Novation Launchpad für iOS Test

Der britische Hersteller Novation ist dafür bekannt, gut durchdachte Hardware wie beispielsweise die Groovebox „Circuit“ oder den Synthesizer „Mininova“ auf den Markt zu bringen. Auf der Software-Schiene sind sie ebenso unterwegs, beispielsweise mit der legendären „Bass Station“, die ihr digitales Ebenbild als Plug-in findet. Was liegt da näher, als den gefeierten Launchpad MIDI-Controller als iOS-App mit den Features einer Remix-Toolbox zu entwickeln? Mobile Sample-Looper liegen momentan eh im Trend, ob Novation mit ihrer Anwendung zu diesem auch beitragen kann, klären wir im Test.

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Novation Launchpad App für iOS

Details

Launchpad für iOS ist eine App, um Sample-Loops via Pad-Matrix abzuspielen. Damit ihr direkt loslegen könnt, beinhaltet das für iPhone (ab 4s) und iPad (ab iPad 2) erhältliche Programm von Haus aus acht verschiedene Sample-Packs. Neben urbanen Genres wie Breaks, Drum & Bass, Dubstep und Hip-Hop stehen clubbige Stilrichtungen wie House, Tech House und Trance zur Verfügung. Man merkt, dass der Fokus hier auf elektronische Sounds gelegt wurde, dennoch müssen Liebhaber anderer Stilrichtungen nicht in die Röhre schauen: Novation hat nämlich rund 160 Sample-Packs im Store, eine schier endlose Quelle an Nachschub.
Das Hauptmenü ist in verschiedene Sparten aufgeteilt. Zunächst wird das aktuelle Projekt ausgewählt – auch die vorinstallierten Sample Packs sind dort gespeichert und stehen für die Bearbeitung bereit. Auch die riesige Auswahl des Stores findet sich hier, ebenso wie die eigenen Aufnahmen von mit der App erstellten Sets. Praktisch ist auch die News-Rubrik, die über die neuesten Sample-Packs informiert, Tutorials und inspirierende (Social-Media-) Beiträge näherbringt.
Hauptaugenmerk in Novations App liegt auf der Pad-Matrix. Hier wird dem Nutzer die Kontrolle über 48 individuell bestückbare Pads gegeben. Die Matrix ist in acht Gruppen aufgeteilt, die jeweils sechs Pads beinhalten. So werden beispielsweise Bässe von Drums oder Synth-Melodien separiert. Innerhalb einer Gruppierung löst ein neu aktivierter Clip den vorhergehenden auf den Takt synchronisiert ab und läuft solange, bis man entweder einen neuen aktiviert oder diesen durch abermaliges Betätigen stoppt. Ein genereller Stop-Button beendet die Wiedergabe für alle Clips. Dabei hat man zu jeder Zeit die gesamte Anzahl der Trigger im Blick, scrollen muss man aufgrund der klein gehaltenen Pads nicht.

Fotostrecke: 3 Bilder Die acht Sample Packs in der Projekt-Ansicht.

In der Matrix-Ansicht steuert der Tempo-Button die BPM-Anzahl des aktuellen Projekts. Die „+/-“-Taster und der Tap-Taster passen die Geschwindigkeit an, dort befindet sich auch der Schalter, um „Ableton Link“ zu aktivieren. Gleich daneben ist die Edit-Sektion, um die „befüllten“ Pads zu bearbeiten. Neben der Möglichkeit, diese zu löschen, kann das Abspielverhalten unter „type“ eingestellt werden. Dabei stehen die Optionen „Loop“, (Pad wird automatisch wiederholt) „One-shot“ (Pad muss gedrückt gehalten werden) und „Retrigger“ (Pad wird einmalig von Anfang bis Ende gespielt) zur Verfügung.
Unter „Sound“ bestückt man ein Pad mit Audiomaterial. Für die Auswahl gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die Audio-Schnipsel sind mit Tags versehen, so findet man sich über die Kategorien-Library optimal zurecht und kann den benötigten Sound rasch aufstöbern – vorgegeben sind hier unter anderem Bass, Drums und Vocals.
Wer lieber auf Nummer Sicher geht und abgestimmte Sounds wählen möchte, sucht in den Samplepacks nach passendem Stoff. Hier sind sowohl die vorinstallierten als auch gekaufte Pakete zu finden. Auch eigene Favoriten warten darauf, bestimmt zu werden.
Eine weitere Möglichkeit, die Pads zu belegen, stellt der Import von eigenem Audiomaterial dar. Diese Funktion muss im Store erworben werden, Novation ruft dafür einen Preis von 6,99 Euro auf.

