Rupert Neve Designs 551 Inductor EQ Test

Zum Review bei bonedo eingetroffen: Rupert Neve Designs 551 Inductor EQ. Mittlerweile gibt es bestimmt ein gutes Dutzend 500-EQs, die mehr oder weniger direkt von Rupert Neves Schaltungsentwürfen beeinflusst wurden. Doch keiner davon wurde direkt von der britischen Legende entworfen – bis jetzt!

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Vintage-Kopien von Firmen wie BAE oder Heritage Audio, mit moderner Technologie gefertigte Adaptionen von AMS-Neve oder aber zahlreiche weitere Geräte, teils aus dem DIY-Umfeld oder nur grob an Neve-Ideen orientiert – wer sich für den Sound interessiert, der den klasssichen Input-Channels Rupert Neves zugeschrieben wird, der hat auch im 500-Formfaktor zahlreiche Auswahlmöglichkeiten.
Jedoch haben alle genannten Geräte eines gemein: Sie müssen auf das Signet des Original-Designers verzichten. Nun gibt es aber einen 500-EQ, der direkt von Rupert Neve entwickelt wurde. Es ist wohl kein Zufall, dass er im Fahrwasser der Shelford-Module in die Lunchboxen gespült wird. Denn mit den Shelford-Kassetten schließt sich insofern ein Kreis, als dass Rupert Neve hier Qualitäten seiner Vintage-Designs aus der 10XX-Reihe mit modernen Schaltungsmöglichkeiten neu umgesetzt hat, und das ist nun ebenso beim 551 Inductor EQ der Fall. Dabei kontrastiert das Modul bewusst mit den Entzerren der „herkömmlichen“ aktuellen RND-Kanal-EQs und setzt an zentraler Stelle, wie der Name schon andeutet, auf das Soundpotenzial von Spulenfiltern – ganz so, wie es der legendäre 1073 und seine mehr oder weniger bekannten Geschwister bereits um 1970 vorgemacht haben.

Details

Edles Grau als dezenter Hinweis auf die Historie

Wenig überraschend kleidet sich die Kassette in das gleiche „Navy Grey“, das schon bei den Shelford-Channels Vintage-Vibes evozierte. Keine Frage, solch eine Farbe bringt uns direkt in die Welt der Neve-Flaggschiffe aus den frühen 70ern. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der 551 in seinem grundsätzlichen Layout den Kanal-Entzerrern der Mischpulte dieser Ära sehr ähnlich ist. Der vollparametrische EQ steckte damals noch in den Kinderschuhen, insofern folgt auch der 551 einer Parametrisierung, wie sie für Channel-EQs aus der Transistor-Frühzeit mehr als typisch ist. Als 3-Band-EQ ausgelegt, bietet der 551 dabei dennoch mehr Funktionen als der 1073 – die Welt hat sich eben weitergedreht, und das erlaubt einen neuen Blick auf das klassische Layout.

Mit dabei: „Magic 35“

Zunächst einmal kann das Tiefenband gleichermaßen mit Peaking- und Shelving-Charakteristik aufwarten, und zwar an den Eckfrequenzen 35, 60, 100 sowie 220 Hz. Diese Auswahl unterscheidet sich nur in haarkleinen Details vom Original, und das ist eine gute Sache. Denn zumindest von den Specs her sollte der donnernde Subbass bei 35 Hz ebenso im Spektrum des 551 liegen wie tiefmittiges Andicken von Gitarren, Keyboards oder gar Vocals. Eine Amplitude von ±15 dB (wie übrigens in allen Bändern des 551) sollte ausreichend Hubraum zur Verfügung stellen.

Ähnlich wie die Shelford-Module orientiert sich der RND 551 an den legendären 1073-EQ-Schaltungen.
Ähnlich wie die Shelford-Module orientiert sich der RND 551 an den legendären 1073-EQ-Schaltungen.

