Sonible EQ+ Serie smart:EQ+, proximity:EQ+ und entropy:EQ+ Test


Es kam schon einer kleinen Sensation gleich, als die österreichische Plug-in-Schmiede “Sonible” im letzten Jahr ihren “frei:raum”-Equalizer vorstellten. Dank der Integration von ausgefeilten Algorithmen beherrscht das Plug-in nämlich das Kunststück, Signale nach Kriterien wie tonal/geräuschhaft, Direkt-/Diffusschall und ihren Präsenzfrequenzen zu analysieren und diese dann zu bearbeiten.


Nun haben Sonible die drei Module des frei:raum-EQs gewissermaßen “ausgekoppelt” und verkaufen den “smart:EQ+”, den “proximity:EQ+” und den “entropy:EQ+” einzeln.

Details

Konzept

Grundsätzlich sind alle drei Einzel-Plug-ins des EQ+-Trios vollwertige, linearphasige 8-Band Equalizer. Je nach Plug-in verfügen die zentralen vier Bänder dann noch über eine zusätzliche, “smarte” Funktion. Im Fall des “smart:EQ+” ist das die Fähigkeit, das einkommende Audiomaterial algorithmisch auf sehr präsente, respektive unterrepräsentierte Frequenzen hin zu überprüfen und dem durch eine komplexe Filterkurve entgegen zu wirken. Der “proximity:EQ+” dagegen kümmert sich – neben seiner Kernaufgabe als Equalizer – um die Gewichtung zwischen Direktschall und Nachhall. Das letzte Mitglied in diesem Trio ist der “entropy:EQ+”. Er soll das Kunststück fertigbringen, selbständig zwischen harmonisch-tonalen und disharmonisch-geräuschhaften Klanganteilen zu unterscheiden.

Installation

Die drei Plug-ins lassen sich direkt via Download erwerben und stehen nach der Installation in allen gängigen Schnittstellenformaten innerhalb der DAW zur Verfügung (AU, VST2 32/64 Bit, VST3, AAX). Die Registrierung erfolgt durch Eingabe der Seriennummer und anschließende Verifizierung durch den Lizenz-Server. Das geht bei aktiver Internetverbindung binnen Sekunden und stellt den komfortabelsten, leider aber auch derzeit noch einzigen Weg dar, denn eine Registrierung via Challenge/Response-Datei ist nicht möglich.

Fotostrecke: 4 Bilder Aufgeru00e4umt: der Installer.

Optik und Bedienung

Alle drei Plug-ins liefern eine aufgeräumte und sachliche Bedienoberfläche, die auf den ersten Blick kaum von ihrem Vorgänger, “frei:raum” zu unterscheiden ist: Mit einer angenehm dezenten, leicht pastelligen Farbigkeit zeigen die Plug-ins in der Kopfzeile ein Undo/Redo- und ein A/B-Vergleich-Icon, ein Dropdown-Menü zum Auswählen und Speichern von Einstellungen, einen Bypass- sowie einen so genannten “Blindflug”-Taster. Wird dieser aktiviert, verschwindet die Frequenzvisualisierung und es werden nur noch die Regler angezeigt – ein nettes Gimmick für Tontechniker, die wirklich ihren Ohren vertrauen wollen. Ebenfalls über alle drei Plug-ins identisch: die eigentlich EQ-Zeile mit ihren acht Bändern, von denen sich die äußeren beiden wahlweise in den Bell- oder Low-/High-Cut-Betrieb schalten lassen. Für die daneben liegenden Bänder kann ich optional zwischen der Bell-Charakteristik und einem High-/Low-Shelf wählen. Jedes Band ist vollparametrisch ausgelegt und kann daher im Bereich von 20 Hz bis 20 kHz wirksam sein – und das mit einem maximalen Hub von +/- 24 dB und einer frei einstellbaren Güte (0,1 bis 20 dB/Oktave). Darüber hinaus sind alle Bänder mit einem Solo-Taster ausgestattet und können mit einem Klick auf das Charakteristik-Symbol an und ausgeschaltet werden. Nach rechts endet die Zeile mit einem Clear Solo-, Flat- und Reset-Taster.

