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Pearl Vision VBX925 Test

Vision kommt in vier Ausführungen. Es gibt das VMX mit 100% Ahornkesseln, das VSX und VX mit Linde/Birke-Kesseln sowie das uns vorliegende VBX, dessen Kessel zu 100% aus handverlesenem Birkenholz bestehen. Alle Kessel sind im aufwändigen “SST”-Verfahren gefertigt, das nach Aussage von Pearl durch die Kreuzerleimung unter extremer Hitze (212°C) und großem Druck die “perfekte” Luftkammer (das Kesselinnere) erschafft. Vision zeichnet außerdem noch aus, dass Pearl sich bei der Kreation der neuen Vision-Kessel im Rezeptbuch der eigenen, high-end “Reference”-Serie bedient, und die Kesseldicke und Anzahl der Holzschichten dem Kesseldurchmesser anpasst. Nach der Erkenntnis, dass ein großer Kessel mehr Power braucht, um das gewollte Frequenzspektrum zu entfalten als ein kleiner Kessel, hat sich Pearl nach dem bewährten “Reference”-Prinzip entschieden, die Bassdrum- und Standtom-Kessel mit acht Lagen zu fertigen und die Kesseldicke somit auf 10 mm zu bringen, während die Kessel der Racktoms aus sechs Lagen bestehen und somit bloß 7,5 mm dick sind. Was die Kesseldurchmesser angeht, hat sich nichts Revolutionäres getan. Im Gegenteil: Während man bei den Konfigurationen, also den Zusammenstellungsmöglichkeiten der Drumsets noch zwischen neun verschiedenen entscheiden kann, hat man bei den Kesseldimensionen nicht die große Auswahl. Zu jedem Kesseldurchmesser gibt es ausschliesslich eine Tiefe (z.B. 10″x7″, 12″x9″, 14″x12″ usw.). Bassdrums gibt es zwar mit 20″ und 22″ Durchmessen, jedoch muss man sich auch hier in beiden Fällen mit 18″ Tiefe abfinden.

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Interessanterweise bietet Pearl für die Versionen VMX (100% Ahorn) und VBX (100% Birke) ausschließlich Lack Finishes an, und zwar jeweils fünf verschiedene. Exotische und High-Gloss-Folienfinishes bekommt man insgesamt zwölf verschiedene zur Auswahl, wenn man sich entweder für ein VSX (Linde/Birke) oder ein VX (ebenfalls Linde/Birke) entscheidet. Diese beiden Versionen unterscheiden sich tatsächlich nur in der Auswahl der Finishes.

Ausgeliefert werden die Trommeln mit Fellen von Pearls Hauslabel “Pro Tune”. Es handelt sich hierbei um doppelschichtige Felle, die auch dem ungeübten Stimmer die Arbeit vereinfachen sollen, die Trommel direkt aus dem Karton schnell gut klingen zu lassen.Als Hardware liefert Pearl das 900er Paket. Auch hier sind meine Erwartungen hoch! Meine zwei persönlichen Highlights des Lieferumfangs der Vision-Sets sind aber zum Einen die hochwertige und beliebte “Sensitone” Stahl-Snaredrum in 14″ x 5,5″ und zum Anderen die eingeschränkte, lebenslange Garantie. Beides, sowohl das Ausstatten eines Mittelklassesets mit einer hochwertigen Snaredrum mit “gutem Namen”, als auch das offensichtliche Vertrauen der Firma in ihr Produkt, geben dem Käufer Sicherheit, dass die knapp 1000 €, die man für ein fünfteiliges Vision Set aufbringen muss, gut angelegt sind. Von den oben genannten Konfigurationen hat uns Pearl Das VBX (100% Birke) in den Größen 22″/10″/12″/16″ zur genaueren Untersuchung zur Verfügung gestellt. Interessante Zusammenstellung, da man bei Racktoms in den Größen 10″ und 12″ ein 14″ Standtom vermuten würde. Könnte sehr interessant sein.
Dann packe ich mal aus!

