Wer nicht unbedingt im Rundfunk oder Fernsehgeschäft mitmischt oder vielleicht sogar bei den letzten Olympischen Spielen für den guten Ton sorgen musste, für den mag der Name Lawo nicht unbedingt alltäglich sein. Tatsache aber ist, dass er zu einer der Firmen gehört, die weltweit dafür sorgen, dass „Made in Germany“ noch immer ein Markenzeichen ist, das mit großer Ingenieursleistung und exzellenter Qualität assoziiert wird. Peter Lawo gründete seine Firma in 1970 im badischen Rastatt als Ingenieursbüro für elektronische Geräte. Über die gesamte Zeit bis zum heutigen Tag gelten die Produkte, die seine Fertigung verlassen, als hochwertige und innovative Werkzeuge für die Tonbearbeitung und -übertragung, vom analogen Mischpult bis zur volldigitalen Produktionsumgebung. Lawo gilt heute als einer der führenden Hersteller von Broadcast- und Live-Mischpulten weltweit. Und wer tatsächlich mit Olympia befasst war, der wird wissen, dass allein bei den Spielen in Peking mehr als 50 mc² Pulte im Einsatz waren.
Die freie Konfiguration und die schlüssige Bedienung der Pulte machen ihren Einsatz extrem vielseitig. Das fordert auch eine hohe Güte der verwendeten Effekte. Und um diese geht es im folgenden Test. Denn Lawo bietet die beliebten Klangwerkzeuge aus den mc²-Pulten jetzt als Plug-In Serie an, und zwar zu einem äußerst attraktiven Preis an (gemessen an dem Preis der Pulte schon fast geschenkt). Wir wollten wissen, ob sich die Qualität und die Innovation, die den Namen der Firma begründen, auch in diesen Plug-Ins wiederfinden.
Um die Lawo Plug-In Collection betreiben zu können, wird ein iLok-Key benötigt. Für alle, die nicht wissen, was es damit auf sich hat, hier eine kurze Erklärung: Der iLok-Key wird in den USB-Port des Computers gesteckt und beherbergt die Lizenzen, die vorher auf der entsprechenden Internetseite freigeschaltet wurden. Das Ganze funktioniert auf dem Mac ebenso wie auf dem PC. Sinn der Sache ist es, auf nur einem Key sämtliche Lizenzen zu haben, die als Kopierschutz benötigt werden. So braucht auf sämtlichen Rechnern nur die Software installiert zu werden und mit Einstecken des iLok-Keys sind alle Programme freigeschaltet.
Die Plug-Ins laufen als VST auf dem PC, auf dem Mac als VST, Audio Unit und RTAS. Eine TDM-Version ist nicht erhältlich. Alle Plug-Ins sind in der Lage, 64 Bit und 192 kHz zu verarbeiten.
Nachdem also die Software installiert und der iLok-Key mit den nötigen Lizenzen gefüttert ist, starte ich meine DAW und schaue mir die Plug-Ins näher an.
Die Abkürzung SCF weist darauf hin, das der jeweilige Effekt ein Side-Chain-Filter hat.
Alle Plug-Ins stammen aus der preisgekrönten mc²-Konsole und besitzen bis auf das Delay ein Display, das Grafiken der jeweiligen Einstellung zeigt. Darunter befinden sich die Regelmöglichkeiten. Die Optik würde ich mit funktional beschreiben, nichts lenkt vom Wesentlichen ab. Man merkt sofort, dass man es mit professionellen Werkzeugen zu tun hat.
Funktionsweise
Ich werde in diesem Kapitel nur auf die grundlegenden Parameter des jeweiligen Plug-Ins eingehen, da alles darüber hinaus den Rahmen des Tests sprengen würde. Beginnen möchte ich mit dem Compressor.
Compressor
Ein Compressor reduziert die Dynamik des Eingangssignals. Das geschieht, indem die Amplitudenhüllkurve des eingehenden Signals analysiert und abgesenkt wird, wenn es den eingestellten Schwellenwert (Threshold) überschreitet. Pegelspitzen werden so reduziert, dass das darauf folgende Signal verstärkt werden kann, ohne zu übersteuern.
