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Oktava MK-012- MSP6 Test

Das Oktava MK-012- MSP6 im bonedo-Test – Die russische Firma Oktava hat ihr Set MK-012 MSP6 zu unserem großen Kleinmembrankondensator-Testmarathon beigesteuert. Doch Moment mal: Deutschland, die Vereinigten Staaten, dann vielleicht noch Großbritannien, Dänemark, Schweden und Japan haben viel Erfahrung und einen guten Ruf im Mikrofonbau, China wächst so langsam über den Status einer reinen und dumpfen Produktionsstätte hinaus – aber Russland? Ganz recht: In der ehemaligen UdSSR wurden in der russischen und der lettischen SSR ebenfalls fleißig hochwertige Mikrofone konzipiert und gebaut, wenn auch die ostdeutschen Neumann-Nachfolgebetriebe den besseren Ruf im Ostblock hatten.

Oktava_MK012_6


Oktava baut das MK-012 fast seit der Zeit der Kuba-Krise im russischen Tula, selbst die trubeligen Zeiten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hat das Unternehmen gut weggesteckt und fabriziert weiter fleißig Mikrofone für die Welt. Diese Angaben stimmen also zuversichtlich, dass auch das aktuelle MK-012 nicht nur einfach preiswert, sondern sein Geld auch wert ist und zu Recht eine derart weite Verbreitung und lange Produktgeschichte vorweisen kann.

Details

Sehr unsowjetisch: beachtliche Vielfalt!

Die hier getesteten Oktava MK-012 sind modular aufgebaut und streng genommen nur ein kleiner Teil eines durchaus stattlichen Modularsystems. Der Body des MK-012 kann mit einer Vielzahl an Kapseln bestückt werden, von denen drei unterschiedliche dem Set beiliegen. Neben Achten gibt es verschiedene Oktava-Großmembrankapseln mit Frontfire oder Sidefire zu erstehen, zudem ist das System offen für Dritthersteller, Kapseln gibt es auch von Red und RTT (Russian Transducer Technology). Mit zwölf Kapseln ist das russische System zwar bei Weitem nicht so umfangreich wie das des Kleinmembranherstellers Schoeps, doch deutlich günstiger. Zwischen Kapsel und Body lässt sich bei Bedarf ein Pad (-10 dB) schrauben, unter Umständen auch zwei. Für jedes der beiden Mikros des Stereosets befindet sich ein solches Dämpfungsglied im Lieferumfang. Nicht mit dabei ist das Hochpassfilter, das auf die gleiche Weise installiert wird. Wem der Korpus nicht klein genug ist, kann also einerseits auf das Aufschrauben von Zusätzen oder großer Kapseln verzichten (was man sowieso sollte, außer die Situation erfordert es unbedingt) und sich des kleineren Korpus bedienen, den es mittlerweile ebenfalls gibt: MK-012s. Dass das angehängte “s” dabei nicht für “sowjetisch-stalinistisch-supergroß” steht, versteht sich wohl von selbst. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass das Mikrofonset mittlerweile auch in Mattschwarz erhältlich ist.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Kapseln können getauscht werden, bei Bedarf kann sogar ein Pad zwischengeschaltet werden.

Kapsel wechsel dich

In der Holzschatulle findet man außer den Verstärkereinheiten die insgesamt sechs Wechselkapseln, die angesprochenen 10dB-Dämpfungsglieder und die einfachen, aber äußerst praktischen (und haltbaren!) Mikrofonklemmen. Wie zu erwarten sind Kugeln und Nieren dabei, die dritte Charakteristik im Bunde ist eine Hyperniere. Es prangt keine Typenbezeichnung auf den Kapseln, denn diese gibt es nicht: Sie heißen einfach nur Cardioid-, Hypercardioid und Omni-Capsule und werden durch das aufgedruckte Pattern unterschieden.
Oktava hat es sich gespart, den Kapseln unterschiedliche Gehäuse zu spendieren, und so sind die rückseitigen Schalleintrittsöffnungen bei einem Druckempfänger natürlich sinnlos, der rückwärtige Weg zur Membran ist sowieso verschlossen. Die Kugel bleibt bis ungefähr 8 kHz halbwegs konstant in ihrer Richtungsempfindlichkeit, nur Mikrofone mit deutlich kleinerer Membran (und entsprechend geringerer Abschattung) weisen andere Werte auf. Die leichte Anhebung des Frequenzgangs um 7 kHz findet sich auch bei der Verwendung der richtenden Druckgradientenempfänger Niere und Hyperniere, doch ist bei diesen das Air-Band etwas träger.