Fotostrecke: 2 Bilder Hilfreich: Alle drei Plug-ins zeigen Mouse-Over-Hilfen.

Darunter hat das Frequenz-Fenster seinen Platz gefunden, dessen vertikale Auflösung zwischen 6, 12 und 24 Dezibel umgeschaltet werden kann. Jedes Band wird hier durch einen Anfasspunkt repräsentiert, der frei im Frequenzspektrum verschoben werden kann. Horizontale und vertikale Bewegungen steuern Gain und Frequenz, zusätzliches Drücken der Alt-Taste ermöglicht das Modifizieren der Güte.

Praxis

Bedienung

Alle drei “EQ+”-Plug-ins von Sonible sind auch ohne ihre Zusatzfunktionen bereits potente, linearphasige Achtband-Equalizer und sind somit für sich genommen schon eine Bereicherung der Klangformungsmöglichkeiten in der DAW. Grundsätzlich stellt sich die Arbeit mit ihnen als einfach und zielführend dar: Güte mit gehaltener Umschalt-Taste anpassen, Anfasspunkte verschieben und durch das Frequenzspektrum gleiten, Bänder an uns aus schalten – alles geht simpel von der Hand. Warum die Anfasspunkte allerdings nicht dauerhaft farblich markiert sind, sondern erst, wenn man mit dem Mauszeiger darüber schwebt ist mir ein Rätsel.

Fotostrecke: 2 Bilder Die jeweilige Farbe des EQ-Bandes wird in der grafischen Darstellung nur angezeigt, wenn man den Anfasspunkt selektiert.

Auch auf eine zeitgemäße Echtzeit-Analyzer-Darstellung wurde verzichtet – eigentlich ein Standard bei fast allen besseren aktuellen Equalizern. Vermisst habe ich auch die Möglichkeit, in den MS-Modus zu wechseln. Ein gewisses Potenzial für Fehlbedienungen liegt in der Kopfzeile der Frequenzbänder, denn durch die zwar gleiche Positionierung der Elemente bei stellenweise unterschiedlichen Funktionen (etwa Filterkurven-Umschalter/Magic-Taster), “verklickt” man sich hier doch gerne mal. Klanglich liefert der Equalizer einwandfreie Qualität, die es problemlos mit dem zum Vergleich herangezogenen internen EQ von Ableton aufnehmen kann. Hier der Direktvergleich:

Audio Samples
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Smart-EQ: EQ-Vergleich (erst neutral, dann Smart-EQ, wieder neutral, dann Ableton Live-EQ8)

Smart:EQ+

Beim Smart:EQ+ sind die inneren vier Bänder mit algorithmischer “Intelligenz” ausgestattet, die mit einem Zauberstab-Icon aktiviert wird. Dass die Analysephase im Gange ist, signalisiert der Smart-EQ durch einen roten Punkt in der entsprechenden Node. Möchte man nur einen bestimmten Teil des Audiomaterials als “Fingerabdruck” verwenden, kann die Analyse mit einem Pause-Taster beendet werden. Während der Analysephase wertet der Smart-EQ die spektrale Verteilung des ankommenden Audiomaterials aus und erzeugt eine komplexe Entzerrungskurve. Mit einem Taster kann man dem Algorithmus mitteilen, dass es einem dabei auf eine erhöhte Sprachverständlichkeit ankommt. Fasst man danach das entsprechend Band an, bewirkt ein Anheben eine Verstärkung erwünschter Frequenzen und gleichzeitig eine Absenkung von störenden Frequenzmoden. Das funktioniert in der Praxis wirklich erstaunlich gut, denn fast immer bewirkt die Entzerrungskurve eine Verbesserung im Bereich problematischer Frequenzen. Besonders nöligem Mittenmumpf kommt man auf diese Weise schnell und – dank des fein aufgelösten Fingerprints – auch mit sehr wenig Beeinflussung der klanglichen Integrität auf die Spur.

