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Pearl Vision VBX925 Test

Im Jahr 2007 brachte der mit über 600 Mitarbeitern weltweit größte Schlagzeughersteller Pearl (Hauptsitz: Japan und Taiwan) die neuen Sets der Vision-Serie auf den Markt. Geplant als Nachfolger der allseits beliebten Einsteiger Serie “Export”, stellte der Erfolg der neuen Vision-Sets die Ausläufer der Export-Serie schnell in den Schatten.
Auch wenn das Vision ein starkes Erbe antritt – Export war seit 1980 eine der weltweit meistverkauften Einsteigerserien überhaupt – scheint sich Pearls Erfolg mit Vision fortzusetzen. Die neuen Features, gepaart mit der von Pearl gewohnten Verarbeitungsqualität lassen einiges erwarten.

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Vision kommt in vier Ausführungen. Es gibt das VMX mit 100% Ahornkesseln, das VSX und VX mit Linde/Birke-Kesseln sowie das uns vorliegende VBX, dessen Kessel zu 100% aus handverlesenem Birkenholz bestehen. Alle Kessel sind im aufwändigen “SST”-Verfahren gefertigt, das nach Aussage von Pearl durch die Kreuzerleimung unter extremer Hitze (212°C) und großem Druck die “perfekte” Luftkammer (das Kesselinnere) erschafft. Vision zeichnet außerdem noch aus, dass Pearl sich bei der Kreation der neuen Vision-Kessel im Rezeptbuch der eigenen, high-end “Reference”-Serie bedient, und die Kesseldicke und Anzahl der Holzschichten dem Kesseldurchmesser anpasst. Nach der Erkenntnis, dass ein großer Kessel mehr Power braucht, um das gewollte Frequenzspektrum zu entfalten als ein kleiner Kessel, hat sich Pearl nach dem bewährten “Reference”-Prinzip entschieden, die Bassdrum- und Standtom-Kessel mit acht Lagen zu fertigen und die Kesseldicke somit auf 10 mm zu bringen, während die Kessel der Racktoms aus sechs Lagen bestehen und somit bloß 7,5 mm dick sind. Was die Kesseldurchmesser angeht, hat sich nichts Revolutionäres getan. Im Gegenteil: Während man bei den Konfigurationen, also den Zusammenstellungsmöglichkeiten der Drumsets noch zwischen neun verschiedenen entscheiden kann, hat man bei den Kesseldimensionen nicht die große Auswahl. Zu jedem Kesseldurchmesser gibt es ausschliesslich eine Tiefe (z.B. 10″x7″, 12″x9″, 14″x12″ usw.). Bassdrums gibt es zwar mit 20″ und 22″ Durchmessen, jedoch muss man sich auch hier in beiden Fällen mit 18″ Tiefe abfinden.

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Interessanterweise bietet Pearl für die Versionen VMX (100% Ahorn) und VBX (100% Birke) ausschließlich Lack Finishes an, und zwar jeweils fünf verschiedene. Exotische und High-Gloss-Folienfinishes bekommt man insgesamt zwölf verschiedene zur Auswahl, wenn man sich entweder für ein VSX (Linde/Birke) oder ein VX (ebenfalls Linde/Birke) entscheidet. Diese beiden Versionen unterscheiden sich tatsächlich nur in der Auswahl der Finishes.

Ausgeliefert werden die Trommeln mit Fellen von Pearls Hauslabel “Pro Tune”. Es handelt sich hierbei um doppelschichtige Felle, die auch dem ungeübten Stimmer die Arbeit vereinfachen sollen, die Trommel direkt aus dem Karton schnell gut klingen zu lassen.Als Hardware liefert Pearl das 900er Paket. Auch hier sind meine Erwartungen hoch! Meine zwei persönlichen Highlights des Lieferumfangs der Vision-Sets sind aber zum Einen die hochwertige und beliebte “Sensitone” Stahl-Snaredrum in 14″ x 5,5″ und zum Anderen die eingeschränkte, lebenslange Garantie. Beides, sowohl das Ausstatten eines Mittelklassesets mit einer hochwertigen Snaredrum mit “gutem Namen”, als auch das offensichtliche Vertrauen der Firma in ihr Produkt, geben dem Käufer Sicherheit, dass die knapp 1000 €, die man für ein fünfteiliges Vision Set aufbringen muss, gut angelegt sind. Von den oben genannten Konfigurationen hat uns Pearl Das VBX (100% Birke) in den Größen 22″/10″/12″/16″ zur genaueren Untersuchung zur Verfügung gestellt. Interessante Zusammenstellung, da man bei Racktoms in den Größen 10″ und 12″ ein 14″ Standtom vermuten würde. Könnte sehr interessant sein.
Dann packe ich mal aus!