Nennimpedanz: 300 Ohm

Oktava gibt keine unterschiedlichen Messwerte für die verschiedenen Kapseln an, daher kann man zunächst davon ausgehen, dass diese identisch sind. So liegt das gehörangepasste Eigenrauschen bei 18 dB(A), ohne Pad liegt die Grenze, über der das Signal mit mehr als einem halben Prozent THD angereichert ist, bei 130 dB. Diese Angabe gilt nicht wie sonst üblich für 1 kHz, sondern in der gesamten Range von 250 Hz bis 8 kHz (groß wären die Unterschiede aber auch bei anderen Mikros nicht, nur hat sich die Angabe von 0,5 % bei 1 kHz durchgesetzt). Die Impedanz des Bodys liegt mit 300 Ohm deutlich über dem Wert von 200 Ohm, der seitens der Preamphersteller meistens empfohlen wird (als maximal ein Fünftel der Abschlussimpedanz des Vorverstärkers) und der von den meisten Mikrofonherstellern auch brav unterboten wird. Allerdings liegen die tatsächlichen Eingangsimpedanzen der Amps oft weitaus höher (oft 1,5 oder 3 kOhm), außerdem gibt es einige tolle Mikros, die ebenfalls “zu hohe” Impedanzen aufweisen, das grandiose Coles 4038 hat beispielsweise auch 300 Ohm. Und, sicher die wichtigste Aussage: Gravierende Klangunterschiede sind nicht zu erwarten, bei 500 oder gar 1000 Ohm sähe die Chose schon ganz anders aus. Der zu erwartende Höhenabfall ist also nicht sonderlich der Rede wert. Egal, mit welcher der mitgelieferten Kapseln, die Empfindlichkeit der Kapsel-Korpus-Kombination beträgt immer 10 mV/Pa, was nicht sonderlich viel ist und einen kräftigen, wenn möglich auch rauscharmen Preamp zum Betrieb anrät.

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Praxis

Ich will nicht vorenthalten, dass ich die Oktavas sehr gut kenne. Zum einen waren zwei einzelne MK-012-Systeme mit drei Kapseln und Dämpfungsglied meine ersten Kleinmembran-Kondenser und sind auch heute noch in meinem Besitz, zum anderen habe ich viele Jahre am SAE Institute in Köln die Nutzung eines Sets durch die Studenten verfolgen können. “Nutzung” ist ein weit gefasster Begriff, der in diesem Falle leider oft auch “Misshandlung” eingeschlossen hat: Kapseln haben Volltreffer von Schlagzeugsticks erhalten, sind auf den Boden gefallen und einiges mehr. Sogar die Verwendung in (jawohl: in!) einer Bassdrum bei harter Spielweise habe ich schon miterlebt. Das hat zwar gezerrt, doch hat es in der Kapsel keinen Funkenüberschlag gegeben, der zweifelsohne gravierende Wirkung haben kann. Auch ihre Blessuren haben den “russischen Panzern” nichts anhaben können, und Robustheit ist keine schlechte Voraussetzung für Werkzeug. Meine eigenen Mikros haben unterschiedliche Metallgazen auf den Kapseln, was sicher nicht ideal ist, wenn man bedenkt, dass deren Beschaffenheit als Element kurz vor der Membran durchaus hörbaren Einfluss besitzt. Man hatte offenbar das genommen, was gerade greifbar war, aber nun ja: Oktavas sind eben preiswert. Dass die Verarbeitung hier und da ein bisschen rustikaler ist, lässt sich verschmerzen. Bei dem in diesem Review vorliegenden Set habe ich aber keine groben Schnitzer feststellen können.

"Vertragen eine Menge": die russischen Kleinmembraner
“Vertragen eine Menge”: die russischen Kleinmembraner

Mit den Nieren ausgestattet, ergibt sich direkt ein angenehmes Klangbild. Die Oktavas sind schließlich dafür bekannt, einen ordentlichen und professionellen Sound für wenig Geld zu liefern – das machen Mikrofone des Herstellers aus jüngster Produktion glücklicherweise nicht anders. Das Signal ist zwar wenig spritzig und analytisch, aber sofort wohlwollend und behaglich. Transienten werden nicht so flott übertragen und sind etwas abgerundet, die letzten Feinheiten bleiben also auf der Strecke. Möchte man auf hohem Niveau kritisieren, könnte man den Mitten etwas “Dengeligkeit” unterstellen: In den oberen Mitten schwingen die Signale nicht ganz so schnell aus, wie man es sich wünschen würde. Die tendenziell dichten unteren Mitten verleihen dem Klang dennoch etwas mehr Gehalt und formen Instrumentalklänge etwas in die Richtung, in der man sie oft im Mix haben will. Ich wiederhole mich: Dies alles sind Nuancen, insgesamt liefern die Nierenkapseln einen hervorragenden Klang. Das Audiofile im XY kann das sicher unterstreichen:

