C414 verwendete CK12-Messinggehäuse-Kapsel mit der randkontaktierten Doppelmembran und strahlt durch die Gitterkonstruktion hindurch. Mir fällt auf, dass ich keinen Spitznamen für das C12 kenne. Wie wär’s mit „Leuchtturm“? Zum Aufmalen in Rot und Weiß ist das Mikrofon zu originalgetreu und liebevoll gefertigt. Alleine der etwas versetzt stehende Steg vor der hinteren Membran: Er ist haargenau so bei den originalen AKGs zu sehen. Und selbstverständlich hört die Originalität nicht im Inneren des Metalltubus auf, sondern ganz im Gegenteil: Die Telefunken-Version gleicht dem alten, ebenfalls platinenlosen AKG bis auf’s Bauteil. Was nicht verfügbar war, wie die verwendete 12AY7-(6072a-)Röhre aus Originalbeständen (NOS) von General Electric, wurde per Reverse Engineering entwickelt. Der für die Klangformung wichtige Ausgangsübertrager wurde nach genauen Spezifikationen und so nah am Original wie möglich von Haufe in Deutschland gefertigt.  

Fotostrecke: 5 Bilder Wenn man das Logo ausblendet wird klar: Ja, das ist ein C12!

Kapsel: CK12

Sicher, NOS-Kapseln gibt es nicht, aber die als „Brass Capsule“ bekanntgewordene CK-12 von AKG ist minutiös nachgearbeitet worden. Mit einem Zoll Durchmesser ist die Doppelkapsel CK-12 vom Aufbau her den in den frühen Neumann-Modellen eingesetzten Kapseln nicht unähnlich, allerdings ist sie randkontaktiert, was zu einem anderen Resonanzverhalten führt. Einstellbar sind nicht nur Kugel, Niere und Acht, sondern auch Zwischenstufen. Das war schon ein Verkaufsargument beim AKG-Original. Allerdings erfolgt die Umschaltung des Patterns am Netzteil, das Original aus Österreich hatte dafür eine separate kleine Kiste. Das Mikrofon verfügt über einen riesigen Multipolanschluss mit Messerleisten, der per Ring mit Innengewinde auf die Unterseite geschraubt wird. Wie bei vielen historischen Röhrenmikrofonen auch, wird das Kabel seitlich herausgeführt, die große Stecker-Baugruppe wird auf ein (bitte äußerst stabiles!) Mikrofonstativ geschraubt und erlaubt, das Mikro zu neigen.  

Die "Brass Capsule": CK12
Die “Brass Capsule”: CK12

Bei Vintage-Röhrenmikrofonen sind die technischen Daten meist so interessant wie bei klassischen Sportwagen der Spritverbrauch und die Wirbelsäulenbelastung der Sitze, aber wenn man bedenkt, dass das Eigenrauschen mit 16 dB(A) angegeben wird und der Maximalschalldruckpegel mit 138 dB SPL (ohne weitere Kennzeichnung, mindestens aber 1%), dann scheint die Welt ja halbwegs in Ordnung zu sein. Die Empfindlichkeit ist ziemlich kauzig in mV pro dyn/cm2 angegeben. Da ein Dyne 0,1 Pascal sind, ergeben sich also 12 mV/Pa. Dyne pro Quadratzentimeter umzurechnen ist noch einfach, die Angabe des Schalldruckpegels mit 0,5% THD+N ist da komplizierter. Um es kurz zu machen: Die angegebenen 100 dyn/cm2 entsprechen etwa 114 dB(SPL). Das ist nicht gerade viel, aber die Anteile der Verzerrungen sind es ja im Wesentlichen, die Röhrenmikros so toll klingen lassen.

Anschluss mit Messerpins
Anschluss mit Messerpins

Der Koffer kostet in der Herstellung sicher mehr als manche Mikrofone im Laden

Geliefert werden kann ein Mikrofon mit diesem hohen Anspruch (und Preis) natürlich nicht in einer einfachen Pappschachtel. So ist es ein tweedbezogener Reisekoffer, in welchem sämtliche Bestandteile des Sets Platz finden. Innen ist er mit braunem Samt ausgeschlagen, die passgenauen Aussparungen behüten Mikrofon, Netzteil, Anschlusskabel, Spinne und Dokumente absolut standesgemäß. Die Spinne passt jedoch nicht ins Bild. Das ist nicht funktional, sondern stilistisch gemeint. Man kann natürlich anführen, dass sie als Option zu verstehen ist, dass es einen wundervollen, originalgetreuen Swivel-Mount gibt, aber bei einem Mikrofon für 10.000 Euro, sonst mit feinsten Beigaben gesegnet, kann man das durchaus bemängeln. Zur Ehrenrettung: Auf vielen offiziellen Produktfotos fehlt die Spinne komplett. Die klassische Power Supply hingegen, vielleicht etwas grobschlächtig, kommt doch immerhin in Hammerschlag und passt somit eindeutig ins Bild.