Drei Kartons werden mir ins Studio geliefert: Ein sehr kompakter Hardwarekarton (er ist sogar einigermaßen tragbar!) sowie zwei große Kartons, in denen wohl die Kessel darauf warten, mit Fellen versehen, montiert und geschlagen zu werden. Beim Öffnen der beiden großen Kisten fällt ein sicheres, wenn auch nicht übertrieben materialaufwändiges Verpackungssystem auf, das die Trommeln gut schützt und gleichzeitig Platz spart. Wie so oft schäle ich zunächst das kleinste, in diesem Fall das 10″-Tom aus seiner Schutzkleidung. Das Finish des Testkandidaten in Birke heißt “Concord Fade”, was einen Verlauf von Dunkelbau zu fast Schwarz beschreibt. Das Schöne an der Lackierung ist, dass es sie die Maserung des Birkenholzes durchscheinen lässt. Die Kesselhardware ist ganz schwarz gehalten. Die schwarze Beschichtung der Metallteile gibt mir ein wenig zu denken, da ich mir vorstellen kann, dass sich bei unsanftem Transport sichtbare Macken bilden könnten. Außerdem bin ich gespannt, ob die Sticks an den Spannreifen Spuren hinterlassen. Das Wesentliche allerdings macht einen sehr guten Eindruck. Vor dem Montieren der Felle mache ich mir ein Bild von der angekündigten “perfekten Luftkammer”, also dem Kesselinneren. Ich stelle fest, dass Pearl nicht untertreibt.

Die Trommeln haben sehr sauber gearbeitete Kesselgratungen von 45°. Es gibt keine sichtbaren oder fühlbaren Unebenheiten auf der Kesselinnenseite. An der Gratung kann man sehr gut die kreuzverleimten Schichten erkennen und Zeuge der jahrzehntelangen Erfahrung werden, die im Hause Pearl (sogar bei der Herstellung eines Mittelklasse Sets) in die Bearbeitung und Verleimung der einzelnen Holzschichten einfließt. Die Kreuzverleimung hat natürlich zur Folge, dass es zwei sichtbare und fühlbare Übergänge dort gibt, wo die letzte Schicht innen und außen endet. Auf der Außenseite ergibt sich leider eine recht auffällige und hässliche Naht, was aber sicher nicht auf mangelhafte Verarbeitung beim Fertigen der Kessel zurückzuführen ist, sondern vielmehr auf die Art der Lackierung.

Wenn man nicht an Pearl-Hardware gewöhnt ist, fragt man sich, wenn man die bloße Trommel in der Hand hat, wo denn bitteschön das angekündigte I.S.S. (Integrated Suspension System) Tom Haltesystem angebracht ist. In einem kleinen Beipack-Päckchen finde ich die Lösung. Anders als andere Hersteller, die das isolierte Tom-Haltesystem fest verbauen oder mit Hilfe von zusätzlichen Spannschrauben am Spannreifen integrieren, setzt Pearl auf eine schlichte Lösung; eine relativ kleine Halterung wird mit Hilfe von je zwei Spannschrauben und Klammern, am Rim festgeklemmt. Wenn man nicht wüsste, das Pearl schon lange und offensichtlich erfolgreich auf dieses Prinzip setzt, könnte man hinterfragen, ob dieses System das Schwingverhalten der Kessel wirklich enorm verändert, denn hier wird Metall auf Metall geschraubt, ohne Gummiisolierung und ohne Möglichkeit zu justieren. Man fragt sich außerdem, ob dieses Festklemmen am Spannreifen nicht das Stimmungsverhalten beeinflusst. Jedenfalls wird durch eine derartige Tomaufhängung eine große Bohrung am Tomkessel vermieden, wodurch der Kessel in jedem Fall bessere Schwingungsvoraussetzungen bekommt. Bei den je sechs Böckchen pro Seite an den Racktoms und den acht am Standtom muss man mit einem kleinen Kompromiss leben: Zwar hat Pearl darauf geachtet, dass der Kontakt der Einzelböckchen zum Kessel möglichst gering und mit Gummi isoliert ist, jedoch benötigen sie jeweils zwei Bohrungen. Die Böckchen sind aber auf der Kesselaußenseite so konstruiert, dass sie den Kessel wirklich nur rund um die beiden Bohrungen berühren (“Bridge Type”). Man mag sich darüber streiten, was dem Schwingungsverhalten der Kessel mehr zuträglich ist: weniger Kontakt mit Beschlägen oder weniger Unterbrechungen der Kesselstruktur durch Bohrungen.

