Verfolgt man die Interviews mit Gitarristen auf bonedo, dann fällt auf, dass die Frage nach dem Studio-Equipment meist identisch beantwortet wird, ganz gleich, ob von Slash, Satriani, Mustaine oder den Jungs von My Chemical Romance. Meist sind die altbewährten Ampklassiker von Fender, Vox oder Marshall am Start, die Garanten für einen vernünftigen Clean-, Crunch- und Overdrivesound. Aber nicht nur bei den Großen sieht die Amp-Abteilung so aus, auch in vielen kleinen Studios weiß man, dass ein solider Basis-Sound die beste Grundlage für eine Produktion bildet.
Natürlich spielen Gitarre, Gitarrist und Amp die Hauptrolle, aber daneben gibt es weitere Faktoren, die für den Gesamtsound extrem wichtig sind und entscheidend zum Gelingen einer Produktion beitragen. Dazu gehören Lautsprecher und Mikrofone, die den Klang abnehmen, und natürlich auch der Raum, in dem sich alles abspielt.
Bei den Herstellern einschlägiger Software hat sich in dieser Disziplin einiges getan und neben der Replikation von Gitarrenverstärkern widmet man sich auch mehr und mehr den oben genannten Faktoren. Wurde man vor noch nicht allzu langer Zeit mit einer Unmenge an Ampsimulationen und Effekten zugeschüttet, sind es heute weniger und ausgesuchte Modelle, bei denen man versucht, eine optimale Recordingsituation möglichst originalgetreu und präzise abzubilden. Das Vintage Amp Room Plug-In fällt genau in diese Kategorie. Wie nahe seine Ergebnisse der Realität kommen und ob die Klangqualität überzeugt, das ist die große Frage.
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DETAILS
Installation Die komplette Softube Amp Room Software benötigt zur Lizenzierung einen iLok-Key, auf dem die Lizenz gespeichert wird. Das hat Vor- und Nachteile. Der klare Vorteil ist, dass man mit dem Key, einem USB-Stick, an jedem beliebigen Rechner die entsprechenden Plug-Ins benutzen kann, sofern sie installiert sind. Die Software selbst kann von der Website des Herstellers heruntergeladen werden. Die benötigte Lizenznummer wird nach dem Online-Registrieren an den iLok Account gesendet und von dort auf den eigenen iLok Key heruntergeladen. Klingt etwas zeitaufwendig, ist aber halb so schlimm.
iLok: Links neu und rechts “alt”.
Wer allerdings noch keinen iLok Key besitzt, sollte runde 40 Euro für dessen Anschaffung in der Spardose haben. Schade, dass es nicht auch die Möglichkeit der Lizenzierung ohne Key gibt, denn viele Gitarristen basteln ausschließlich an einem einzelnen Rechner und benötigen keine mobile Installation. Inhalt/Darstellung Weniger ist mehr, haben sich die Entwickler bei Softube offensichtlich gedacht. Öffnet man das Plug-In, erscheint ein Aufnahmeraum mit dem ausgewählten Amp inklusive Mikrofon. Drei Verstärkermodelle stehen zur Verfügung, die man per Maus durch Weiterschieben des Bildes (Mauspfeile zeigen nach links und rechts) anwählen kann: Marshall Top mit Box, Vox und Fender Combo.
Die Bedienung erfolgt wie bei den „Großen“ über das Amp-Panel, das über der Frontalansicht noch einmal vergrößert dargestellt ist. Allerdings wirkt die Abbildung vor allem bei größeren Bildschirmen (26“) relativ klein – hier wäre vielleicht eine bessere Auflösung angesagt. Vor allem bei Relic-Style Reglern erschließt sich deren Position manchmal nicht deutlich. So ist das beim Fender Amp beispielsweise mit schwarzen Reglern auf schwarzem Panel zwar originalgetreu gelöst, aber ein heller Hintergrund wie beim Silverface-Twin wäre optisch eindeutig besser. Auf einem Notebook mit 15“ oder 17“ Display ist das aber kein Problem. Bedienung So simpel und überschaubar es mit der Darstellung aussieht, so einfach ist auch die Bedienung, denn alles geschieht wie im richtigen Leben: An den Reglern wird gedreht und der Mikroständer wird geschoben. Das passiert natürlich mit der Maus, ist aber einfach und logisch. Man führt den Mauszeiger zum Mikrofon, Pfeile zeigen nach oben und unten und die Mikroposition wird durch die Bewegung der Maus verschoben.