Fotostrecke: 7 Bilder Edler Koffer: Teil des Lieferumfangs
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Praxis

Klanglich liefert es, was man erwarten muss

Meine Entrüstung wäre wohl grenzenlos (und sicher deutlich früher im Text zu erkennen gewesen), wenn das Telefunken Elektroakustik C12 zwar einen fünfstelligen Kaufpreis aufruft, aber klanglich nicht mithalten könnte. Also: Das Röhrenmikrofon klingt so, wie man es erwarten muss, nämlich absolut umwerfend. Im Frequenzbild sind das die berühmten Präsenzen und Höhen, die ein C12 ausmachen: Das aufgenommene Signal klingt äußerst detailliert, ist typisch für Mikros mit der Brass-Capsule CK-12 zwar spritzig, direkt und offen, aber in keiner Weise bissig. Besonders hervorzuheben ist, dass sich das Mikrofonsignal im Anschluss an die Aufnahme (oder eben schon to-tape) mit schier unfassbaren EQ-Hüben und extremer Dynamikbewegung beackern lässt, ohne dass es an Qualität abnimmt. Viele preiswerte Mikrofone klingen so lange gut, bis man etwas mehr als ein, zwei kleckerige Dezibel Veränderung einstellt. In den Mitten und den oberen Bässen ist das Telefunken C12 ein wenig zurückhaltend, bietet aber ein dennoch konkretes und formbares Signal. Vor allem Stimmen können damit eindeutig in ihrer Pitch nachvollzogen werden. Im Bass kann das C12 besonders im Nahbereich mit zwar minimal weniger trockenem, aber umso wuchtigerem Fundament punkten.  

Nicht nur das Firmen-, auch das Preisschild verlangt quasi nach edelstem Klang.
Nicht nur das Firmen-, auch das Preisschild verlangt quasi nach edelstem Klang.

Verschiedene Amps

Wer ein derartig edles Mikrofon kauft, wird es wohl kaum an einem Standard-Interface betreiben. Und tatsächlich kann das C12 an hochauflösenden und schnellen Preamps punkten – und zeigt ganz nebenbei, was wirklich gute Wandler zu leisten vermögen, wenn der Rest der Recording-Chain mitspielt. Am Merging Technologies HAPI und dem Lavry AD11 (mit vorgeschaltetem True Systems P-Solo Ribbon, wie in den Audiobeispielen) zeigte sich das C12 noch einmal ein deutliches Level über dem Recording mit einem einfachen Focusrite-Interface. Auch leicht oder stark färbende Systeme wie ein Neve-1073-Klon (Heritage) und der Tube-Tech MP-1A können mit einem derartigen Schallwandler zur Befeuerung so richtig zeigen, was sie eigentlich ausmacht. Himmlisch!  

Audio Samples
0:00
10 cm, Niere 30 cm, Niere 70 cm, Niere 30 cm, Niere, 45 Grad 30 cm, Niere, 90 Grad 10 cm, Kugel 30 cm, Kugel 70 cm, Kugel 30 cm, Kugel, 45 Grad 10 cm, Acht 30 cm, Acht 70 cm, Acht 30 cm, Acht, 45 Grad 30 cm, Breite Niere 30 cm, Superniere Audio-Technica AT5045 Sprache

So, jetzt kommt der eigentliche Knaller: Sicher, das Mikrofon ist Mono, doch wer einige richtig, richtig gute Röhrengeräte kennt (nicht nur Mikros, auch Gitarrenverstärker), kennt das, was gemeinhin mit „Dreidimensionalität“ bezeichnet wird. Der Sound des C12 bekommt eine irrsinnige Tiefe und wirkt wie greifbar. Hört man so etwas das erste Mal im Leben, fühlt man sich ein wenig wie „Neo“ in „Matrix“… Zusammen mit der sanften Anreicherung mit Harmonischen, die besonders auf scharfen Konsonanten und Rauschanteilen des gehaltenen Tons der menschlichen Stimme sowie Atmern für eine deutliche Veredlung sorgt und dem dynamischen Verhalten, das bei hohen Pegeln zunächst die Anreicherung verstärkt und erst sehr spät andickt, ergibt sich ein Vocal-Sound, dem man sich anders oft kaum wünschen kann. Vor allem dünnere Stimmen profitieren davon immens, ohne wie mit allzu fetten Mikros erstickt zu werden. Superb! Und natürlich kommen diese Eigenschaften vielen Instrumenten zugute.  