Beim 12″ Tom ergibt sich das gleiche positive Bild. Die I.S.S.-Halterung ist dem größeren Durchmesser des Spannreifens angepasst. Ansonsten gibt es keine konstruktiven oder qualitativen Unregelmäßigkeiten. Die Racktoms werden an Pearls altbekannten L-förmigen “Uni-Lock”-Tomarmen aufgehängt, für deren Justierung man einen (mitgelieferten) Stimmschlüssel zur Hand nehmen muss. Wer sich nicht auf eine bestimmte Position der Toms festlegen möchte , oder noch auf der Suche nach der “perfekten” Position ist, wird sich evtl. das ein oder andere Mal versucht fühlen, die Halterungen “mal eben” mit etwas Gewalt ohne Schlüssel zu verstellen, wovon dringend abzuraten ist! Wer hat nicht schon mal auf einem Festival auf einem alten Pearl Export vom PA-Verleiher gespielt, an dem die Halterungen gerade noch dafür sorgen können, dass die Toms müde auf der Bassdrum liegen bleiben. Wer seine Spielposition aber ganz gut kennt, für den ist die Tatsache, dass die Halterungen relativ platzsparend in der Hardwaretasche verschwinden und mit Stimmschrauben festgezurrt sind, durchaus ein Vorteil. Da jeder Arm auch mit Memoryclamps für Höhe und Position versehen ist, geht das Aufbauen beachtlich schnell!

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Beim 16″ Standtom erkennt man schon am Gewicht, dass es sich hier nicht um die gleichen Kessel wie bei den Racktoms handeln kann. Acht Schichten und eine Kesseldicke von 10 mm machen dieses Baby ganze 8 Kg schwer. Ich bin gespannt auf den Sound. Die drei Beine für das Standtom wirken geradezu filigran gegen das Schwergewicht von Kessel, dass sie halten sollen. Die Gummifüße sind so konstruiert, dass sie durch Aussparungen gefedert sind. Tatsächlich steht das Standtom nach Montage der Beine an den stabilen und sauber verarbeiteten Halterungen relativ wackelig auf den Beinen. Dies ist aber natürlich erstens gewollt, weil das schwere Tom so frei schwingen kann und zweitens auch ein gutes Spielgefühl zur Folge hat. Man hat beim Spielen des Standtoms fast das Gefühl, es mit einem Racktom zu tun zu haben.

Auch die Bassdrum ist ein echtes Schwergewicht und bringt es mit ihren 22″ x 18″, achtlagigem und 10 mm dickem Kessel plus Beschläge auf satte 13 Kg. Sie kommt ebenfalls mit Fellen aus der Pro-Tune-Serie daher, die beide (Schlagfell und Resonanzfell) mit großzügigen, innenseitig verarbeiteten Dämpfungsringen versehen sind, was zusätzliche Dämpfung voraussichtlich unnötig macht. Die Felle werden von in Setfarbe lackierten Holzspannreifen und jeweils acht Klauen gespannt. Diese sind verhältnismäßig klein gehalten und mit Gummiunterlagen von den Spannreifen isoliert. Beim Montieren der Felle laufen die je acht Spannschrauben sauber in den Gewinden und die Gummiunterlagen bleiben beim Nachjustieren der Klauen wo sie sind.

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Da Pearl nicht auf einen Doppeltom-Halter setzt und – wie wir mittlerweile erfahren haben – an diesem Set nicht zuerst an Bohrungen spart, hat die Bassdrum nicht eine Rosette, sondern ist gleich zwei mal “durchbohrt” worden. Dennoch ist der äußere Beschlag, wie auch alle Böckchen des Sets erstens mit Gummi isoliert und zweitens kommt auch er nur an den Bohrungen mit dem Kessel in Kontakt (siehe Foto). Die Füße der Bassdrum lassen sich gut justieren. Sie sind stabil und lassen sich teleskopartig ohne einen Stimmschlüssel sauber ein- und wieder ausfahren.