Induktivität in der Mitte

Während die Bass- und Höhenbänder als RC-Filter arbeiten, kommt in den Mitten ein Spulenfilter zum Einsatz, ganz so wie beid en Vinatge-Vorbildern. Mit sechs Ansatzfrequenzen zwischen 200 Hz und 6 Hz wird dabei ein sehr breiter Bereich von vergleichsweise wenigen EQ-Punkten abgedeckt, welche aber musikalisch sinnvoll positioniert wurden. Im High-Q-Modus wird die Filtergüte reduziert, was beispielsweise auch schon die Vintage-Luxusversion des 1073, der 1084 konnte. Als Proportional-Q-Filter ausgelegt, verändert sich die Filtergüte aber ohnehin stets in Abhängigkeit von der Gain-Einstellung, was dem Mittenband hilft, bei extremeren Settings zielgenauer zu arbeiten.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Höhenband des 551 kann zwischen zwei Frequenzen und Peaking/Shelving-Charakteristik umgeschaltet werden, während das Mittenband als LC-Filter arbeitet.

Zusätzliche Frequenzen in den Höhen

Schließlich bietet der 551 noch ein Höhenband, wie gesagt abermals in RC-Schaltungsweise ausgeführt, und etwas moderner konzipiert als die beiden anderen Abteilungen des RND-EQs. Mit wahlweise 8 und 16 kHz umspielt es die 12 kHz-Voreinstellung des 1073. Es bietet somit also zwei sehr nützliche Optionen, einerseits die brettig-präsenten Hochmitten, andererseits ein luftiges Airband. Dazu kann der EQ hier abermals zwischen Peaking- und Shelving-Charakteristik umgeschaltet werden, was gegenüber den Vintage-Kassetten eine deutlich erweiterte Flexibilität bedeutet.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Innenleben des 551 vereint, wie für Rupert Neve Designs typisch, klassische Schaltungstopologien mit modernster Fertigung.

Natürlich mit Übertragern!

Schaltungstechnisch bietet der 551 erwartungsgemäß keine größeren Überraschungen. Nach Eingangsübertrager und Transistor-Eingangsstufe folgt erst der Lowcut, dann die eigentliche EQ-Sektion und schließlich die Transistorausgangsstufe und der Ausgangsübertrager. Fast müßig ist es zu erwähnen, dass auch der 551 in diskreter Class-A-Technik mit wenig Gegenkopplung konzipiert wurde, also nach den Schaltungskriterien, die für immer untrennbar mit dem Namen Rupert Neve verknüpft sind. Wie die anderen RND-Geräte auch, bedient sich der amerikansiche Hersteller aber modernster Fettigungstechnologien, was beispielsweise die Verwendung von SMD-Bauteilen mit einschließt. Laut Rupert Neve bestand die Herausforderung bei der Entwicklung des Moduls darin, die Leistungsfähigkeit seines EQ-Designs auch im Rahmen des limitierten Platz-, Spannungs- und Strom-Angebotes des 500-Standards zu gewährleisten. Was das reine Hardware-Layout betrifft, ist dies auf jeden Fall schon einmal gelungen: Die Kassette wurde in geschlossener Bauweise gefertigt und präsentiert sich ebenso robust und akkurat gefertigt, wie man das von einem Hersteller dieses Kalibers zu Recht erwarten können muss.

Praxis

Der 551 lässt sich so einfach bedienen wie das bei einem EQ nur eben möglich sein kann. Da er im Sinne der Vintage-Vorbilder sehr geradlinig ausgestattet wurde, wirkt auch die kleine 500-Frontplatte nicht überfrachtet, das Modul erlaubt einfachsten Zugriff auf seine Funktionen. Neben der blauen Power-LED (Geschmackssache, zum Glück nicht allzu hell…) bietet der 551 visuell Unterstützung durch die Hintergrundbeleuchtung der beiden Schalter, mit denen sich das Filter und die eigentlichen EQ-Bänder separat aktivieren lassen. Fazit: Wer den 551 einsetzen möchte, kann sich den vorherigen Blick in das – wie immer bei RND sehr ausführliche – Manual eigentlich sparen, und mit der selbsterklärenden Kassette sofort loslegen.

Rupert Neve Designs 551 Inductor EQ: 500-Entzerrer mit klassischen Qualitäten.
Rupert Neve Designs 551 Inductor EQ: 500-Entzerrer mit klassischen Qualitäten.