Drei Kartons werden mir ins Studio geliefert: Ein sehr kompakter Hardwarekarton (er ist sogar einigermaßen tragbar!) sowie zwei große Kartons, in denen wohl die Kessel darauf warten, mit Fellen versehen, montiert und geschlagen zu werden. Beim Öffnen der beiden großen Kisten fällt ein sicheres, wenn auch nicht übertrieben materialaufwändiges Verpackungssystem auf, das die Trommeln gut schützt und gleichzeitig Platz spart. Wie so oft schäle ich zunächst das kleinste, in diesem Fall das 10″-Tom aus seiner Schutzkleidung. Das Finish des Testkandidaten in Birke heißt “Concord Fade”, was einen Verlauf von Dunkelbau zu fast Schwarz beschreibt. Das Schöne an der Lackierung ist, dass es sie die Maserung des Birkenholzes durchscheinen lässt. Die Kesselhardware ist ganz schwarz gehalten. Die schwarze Beschichtung der Metallteile gibt mir ein wenig zu denken, da ich mir vorstellen kann, dass sich bei unsanftem Transport sichtbare Macken bilden könnten. Außerdem bin ich gespannt, ob die Sticks an den Spannreifen Spuren hinterlassen. Das Wesentliche allerdings macht einen sehr guten Eindruck. Vor dem Montieren der Felle mache ich mir ein Bild von der angekündigten “perfekten Luftkammer”, also dem Kesselinneren. Ich stelle fest, dass Pearl nicht untertreibt.

Die Trommeln haben sehr sauber gearbeitete Kesselgratungen von 45°. Es gibt keine sichtbaren oder fühlbaren Unebenheiten auf der Kesselinnenseite. An der Gratung kann man sehr gut die kreuzverleimten Schichten erkennen und Zeuge der jahrzehntelangen Erfahrung werden, die im Hause Pearl (sogar bei der Herstellung eines Mittelklasse Sets) in die Bearbeitung und Verleimung der einzelnen Holzschichten einfließt. Die Kreuzverleimung hat natürlich zur Folge, dass es zwei sichtbare und fühlbare Übergänge dort gibt, wo die letzte Schicht innen und außen endet. Auf der Außenseite ergibt sich leider eine recht auffällige und hässliche Naht, was aber sicher nicht auf mangelhafte Verarbeitung beim Fertigen der Kessel zurückzuführen ist, sondern vielmehr auf die Art der Lackierung.

Wenn man nicht an Pearl-Hardware gewöhnt ist, fragt man sich, wenn man die bloße Trommel in der Hand hat, wo denn bitteschön das angekündigte I.S.S. (Integrated Suspension System) Tom Haltesystem angebracht ist. In einem kleinen Beipack-Päckchen finde ich die Lösung. Anders als andere Hersteller, die das isolierte Tom-Haltesystem fest verbauen oder mit Hilfe von zusätzlichen Spannschrauben am Spannreifen integrieren, setzt Pearl auf eine schlichte Lösung; eine relativ kleine Halterung wird mit Hilfe von je zwei Spannschrauben und Klammern, am Rim festgeklemmt. Wenn man nicht wüsste, das Pearl schon lange und offensichtlich erfolgreich auf dieses Prinzip setzt, könnte man hinterfragen, ob dieses System das Schwingverhalten der Kessel wirklich enorm verändert, denn hier wird Metall auf Metall geschraubt, ohne Gummiisolierung und ohne Möglichkeit zu justieren. Man fragt sich außerdem, ob dieses Festklemmen am Spannreifen nicht das Stimmungsverhalten beeinflusst. Jedenfalls wird durch eine derartige Tomaufhängung eine große Bohrung am Tomkessel vermieden, wodurch der Kessel in jedem Fall bessere Schwingungsvoraussetzungen bekommt. Bei den je sechs Böckchen pro Seite an den Racktoms und den acht am Standtom muss man mit einem kleinen Kompromiss leben: Zwar hat Pearl darauf geachtet, dass der Kontakt der Einzelböckchen zum Kessel möglichst gering und mit Gummi isoliert ist, jedoch benötigen sie jeweils zwei Bohrungen. Die Böckchen sind aber auf der Kesselaußenseite so konstruiert, dass sie den Kessel wirklich nur rund um die beiden Bohrungen berühren (“Bridge Type”). Man mag sich darüber streiten, was dem Schwingungsverhalten der Kessel mehr zuträglich ist: weniger Kontakt mit Beschlägen oder weniger Unterbrechungen der Kesselstruktur durch Bohrungen.