Und nun zu einem kleinen Highlight. Wer sich für ein Vision-Set entscheidet, muss keinen Kompromiss mit einer minderwertigen Snaredrum eingehen, denn Pearl bestückt alle Vision Sets und somit auch die glücklichen Käufer mit einer waschechten Sensitone Steel Snaredrum in 14″ x 5,5″.

Dies ist jetzt sicher nicht der Porsche unter den Snaredrums, aber auf jeden Fall ein Golf GTI, und auch damit kommt man schliesslich sehr komfortabel und schnell überall hin. Ok, genug der Metaphern. Die Sensitone Steel erschien bereits 1997 im Produktkatalog von Pearl und schreibt seitdem eine Erfolgsgeschichte. Sie ist im Lieferumfang der Vision Sets ausgestattet mit Pro-Tunes-Fellen, 2,3 mm starken, dreifach geflanschten Stahlspannreifen und acht durchgehenden Böckchen, die nach dem gleichen Prinzip wie die Einzelböckchen der Toms konstruiert sind. Beim Betrachten der Unterseite zeigt sich eine sauber gearbeitete Gratung, ein sehr regelmäßiges Snarebed und ein 20-spiraliger Teppich. Bei der Abhebung handelt es sich nicht um die normale SR-17 Abhebung mit seitlich nutzbarem Hebel, sondern um eine echte Innovation! Die SR-900 “Duo Motion”-Abhebung lässt sich umfunktionieren, von einer Seitenhebel- zu einer Gladstone Typ Abhebung, bei der man einen Hebel von der Snaredrum weg bewegt, also vom Kessel abklappt. Beide Systeme haben ihre Vorteile, und es ist großartig, dass man hier wählen kann. Mit ihren Maßen ist die Sensitone Steel ein echter Allrounder und lässt sich sowohl in Studio-, als auch in Livesituationen sehr vielfältig einsetzen. Dies weiß ich zumindest aus meiner Erfahrung. Der Praxistest wird noch zeigen, ob auch die mitgelieferte Sensitone meinen hohen Erwartungen gerecht werden kann. Äußerlich stimmt jedenfalls erstmal alles.

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Mit seiner Hardware macht sich Pearl schon lange einen guten Namen und auch bei der Award gekürten 900er-Serie bleiben kaum Wünsche offen. Bei allen Stativen gibt es kein Spiel an den Vernietungen. Die doppelstrebigen Stative sind sehr stabil, und das bei einem Gewicht, dass einem bei einer zweiwöchigen Tour nicht gleich den Rücken ruiniert. Eine kleine Schwachstelle gibt es dennoch aus erster Sicht: Der Snaredrum Ständer ist nicht wirklich flexibel in seinen Einstellungsmöglichkeiten. Statt in alle Richtungen kann die Snaredrum bloß in eine Richtung gekippt werden. Dies verlängert die Suche nach den richtigen Spielposition ein wenig und man fragt sich, ob ein Snarestativ mit Kugelgelenk die Kosten gesprengt hätte, wo doch der Rest der Hardware sehr hochwertig wirkt. Besonders gut gefällt mir jedoch die völlig stufenlose Einstellmöglichkeit der Beckenstative, weil hier auf Zahnradlösungen verzichtet wurde.
So, alles steht und ist bereit. Nun lass mal was hören, Baby!

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Die Pro-Tune-Felle machen ihrem Namen alle Ehre. Innerhalb kürzester Zeit gelingt es mir, mit einem der beiden mitgelieferten Stimmschlüssel und einem Drehmomentschlüssel herauszufinden, welche Stimmung welcher Trommel am besten steht. Heraus kommt eine ausgewogene tonale Abfolge, die Lust auf melodiöses Spielen machen dürfte.

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Wie zu erwarten war, erzeugen die doppelschichtigen und folglich relativ dicken Felle einen vollen, bassigen Ton, der je nach Geschmack des Spielers ein wenig Attack vermissen lässt. Die Bassdrum klingt im Raum wider Erwarten nicht am besten, wenn sie äußerst tief gestimmt ist, sondern entwickelt ihre Power in einer etwas höheren Stimmlage. Hier entwickelt sich ein knackiger Attack und auch ein ordentliches Pfund im Bassbereich. Jedoch ließen mich die Kesselausmaße und die innovative Kesseldicke mehr Wirkung im Bassbereich erhoffen. Man muss jedoch folgendes bedenken: Man erlebt es oft, dass bei Mittelklasse-Sets, gerade auf der Bassdrum, nach dem Erwerb das mitgelieferte Fell drauf bleibt, egal ob man mit dem Sound zufrieden ist, oder nicht. Man sollte gerade bei Bassdrums mit Fellen herum experimentieren, denn der Unterschied kann enorm sein! Auch in unserem Beispiel würde ich den ausbleibenden Wow – Effekt, was den Wumms angeht, nicht als gegebene Tatsache hinnehmen, sondern vermuten, dass das richtige Fell dem Vision Fundament noch die eine oder andere Tiefe Frequenz entlocken kann. So und nun tue ich erstmal so, als ob das Set mir gehört und habe ein wenig Spaß.