Der Lawo-Compressor bietet eine Attackzeit von 100 μs bis hin zu 250 ms. Seine Release-Zeit liegt zwischen 1ms bis hin zu 10 s.Mit seiner Ratio von 1:1 bis 10:1 und einem Threshold von -70dB bis +20dB dürfte er so ziemlich alle Ansprüche erfüllen. Er komprimiert Hard- wie auch Softknee und lässt sich (wie alle anderen Plug-Ins auch) mono oder stereo betreiben. Gain zeigt den Kompressionsgrad an, Graph die aktuelle Einstellung als Grafik. Mit In und Out wird die Signalstärke vor und nach dem Effekt angezeigt.
Compressor SCF
Bis auf den Sidechain-Eingang und einen zweibandigen Equalizer, mit dem dieser gefiltert werden kann, ist der Compressor SCF im Grunde identisch mit dem Compressor. Gewählt werden kann zwischen einem parametrischen, einem Shelving- und einem High/Low-Pass-Filter. Das Grafik-Display ist bis auf ein zweites Fenster, das den Sidechain-EQ anzeigt, mit dem des Compressors identisch.
Limiter
Der Limiter bearbeitet den Ausgangspegel eines Signals und regelt ihn auf einen vorher eingestellten Wert hinunter. Dieser Wert wird mit dem Threshold bestimmt. Der Lawo-Limiter hat folgende Parameter zu bieten: Attack von 100s bis 20ms, Release-Zeiten von 10 ms bis 10s, ein Look-Ahead-Delay von 0 bis 10s, Hold-Zeit von 0 bis 500ms, Threshold von -20dB bis +20dB (dieselben Werte gelten auch für Gain).
Expander
Ein Expander erweitert den Dynamikbereich eines Signals und ist deshalb im Grunde das Gegenteil eines Compressors. So wird ein leises Signal weiter abgeschwächt, um zum Beispiel bei Gitarren Hintergrundrauschen oder brummende Pickups im Verhältnis zum Nutzsignal weiter abzusenken, indem es einfach leiser wird.
Hierzu stellt Lawo folgende Regelmöglichkeiten bereit: Attack 100μs bis 250ms, Release 1ms bis 10s, Ratio 0,10:1 bis 1:1, Look Ahead 0 bis 10ms, Threshold -80dB bis 0dB, Floor Level -40dB bis 0dB.
Gate
Ein Gate stellt eine einfache Form des Expanders dar. Oberhalb eines Schwellenwertes (Threshold) passiert das Signal ungehindert. Darunter jedoch wird es komplett abgeschnitten. Ein Gate wird gerne benutzt, um Störsignale wie beispielsweise Hintergrundgeräusche zu unterdrücken oder um einzelne Instrumente des Schlagzeugs zu separieren. Die dazu benötigten Parameter sind in diesem Fall ein Attack von 100μs bis 250ms, Release 1ms bis 10s, Look Ahead von 0 bis 10ms, Hold von 0 bis 500ms, Threshold von -70dB bis 0dB und Hysteresis von -10dB bis 0dB. Wie beim Compressor gibt es auch hier die Möglichkeit, ein Gate mit Sidechain-Filter zu verwenden. Dieser ist ebenfalls zweibandig ausgeführt und hat dieselben Parameter wie der Compressor SCF.
AGC – Automatic Gain Control
Mit dem sogenannten AGC präsentiert sich ein interessanter Effekt, der gerne im Broadcast-Bereich und seltener im Tonstudio verwendet wird – zu Unrecht, meiner Meinung nach! Die AGC senkt laute Signale und erhöht leise, um einen konstanten Ausgangspegel zu erhalten. Einsatzgebiet im Studio wäre beispielsweise eine Sprachaufnahme oder die Postproduction, also eine Nachvertonung. Der AGC besitzt ebenfalls einen Sidechain-Filter mit zweibandigem EQ.
Hier noch ein Überblick der Parameter:
Attack 100s bis 250ms, Release-Zeit 1ms bis 60s, Look Ahead Delay 0 bis 10ms, maximum Gain 0dB bis +30dB, minimum Gain -30dB bis 0dB, Expander Ratio 0.10:1 bis 1:1, Expander Threshold von -70dB bis 0dB und einer Compressor Ratio von 1:1 bis 10:1.