Fotostrecke: 2 Bilder Die BPM-Sektion regelt das Tempo.

Sobald alle gewünschten Sounds geladen sind, können diese in der Matrix-Ansicht noch mit fünf Effekten versehen werden. Als Performance-Effekte stehen Autofilter, Stutter, Gater, ein Stopper und ein Delay zur Verfügung, die sich jeweils noch variieren lassen. Das Filter steuert sich in Form eines Sliders, die Mitte stellt dabei den Nullpunkt dar, nach oben werden dann Bässe, nach unten Höhen herausgefiltert. Der Gate-Effekt hat vier verschiedene Modi mit unterschiedlichen Taktungen, auch Offbeat steht zur Verfügung.
Die Intensität wird über das jeweils gedrückte Pad gesteuert, ganz links ist Dry, ganz rechts ist 100% Wet. Ähnlich funktioniert der Stutter-Effekt, der den Beat abhackt, bei ihm ist jedoch keine Dosierung möglich.
Das Delay kommt mit acht verschiedenen, beatsynchronen Feedback-Zeiten daher. Der „Stopper“ bremst die Wiedergabe komplett herunter, ähnlich dem Effekt des Stoppens einer Schallplatte und kann nur aktiviert werden. Sobald man den Button loslässt, ist der Sound wieder voll und im Beat da. Die iPad-Version kann noch mit weiteren Effekten aufwarten, unter anderem einem Flanger, diese muss man jedoch zusätzlich erwerben.

Fotostrecke: 4 Bilder Delay …

Praxis

Sound

Die Launchpad-App klingt richtig gut. So ist das bereits beim Download inbegriffene „House“ Sample-Pack mit einem guten Mix aus genretypischen und moderneren Instrumenten bestückt. Neben klassischen 909-Rides stehen auch karibisches Flair verbreitende Steel-Drums oder scharfe Bass-Leads zur Auswahl, getreu dem allseits beliebten Radio-Motto: Die Hits von früher und das Beste von heute.
Aber auch die anderen Pakete sind mit Sachverstand zusammengestellt. Man hört zwar eindeutige Präferenzen der Ersteller heraus (so fehlen beispielsweise bei „Hip-Hop“ aggressivere Sounds), insgesamt sind die Genres aber sehr stimmig bedient. Es ist schon wirklich ein positiver Wahnsinn, welche Stile Novation dort bedient, von manchen wird man nicht einmal gehört haben.
Von „Glitch Motions“ über „Future RnB“ bis hin zu „Vaporwave“ findet hier so gut wie jeder Topf einen passenden Deckel. Einzelne Künstler-Kollaborationen mit quasi in die Einzelbestandteile zerlegten und damit leicht remixbaren Tracks runden die Auswahl noch zusätzlich ab. Die Pakete gehen für 1,99 Euro über die virtuelle Ladentheke. Vereinzelt tauchen diese, wie beispielsweise „Glitchstep“, aber auch kostenlos auf.