Wie schon erwartet entlockt mir das Vision Set ein klar definiertes Spiel, dass bei Einsatz der Toms, durch die klaren Intervalle, ständig sehr melodiös und musikalisch anmutet. Zwischen dem 10″ Tom und dem 16″ Stand Tom liegen halt auch nicht nur sechs Zoll Unterschied im Durchmesser, sondern eben auch ein großer tonaler Sprung. Dadurch wird ein großes Frequenzspektrum abgedeckt und während des Spielens erfüllt ein volles, rundes Klangbild den Raum. Das Fußpedal ist noch ungewohnt, doch nach kurzem Nachjustieren kann ich es gut auf meine Gewohnheiten einstellen, was für jeden Drummer ein wichtiger Punkt ist. Generell tue ich mich schwer mit Fußmaschinen, die Bestandteil eines Hardwarepaketes sind, denn eine Fußmaschine trägt viel mehr zur Charakteristik des Spielens bei als etwa ein Beckenstativ. In diesem Fall aber komme ich gut mit der P-900 zurecht, da man sie gut justieren kann.

Nach der ersten Session fallen mir zwei Sachen negativ auf: Die Snaredrum neigt sich deutlich mehr zu mir als zu Beginn, die HiHat hängt auf einmal tiefer. Dies ist eine Folge davon, dass sich die Schraube in dem Verbindungsstück, das die obere Stange im Stativ verankern soll, verbogen hat. Schwer zu sagen, ob es sich dabei um Materialschwäche oder einen Transportschaden handelt.

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Dass Pearl mit Absicht gebogene Gewinde verbaute, wäre mir neu. Jedenfalls ist es merkwürdig, wenn auch keine große Sache, denn man ist einfach gezwungen, die Schraube etwas fester zu ziehen, als üblich. Beim zweiten Versuch bleiben die HiHat-Becken dann wo sie sind. Interessanterweise war es das Snaredrum-Stativ, dass beim Auspacken schon mein Misstrauen hervorrief. Die Geschichte mit dem HiHat-Stativ ist nur insofern ärgerlich, als dass es einen faden Beigeschmack gibt und man bei solchen Kleinigkeiten schon beginnt zu denken: “Na ja, ist halt keine Profi-Hardware”. Was die I.S.S.-Halterungen der Racktoms angehet, so ziehe ich aber alle meine Bedenken zurück. Es gibt Halterungen von anderen Herstellern, die die Racktoms so frei schwingen lassen, dass man fast Schwierigkeiten bekommt, sie zu treffen, weil sie derartig in Bewegung geraten. Im Fall des Systems von Pearl hängen die Toms in Verbindung mit den 900er Uni-Lock-Tomhaltern verhältnismäßig fest, schwingen aber deutlich freier, als mit altmodischen nicht isolierten Halterungen.

Die Snaredrum zeigt sich in verschiedenen Stimmlagen äußerst durchsetzungsfähig und musikalisch. Die Teppichansprache ist sehr sensibel. Die neuartige Abhebung  und der Stahlkessel verhelfen der Sensitone Steel zu ihrem charakteristischen und wie ich finde, zurecht sehr beliebten Sound. Alles in Allem bin ich erstmal ziemlich angetan vom VBX. Jetzt interessiert mich natürlich wie es sich aufgenommen so schlägt (bzw. schlagen lässt…).

Ich mikrofoniere das Set und stelle einen weiteren Vorteil der Pearl I.S.S. Halterungen fest. Diese nämlich sind so Platz sparend, dass genug Raum für Clipmikrofone jeglicher Art sein dürfte. Dies ist nicht selbstverständlich, denn andre integrierte Halterungen sorgen bislang für Komplikationen beim Anbringen von Clipmikrofonen am Rim. Kurz noch mal nachgestimmt und der erste Take kann starten. Nach dem fast immer notwendigen Equalizing der Signale bin ich wirklich begeistert vom ersten Take (Ich rede natürlich nicht von mir, sondern von unserem Testkandidaten, schon klar, oder?).