Die algorithmisch berechnete Filterkurve ist – je nach Material – sehr komplex.
Audio Samples
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Smart-EQ: E-Piano Tiefmitten Reduktion

Entropy:EQ+

Eine andere Zielsetzung verfolgt der Entropy-EQ+. Er will das Kunststück vollbringen, zwischen tonalen und atonalen Klangbestandteilen im Audiostrom zu unterscheiden. Dazu stehen drei globale Regler bereit: Mit “Entropy” (+/- 0 bis 100%) befiehlt man dem Algorithmus, die Gewichtung zwischen tonalem und atonalem Material zu ändern, “Strength” steuert die Stärke mit der das, was der Entropy-EQ als tonales/atonales Material identifiziert hat herausgearbeitet wird und “Smoothing” bewirkt eine (leichte) klangliche Anpassung zwischen dem Effekt- und Ausgangssignal. Die vier inneren Bänder des Equalizers legen – schaltet man sie in den Entropy-Modus – den Fokus des Algorithmus auf den gewählten Frequenzbereich. 

Der Entropy-EQ in voller Pracht. Gut zu erkennen: Die weisse Linie zeigt die globale “Entropy”-Stärke, das türkisfarbene Band kommt noch verstärkend dazu.

So sind dann Tricks möglich, wie etwa bei einer Kickdrum den Transientenanteil im Mittenbereich schärfer herauszuarbeiten, während man auf der anderen Seite den langsam schwingenden “Boom” im Low-End verstärkt und umgekehrt. Also: Kurzes Low-End und definierterer “Snap”. Hören wir uns das mal im Audio-Beispiel an:

Audio Samples
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Entropy-EQ: erst neutral, dann Entropy-Cut im Bass und Boost in den Mitten, danach umgekehrt. Entropy-EQ: Drumloop mit Ambiance-Reduktion. Entropy-EQ: Tonale Percussion (erst tonale Reduktion, dann Verstärkung)

Es braucht einige Zeit, bis man wirklich ein Gefühl dafür bekommt, worum es hier geht und was man eigentlich macht, nämlich das Herausarbeiten von Klangbestandteilen auf der Zeitachse und nicht – wie es das Interface (aus Gewohnheit) ein bisschen glauben macht – das Arbeiten in der Frequenzdomäne. Ist dieser Schritt einmal gemacht, möchte man den Entropy-EQ schnell nicht mehr missen.

Audio Samples
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Entropy-EQ: E-Piano neutral Entropy-EQ: E-Piano (Entropy +30%) Entropy-EQ: E-Piano (Entropy +100%) Entropy-EQ: E-Piano (Entropy -30%) Entropy-EQ: E-Piano (Entropy -100%)

Proximity:EQ+

Der letzte im Bunde des EQ-Plus-Trios ist der Proximity-EQ. Sein Fokus liegt auf der Bearbeitung von Raumeinteilen im Verhältnis zum Primärsignal. Auch hier stehen drei Parameter zur Verfügung: Mit “Proximity” lege ich die Gewichtung zwischen Direkt- und Hall-Anteil fest. “Strenght” bestimmt wie schon im Entropy-EQ, die “Strenge” mit der das Plug-in die Signalanteile in Primär- und Diffusionsanteil trennt und “Smoothing” wirkt auch hier wie ein klanglicher Weichzeichner zu Kompensation allzu harscher Berechnungen. Anders als bei seinen beiden Kollege, muss man beim Proximity-EQ häufig “in die Vollen” gehen (sprich über fünfzig Prozent Proximity), damit seine Arbeit hörbar wird. Tatsächlich findet bei positiven Proximity-Werten (also einer Verstärkung des Direktsignals) ein leichter Gewinn an Transientenschärfe und Präsenz statt, allerdings tendiert der Proximity-EQ dabei auch zu einer deutlichen Anhebung der Gesamtlautheit. Effektiver arbeitet er im negativen Bereich. Dann also, wenn es darum geht die Rauminformationen hervorzuholen.