Der Content-Store mit wahnsinnig guter Auswahl.
Der Content-Store mit wahnsinnig guter Auswahl.
Audio Samples
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Hip-Hop Sample Pack House Sample Pack Breaks Sample Pack

Workflow

Durch die Reduzierung auf die für das Abfeuern der Sample-Batterien wichtigen Features läuft die Bedienung der Launchpad-App sehr flüssig. Acht Spuren sind genug, um auch komplexere (Remix-)Tracks im Handumdrehen zu erstellen. Die den verschiedenen Kategorien per Tags zugeordneten Farben erleichtern die Orientierung auch in brenzligen Situationen, beispielsweise sind Drums in Grün und Bässe in Blau gehalten. Der Button, um in das Hauptmenü zu gelangen, ändert während der Wiedergabe seine Funktion und wird zum generellen Stop-Taster, der alle laufenden Clips gleichzeitig beendet. Was leider wirklich stört: Auf dem iPhone gibt es keinen Mixer.
Die einzelnen Samples lassen sich zwar separat in der Lautstärke einstellen, das alleine ist im Live-Kontext allerdings völlig unbrauchbar. So bleiben auf dem Smartphone einzig die fünf Effekte und diverse FX-Samples als Werkzeuge, um Spannung zu erzeugen. Das können vergleichbare Apps deutlich besser – schade. Insgesamt klingen die Effekte aber gut.

Audio Samples
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Delay Filter Gater Stopper Stutter

iPad Zusatzfunktionen

Das iPad hat ein paar Features mehr zu bieten als die iPhone-Variante. Zunächst fällt auf, dass die Pads neben den auch auf dem Smartphone vorhandenen Bezeichnungen wie „Bass“, „Drums“ oder „Percussion“ noch eine weitere Zeile Informationen verpasst bekommen haben, bspw. „Drums Deep Kick“ oder „Bass Nite Ryder“. Das ist praktisch, um seine Sounds besser zu unterscheiden.
Die Matrix hat noch weitere Auswahl-Panels, um FX- oder Volume-Fader sowie die Effekt-Sektion hinzuzuschalten. Zusätzlich zur Pad-Editing-Abteilung des kleinen Bruders bietet die „größere“ Version noch die FX-Edit-Sektion. Diese lässt dann die genannten Effekte tiefgreifender bearbeiten. So kann dem Delay mittels „Character“ ein Filter mit Resonanz hinzugefügt, ein LFO spendiert oder ein Preset verpasst werden. Der Performance-Mode löst einigermaßen das Problem der die Matrix verdeckenden Effekte der iPhone-Version. Diese hinzu schaltbare Oberfläche bedeckt dann nur die untersten zwei Reihen und lässt sich noch um die Editing-Parameter bereichern.

Fotostrecke: 4 Bilder Die iPad-Version bietet mehr Features …

Auf dem iPad muss man die Funktion, um die Effekte bearbeiten zu können, jedoch pro Einheit einzeln kaufen. Alle sechs zusammen würden dann 18,94 Euro kosten – das finde ich schon einen satten Betrag. Man könnte zwar argumentieren, dass man nicht benötigte Funktionen im Paket so nicht mitkaufen muss, dennoch bleibt ein schaler Beigeschmack. Zumal die Möglichkeit, eigenes Audiomaterial zu importieren und zu bearbeiten noch mal weitere 6,99 Euro kostet. Hinzu kommen 2,99 Euro für den MIDI-Sync-Output. Um die Launchpad-App also im vollen Umfang mit allen Features nutzen zu können, sind insgesamt 28,92 Euro zu investieren.

Fotostrecke: 3 Bilder Die erweiterte Kontrolle über die Effekte muss einzeln erworben werden.