Beim 12″ Tom ergibt sich das gleiche positive Bild. Die I.S.S.-Halterung ist dem größeren Durchmesser des Spannreifens angepasst. Ansonsten gibt es keine konstruktiven oder qualitativen Unregelmäßigkeiten. Die Racktoms werden an Pearls altbekannten L-förmigen “Uni-Lock”-Tomarmen aufgehängt, für deren Justierung man einen (mitgelieferten) Stimmschlüssel zur Hand nehmen muss. Wer sich nicht auf eine bestimmte Position der Toms festlegen möchte , oder noch auf der Suche nach der “perfekten” Position ist, wird sich evtl. das ein oder andere Mal versucht fühlen, die Halterungen “mal eben” mit etwas Gewalt ohne Schlüssel zu verstellen, wovon dringend abzuraten ist! Wer hat nicht schon mal auf einem Festival auf einem alten Pearl Export vom PA-Verleiher gespielt, an dem die Halterungen gerade noch dafür sorgen können, dass die Toms müde auf der Bassdrum liegen bleiben. Wer seine Spielposition aber ganz gut kennt, für den ist die Tatsache, dass die Halterungen relativ platzsparend in der Hardwaretasche verschwinden und mit Stimmschrauben festgezurrt sind, durchaus ein Vorteil. Da jeder Arm auch mit Memoryclamps für Höhe und Position versehen ist, geht das Aufbauen beachtlich schnell!

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Beim 16″ Standtom erkennt man schon am Gewicht, dass es sich hier nicht um die gleichen Kessel wie bei den Racktoms handeln kann. Acht Schichten und eine Kesseldicke von 10 mm machen dieses Baby ganze 8 Kg schwer. Ich bin gespannt auf den Sound. Die drei Beine für das Standtom wirken geradezu filigran gegen das Schwergewicht von Kessel, dass sie halten sollen. Die Gummifüße sind so konstruiert, dass sie durch Aussparungen gefedert sind. Tatsächlich steht das Standtom nach Montage der Beine an den stabilen und sauber verarbeiteten Halterungen relativ wackelig auf den Beinen. Dies ist aber natürlich erstens gewollt, weil das schwere Tom so frei schwingen kann und zweitens auch ein gutes Spielgefühl zur Folge hat. Man hat beim Spielen des Standtoms fast das Gefühl, es mit einem Racktom zu tun zu haben.

Auch die Bassdrum ist ein echtes Schwergewicht und bringt es mit ihren 22″ x 18″, achtlagigem und 10 mm dickem Kessel plus Beschläge auf satte 13 Kg. Sie kommt ebenfalls mit Fellen aus der Pro-Tune-Serie daher, die beide (Schlagfell und Resonanzfell) mit großzügigen, innenseitig verarbeiteten Dämpfungsringen versehen sind, was zusätzliche Dämpfung voraussichtlich unnötig macht. Die Felle werden von in Setfarbe lackierten Holzspannreifen und jeweils acht Klauen gespannt. Diese sind verhältnismäßig klein gehalten und mit Gummiunterlagen von den Spannreifen isoliert. Beim Montieren der Felle laufen die je acht Spannschrauben sauber in den Gewinden und die Gummiunterlagen bleiben beim Nachjustieren der Klauen wo sie sind.

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Da Pearl nicht auf einen Doppeltom-Halter setzt und – wie wir mittlerweile erfahren haben – an diesem Set nicht zuerst an Bohrungen spart, hat die Bassdrum nicht eine Rosette, sondern ist gleich zwei mal “durchbohrt” worden. Dennoch ist der äußere Beschlag, wie auch alle Böckchen des Sets erstens mit Gummi isoliert und zweitens kommt auch er nur an den Bohrungen mit dem Kessel in Kontakt (siehe Foto). Die Füße der Bassdrum lassen sich gut justieren. Sie sind stabil und lassen sich teleskopartig ohne einen Stimmschlüssel sauber ein- und wieder ausfahren.