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Bei den Aufnahmen kommen Bassdrum und Standtom auch noch mal ganz anders zur Geltung. Hier gibt es viel Bass und warmen Ton zu hören. Die Bassdrum hat einen klaren Attack und auch einen tiefen Punch. Bassdrum und Snaredrum bleiben weitestgehend ungedämpft und zeigen dadurch ihr wahres Gesicht. Die Snaredrum setzt sich sehr gut durch und zeigt hinter einem für Stahlkessel typischen “Peng”, auch einen schönen mittigen Ton, wodurch sich ein solider Gesamtklang ergibt. Auch die Toms setzen sich gut durch und lassen klar definierte Töne hören, die ich als warm und voll beschreiben möchte. Man müsste jedoch je nach Geschmack den Attack erst noch herauskitzeln, etwa durch die Verwendung dünnerer Felle.

Nach dem Abhören des ersten Takes entscheide ich mich doch noch zu kontrollieren, wie alles etwas tiefer gestimmt klingt. Ich stimme das komplette Set (auch Bassdrum und Snaredrum) ein kleines Stück runter und spiele noch zwei Takes. Ich muss sagen: Aufgenommen kann ich gar nicht mehr so richtig sagen, wo die einzelnen Trommeln ihre Schokoladenseite haben. Auch die tiefere Stimmung steht dem Vision sehr gut. Die Standtom macht noch mehr Alarm in den Tiefen und die Bassdrum büßt nicht an Atack ein, aber klingt gewaltiger in den Bässen. Während der Aufnahmen gab es die Hardware betreffend keine weiteren Komplikationen. Sie ist sehr stabil und flexibel bei der Nachjustierung. Nach meinem Test machen die Felle trotz übermäßiger Beanspruchung noch einen recht guten Eindruck. Das Maß des Verstimmens ist vollends vertretbar, schließlich handelt es sich um neue Felle, die immer ein wenig Zeit brauchen, bis sie “eingespielt” sind. Außerdem wollte ich ja auch wissen wie schnell sie sich unter Beanspruchung verstimmen und hab mir dabei redlich Mühe gegeben. Ich ziehe also meine Bedenken zurück, was den Einfluss der Rimklammern der “I.S.S.”-Tom-Halterungen auf des Stimm- (und Verstimm-)verhalten angeht. Alles in allem ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis.

Pearl informiert auf der Firmenhomepage sehr genau und detailliert über die patentierten Herstellungsverfahren der Kessel und beim näheren Betrachten wird klar, dass diese Verfahren bei Pearl nicht ausschließlich für die High-End-Produkte angewendet werden. Tolle Verarbeitung und hochwertige Features dürfen hier ruhig das Vertrauen in die relativ junge Vision-Serie steigen lassen. Wem das noch nicht reicht, der kann sich vielleicht mit der auf dem Markt einmaligen lebenslangen Garantie beruhigen. Die greift höchst wahrscheinlich zwar nicht bei Nichtgefallen, aber es ist doch beeindruckend, eine Firma derartig überzeugt von ihrem Produkt zu sehen.

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Was mich ein wenig verwundert, ist, Pearls Entscheidung für Einzelböckchen, die je zwei Kesselbohrungen benötigen. Die geringe Berührungsfläche mit dem Kessel ist zwar von großem Vorteil für das Schwingungsverhalten, ich hätte allerdings vermutet, dass gerade bei kleinen Tomkesseln jede Unterbrechung der Kesselstruktur durch Bohrungen verhindert werden müsste. Bei der Entscheidung zwischen den Holzarten Birke, Ahorn, oder Linde/Birke sollte man sich wenn möglich im Musikladen inspirieren lassen. Leider laufen dort auch ab und an lästige Verkäufer herum, die versuchen, einem dieses eine Set schmackhaft zu machen, dass dort im Laden steht. Ein guter Verkäufer aber wird bei der Beratung als erstes die Frage nach dem Einsatzgebiet stellen. Es hat sich folgende Faustregel breit gemacht: “Live = Ahorn” und “Studio = Birke”. Da wir uns hier aber im Mittelpreissegment bewegen, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass man sich ein Set für die Bühne und eines für den Proberaum kauft. Ich würde immer vorschlagen, so viel wie nur möglich auszuprobieren und sich für das Holz zu entscheiden, das sich beim Spielen am besten anfühlt. Und wenn es dann das günstige Linde/Birke-Modell ist: umso besser!