Und das macht Spaß! Alle drei Bänder des 551 packen mit viel Kraft zu, klingen nach deutlich „mehr“ als nach den ±15 dB Gain, die laut Spezifikation möglich sein sollen. Wie ein ausgewachsener Konsolen-Kanal-EQ schafft es der neue RND-Entzerrer, aus einem nach heutigen Maßstab eher limitierten Parametersatz eine sehr ordentliche Flexibilität zu ziehen. Gemäß Spezifikation muss sich solch ein EQ in jedem Kanalzug einsetzen lassen, also auf allen erdenklichen Arten von Signalen sinnvolle und im Idealfall sehr wohlklingende Resultate liefern. Dies trifft auf den 551 zu. Sein musikalisch sinnvoll gewähltes Interface hat sich in der Grundstruktur schon viele Jahrzehnte bewährt und bietet sogar etwas mehr Flexibilität als zumindest einige seiner großen Vorbilder.

Audio Samples
0:00
Vocals Original Vocals, Lowcut 80 Hz Vocals, Lowcut 80 Hz, Boost @ 8 kHz Vocals, Lowcut 80 Hz, Boost @ 16 kHz Vocals, Lowcut 80 Hz, Boost @ 16 kHz, Boost @ 220 Hz Vocals, Lowcut 80 Hz, Boost @ 16 kHz, Boost @ 220 Hz, Boost @ 350 Hz Gitarre Original Gitarre, Boost @ 1,5 kHz Gitarre, Boost @ 1,5 kHz, Boost @ 8 kHz Moog Original Moog, Boost @ 35 Hz Moog, Boost @ 35 Hz, Boost @ 1,5 kHz

Auch klanglich kann der RND 551 voll und ganz überzeugen. Insgesamt klingt er etwas klarer, sauberer und knackiger als seine Vintage-Urahnen, was erstens mit Blick auf den Schaltungsaufbau nicht verwundert und zweitens kein Kritikpunkt sein soll.  Dies ist eben kein Clone eines Uralt-Designs, sondern eine Neuentwicklung auf Basis eines klassischen Gedankens, bei der zusätzliche Erfahrung aus einigen Jahrzehnten eingeflossen ist. Einen ganz wesentlichen Charakterzug hat der 551 jedoch mit den Vorbildern vom Schlage des 1073 gemein: Die EQ-Bearbeitung klingt niemals aufgesetzt, die neue Frequenzkurve verbindet sich hervorragend mit dem Grundklang des Ausgangsmaterials, mit der gleichen – fast paradoxen – Qualität des legendären Klassikers: Schaltet man den EQ auf Bypass, fällt der Sound fast zusammen, in den meisten Fällen klingt das bearbeitete Signal „natürlicher“ und „echter“ als das Ausgangsmaterial. Ein Kunststück, dass nicht viele EQs in dieser Qualität beherrschen. Die Höhen sind stets sehr seidig und extrem offen, während der Bass genau den Punch und das Volumen erzeugt, den man an dieser Stelle erwartet. Und das Mittenband – das merkt man vor allen dann, wenn man bei kräftigem Boost durch die Frequenzen schaltet – bietet genau den „vokalen“ Charakter, durch den sich viele hochwertige Spulenfilter auszeichnen. Auch wenn der sämige Charakter der Ur-Neves hier etwas trockener und nüchtener abgebildet wird, bleibt doch stets klar, dass dieser Apfel nicht weit vom Stamm auf den Boden geplumpst ist.

Fazit

Das Fazit kann deswegen ebenso knapp wie prägnant ausfallen: Alles richtig gemacht! Ernsthafte Nachteile lassen sich hier beim besten Willen nicht ausmachen, der RND 551 Inductor EQ kann auf ganzer Linie überzeugen – und auch der Preis erscheint angesichts dieser Qualitäten mehr als angemessen.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • Flexibilität
  • übersichtliches Layout
Contra
Artikelbild
Rupert Neve Designs 551 Inductor EQ Test
Rupert Neve Designs 551 Inductor EQ: 500-Entzerrer mit klassischen Qualitäten
Rupert Neve Designs 551 Inductor EQ: 500-Entzerrer mit klassischen Qualitäten
Spezifikationen
  • EQ-Design auf Basis von Neve-Legenden
  • drei Bänder
  • Mittenband mit Spulenfilter
  • Class-A-Schaltung mit Übertragern
  • 80 Hz Trittschallfilkter
  • Preis: € 1004,36 (UVP)
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Rupert Neve Designs 551 Inductor EQ: 500-Entzerrer mit klassischen Qualitäten.

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