Patterns

Die Patterns sind deutlich und klar in ihrem Timbre unterschiedlich, wie man es von Vintage-Mikros kennt. Die Kugel ist nicht nur offen, sondern hat ein wenig angenehmes „Ringing“, bei seitlicher Besprechung, klingt im positiven Sinne etwas hohler und zerbrechlicher als die Niere. Die Acht hat die kräftigste Brustbehaarung und ist mein Favorit: Das Signal springt einen förmlich an! Dass die Pattern besonders stabil wären, wird wohl niemand erwarten, allerdings sind die Übergänge in den Höhen beim Verlassen der Achse schön fließend. Dadurch kann man mit diesem Werkzeug hervorragend arbeiten, indem man die Klangfarbe der aufzunehmenden Schallquelle steuert und das Bleeding kontrolliert.

Zum Sammeln zu schade, zum Recording genau richtig.
Zum Sammeln zu schade, zum Recording genau richtig.

Zum Preis…

Es gibt sicher einige Menschen, die den Preis für das Telefunken C12 recht hoch schätzen würden, so à la „Bestimmt viertausend Euro! Vielleicht sogar fünf- oder sechstausend!“ Nur leider ist er fünfstellig. Diese Grenze übertreten wenige neue Mono-Mikrofone, keine Neumann, Schoeps, DPA, Microtech Gefell. Das Sony C800G liegt in dieser Preisregion, das gilt aber auch nicht gerade als gerechtfertigter Preis. Und das Telefunken C12? Nun, die Serienstückzahl wird überschaubar sein, der Entwicklungsaufwand enorm. Und noch etwas kann den Preis zumindest ein wenig relativieren: Auf die Kaufkraft umgerechnet, hat ein derartiges Studiomikrofon in den 1950er Jahren gerne mal ein halbes oder ganzes durchschnittliches Jahresgehalt gekostet.

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Fazit

Das Telefunken Elektroakustik C12 ist ein wirklich irrsinnig gutes Mikrofon – aber eben genauso irrsinnig teuer. Bedenkt man, dass der Preis in Regionen liegt, in denen man schon fast gebrauchte AKG C12 findet, lässt einen nicht nur schlucken, sondern auch überlegen, ob man nicht so original wie möglich kauft und eventuell zusätzlich Geld in Service investiert. Wie auch immer, an eine Amortisation ist bei einer derartig hohen Ausgabe nicht zu denken. Das Telefunken Elektroakustik C12 ist ein absolut tolles Werkzeug, aber wie bei manchen Gitarren auch: Es ist zu einem nicht unerheblichen Teil auch einfach ein Liebhaberstück. Und bei solchen sind Preise ja eher zweitrangig.  

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr originalgetreuer, detailverliebter C12-Nachbau
  • fantastische Abbildung
  • luxuriöser Koffer
Contra
  • exorbitant hoher Preis
  • sehr einfache elastische Halterung
Artikelbild
Telefunken Elektroakustik C12 Test
Für 11.399,00€ bei
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Features und Spezifikationen
  • originalgetreuer AKG-C12-Nachbau
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Empfängerprinzip: Druckgradient-Doppelmembran
  • Membrangröße: groß (CK-12)
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Eigenrauschen: ca. 16 dB(A)
  • Empfindlichkeit: 12 mV/Pa
  • maximaler Schalldruckpegel: 114 dB(SPL) (0,5% THD)
  • Preis: Einzelmikrofon: € 10.675,– (Straßenpreis am 08.06.2017)
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Profilbild von Alex Abedi

Alex Abedi sagt:

#1 - 16.06.2017 um 20:34 Uhr

0

ich bin total geflashed von dem sound. meine fresse klingt das teil gut.es gibt von soundelux eine elam 251 kopie, die sehr gut sein soll. sonst wüsste ich nicht welches mic SO einen sound liefern könnte... habt ihr ideen?

Profilbild von Shane McGill

Shane McGill sagt:

#2 - 17.06.2017 um 07:03 Uhr

0

falsche membrane - game over for a 'replica'

Profilbild von rubbersoul

rubbersoul sagt:

#3 - 01.07.2017 um 13:39 Uhr

0

Eine klanglich hervorragende Replik!
So muss ein C12 klingen.
Aus meiner Sicht leider zu teuer, selbst bei kleinen produzierten Mengen, FLEA zeigt mit Ihrer C12 Replik das es auch deutlich günstiger geht.Die Kritik, das die Membran falsch ist, kann ich nicht nachvollziehen. Diese ist der Brass Replik genau nachempfunden.

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