Der Sound unseres Testkandidaten, des Birke-Sets wird angekündigt als höhenreich, mittenarm und voll im Bassbereich und damit auf Bühne und im Studio voll einsatzfähig. Ich teile Pearls Meinung, wenn ich auch finde, dass die Auswahl der Felle die angepriesenen Höhen wieder etwas absenken. Tatsächlich wirkt das VBX auf der Aufnahme wie von vornherein durch einen EQ gejagt, der die Bässe ein wenig anhebt. Trotzdem halte ich die Fellauswahl für gut, denn man muss nach dem Auspacken nicht sehr viel Zeit zum Stimmen investieren, sondern kann relativ schnell drauflosspielen. Ein voller Sound direkt nach dem Auspacken lässt noch viele Möglichkeiten erhoffen, den Sound zu perfektionieren und zu personalisieren, wenn man sich erstmal ein wenig mit dem Instrument beschäftigt hat.  Was die verschiedenen Kesseldicken angeht, blieb bei mir der “Wow”-Effekt  weitestgehend aus. Alle Toms klingen schön und haben einen vollen runden Sound. Ob die Tatsache, dass das Standtom mehr Kraft im Bassbereich entwickelt als die Hängetoms, an dem dickeren Kessel liegt, muss ich nach meinem Test noch bezweifeln. Schließlich ist die Kesselzusammenstellung auch etwas ungewöhnlich. Wo man bei einem 10″ und einem 12″ Racktom, ein 14″ Standtom erwarten würde, steht rechts unten diesen 16″-Ungetüm. Klar, dass dieses ganz schön was hermacht gegen die zwei kleinen Kumpels. Wer das Set ein- bis zweimal transportiert hat, wird sich fragen, ob der Soundunterschied es wert ist, dass die Standtom und vor Allem die Bassdrum inklusive Case beim Transport eine echte Mission darstellen.

Zur Sensitone Steel Snaredrum muss ich nicht mehr viel sagen. Es ist eine absolut brauchbare und vielfältig einsetzbare Stahl-Snaredrum, die einen auch begleiten wird, wenn man mal auf einem Festival nicht auf dem eigenen Set spielen darf. So oder so ist es gut, eine Sensitone im Sortiment zu haben. Völlig abgesehen vom Vision-Set würde ich auch so zum Kauf einer Sensitone raten, wenn man eine Stahl-Snare benötigt, die im Preis-/Leistungsverhältnis nicht zu toppen ist. Die “Duo Motion”-Abhebung ist ein tolles Feature, da man keinen Kompromiss eingehen muss, wenn die Abhebung bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielen sollte. Das Äußere, nicht-funktionale des Vision-Sets bleibt wie immer Geschmacksache, jedoch kann ich nach meinem Test sagen, dass sich meine Befürchtungen bezüglich der schwarzen Hardware leider bewahrheitet haben, und diese nach einigen Tagen in meinem Studio an der einen oder anderen Stelle schon ziemlich benutzt aussieht. Nicht etwa, dass es richtige Schäden geben würde, aber die Rims sehen bespielter aus, als es vermutlich verchromte Rims tun würden.

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Ich ahnte, dass ich mit der Hardware aus dem Hause Pearl wahrscheinlich keine großen Probleme haben würde, schließlich kommt man ja ab und zu mal damit in Berührung: Bislang habe ich nur gute Erfahrungen damit gemacht. Auch hier bin ich nicht enttäuscht worden. Meine beiden kleinen Makel, nämlich der schlecht einstellbare Snaredrumständer (S-900) und die verbogene Schraube am HiHat-Stativ (H-900) sind zwar nicht zu ignorieren, jedoch sollte man mit diesen Dingen wie mit lästigen Charaktereigenschaften umgehen, und versuchen zunächst mit ihnen zu leben. Die Schraube am HiHat-Stativ lässt sich sicher austauschen. Man muss trotz des oben genannten faden Beigeschmacks sagen, dass es oft gerade die Hardware ist, die ein günstiges Set enttarnt. Das kann man von dem 900er-Paket nicht behaupten, denn der Rest des Paketes ist nicht nur einwandfrei, sondern auch ohne das Vision-Set für alle Drummer sehr empfehlenswert. Die Tomarme, die nicht ohne Stimmschlüssel zu justieren sind, haben sich beim Ab- und Wiederaufbauen des Sets als absoluter Vorteil herausgestellt, denn diese bleiben in der Hardwaretasche hundertprozentig in Position. Beim Aufbauen hängen die Racktoms also sofort in ihrer richtigen Position. Der Wert dieses Umstandes wird einem bewusst, wenn man bei einem Festival nur 15 Min für Aufbau und Soundcheck hat und alle auf den blöden Drummer warten, bis er seine Schießbude endlich aufgestellt hat.