Kommen wir zu den verschiedenen Entzerrern, auf neudeutsch auch Equalizer genannt.
Parametrischer EQ
Als Erstes finden wir einen parametrischen EQ mit vier Bändern. Dabei können die äußeren entweder als Shelving-, Hoch- oder Tiefpass-Filter verwendet werden, im “constant Q“-Mode wird mit konstanter Bandbreite und Filtergüte gearbeitet. Die inneren Bänder bieten ein Notch- und ein Bell-Filter oder arbeiten auch hier im Constant Q-Mode. Sie lassen sich in allen Fällen von -24 bis +24 dB regeln und haben ein Frequenzspektrum von 20 Hz bis 20 kHz. Sobald man über der Frequenzanwahl einen Rechtsklick macht, erscheint ein Fenster mit vorgegebenen Werten, die viele gängige Störfrequenzen wie beispielsweise das gefürchtete 50- oder 60 Hz-Brummen beinhalten.
Graphic EQ
Bei der zweiten Bauform handelt es sich um einen grafischen Equalizer, mit dessen Hilfe man zum Beispiel Feedbacks oder Raummodi kontrollieren kann.
In diesem Fall verfügt der Equalizer über 31 Bänder und wird auch Terzband EQ genannt, weil sich die Filterbänder in Terzbreite zueinander befinden (⅓ Oktave). Selbstverständlich kommt auch dieser mit Low- und Highpass-Filter, und auch die Güte des Notchfilters lässt sich bestimmen. Dazu gesellen sich zwei frei verschiebbare Filter, die sämtliche Regelmöglichkeiten bieten. Gefiltert wird zwischen 20 Hz und 20 kHz. Ein „Match Curve“-Schalter ermöglicht es, die eingezeichnete Kurve zu präzisieren.
Delay
Die Lawo Plug-In Collection beinhaltet auch ein Delay, das auf den ersten Blick ein wenig spartanisch wirkt, aber bei näherem Betrachten doch eine ganze Menge nützlicher Details eröffnet. Ein Feedback-Regler, ein Regler für Delay und ein Mix-Regler bieten die einzigen Möglichkeiten, Parameter zu verändern. Mit einer maximalen Verzögerungszeit von 1,8s kann er für fast schon chirurgische Eingriffe verwendet werden. Benötigt wird das beispielsweise in der Nachvertonung, um ein Audiosignal an ein verzögertes Filmmaterial anzugleichen. Aus diesem Grund kann man zwischen Seconds, Samples, Meters, BPM und Frames mit jeweils 23,98 fps, 24 fps, 25 fps, 29,97 fps und 30 fps wählen, wobei “fps“ für „feet per second“ steht. Mit dem Tap-Schalter lässt sich das Tempo auch “eintappen“.
Image Control X
Image Control X ist eine Mischung aus Lawos mc² Image- und Input-Sektionen, die speziell für Stereo-Anwendungen konzipiert wurde. Mit ihr lassen sich Stereobreite und Image bestimmen. Mit den ∅L, ∅R Schaltern lässt sich die jeweilige Phase drehen, L↔R tauscht den linken und rechten Input. M/S ist eine Matrix, die gerne im Mastering verwendet wird, da sie jedes Stereosignal in seine Mono-Summe und die Stereodifferenz aufteilt. So ist es zum Beispiel möglich, die Bassdrum im fertigen Mix zu bearbeiten, da sie meist in der Mitte sitzt, und gleichzeitig an den Keys, Gitarren und Chören die Mitten abzusenken.
L>B Routet das linke Signal des Inputs auf beide Kanäle des Plug-Ins. R>B Routet das rechte Signal des Inputs auf beide Kanäle des Plug-Ins. Mono wandelt das Stereo-Signal in mono um. Mit Position wird das Stereosignal positioniert. Width bestimmt die Stereobreite.