Arbeiten mit dem Proximity-EQ: Hier ist eine gleichzeitige Anhebung in den Mitten und Absenkung in den Höhen durchgeführt worden. Auch gut zu erkennen: Es ist nicht immer eindeutig erkennbar, welcher Anfasser welches Band repräsentiert.
Audio Samples
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Proximity-EQ: Drumloop neutral Proximity-EQ: Drumloop (Proximity +50%) Proximity-EQ: Drumloop (Proximity +100%) Proximity-EQ: Drumloop (Proximity -50%) Proximity-EQ: Drumloop (Proximity -100%)

Fazit

Die drei Werkzeuge aus Sonibles “EQ+”-Serie sind keine Brot-und-Butter-Tools, sondern jedes für sich genommen eine hochspezialisierte und wertvolle Erweiterung für die Plug-in-Ausstattung eines professionellen Tonstudios. Mit ihnen lassen sich im Einzelfall tontechnisch Problemstellungen meistern, die mit anderen Plug-ins kaum oder nur sehr aufwändig lösbar sind. Stellenweise ist die Arbeit (besonders beim Entropy- und Proximity-EQ) allerdings auch etwas zu wenig geradlinig, da die Plug-ins nicht sofort erkennbar machen, woran und wie stark sie gerade regeln. Dass Sonible diese drei Werkzeuge nun einzeln verfügbar machen, ist Fluch und Segen zugleich. Denn tatsächlich wird die Arbeit innerhalb eines Plug-ins ein Stück weit übersichtlicher und auch die Flexibilität im Signalfluss gewinnt natürlich. Auf der Strecke bleibt dagegen die Macht, dem Klangmaterial innerhalb eines einzigen Fensters mit allen drei Tools auf die Pelle rücken zu können. Aber gerade das macht in vielen Fällen besonders viel Sinn. Etwa, wenn man im Zusammenspiel von Proximity- und Enthropie-EQ einem Klang gleichzeitig mehr Direktheit und Geräuschhaftigkeit mit auf den Weg geben möchte und ihn am Ende noch ein bisschen mit dem Smart-EQ schönfärben will. Dem Screendesign hätte man im Zuge des Relaunchs ebenfalls ein Update spendieren können, denn Mitbewerber wie beispielsweise Fabfilter haben hier in jüngerer Zeit gezeigt, wie sich ein modernes GUI dem Anwender präsentieren kann. Den Kaufentscheid, ob es nun die Dreieinigkeit von “Frei:raum” oder die separaten Plug-ins der “EQ+”-Serie sein sollen, gibt an dieser Stelle also der persönliche Workflow. Egal für welche Kombination man sich am Ende entscheidet: Die Qualität der Algorithmen ist hervorragend und sie können sich in vielen Misch- und Sounddesign-Szenarien als echte Problemlöser erweisen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • innovatives Konzept
  • ausgezeichnete Klangqualität
  • linearphasig
Contra
  • Bedienung stellenweise etwas unelegant
  • Wirkweise nicht immer eindeutig
  • kein MS-Betrieb
Artikelbild
Sonible EQ+ Serie smart:EQ+, proximity:EQ+ und entropy:EQ+ Test
Features
  • Algorithmische Klangoptimierung
  • Linearphasiger 8-Band EQ mit einstellbarer Filtercharakteristik
  • Solo-Modus für alle Bänder
  • Bedienung mit Anfassern (Frequenz, Gain, Güte)
  • Vier Bänder zur algorithmischen Bearbeitung
  • Globale Parameter zur Klangbearbeitung
  • Alle gängigen Schnittstellenformate (AU, VST2/3, AAX)
  • Mac/PC
Preis
  • jeweils 129,- EUR
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von Numinos

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