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Fazit

Das Thema Preis-/Leistungsverhältnis wird bei Pearl im Mittelklassesegment offensichtlich nach wie vor mit großer Aufmerksamkeit bedacht. Ich kann – ohne mich sehr weit aus dem Fenster zu lehnen – sagen, dass man rund 1000 € für ein Set kaum besser anlegen kann. Man bezahlt für ein Vision Set zwar ein wenig mehr als für seinen Vorgänger “Export”, aber ich bin nach meinem Test sicher, dass dies durchaus gerechtfertigt ist. Wenn man (noch) nicht bereit ist, den Preis eines Kleinwagens in sein Instrument zu investieren, muss man sich oft mit lästigen Kompromissen herumschlagen: Tolle Kessel, aber minderwertige Hardware; schönes Drumset, aber minderwertige Snaredrum; tolles Angebot, aber die Snaredrum ist nicht im Preis enthalten oder dergleichen. Wer sich für ein Vision-Set und damit für Pearl entscheidet, kann sich mehrerer Bedenken von vornherein entledigen: Vision ist der Nachfolger von “Export”, eine der, wenn nicht sogar die erfolgreichste Einsteigerserie überhaupt. Man kann also davon ausgehen, dass gegebene Innovationen auf einen Berg Erfahrungen gegründet sind und nicht auf falsch verstandenem Trendbewusstsein.
Ich glaube, dass die Erfolgsgeschichte der Vision Serie die der Exportserie weiter schreiben wird und dass wir Schlagzeuger auch in Zukunft auf den Bühnen der Welt des Öfteren auf ein Pearl-Set stoßen werden. Zurecht!
Tipp: Weitere akustische Einsteiger- und Mittelklasse Sets ab 600 Euro aufwärts, findet ihr auf unsere passenden Themenseite:http://www.bonedo.de/artikel/einzelansicht/akustische-schlagzeuge-einsteiger-und-mittelklasse-test.html 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • gute Verarbeitung
  • gutes Preis-/Leistungsverhältnis
  • Sensitone-Snaredrum im Lieferumfang
  • stabile und hochwertige Hardware
  • edles Lack-Finish
  • gute Stimmbarkeit
  • ausgewogener Sound
  • lebenslange Garantie
Contra
  • schwarze Hardware sieht schnell gebraucht aus
  • 10 mm dicke Standtom und Bassdrum sind ziemlich schwer
  • keine Auswahl bei Kesseltiefen
  • keine Folienfinishes für VBX (und VMX)
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Pearl Vision VBX925 Test
Für 899,00€ bei
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TECHNISCHE DATEN

  • Birkenholzkessel
  • Hängetoms: sechslagig, 7,5 mm
  • Standtom und Bassdrum: achtlagig, 10 mm
  • Bassdrum-Holzspannreifen in Setfarbe lackiert
  • Sensitone Steel-Snaredrum
  • Abhebung lässt sich von Gladstone zu Seitenhebel umbauen
  • Werksbefellung: doppelschichtig
  • Bassdrumfell mit 3,5″ breiten Ringen vorgedämpft
  • “Bridge Lugs” mit Gummi unterlegt
  • Bass-Drum-Klauen mit Gummi unterlegt
  • “Bridge Type”-Beschlag für zwei seperate Tomarme
  • 900er Hardware-Serie
  • Freischwing-Tomhaltesystem
  • eingeschränkte lebenslange Garantie
  • Preis: € 999,-




fünf Lack-Finishes zur Auswahl
in Verbindung mit dem “Concord Fade Finish”: schwarze Kesselhardware

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Mono sagt:

#1 - 27.11.2013 um 00:38 Uhr

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Vielen, vielen Dank für diesen sehr detaillierten Bericht! Auf der Suche nach einem guten Set wird man in Läden wie Music-Store schnell "erschlagen", da ist es gut, wenn man schon vorher einen Favoriten hat - umso besser, wenn man dann das Vorführ-Set direkt auf die hier genannten Pro's und Con's untersuchen kann! Da ich das Set hauptsächlich für Aufnahmen nutzen möchte, sind die Soundbeispiele Gold wert! Nochmal, vielen Dank!!!

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