Sample-Import

Samples entnimmt man, wie bereits beschrieben, den kostenlosen oder gekauften Sample-Packs. Über die kostenpflichtige Audio-Import-Funktion ist dann auch das Einpflegen eigener Sounds möglich. Doch nach dem Kauf folgt schnell Ernüchterung, denn lediglich AudioCopy und iCloud Drive (auf dem iPad auch Dropbox und AirDrop) stehen als Quellen zur Verfügung. Und weiter: Samples lassen sich bis auf die Lautstärke und Vergabe eines Tags (Bass, Melodic etc.) in keinem einzigen weiteren Parameter bearbeiten. Das ist natürlich viel zu wenig. Klar kann ich jetzt mittels AudioCopy und externen iOS-Apps oder über Ableton Live meine Samples schon perfekt für die Nutzung in der App herrichten und Launchpad als reine Clip-Batterie gebrauchen. Aber das ist für eine Sample-App dieser Art zu mager.
Die Nutzung und der Zugang zu eigenen Samples müsste bedeutend direkter und komplexer sein, um die Intention der App (Remixen) auch wirklich nutzen zu können. Wenn ich innerhalb der Launchpad-App merke, dass mein eigener Sound zu lange klingt und mit anderen Instrumenten kollidiert, ist das nicht mal eben am Decay geregelt. Der Umweg über externe Anwendungen unterbricht mich in meinem Workflow und reißt mich ständig aus dem Fokus. Dass es auch anders geht, beweist die Konkurrenz, die in diesem Bereich schon bedeutend mehr vorzuweisen hat: Spotify-Implementierung, In-App-Recording, ADSR-Hüllkurven und Effekt-Busse im Editor – alles möglich, selbst auf dem iPhone und noch dazu gratis.
Workaround: Nicht auf dem ersten Blick ersichtlich, gibt es eine externe Lösung der Sample-Editing Problematik in Form der Anwendung Blocs Wave. Novation lagert das Bearbeiten und Aufnehmen von Audiomaterial somit in eine andere App aus, auch das Teilen einer gemeinsamen Library ist möglich. Weitere Infos gibt es auf der Blocs Wave Website, unser App-Test folgt in Kürze, dann gehen wir näher auf das Zusammenspiel ein.

Fotostrecke: 2 Bilder Sample-Editing ist kaum möglich.

MIDI

Die Möglichkeit, MIDI-Controller für die Steuerung der Launchpad-App zu nutzen, ist nur auf dem iPad gegeben. Mit „MIDI Sync Output“ aktiviert, erkennt die Anwendung externe, per Adapter angeschlossene Geräte und verbindet sie mit den entsprechenden Pads. Hier bietet sich natürlich Novations eigene Hardware besonders an, so sind „Launchpad Pro“, „Launchpad MKII“ oder „Launchpad Mini“ ideal, um Clips oder FX abzufeuern. „Launchcontrol“ sowie „Launchcontrol XL“ eignen sich hingegen besser für die Fader der Effekte bzw. des Mixers. Auch Hardware von fremden Herstellern lässt sich einbinden, ebenso externe Apps auf dem gleichen iOS-Gerät.
Die Nutzung eines solchen Controllers ist sinnvoll, Einschränkungen können damit umgangen werden, da beispielsweise die Potis eines Launchcontrols genug Auskunft über den Status der FX-Sektion geben und man nicht gezwungen ist, die Clip-View zu verlassen. Mit MIDI-Controller ist Novations Remix-Sampler dann durchaus auch professionell im Rahmen eines Live-Sets einsetzbar und auch im Studio macht der leichte Zugang zur App auch in Hinblick auf Ableton Link Sinn.

Fazit

So richtig warm bin ich mit der Launchpad App nicht geworden. Das liegt unter anderem daran, dass alle Funktionen einzeln erworben werden müssen. An und für sich ist das ja okay, irgendwie muss das Programmieren solcher Apps ja auch monetär rentabel sein. Dass der Audio-Import, lassen wir Blocs Wave hier mal außen vor,  dann aber nur so wenige Quellen zulässt und praktisch gar keine Bearbeitung der Samples anbietet, reicht mir nicht aus. Den Trumpf, dass die im Store verfügbaren Sample-Packs in ihrer Auswahl und Qualität sehr gut sind, kann die iOS-Anwendung so kaum ausspielen. Zu holprig ist der Zugang, diese mit eigenem Material zu ergänzen. Auch der ansonsten solide Aufbau der Launchpad-App kommt dadurch wenig zur Geltung.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • riesige Auswahl an Sample-Packs im Store
  • hochqualitative Samples
  • gutes Layout
  • Ableton Link
  • Blocs Wave Austausch
Contra
  • iPhone-Version mit verminderter Funktionalität
  • kein Sample-Editing (außer via Blocs Wave App)
  • wenige Import-Möglichkeiten
  • viele Paywalls
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