Bei den einzelnen Amp-Modellen gibt es natürlich die üblichen Unterschiede in der Klangregelung, die wir uns jetzt einmal etwas genauer anschauen werden. White Amp
Die Simulation eines Marshall-Amps wird geregelt mit Presence, Bass, Middle und Treble. Für Verzerrungsgrad und Lautstärke stehen Master- und Preamp-Volume zur Verfügung.
Brown Amp
Hier stand ein Fender-Amp Pate, der Spezialist für crispe Cleansounds. Der Klang wird mit Treble, Middle und Bass eingestellt, zusätzlich gibt es noch wie beim Original den Bright-Schalter, der die hohen Frequenzen anhebt. Lautstärke und Verzerrungsgrad werden mit einem Volume-Regler justiert. Bei diesem Amp-Modell gibt es noch einen sogenannten Vibrato-Effekt, der aber eigentlich ein Tremolo-Effekt ist, denn er arbeitet mit Lautstärken-Modulation. Aber da dieser bei den alten Fender-Amps so genannt wurde, heißt er auch in der Software so. Der Effekt kann in Tempo und Intensität geregelt werden.
Green Amp
Als Vorbild diente hier der AC30 mit den drei Eingängen VibTrem, Normal und Brilliant, die getrennt in der Lautstärke geregelt werden können und auch unterschiedliche Klangcharakteristiken aufweisen. Dazu gibt’s die dazugehörigen Effekte, hier Vibrato und Tremolo. Vier Regler stehen zur Verfügung, wobei drei davon eigentlich nur Schalter sind:
VIB-TREM ON/OFF – Ein-/Ausschalten des Effekts
VIB-TREM Speed – Effektgeschwindigkeit, in drei Stufen einstellbar
VIB-TREM Switch – Anwahl von Vibrato oder Tremolo
VIB-TREM Volume – Lautstärke des VIB-TREM Sounds (stufenlos regelbar)
Mit den beiden Volume-Reglern (Normal, Brilliance) kann die Lautstärke und der daraus resultierende Verzerrungsgrad eingestellt werden, mit Tone steht ein Regler für die Klangfarbe zur Verfügung. Dieser funktioniert als Cut-Regler, der die Höhen absenkt, je weiter er aufgedreht wird.
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Praxis
An der Bedienung gibt es nichts auszusetzen; jeder Gitarrist, der auch im richtigen Leben mit einem Verstärker spielt, kommt damit zurecht.
Jetzt kommen wir aber zum Wesentlichen, dem Sound und dem Spielgefühl, und dafür wird jeder Amp einzeln ins Visier genommen. Wir beginnen clean, und dafür muss der Brown-Amp nach vorne. Brown-Amp
Mit einer neutralen Klangeinstellung gibt der Brown-Amp mit Volume auf 4 einen runden Cleansound zum Besten, der vom Charakter her dem Original nahe kommt.
Die Bright-Funktion erfüllt auch die Erwartungen, der Klang wird wesentlich heller. Alles über 7 kHz wird angehoben. Allerdings ist der Klang nicht mit dem Original zu vergleichen, man hört schon sehr deutlich, dass es sich hierbei um ein Plug-In handelt, und die Höhen können ihre digitale Herkunft nicht verheimlichen. Ihr hört zwei Versionen des Beispiels, einmal ohne und dann mit aktiviertem Bright-Schalter.
Wenn man den Volume-Regler weiter aufdreht, setzt eine leichte Verzerrung ein, aber auch das haut mich nicht sonderlich vom Hocker. Der Klang neigt dazu, im Bassbereich sehr matschig zu werden, sobald man den Bassregler weiter als 4 aufdreht.
Jetzt ist mit dem typischen Fender Tremolo-Sound der Effekt an der Reihe, der sehr gut funktioniert. Da gibt es nichts zu meckern, aber trotz allem ist das Spielgefühl für mich eher mittelmäßig. Die Dynamik ist sehr platt, egal wie man anschlägt, es kommt fast immer die gleiche Lautstärke heraus. Hier sollte auf jeden Fall noch nachgebessert werden.
Die Nachbildung des legendären AC30 mit den drei Eingängen VibTrem, Normal und Brilliant, die getrennt in der Lautstärke geregelt werden können und auch unterschiedliche Klang- charakteristiken aufweisen. Hier gefällt mir der Sound schon besser als beim Brown Amp.
Bei weit aufgedrehtem Volume-Regler zeigt sich der typische Vox Crunch mit einer Zerre in den oberen Mitten. Ihr hört das im Beispiel in drei Versionen, jeweils die einzelnen Kanäle. Man kann die Kanäle natürlich auch mischen, das Ergebnis mit zugeschaltetem Tremolo-Effekt hört ihr bei “Green – Mix”.