Und nun zu einem kleinen Highlight. Wer sich für ein Vision-Set entscheidet, muss keinen Kompromiss mit einer minderwertigen Snaredrum eingehen, denn Pearl bestückt alle Vision Sets und somit auch die glücklichen Käufer mit einer waschechten Sensitone Steel Snaredrum in 14″ x 5,5″.

Dies ist jetzt sicher nicht der Porsche unter den Snaredrums, aber auf jeden Fall ein Golf GTI, und auch damit kommt man schliesslich sehr komfortabel und schnell überall hin. Ok, genug der Metaphern. Die Sensitone Steel erschien bereits 1997 im Produktkatalog von Pearl und schreibt seitdem eine Erfolgsgeschichte. Sie ist im Lieferumfang der Vision Sets ausgestattet mit Pro-Tunes-Fellen, 2,3 mm starken, dreifach geflanschten Stahlspannreifen und acht durchgehenden Böckchen, die nach dem gleichen Prinzip wie die Einzelböckchen der Toms konstruiert sind. Beim Betrachten der Unterseite zeigt sich eine sauber gearbeitete Gratung, ein sehr regelmäßiges Snarebed und ein 20-spiraliger Teppich. Bei der Abhebung handelt es sich nicht um die normale SR-17 Abhebung mit seitlich nutzbarem Hebel, sondern um eine echte Innovation! Die SR-900 “Duo Motion”-Abhebung lässt sich umfunktionieren, von einer Seitenhebel- zu einer Gladstone Typ Abhebung, bei der man einen Hebel von der Snaredrum weg bewegt, also vom Kessel abklappt. Beide Systeme haben ihre Vorteile, und es ist großartig, dass man hier wählen kann. Mit ihren Maßen ist die Sensitone Steel ein echter Allrounder und lässt sich sowohl in Studio-, als auch in Livesituationen sehr vielfältig einsetzen. Dies weiß ich zumindest aus meiner Erfahrung. Der Praxistest wird noch zeigen, ob auch die mitgelieferte Sensitone meinen hohen Erwartungen gerecht werden kann. Äußerlich stimmt jedenfalls erstmal alles.

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Mit seiner Hardware macht sich Pearl schon lange einen guten Namen und auch bei der Award gekürten 900er-Serie bleiben kaum Wünsche offen. Bei allen Stativen gibt es kein Spiel an den Vernietungen. Die doppelstrebigen Stative sind sehr stabil, und das bei einem Gewicht, dass einem bei einer zweiwöchigen Tour nicht gleich den Rücken ruiniert. Eine kleine Schwachstelle gibt es dennoch aus erster Sicht: Der Snaredrum Ständer ist nicht wirklich flexibel in seinen Einstellungsmöglichkeiten. Statt in alle Richtungen kann die Snaredrum bloß in eine Richtung gekippt werden. Dies verlängert die Suche nach den richtigen Spielposition ein wenig und man fragt sich, ob ein Snarestativ mit Kugelgelenk die Kosten gesprengt hätte, wo doch der Rest der Hardware sehr hochwertig wirkt. Besonders gut gefällt mir jedoch die völlig stufenlose Einstellmöglichkeit der Beckenstative, weil hier auf Zahnradlösungen verzichtet wurde.
So, alles steht und ist bereit. Nun lass mal was hören, Baby!

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Mono sagt:

#1 - 27.11.2013 um 00:38 Uhr

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Vielen, vielen Dank für diesen sehr detaillierten Bericht! Auf der Suche nach einem guten Set wird man in Läden wie Music-Store schnell "erschlagen", da ist es gut, wenn man schon vorher einen Favoriten hat - umso besser, wenn man dann das Vorführ-Set direkt auf die hier genannten Pro's und Con's untersuchen kann! Da ich das Set hauptsächlich für Aufnahmen nutzen möchte, sind die Soundbeispiele Gold wert! Nochmal, vielen Dank!!!

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