Hyper-Surround-Panning
Diese Steuerungsmöglichkeit ist für Surround-Anwendungen konzipiert und bietet folgende Formate an:
4.0 Dolby ProLogic 5.1 Dolby Digital und DTS 6.1 Dolby EX und DTS ES 7.1 SDDS 7.1 DTS HD
Die Panning-Parameter ermöglichen die umfassende Steuerung von Mono-, Stereo- und Surround-Quellen beim Mischen in ein Surround-Format. Mit dem Joystick lassen sich alle Parameter bearbeiten, sodass sich ein Signal an jede beliebige Position platzieren und auch drehen lässt. Dieses Tool ist ideal für 5.1-Produktionen.
Die Lawo Plug-In Collection arbeitet mit einer Rechentiefe von 64 Bit und einer Signal-to-Noise-Ratio von 135…150dB. Das sind Werte, die überzeugen, und mit denen man mit Sicherheit für die nächsten Jahre auf der sicheren Seite ist. Weiterhin lassen sich alle Parameter geräuschlos verstellen.
Wie bereits erwähnt, gefällt mir die reduzierte Optik sehr gut, alle Parameter sind sofort zu erfassen und zu bedienen. Ich werde bei den Soundbeispielen auf die in Musikproduktionen gängigsten Effekte näher eingehen. Zur Erstellung der Beispiele habe ich die Superiour Drums 2 und den Spectrasonics Omnisphere verwendet. Gitarren und Bässe sind analog, also „echt“ eingespielt. Beginnen möchte ich mit dem Graphic EQ. Ihn habe ich bei einer Bass-Drum eingesetzt, um störende Frequenzen herauszufiltern. Mit dem Tool ist es extrem einfach, diese zu finden und zu eliminieren. Hier mein Setting: BD Graphic EQ 50 Hz -8,3dB und bei 100Hz, -4,6dB
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BD unbearbeitetBD mit EQ
Weiter gehts mit dem Compressor und folgender Einstellung: BD Compressor Attack 9,51ms, Release 150ms, Ratio 2:1, THRS -24,5
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BD mit Compressor
Dasselbe auch für die Snare, hier kommt jedoch der parametrische Equalizer mit folgender Einstellung zum Einsatz: Snare EQ Q (Güte) Shelve 1.3, 2679 Hz 5,0 dB, Order 2 6096 Hz, +6,7dB
Und für die nötige Verdichtung sorgt natürlich wieder der Compressor: Snare Compressor Attack 71,4ms, Release 517ms, Ratio 1.6:1 THRS -8,3 dB
Und so klingt es dann:
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Snare unbearbeitetSnare mit EQSnare mit Compressor
Da die Drumspuren schon von Haus aus sehr gut klingen, muss ich nur noch in der Raumspur einen Compressor und den Image X zur Verbreiterung des Stereobildes verwenden: Room Image X Width 140%, Room Compressor Attack 10ms, Release 150ms, Ratio 2.0:1 THRS -25dB
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Raum OriginalRaum mit Image XRaum mit Compressor
Zu guter Letzt habe ich auf den Schlagzeug-Bus noch einen Compressor gelegt, um das gesamte Drumsignal zu verdichten: Bus Compressor Attack 10,0ms, Release 741ms, Ratio 2,0:1 THRS -25dB
Und so klingt es dann mit allen obengenannten Einstellungen:
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Drums komplett
Als nächstes Beispiel möchte ich den Limiter auf einer Stereo-Summe verwenden. Das kurze Layout wurde komplett mit Lawo Plug-Ins bearbeitet.
Lawo stellt mit der Plug-In Collection einen echten Kracher vor: Professionelle Tools zur Audiobearbeitung, die ohne Spielereien direkt zur Sache kommen. Alle Parameter sind sehr übersichtlich angeordnet und erklären sich selbst. Nichts lenkt vom Arbeiten ab, und durch die reduzierte Optik ist die Bedienung sehr intuitiv. Erwartungsgemäß ist auch die Klangqualität über jeden Zweifel erhaben. Kein Wunder, denn Lawo steht seit Jahrzehnten an vorderster Stelle, wenn es um professionelle Tonbearbeitung geht. Alles in allem ist die Lawo Plug-In Collection ein mächtiges Tool zu einem mehr als attraktiven Preis.
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