White-Amp Jetzt wird es eine Spur härter, die britische Rock-Instanz liegt in gemodelter Version im Gitarrenkanal. Hier hat man sich eher am JCM 800 orientiert, der mit Master-Volume ausgestattet eine höhere Verzerrung liefert als z.B. der beliebte SLP 100 (Plexi Marshall). Bei einer Pre-Amp Volume-Einstellung von 5 erklingt ein Crunchsound mit crispen Höhen.
Die dynamische Ansprache ist ok, wenn man mit den Fingern anschlägt, wird das auch registriert und mit weniger Verzerrung wiedergegeben. Dabei bleibt die Lautstärke aber auf einem relativ gleichbleibenden Level. Wer viel mit Anschlagsdynamik arbeitet, der wird hier seine Probleme bekommen. Hier ein Beispiel, bei dem ich zuerst leicht mit den Fingern, dann hart mit dem Pick angeschlagen habe.
Es kommt nicht das aus den Speakern, was man normalerweise gewohnt ist, wenn man die Saiten leicht oder sehr hart anschlägt. Klar, mit einem Röhrenamp kann man das Plug-In natürlich nicht vergleichen, hier müssen selbstverständlich Abstriche in Sachen Spielgefühl und Ansprache gemacht werden. Aber es gibt Plug-Ins von Mitbewerbern, bei denen das Spielgefühl wesentlich authentischer und in höherer Auflösung vorhanden ist.
Mikrofon Man kann beim Vintage Amp Room natürlich noch einiges an Klangunterschiede durch die variable Einstellung des Mikrofons herauskitzeln, das stufenlos verschiebbar ist.
Audio
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White Mic 1White Mic 2White Mic 3
Los geht es mit der Closed-Mike-Position leicht angeschrägt zum Rand des Speakers, die einen weichen Ton generiert. Bewegt man das Mikrofon dann in die Mitte des Lautsprechers, erscheinen mehr Höhen und der Klang wird bissiger. Von dort aus geht es vom Lautsprecher weg tiefer in den Raum, wobei naturgemäß der Raumanteil zunimmt und das Signal dreidimensionaler klingt. Wie sich der Klang dabei verändert, das hört ihr im folgenden Beispiel, bei dem ich die gleiche Amp-Einstellung mit drei Mikrofonpositionen aufgenommen habe. Einmal angewinkelt zum Rand des Speakers, dann direkt in der Mitte und zuletzt mit der größten Entfernung zum Lautsprecher.
Das Ganze klingt recht authentisch, die oben beschriebenen Charakteristiken der unterschiedlichen Mikrofonpositionen sind gut getroffen. Schön wäre es, wenn hier noch unterschiedliche Mikrofontypen zur Auswahl stünden.
Die einzelnen Ampsounds kann man gut mit anderen Plug-Ins verfeinern, wenn man beispielsweise mit einem EQ den Mittenbereich noch etwas deutlicher gestalten oder zusätzliche Effekte wie Chorus und Delay hinzufügen möchte. Der Basis-Sound lässt sich dabei effektiv bearbeiten und ist auch im Gesamtklangbild mit Bass und Drums durchsetzungsfähig. Was ebenfalls positiv auffällt, ist das ressourcenschonende Arbeiten des Plug-Ins: Auch beim Einsatz von mehreren Instanzen wird die CPU nicht stark belastet.
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Fazit:
Leider macht eine Schwalbe noch keinen Sommer und ein gutes grafisches Design mit authentischer Bedienoberfläche noch keinen ebenso ansprechenden Vintagesound. Schade. Gerne hätte ich etwas anderes gesagt, aber das Vintage Room Plug-In hat die Erwartungen nicht ganz erfüllt.
Für den Preis von über 200 Euro (plus ca. 40 Euro für den iLok Key) hätte ich mehr erwartet. Wie bereits erwähnt, sind Bedienung und Darstellung gut und gitarristenfreundlich, die klangliche Nachbildung der einzelnen Amp-Modelle ist auch in Ordnung, aber das Reaktionsverhalten der Verstärker und die klare Auflösung der Dynamikstufen und Klangnuancen, die man mit der Gitarre erzeugen kann, sind hier nur mittelmäßig umgesetzt. Darunter leidet das Spielgefühl und natürlich auch die Performance – ein Faktor, bei dem diverse Mitbewerber bei zum Teil geringerem Preis wesentlich mehr zu bieten haben.
Unser Fazit:
3 / 5
Pro
Einfache Bedienung
Plug-In benötigt wenig CPU-Speicher
Contra
Ansprache, reduzierte Wiedergabe des dynamischen Spektrums der Gitarre
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