Audio Samples
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Oktava MK-012 Nierenkapsel Referenz Schoeps CMC-64 Oktava MK-012 Kugelkapsel Referenz DPA 4009 Diffusefield-Grid Referenz Schoeps CMC-62

Im Stereobetrieb fällt auch auf, dass das Matching sehr gut ist – oder zumindest die Toleranzen gering. Bei meinem eigenen alten Set ist vor allem bei den Kugeln ein Unterschied in den Höhen merklich, den ich zumindest pegelmäßig im Regelfall mit einem High-Shelf bei 10 kHz mit einem Dezibel Gain auszugleichen pflege. Bei den Kugeln in meinem Testset ist davon nichts zu spüren, aber insgesamt zeigt sich Oktava auch hier kontinuierlich: Auch deren Signal klingt warm, rund, bauchig und irgendwie immer “gütig”, als wolle es dem Instrumentenklang schmeicheln. Sieht man die andere Seite der Medaille, kann man den Klang auch als etwas einlullend, ja sogar etwas wummerig, nicht straff genug und etwas unpräzise beschimpfen, aber diese Eigenschaften machen es für warme Signale akustischer Saiteninstrumente und insbesondere Drumrooms und Overheads grandios: Ein breites, langsames Jazz-Drumkit und eine bollerige Rockhütte schreien geradezu nach den Oktava-Kugeln, da deren voluminöser Bass und runde Höhen oft das ist, was man benötigt. Bei Pianissimo-Passagen wirklich sehr leiser Klangkörper und hohen notwendigen Verstärkungen kann jedoch das Eigenrauschen zutage treten, doch hätte ich keine Scheu, deswegen auf ein Ambient-Miking mit den 012ern zu verzichten.

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Fazit

Wenn ich nach Empfehlungen für Kleinmembran-Mikrofone gefragt werde, die bei überschaubaren Kosten sehr gute Ergebnisse liefern, habe ich in den letzten 15 Jahren oft “Oktava MK-012” gesagt und kann das angesichts der aktuellen Produktion der Mikrofone auch weiterhin reinen Gewissens tun. Besonders die Kugeln haben es mir angetan, doch auch die richtenden Kapseln verrichten sehr gute Arbeit. Man sollte dabei wissen, dass die russischen Kondenser nicht die agilsten Mikrofone sind, andererseits verzeihen sie auch viele Mikrofonierungsfehler durch ihren wohlwollenden Gesamtklang. In Gesprächen und Foren wird zudem klar, dass es nicht wenige Profis gibt, die auf die Mikros schwören – und sei es als Pendant zu ihren teuren, chirurgischen Analyseinstrumenten. Mit einem Oktava-Set macht man wirklich nichts falsch, vor allem investiert man sein Geld in einfache, gute, bewährte und erwiesenermaßen zuverlässige Technik. Oktava hat gut daran getan, die Produktion des wichtigsten Mikrofons im Programm zwar ab und zu an die Verfügbarkeit von Bauteilen anzupassen, doch es nie von Grund auf zu “modernisieren”. Von mir aus können sie es einfach immer so weiter bauen – ein Klassiker ist es jetzt schon.

Pro

  • Preis-Leistungsverhältnis
  • umfangreiches Modularsystem
  • gutmütiger Klang

Contra

Eines wäre eigentlich ein bisschen wenig: Die Oktavas leisten als vollständiges Stereoset gute Dienste!
Eines wäre eigentlich ein bisschen wenig: Die Oktavas leisten als vollständiges Stereoset gute Dienste!

Spezifikationen

  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger, Druckempfänger (Wechselkapseln)
  • Richtcharakteristik: Niere, Hyperniere, Kugel (Wechselkapseln)
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 18 mV/Pa
  • THD+N: 12 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 130 dB SPL (0,5% THD+N)
  • Vordämpfung: Dämfungsglied 10 dB
  • Preis (Paar): 559,- € (UVP)
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Preis-Leistungsverhältnis
  • umfangreiches Modularsystem
  • gutmütiger Klang
Contra
  • -
Artikelbild
Oktava MK-012- MSP6 Test
Für 525,00€ bei
Hot or Not
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Oktava_MK012_6 Bild

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DaDa sagt:

#1 - 22.11.2013 um 17:24 Uhr

0

Man sollte noch erwähnen, dass es für diese Oktavas auch einen M/S-Adapter gibt, mit dem ich trotz theoretischer Abweichung zum reinen M/S-Prinzip gute Ergebnisse erzielt habe. Hat man das Set genommen, so kann man bspw. mit 2x Niere (Side) und 1x Hyperniere gute Akustikgitarrenaufnahmen in M/S machen. Andererseits muß man die Oktavas nicht im Set kaufen. sie sind bspw. auch nur mit Niere-Kapseln erhältlich. Im Set sind sie halt günstiger...

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